5. Nächtliche Fahrt

Noch war keiner der beiden Monde aufgegangen, als der Wagen sich mit Brant, Bürgermeisterin Waldron, Gemeinderat Simmons und zwei älteren Bürgern des Dorfes auf Tarnas berühmtester Straße auf den Weg machte. Obwohl Brant wie gewöhnlich mühelos und gekonnt fuhr, schwelte die Zurechtweisung der Bürgermeisterin immer noch leise in ihm. Die Tatsache, daß ihr molliger Arm rein zufällig über seinen nackten Schultern lag, verbesserte die Sache auch nur wenig. Aber die friedliche Schönheit der Nacht und der hypnotisch gleichmäßige Rhythmus, mit dem die Palmen durch den vorbeiziehenden Lichtfächer des Wagens rauschten, stellten seine normale, gute Laune schnell wieder her. Außerdem, wie konnte man zulassen, daß sich solch kleinliche, persönliche Gefühle in einem so historischen Augenblick dazwischendrängten?

In zehn Minuten würden sie am Ersten Landeplatz und damit am Beginn ihrer Geschichte eintreffen. Was erwartete sie dort wohl? Sicher war nur eines: der Besucher hatte sich an dem noch funktionierenden Funkfeuer des alten Saatschiffs orientiert. Er wußte, wo er suchen mußte, also kam er wohl von irgendeiner anderen menschlichen Kolonie in diesem Raumsektor.

Andererseits — plötzlich überfiel Brant ein beunruhigender Gedanke. Irgend jemand — etwas — konnte dieses Funkfeuer entdeckt haben, das dem ganzen Universum signalisierte, daß hier einmal intelligente Wesen vorbeigekommen waren. Er erinnerte sich, daß es vor ein paar Jahren einen Antrag gegeben hatte, das Signal abzuschalten, mit der Begründung, es diene keinem nützlichen Zweck und könne durchaus Schaden anrichten. Der Antrag war mit knapper Mehrheit abgelehnt worden, aus eher sentimentalen und gefühlsmäßigen als logischen Gründen. Vielleicht würde Thalassa diese Entscheidung bald bereuen, aber jetzt war es sicher viel zu spät, um noch etwas dagegen zu unternehmen.

Gemeinderat Simmons beugte sich vom Rücksitz nach vorne und sprach leise mit der Bürgermeisterin.

„Helga“, sagte er — und Brant hörte zum erstenmal, daß er die Bürgermeisterin mit dem Vornamen anredete — „glauben Sie, wir können uns noch verständigen? Robotersprachen entwickeln sich ja sehr schnell.“

Die Bürgermeisterin wußte es nicht, aber sie verstand sich sehr gut darauf, Unwissenheit zu verbergen.

„Das ist unser geringstes Problem; warten wir doch ab, bis es auftaucht. Brant — könntest du ein klein wenig langsamer fahren? Ich möchte gerne lebend ankommen.“ Die Geschwindigkeit, mit der sie fuhren, war auf dieser vertrauten Straße völlig ungefährlich, aber Brant ging pflichtschuldigst auf vierzig Stundenkilometer herunter. Er fragte sich, ob die Bürgermeisterin wohl den Augenblick der Konfrontation hinausschieben wollte; es war eine eindrucksvolle Verantwortung, dem zweiten Raumschiff von der Außenwelt in der Geschichte des Planeten gegenüberzutreten. Ganz Thalassa würde zusehen.

„Krakan!“ fluchte einer der Passagiere auf dem Rücksitz. „Hat jemand eine Kamera dabei?“

„Zum Umkehren ist es zu spät“, antwortete Gemeinderat Simmons. „Außerdem wird es zum Fotografieren noch genug Zeit geben. Ich glaube nicht, daß sie gleich wieder starten, nachdem sie ‚Guten Tag!‘ gesagt haben.“

Seine Stimme klang ein klein wenig hysterisch, und Brant konnte ihm das kaum verübeln. Wer wußte schon, was gleich hinter der nächsten Bergkuppe auf sie wartete?

„Ich werde mich sofort melden, wenn es etwas zu berichten gibt, Herr Präsident.“ Die Bürgermeisterin sprach über Autofunk. Brant hatte den Anruf gar nicht mitbekommen; er war zu sehr in seinen eigenen Tagträumen versunken gewesen. Zum erstenmal in seinem Leben wünschte er, etwas mehr Geschichte gelernt zu haben.

