10

Für einen kurzen Moment war Thrall unvorbereitet. Dann übernahmen Jahre des Trainings die Kontrolle. Obwohl er nicht gegen sein eigenes Volk kämpfen wollte, konnte er sie rasch als Gegner im Ring betrachten und sich entsprechend verhalten. Als einer von ihnen angriff, duckte sich Thrall elegant, griff nach oben und riss dem Ork das große Kriegsbeil aus den Händen. In der gleichen Bewegung schlug er zu. Der Schlag saß tief, aber die Rüstung nahm viel von der Wucht. Der Ork schrie auf und stolperte, eine Hand auf seinem Rücken. Er würde überleben, aber so rasch war das Kräfteverhältnis nur noch auf zwei zu eins gesunken …

Thrall fuhr knurrend herum. Die süße, vertraute Blutgier umnebelte ihn erneut. Einem Kampfschrei ausstoßend griff der zweite Ork mit einem gewaltigen Breitschwert an, das seine geringe Armlänge mehr als nur ausglich. Thrall drehte sich zur Seite und entging einem tödlichen Stich. Trotzdem fühlte er heißen Schmerz, als die Klinge in seine Seite stieß.

Der Ork setzte nach, während der Dritte gleichzeitig von hinten angriff. Thrall hatte jetzt jedoch eine Waffe. Er ignorierte das Blut, das ihm aus der Seite strömte und den Steinboden rutschig und gefährlich machte. Weit ausholend schwang er das Beil seinem ersten Angreifer entgegen und nutzte den Schwung, um auch den zweiten zu treffen.

Sie blockierten den Angriff mit ihren großen Schilden. Thrall trug weder Rüstung noch Schild, aber ihm waren solche Kämpfe vertraut. Seine Gegner waren schlau, aber das waren die menschlichen Kämpfer auch gewesen. Sie waren stark und muskulös, aber das hatte auch für die Trolls gegolten, die Thrall besiegt hatte. Er bewegte sich mit ruhiger Sicherheit, sich duckend, brüllend und um sich schlagend. Einst wären sie vielleicht eine Gefahr für ihn gewesen. Nun aber, selbst wenn sie zu zweit gegen ihn standen, würde er triumphieren, so lange er diszipliniert seiner Strategie und nicht dem Lockruf der Blutgier folgte.

Sein Arm bewegte sich wie von selbst und schlug immer wieder zu. Selbst als seine Füße wegrutschten und er stürzte, konnte er dies zu seinem Vorteil nutzen. Er drehte seinen Körper, sodass er einen Angreifer traf und streckte gleichzeitig den Arm aus, um den zweiten mit einem Schlag von den Beinen zu holen. Sorgsam achtete er darauf, ihn mit dem stumpfen Ende des Beils und nicht mit der Klinge zu treffen. Er wollte diese Orks nicht töten, er wollte nur den Kampf gewinnen.

Beide schlugen hart auf. Der Ork, den Thrall mit dem Beil erwischt hatte, hielt seine Beine umklammert und heulte frustriert, weil sie beide gebrochen schienen. Der andere Ork kam taumelnd hoch und versuchte Thrall mit dem Breitschwert zu durchbohren.

Thrall traf seine Entscheidung. Er bereitete sich auf den Schmerz vor, ergriff die Klinge mit beiden Händen und riss daran. Der Ork verlor das Gleichgewicht und fiel Thrall entgegen. Thrall drehte sich und begann den Ork zu würgen.

Drück zu!, schrie sein Instinkt. Drück zu! Töte Blackmoore für das, was er dir angetan hat!

Nein!, dachte er. Das hier war nicht Blackmoore. Das hier war ein Angehöriger seines Volkes, des Volkes, das er so verzweifelt gesucht hatte. Er erhob sich und streckte dem unterlegenen Ork seine Hand entgegen, um ihm aufzuhelfen.

Der Ork starrte die Hand an. »Wir töten«, sagte Iskar. Seine Stimme war so ruhig wie zuvor. »Töte deinen Gegner, Thrall. Das würde ein richtiger Ork tun.«

Thrall schüttelte langsam den Kopf, ergriff den Arm seines Gegners und zog den geschlagenen Feind auf die Beine. »Im Krieg, ja. Ich würde meinen Feind in der Schlacht töten, sodass er sich nicht ein weiteres Mal gegen mich erheben kann. Aber ihr seid mein Volk, ob ihr mich nun annehmt oder nicht. Wir sind so wenige, dass ich ihn nicht töten sollte.«

Iskar sah ihn mit merkwürdigem Gesichtsausdruck an. Er schien auf etwas zu warten. Schließlich sagte er: »Deine Erklärung ist nachvollziehbar. Du hast unsere drei besten Kämpfer ehrenvoll besiegt. Du hast den ersten Test bestanden.«

Ersten?, dachte Thrall und legte eine Hand auf seine blutende Seite. Er befürchtete plötzlich, dass es egal sein könnte, wie viele »Tests« er bestand, denn sie würden ihn nie zu Hellscream fuhren. Vielleicht war Hellscream gar nicht hier.