Natürlich war er mit den wichtigsten Fakten ausreichend vertraut; jedes Kind auf Thalassa wuchs damit auf. Er wußte, wie die Diagnose der Astronomen, während die Jahrhunderte gnadenlos weitertickten, immer sicherer geworden war, das Datum ihrer Vorhersage ständig genauer. Im Jahre 3600, plus oder minus fünfundsiebzig Jahre, würde die Sonne eine Nova werden. Keine sehr spektakuläre — aber groß genug…

Ein alter Philosoph hatte einmal gesagt, es beruhige den Geist des Menschen auf wunderbare Weise, wenn er wisse, daß er am nächsten Morgen gehängt werde. So ähnlich erging es während der letzten Jahre des vierten Jahrtausends dem gesamten Menschengeschlecht. Wenn es einen einzigen Augenblick gab, in dem sich die Menschheit der Wahrheit endlich resigniert und gleichzeitig entschlossen stellte, so war es in jener Dezembernacht, als aus dem Jahre 2999 das Jahr 3000 wurde. Niemand, der jene erste 3 erscheinen sah, konnte vergessen, daß es eine 4 niemals geben würde.

Aber es blieb noch mehr als ein halbes Jahrtausend übrig; die dreißig Generationen, die, wie vor ihnen ihre Ahnen, noch auf der Erde leben und sterben würden, konnten noch vieles tun. Zum allermindesten konnten sie das Wissen der Gattung und die größten Schöpfungen der menschlichen Kunst bewahren.

Schon im Morgengrauen des Raumzeitalters hatten die ersten Robotsonden, die das Sonnensystem verließen, Aufzeichnungen von Musik, Botschaften und Bildern für den Fall mitgeführt, daß sie jemals auf andere Erforscher des Kosmos treffen sollten. Und obwohl in der Heimatgalaxis niemals irgendwelche Anzeichen außerirdischer Zivilisationen entdeckt worden waren, glaubten selbst die größten Pessimisten, daß irgendwo in den Milliarden anderer Inseluniversen, die sich soweit erstreckten, wie das stärkste Teleskop reichte, Intelligenz existieren mußte.

Jahrhundertelang wurde Terabyte um Terabyte menschlichen Wissens und menschlicher Kultur zum Andromeda-Nebel und seinen ferneren Nachbarn hin abgestrahlt. Natürlich würde niemand je erfahren, ob die Signale empfangen wurden oder — falls sie empfangen wurden — ob man sie deuten konnte. Aber dahinter stand eine Motivation, die die meisten Menschen teilen konnten; es war der Impuls, eine letzte Botschaft zu hinterlassen — irgendein Zeichen, das besagte: ‚Schau — auch ich habe einmal gelebt!‘ Im Jahre 3000 glaubten die Astronomen, daß ihre um die Erde kreisenden Riesenteleskope alle Planetensysteme im Umkreis von fünfhundert Lichtjahren von der Sonne gefunden hatten. Dutzende von Welten, etwa annähernd so groß wie die Erde, waren entdeckt worden, und einige der nächstgelegenen hatte man grob vermessen. Mehrere hatten Atmosphären mit jenem unverwechselbaren Erkennungszeichen des Lebens, einem anormal hohen Prozentsatz an Sauerstoff. Es gab eine vernünftige Chance, daß die Menschen dort überleben konnten — wenn sie sie zu erreichen vermochten.

Die Menschen konnten es nicht, aber der Mensch konnte es.

Die ersten Saatschiffe waren primitiv, aber trotzdem beanspruchten sie die technologischen Möglichkeiten bis an die äußerste Grenze. Mit den im Jahre 2500 verfügbaren Antriebssystemen konnten sie mit ihrer kostbaren Fracht gefrorener Embryos die nächstgelegenen Planetensysteme in zweihundert Jahren erreichen.

Aber das war noch die geringste Aufgabe, die sie hatten. Sie mußten auch die automatische Ausrüstung befördern, die diese potentiellen Menschen wiederbeleben und aufziehen und ihnen beibringen würde, wie sie in einer unbekannten, aber wahrscheinlich feindlichen Umgebung überleben konnten. Es wäre sinnlos — ja, grausam — nackte, unwissende Kinder auf Welten auszusetzen, die so unfreundlich waren wie die Sahara oder die Antarktis. Sie mußten erzogen werden und Werkzeuge bekommen, man mußte ihnen zeigen, wie sie örtliche Bodenschätze, finden und sich zunutze machen konnten. Wenn das Saatschiff gelandet und zum Mutterschiff geworden war, mußte es seine Brut möglicherweise generationenlang hegen und pflegen.