Vielleicht lebte Hellscream gar nicht mehr.

Aber Thrall wusste in seinem Herzen, dass er lieber hier sterben würde, als noch einmal in sein altes Leben unter Blackmoores Knute zurückzukehren.

»Was ist die nächste Herausforderung?«, fragte er leise. Seine ruhige Art schien die anderen Orks zu beeindrucken.

»Eine Prüfung des Willens«, sagte Iskar. Ein leicht abfälliges Lächeln lag auf seinem breiten Gesicht. Er machte eine Geste, und aus einer der Höhlen trat ein Ork hervor. Er trug etwas auf dem Rücken, was auf den ersten Blick wie ein schwerer Sack aussah. Aber als er den »Sack« einfach auf den Steinboden warf, erkannte Thrall, dass es sich um einen kleinen Menschenjungen handelte, der an Händen und Füßen gefesselt und dessen Mund geknebelt war. Das schwarze Haar des Jungen war verfilzt. Er war schmutzig, und wo der Dreck seine weiße Haut nicht bedeckte, sah Thrall blaue und grüne Prellungen. Er hatte die gleiche Augenfarbe wie Thrall, aber seine Pupillen waren angstgeweitet.

»Du weißt, was das ist«, sagte Iskar.

»Ein Kind, ein menschliches Kind«, antwortete Thrall irritiert. Sicherlich wollten sie nicht, dass er gegen den Jungen kämpfte.

»Ein männliches Kind. Es wird aufwachsen und zum Ork-Mörder werden. Es ist unser natürlicher Feind. Wenn du tatsächlich unter der Peitsche und dem Knüppel gelitten hast und Rache an denen nehmen willst, die dich versklavten und dir sogar einen Namen gaben, der deinen niederen Rang im Leben beschreibt, dann nimm diese Rache jetzt. Töte den Jungen, bevor er erwachsen wird und dich tötet.«

Die Augen des Jungen weiteten sich noch mehr, denn Iskar hatte in der Menschensprache gesprochen. Er wand sich verzweifelt und stieß dumpfe Laute aus. Der Ork, der ihn getragen hatte, trat ihm desinteressiert in den Bauch. Der Junge rollte sich zusammen und stöhnte durch den Knebel.

Thrall starrte ihn an. Das konnten sie nicht ernst meinen. Er sah zu Iskar, der ihn ohne zu blinzeln beobachtete.

»Das ist kein Krieger«, sagte Thrall. »Und dies ist kein ehrenhafter Kampf. Ich dachte, den Orks ist ihre Ehre wichtig.«

»Das ist sie«, stimmte Iskar zu, »aber vor dir liegt eine zukünftige Bedrohung. Verteidige dein Volk.«

»Er ist ein Kind!«, rief Thrall aus. »Er ist jetzt keine Bedrohung, und wer kann schon sagen, was aus ihm wird? Ich erkenne die Kleidung, die er trägt und weiß, aus welchem Dorf er stammt. Die Leute dort sind Bauern und Viehzüchter. Sie leben von dem, was sie anbauen und züchten. Mit ihren Waffen jagen sie Hasen und Rehe, keine Orks.«

»Aber es ist wahrscheinlich, dass dieser Junge im nächsten Krieg in der ersten Reihe stehen wird und dass ihm mit einem Speer in der Hand nach unserem Blut giert«, antwortete Iskar. »Willst du Hellscream sehen oder nicht? Wenn du das Kind nicht tötest, kannst du sicher sein, dass du diese Höhle nicht lebend verlässt.«

Der Junge weinte jetzt lautlos. Thrall dachte an seinen Abschied von Taretha und an ihre Erklärung für das Weinen. Ihr Bild füllte seinen Geist aus. Er dachte an sie und an Sergeant. Er dachte daran, wie traurig er gewesen war, als sein Anblick das kleine Mädchen in dem Dorf geängstigt hatte.

Und dann dachte er an Blackmoores gutaussehendes, widerwärtiges Gesicht, an all die Männer, die ihn angespuckt, ihn »Monster«, »Grünhaut« und Schlimmeres geschimpft hatten.

Aber diese Erinnerungen rechtfertigten keinen kaltblütigen Mord. Thrall traf seine Entscheidung. Er ließ das blutige Kriegsbeil zu Boden fallen.

»Wenn dieser Junge irgendwann die Waffen gegen mich erhebt«, sagte er und wählte seine Worte mit Bedacht, »dann werde ich ihn auf dem Schlachtfeld töten. Und ich werde ein gewisses Vergnügen dabei empfinden, weil ich weiß, dass ich für die Rechte meines Volkes kämpfe. Aber ich werde kein gefesseltes Kind töten, das hilflos vor mir liegt, auch wenn es ein Mensch ist. Wenn das bedeutet, dass ich Hellscream nicht sehen werde, dann soll es so sein. Wenn es bedeutet, dass ich euch alle bekämpfen und schließlich fallen muss, dann sage ich erneut, dass es so sein soll. Ich würde eher sterben, als eine solch ehrlose Grausamkeit zu begehen.«

Er spannte sich an, streckte die Arme aus und wartete auf den Angriff, der nun folgen musste. Iskar seufzte.

»Schade«, sagte er, »aber du hast dein eigenes Schicksal gewählt.« Er hob seine Hand.

Im gleichen Moment erschütterte ein furchtbarer Schrei die ruhige kühle Luft. Der Laut vibrierte und raste durch die Höhle, schmerzte in Thralls Ohren und traf ihn bis ins Mark.

Das Fell vor einer der Höhlen wurde herunter gerissen, und ein großer, rotäugiger Ork trat ein. Thrall hatte sich an den Anblick seines Volkes gewöhnt, doch dieser Ork sah anders aus als die, die er bisher gesehen hatte.

Langes schwarzes Haar lag struppig auf seinem Rücken. Jedes Ohr war mehrfach durchstochen, was Thrall irgendwie an Sergeant erinnerte. Rund ein Dutzend Ohrringe blitzten im Licht des Feuers. Rotschwarze Lederkleidung bildete einen starken Kontrast zur grünen Haut, und die Ketten, die von Teilen des Körpers hingen, schwangen bei jeder Bewegung hin und her. Die Kiefer schienen schwarz angemalt zu sein, und in diesem Moment waren sie weiter geöffnet, als Thrall es für möglich gehalten hätte. Die dahinterliegende Kehle machte diesen entsetzlichen Lärm, und Thrall begriff, dass dieser Ork den Namen Grom Hellscream aus gutem Grund trug.

Der Schrei verging, und Grom sprach. »Ich hätte nie gedacht, das zu sehen!« Er ging auf Thrall zu und starrte ihn an. Seine Augen hatten die Farbe des Feuers, und an Stelle der Pupillen schien etwas Dunkles und Angsteinflößendes in ihrer Mitte zu tanzen. Thrall vermutete, dass die Bemerkung abfällig gemeint war, wollte sich aber nicht einschüchtern lassen. Er richtete sich zu seiner ganzen beeindruckenden Größe auf, um dem Tod mit erhobenem Haupt entgegenzutreten. Er öffnete seinen Mund, wollte Grom antworten, doch der Ork-Häuptling fuhr bereits fort.

»Wieso weißt du, was Gnade bedeutet, Thrall von Durnholde? Wieso weißt du, wann und aus welchen Gründen man sie anbietet?«

Die Orks murmelten untereinander verwirrt. Iskar verneigte sich.

»Edler Hellscream«, begann er, »wir dachten, dass die Gefangennahme dieses Kinds Euch gefallen würde. Wir erwarteten …«

»Ich würde erwarten, dass seine Eltern ihm bis zu unserem Lager folgen, du Narr!«, schrie Grom. »Wir sind gefürchtete und stolze Krieger. Zumindest waren wir das einmal.« Er zitterte wie im Fieber, und für einen Moment erschien er Thrall müde und blass. Aber dieser Eindruck verschwand so schnell, wie er gekommen war. »Wir schlachten keine Kinder ab. Ich hoffe, wer auch immer das Kind geschnappt hat, war so klug, ihm die Augen zu verbinden.«

»Natürlich, Herr«, sagte Rekshak. Er wirkte beleidigt.