Nicht nur Menschen mußten mitgenommen werden, sondern eine vollständige ‚biota‘, Pflanzen (obwohl niemand wußte, ob es Humus für sie geben würde), Nutztiere und eine überraschende Vielfalt von lebenswichtigen Insekten und Mikroorganismen mußten ebenfalls befördert werden für den Fall, daß die üblichen Systeme zur Nahrungsmittelerzeugung versagten und es notwendig wurde, auf grundlegende, landwirtschaftliche Techniken zurückzugreifen.

Einen Vorteil hatte solch ein neuer Anfang. Alle Krankheiten und Parasiten, die die Menschheit seit Anbeginn der Zeiten gequält hatten, würde man zurücklassen, sie würden im sterilisierenden Feuer von Nova Solis untergehen.

Datenbanken, ‚Expertensysteme‘, die in der Lage waren, mit jeder nur vorstellbaren Situation fertigzuwerden, Roboter, Reparaturund Hilfsmechanismen — sie alle mußten geplant und gebaut werden. Und sie mußten über eine Zeitspanne hinweg funktionieren, die mindestens so lang war wie die zwischen der Unabhängigkeitserklärung und der ersten Mondlandung. Obwohl die Aufgabe kaum zu bewältigen schien, war sie so mitreißend, daß sich fast die gesamte Menschheit zusammentat, um sie zu erfüllen. Hier war ein Langzeitziel — das letzte Langzeitziel — das dem Leben einen Sinn geben konnte, selbst nachdem die Erde zerstört worden war.

Das erste Saatschiff verließ das Sonnensystem im Jahre 2553 in Richtung auf Alpha Centauri A, den nähergelegenen Zwilling der Sonne. Obwohl das Klima auf dem erdgroßen Planeten Pasadena wegen der nahegelegenen Centauri B heftigen Extremen unterworfen war, das nächste wahrscheinliche Ziel war mehr als doppelt so weit entfernt. Die Reisezeit nach Sirius X würde mehr als vierhundert Jahre betragen; wenn das Saatschiff dort eintraf, existierte die Erde vielleicht schon nicht mehr.

Aber wenn es gelang, Pasadena zu kolonisieren, würde reichlich Zeit zur Verfügung stehen, um die gute Nachricht zurückzuschicken. Zweihundert Jahre für die Reise, fünfzig Jahre, um sicher Fuß zu fassen und einen kleinen Sender zu installieren, und nicht mehr als vier Jahre, bis das Signal zur Erde zurückgelangte — nun, mit etwas Glück würde es um das Jahr 2800 Geschrei auf den Straßen geben… Es war sogar schon 2786 soweit; Pasadena war besser geglückt als vorausgesagt. Die Nachricht elektrisierte alle und gab dem Saatprogramm neuen Auftrieb. Inzwischen hatte man zwanzig Schiffe gestartet, jedes technisch fortgeschrittener als sein Vorgänger. Die neuesten Modelle konnten auf ein Zwanzigstel Lichtgeschwindigkeit kommen, und mehr als fünfzig Ziele lagen in ihrer Reichweite. Auch als das Funkfeuer von Pasadena verstummte, nachdem es lediglich die Nachricht der ersten Landung abgestrahlt hatte, hielt die Enttäuschung nicht lange an. Was man einmal geschafft hatte, konnte man wiederholen — immer wieder — mit größerer Aussicht auf sicheres Gelingen.

Im Jahre 2700 ging man von dem primitiven Verfahren mit den gefrorenen Embryos ab. Die genetische Information, die die Natur in der Spiralstruktur des DNS-Moleküls verschlüsselt aufbewahrte, konnte man nun leichter, sicherer und sogar kompakter in den Speichern der letzten Computer lagern, so daß man in einem Saatschiff, das nicht größer war als ein gewöhnliches Flugzeug für tausend Passagiere, eine Million Genotypen befördern konnte. Eine ganze Nation von Ungeborenen mit allen Geräten zum Kopieren, die nötig waren, um eine neue Zivilisation zu errichten, konnten in ein paar hundert Kubikmetern verpackt zu den Sternen gebracht werden.