»Dann bring ihn genau so wieder dahin, wo du ihn gefunden hast.« Hellscream ging zu dem Kind und entfernte seinen Knebel. Der Junge hatte solche Angst, dass er nicht schrie. »Hör zu, kleiner Mensch. Sage deinen Leuten, dass die Orks dich hatten und beschlossen, dir nichts zu tun. Sag ihnen«, er sah zu Thrall, »dass sie Gnade zeigten. Sag ihnen auch, dass sie uns nicht finden werden, weil wir schon bald weiterziehen. Verstehst du?«

Der Junge nickte. »Gut.« An Rekshak gewandt sagte er: »Bring ihn zurück, und zwar sofort! Und das nächste Mal lässt du die Menschenkinder in Ruhe.«

Rekshak nickte. Brutal packte er den Jungen am Arm und riss ihn auf die Füße.

»Rekshak«, sagte Grom mit deutlicher Warnung in der Stimme. »Wenn du mir nicht gehorchst und dem Jungen etwas passiert, werde ich es erfahren. Und ich werde es nicht vergeben.«

Rekshak wandte sich in hilfloser Wut ab. »Wie mein Herr befiehlt«, keuchte er und zog den Jungen grob auf einen der gewundenen Steingänge zu, die zur Oberfläche führten.

Iskar wirkte irritiert. »Herr«, begann er, »das ist Blackmoores Haustier! Er stinkt nach Menschen, er gibt damit an, dass er Angst zu töten hat …«

»Ich habe keine Angst davor, die zu töten, die es verdienen«, knurrte Thrall. »Ich töte nur nicht die, die es nicht verdienen.«

Hellscream legte eine Hand auf Iskars Schulter und die andere auf die von Thrall. »Iskar, mein alter Freund«, sagte er mit rauer, ruhiger Stimme. »Du hast mich gesehen, wenn mich die Blutgier überfiel. Du hast gesehen, wie ich bis zu den Knien im Blut watete. Ich habe auch die Kinder der Menschen getötet. Auf diese Art haben wir alles im Kampf gegeben – und was hat es uns eingebracht? Orks schlurfen geschlagen und völlig am Ende durch die Lager, versuchen weder sich selbst zu befreien, noch für andere zu kämpfen. Diese Art des Kampfes, der Kriegsführung, hat uns soweit gebracht. Ich habe lange geglaubt, dass die Vorfahren mir neue Wege aufzeigen würden, damit wir zurückerobern können, was verloren ist. Aber nur ein Narr wiederholt die gleiche Handlung und erwartet ein anderes Ergebnis, und ich bin kein Narr. Thrall war stark genug, um unsere besten Krieger zu besiegen. Er hat das Leben der Menschen kennen gelernt und es abgelehnt, weil er seine Freiheit finden wollte. Er ist aus den Lagern entkommen und hat gegen alle Vernunft nach uns gesucht. Ich stimme seinen Entscheidungen zu, die er hier getroffen hat. Eines Tages, alter Freund, wirst auch du die Weisheit darin erkennen.«

Er schlug Iskar freundschaftlich auf die Schulter. »Lasst uns jetzt allein. Ihr alle.«

Langsam, zögernd und nicht ohne feindselige Blicke in Thralls Richtung, zogen sich die Orks auf die verschiedenen Bereiche der Höhle zurück. Thrall wartete.

»Wir sind allein«, sagte Hellscream. »Hast du Hunger, Thrall von Durnholde?«

»Ja, das habe ich«, sagte Thrall, »aber ich möchte Euch bitten, mich nicht Thrall von Durnholde zu nennen. Ich bin von dort entkommen und hasse den Gedanken daran.«

Hellscream ging zu einer anderen Höhle, zog das Fell beiseite und holte einen großen Brocken rohes Fleisch heraus. Thrall nahm es entgegen, nickte dankbar und biss gierig hinein. Es war seine erste richtige Mahlzeit als freier Ork. Rehfleisch hatte nie besser geschmeckt.

»Willst du deinen Namen ändern? Es ist der Name eines Sklaven«, sagte Hellscream. Er hockte sich hin und beobachtete Thrall aus roten Augen. »Er war als Zeichen der Schande gedacht.«

Thrall dachte kauend nach und schluckte. »Nein. Blackmoore gab mir den Namen, weil ich nie vergessen sollte, dass ich ihm gehöre.« Seine Augen verengten sich. »Das werde ich auch nicht. Ich werde den Namen behalten, und eines Tages, wenn ich ihn wiedersehe, wird er derjenige sein, der sich daran erinnert, was er mir angetan hat und es aus tiefstem Herzen bereuen.«

Hellscream beobachtete ihn sorgfältig. »Du würdest ihn also töten?«

Thrall antwortete nicht sofort. Er dachte an den Tag, an dem er beinahe Sergeant getötet hätte, weil er meinte, Blackmoores Gesicht vor sich zu sehen. Darauf waren viele Momente gefolgt, in denen er sich Blackmoores verhöhnende Fratze vorgestellt hatte, während er im Ring kämpfen musste. Er dachte an Blackmoores lallende Sprache und die Schmerzen, die ihm dessen Tritte und Schläge gebracht hatten. Er dachte an die Furcht auf Tarethas Gesicht, wenn sie vom Herrn über Durnholde sprach.

»Ja«, sagte er mit fester, tiefer Stimme. »Ich würde es tun. Wenn es ein Wesen gibt, das den Tod verdient, dann ist es Aedelas Blackmoore.«

Hellscream lachte. Es klang seltsam und wild. »Gut. Zumindest würdest du also jemanden töten. Ich hatte mich schon gefragt, ob ich die richtige Wahl getroffen habe.« Er zeigte auf den Stoff-Fetzen, der in Thralls Gürtel steckte. »Das sieht nicht aus, als sei es von Menschen gemacht.«

Thrall zog das Wickeltuch hervor. »Das ist es auch nicht. In diesem Tuch fand mich Blackmoore als Säugling.« Er reichte es Hellscream. »Mehr weiß ich nicht.«

»Ich kenne dieses Muster«, sagte Hellscream. Er breitete das Tuch aus und betrachtete das Symbol des weißen Wolfskopfes auf blauem Grund. »Das ist das Zeichen des Eiswolf-Clans. Wo hat Blackmoore dich gefunden?«

»Er hat mir erzählt, es sei nicht weit von Durnholde gewesen«, sagte Thrall.

»Dann war deine Familie weit weg von ihrer Heimat. Ich frage mich, wieso.«

Thrall spürte Hoffnung. »Habt Ihr sie gekannt? Wisst Ihr, wer meine Eltern waren? Es gibt so viel, was ich erfahren will.«

»Ich weiß nur, dass dies das Symbol des Eiswolf-Clans ist, und dass sie weit entfernt irgendwo in den Bergen leben. Sie wurden von Gul’dan ins Exil geschickt. Ich habe nie erfahren, weshalb. Durotan und seine Leute wirkten auf mich loyal. Es heißt, sie hätten sich mit den wilden weißen Wölfen verbündet, aber man sollte nicht alles glauben, was man hört.«

Aus Hoffnung wurde Enttäuschung, aber Thrall wusste dennoch jetzt mehr als zuvor. Er strich mit seiner großen Hand über das Tuch und war erstaunt, dass er jemals klein genug gewesen war, um hineinzupassen.

»Ich habe eine weitere Frage, die Ihr vielleicht beantworten könnt«, sagte er. »Als ich jünger war, trainierte ich draußen, und ein Wagen, in dem sich mehrere …« Er stockte. Was war der richtige Ausdruck? Insassen? Sklaven? »… Orks auf dem Weg in die Lager befanden, kam an. Einer der Orks befreite sich und griff mich an. Er schrie einen Satz immer wieder. Ich habe nie erfahren, was er bedeutete, doch ich habe mir geschworen, die Worte nie zu vergessen. Vielleicht könnt Ihr sie mir übersetzen.«

»Sprich, und wir werden es erfahren.«

»Kagh! Bin mog g’thazag cha!«, sagte Thrall.

»Das war kein Angriff, mein junger Freund«, sagte Hellscream. »Die Worte bedeuten, Lauf! Ich werde dich beschützen!'«

Thrall starrte ihn an. Er hatte immer geglaubt, man habe ihn angegriffen, und jetzt …

»Natürlich, die anderen Kämpfer …«, sagte er. »Wir waren in einer Kampfübung. Ich trug weder Rüstung noch Schild und stand in einem Kreis von Männern … Er starb, Hellscream. Sie schlugen ihn in Stücke. Er dachte, sie würden mich angreifen, und dass ich gegen zwölf Gegner gleichzeitig kämpfen müsse. Er starb, um mich zu beschützen

Hellscream sagte nichts. Er aß ruhig weiter, während er Thrall beobachtete. Obwohl er ausgehungert war, ließ Thrall den guten Fleischsaft achtlos zu Boden tropfen. Jemand hatte sein Leben gegeben, um einen ihm unbekannten jungen Ork zu beschützen …

Langsam und ohne die Freude, die er gerade noch empfunden hatte, biss er in das Fleisch und kaute. Eines Tages würde er den Eiswolf-Clan suchen und herausfinden, wer er wirklich war.

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