Dies, so wußte Brant, war vor siebenhundert Jahren auf Thalassa geschehen. Schon jetzt waren sie, während die Straße sich in die Berge hinaufzog, an einigen der Narben vorbeigekommen, die die ersten Robotbagger auf der Suche nach dem Rohmaterial hinterlassen hatten, aus dem ihre Vorfahren geschaffen worden waren. Gleich würden sie die seit langem verlassenen Aufbereitungsanlagen sehen und…

„Was ist das?“ flüsterte Gemeinderat Simmons verblüfft.

„Halt!“ befahl die Bürgermeisterin. „Stell den Motor ab, Brant!“ Sie griff nach dem Automikrofon.

„Hier Bürgermeisterin Waldron. Wir befinden uns an der Sieben-Kilometer-Marke. Vor uns ist ein Lichtwir können es durch die Bäume sehen — soweit ich sagen kann, befindet es sich genau am Ersten Landeplatz. Hören können wir nichts. Wir fahren jetzt weiter.“

Brant wartete die Anweisung gar nicht ab, sondern drückte den Gashebel sanft nach vorne. Das war das Zweitaufregendste, was ihm bisher in seinem Leben passiert war, es kam gleich nach dem Hurrikan von '09, in den er hineingeraten war.

Das war mehr als aufregend gewesen; er hatte Glück gehabt, daß er mit dem Leben davongekommen war. Vielleicht bestand auch hier Gefahr, aber das glaubte er eigentlich nicht.

Konnten sich Roboter feindselig verhalten? Es gab doch bestimmt nichts, was irgendwelche Außenweltler von Thalassa wollen konnten außer Wissen und Freundschaft…

„Wissen Sie“, sagte Gemeinderat Simmons, „ich konnte das Ding gut sehen, ehe es über die Bäume wegflog, und ich bin sicher, daß es irgendeine Art von Flugzeug war. Saatschiffe waren natürlich niemals stromlinienförmig und hatten keine Flügel. Und sehr klein war es auch.“

„Was immer es ist“, sagte Brant, „in fünf Minuten wissen wir Bescheid. Sehen Sie sich das Licht an — es ist im Erdenpark niedergegangen — die naheliegendste Stelle. Sollen wir anhalten und das letzte Stück zu Fuß gehen?“

Der Erdenpark war ein sorgfältig gepflegtes Rasenoval auf der Ostseite des Ersten Landeplatzes, und er wurde jetzt durch die schwarze, hochaufragende Säule des Mutterschiffs, des ältesten und am meisten verehrten Denkmals auf dem Planeten, ihren direkten Blicken entzogen. Um den immer noch fleckenlosen Zylinder herum quoll eine Flut von Licht, offenbar aus einer einzigen, sehr starken Quelle.

„Halt den Wagen an, kurz bevor wir das Schiff erreichen!“ befahl die Bürgermeisterin. „Dann steigen wir aus und schauen vorsichtig herum. Schalte die Lichter aus, damit sie uns erst sehen, wenn wir das wollen!“

„Sie — oder Es?“ fragte einer der Mitfahrenden ein klein wenig hysterisch. Keiner beachtete ihn.

Der Wagen kam im gewaltigen Schatten des Schiffs zum Stehen, und Brant wendete ihn um hundertachtzig Grad.

„Nur, damit wir schnell verschwinden können“, erklärte er halb im Ernst, halb schelmisch; er konnte noch immer nicht glauben, daß sie wirklich in Gefahr waren. Ja, es gab Augenblicke, in denen er sich fragte, ob alles, was hier geschah, Wirklichkeit war. Vielleicht schlief er noch, und es war nur ein lebhafter Traum.

Sie stiegen leise aus dem Wagen, gingen auf das Schiff zu und umrundeten es, bis sie an die scharf abgegrenzte Lichtwand kamen. Brant hielt sich die Hand über die Augen und spähte gegen das grelle Licht um den Rand herum.

Gemeinderat Simmons hatte völlig recht gehabt. Es war wirklich ein Flugzeug — oder ein Raumflugzeug — und noch dazu ein sehr kleines. Konnten die Nordleute…? — Nein, das war absurd. In dem begrenzten Gebiet der Drei Inseln konnte man sich keine Verwendung für so ein Fahrzeug vorstellen, und seine Entwicklung hätte unmöglich geheimgehalten werden können.

Das Fahrzeug hatte die Form einer stumpfen Pfeilspitze und mußte vertikal gelandet sein, denn auf dem Gras im Umkreis waren keine Spuren zu sehen. Das Licht kam aus einer einzigen Quelle in einem stromlinienförmigen Gehäuse auf dem Rücken, und gleich darüber war ein kleines, rotes Leuchtfeuer, das ständig anund ausging. Insgesamt war es eine beruhigend, ja enttäuschend gewöhnliche Maschine. Man konnte sich keinesfalls vorstellen, daß sie die zwölf Lichtjahre zur nächsten, bekannten Kolonie zurückgelegt haben sollte.

Plötzlich ging das große Licht aus, und die kleine Gruppe der Beobachter war einen Moment lang geblendet. Als Brant wieder im Dunkeln sehen konnte, stellte er fest, daß im vorderen Teil der Maschine Fenster waren, die durch eine Innenbeleuchtung schwach erhellt wurden. Ja, es sah fast aus wie ein bemanntes Fahrzeug, nicht wie eine Robotmaschine, wie sie angenommen hatten!

Bürgermeisterin Waldron war zu genau der gleichen, erstaunlichen Schlußfolgerung gelangt.

„Das ist kein Roboter — da sind Leute drin! Wir wollen keine Zeit mehr verschwenden. Richte deine Taschenlampe auf mich, Brant, damit sie uns sehen können.“

„Helga!“ protestierte Gemeinderat Simmons.

„Seien Sie kein Esel, Charlie. Gehen wir, Brant.“

Was hatte doch vor fast zweitausend Jahren der erste Mann auf dem Mond gesagt: „Ein kleiner Schritt…“ Sie hatten fast zwanzig davon gemacht, als sich in der Seite des Fahrzeugs eine Tür öffnete, eine Doppelgelenkrampe schnell herunterklappte und zwei Humanoide herauskamen, die auf sie zugingen.

Das war Brants erste Reaktion. Dann begriff er, daß er sich durch ihre Hautfarbe hatte täuschen lassen — jedenfalls, so viel er durch den flexiblen, durchsichtigen Film, der diese Wesen von Kopf bis Fuß einhüllte, davon sehen konnte.

Das waren keine Humanoiden — es waren Menschen. Wenn er nie mehr in die Sonne ginge, würde er vielleicht fast genauso ausgebleicht werden wie sie.

Die Bürgermeisterin streckte in der althergebrachten ‚Seht her — keine Waffen‘ — Geste, die so alt war wie die Geschichte, die Hände aus.

„Ich nehme nicht an, daß Sie mich verstehen“, sagte sie. „Aber willkommen auf Thalassa.“

Die Besucher lächelten, und der ältere der beiden, ein gutaussehender, grauhaariger Mann Ende der Sechzig — hob seinerseits die Hände.

„Im Gegenteil!“ antwortete er mit einer der tiefsten und klangvollsten Stimmen, die Brant je gehört hatte, „wir verstehen Sie ausgezeichnet. Wir freuen uns sehr, Sie kennenzulernen.“

Einen Augenblick lang stand das Begrüßungskomitee betäubt und stumm da. Aber es war albern, dachte Brant, überrascht zu sein. Schließlich hatten sie doch nicht die geringsten Schwierigkeiten, die Sprache von Menschen zu verstehen, die vor zweitausend Jahren gelebt hatten. Als die Schallaufzeichnung erfunden wurde, konservierte sie die Grundphonemmuster aller Sprachen. Der Wortschatz mochte sich vergrößern, Syntax und Grammatik mochten sich verändern — aber die Aussprache blieb über Jahrtausende hinweg stabil.

Die Bürgermeisterin faßte sich als erste.

„Nun, das erspart uns sicher eine Menge Schwierigkeiten“, sagte sie ziemlich lahm. „Aber wo kommen Sie her? Ich fürchte, wir haben den Kontakt mit — unseren Nachbarn — verloren, seit unsere Tiefenraumantenne zerstört wurde.“

Der ältere Mann warf seinem viel größeren Gefährten einen Blick zu, eine stumme Botschaft ging zwischen den beiden hin und her. Dann wandte er sich wieder der wartenden Bürgermeisterin zu.

Die Traurigkeit in dieser schönen Stimme war unüberhörbar, als er seine groteske Behauptung vorbrachte.

„Es fällt Ihnen vielleicht schwer, mir zu glauben“, sagte er. „Aber wir sind nicht von einer der Kolonien. Wir kommen direkt von der Erde.“

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