Wie leicht doch der Geist zum Hass verführt werden kann aus einem Gefühl der Angst heraus. Ein instinktiver, natürlicher, beschützender Impuls.
Statt sich auf die Dinge zu konzentrieren, die uns verbinden, konzentrieren wir uns auf das, was uns trennt. Meine Haut ist grün, deine ist rosa. Ich habe Hauer, du hast lange Ohren. Meine Haut ist nackt, deine ist mit Fell bedeckt. Ich atme Luft, du nicht. Wenn wir immer so gedacht hätten, wir hätten die Brennende Legion niemals besiegt, weil ich mich niemals mit Jaina Prachtmeer verbündet hätte oder gemeinsam mit Elfen in die Schlacht gezogen wäre. Mein Volk hätte dann nicht überlebt, um sich mit den Tauren anzufreunden oder mit den Verlorenen.
So war es auch mit den Draenei. Unsere Haut war damals rötlich-braun, ihre war blau. Wir hatten Füße, sie hatten Hufe und einen Schweif. Wir lebten meist im Freien, sie lebten in geschlossenen Bereichen. Wir hatten eine relativ kurze Lebenserwartung, und niemand wusste, wie langlebig sie waren.
Ungeachtet dessen, dass sie uns nur Wohlwollen und Offenheit entgegengebracht hatten, dass sie mit uns Handel getrieben hatten, uns vieles gelehrt und mit uns geteilt hatten, worum wir sie baten, mochte niemand mehr Partei für sie ergreifen. Unseren Ahnen hatten es uns gesagt, und wir sahen mit unseren eigenen Augen, wie verschieden sie waren.
Ich bete jeden Tag um Weisheit für mein Volk. Und in diesen Gebeten enthalten ist eine Bitte: dass wir niemals wieder von solch unwichtigen Unterschieden geblendet werden.
Die Ausbildung begann. Es war immer unter fast jedem Clan üblich gewesen, dass man mit der Ausbildung der Kinder anfing, sobald sie ihren sechsten Geburtstag gefeiert hatten. Das Training war zwar ernsthaft, aber locker gewesen. Waffen dienten dazu, Tiere zu jagen, nicht um gegen vernunftbegabte Wesen zu kämpfen, die selbst bewaffnet waren und über technologische Fertigkeiten verfügten, und es gab genügend Jäger, die leicht Beute erlegen konnten. Ein junger Orc lernte in seinem oder ihrem eigenen Tempo, und es blieb viel Zeit übrig, um zu spielen und Spaß zu haben und einfach jung zu sein.
Das galt nicht mehr.
Die Bitte um Einigkeit unter den Orcs wurde beantwortet. Die Kuriere ritten ihre Tiere zu Schanden, während sie zwischen den Clans hin- und herpreschten, um Botschaften auszutauschen. An einem Punkt kam jemand Schlaues auf die Idee, Blutfalken abzurichten, um Nachrichten zu übermitteln. Es dauerte etwas und geschah nicht über Nacht, aber allmählich hatte man Erfolg. Durotan gewöhnte sich daran, die roten Vögel zu Drek’Thar und anderen seines Clans flattern zu sehen. Er billigte die Idee, jedes Wesen wurde gebraucht, wenn die Kriegspläne erfolgreich umgesetzt werden sollten.
Speere, Äxte, Pfeile und andere Waffen hatten sich gut gegen die Tiere des Feldes und des Waldes geeignet – doch sie brachten andere Waffen, wenn sie gegen die Draenei antreten wollten. Schutz war entscheidend, und während die Schmiede und Lederarbeiter zuvor Rüstungen hergestellt hatten, die vor Klauen und Zähnen schützten, mussten sie nun Rüstungen entwerfen, die einen Speer oder ein Schwert abwehrten. Nur wenige beherrschten die Kunst des Schmiedens, und so mussten die Schmiedemeister gleich Dutzende Schüler unterrichten. Die Schmieden klangen Tag und Nacht vom Schlagen der Hämmer und dem Zischen von heißem Metall, das in Fässer mit Wasser getaucht wurde. Viele verbrachten lange Tage damit, mit ihren Picken der Erde das Metall abzuringen, damit man Waffen und Rüstungen daraus machen konnte. Jagden, die stattgefunden hatten, wenn gerade Bedarf bestand, gab es nun täglich, weil Nahrung getrocknet und konserviert werden musste und die Häute für die Rüstungen benötigt wurden.
Die Kinder, die sich zum Training aufstellten, wirkten sehr jung auf Durotan, der einer von vielen Lehrern war. Er erinnerte sich daran, wie sein Vater ihm den Umgang mit Axt und Speer beigebracht hatte. Was hätte der zu diesen Kindern gesagt, die unter den schimmernden Metallrüstungen steckten und Waffen trugen, die noch kein Orc zuvor getragen hatte?
Draka, die er in einer schnellen, stillen Zeremonie geheiratet hatte, weil er die Zeit für die Kriegsübungen brauchte, berührte sanft seinen Rücken. Sie wusste wie immer, was er dachte.
„Es wäre besser, in Zeiten des Friedens zu leben“, sagte sie. „Selbst der Blutdurstigste weiß, wie wahr das ist. Aber wir sind, was wir sind, mein Gefährte. Und ich weiß, du wirst bei dieser Aufgabe nicht versagen.“
Er lächelte sie traurig an. „Nein, das werde ich wohl nicht. Wir sind Krieger. Wir wachsen durch die Jagd, durch die Herausforderung, selbst durch das Blutvergießen und durch die Siegesschreie. Sie sind klein, aber nicht schwach. Sie werden lernen. Sie sind Frostwölfe.“ Er machte eine Pause und fügte dann stolz hinzu: „Sie sind Orcs.“
„Die Zeit vergeht“, sagte Rulkan.
„Ich weiß, aber du willst unser Volk doch nicht unvorbereitet in den Krieg ziehen lassen“, antwortete Ner’zhul. „Die Draenei sind uns momentan weit überlegen.“
Rulkan grunzte unzufrieden, lächelte dann jedoch. Ner’zhul sah sie an. War es nur seine Einbildung, oder schien ihr Lächeln gezwungen?
„Wir trainieren so schnell und gut wir können“, setzte Ner’zhul schnell nach. Er wollte nicht den Geist beleidigen, der einst seine Frau gewesen war.
Rulkan sagte nichts mehr, doch es war klar, dass es ihr nicht schnell genug ging.
„Vielleicht kannst du uns helfen“, sagte er. „Vielleicht könnte uns dein Wissen... nun...“
Rulkan durchlief ein Zittern, dann legte sie den Kopf schief. „Ich habe dir alles gesagt, was ich weiß“, sagte sie, „aber es gibt andere Mächte, andere Wesen, von denen die Lebenden nichts wissen.“
Ner’zhul horchte auf. „Es gibt die Elemente und die Geister der Ahnen“, sagte er. „Welche anderen Wesen sollte es sonst noch geben?“
Sie lächelte ihn wieder an. „Du atmest noch, mein Ehemann. Du bist noch nicht bereit für sie. Sie sind diejenigen, die uns helfen, damit wir euch helfen können.“
„Nein!“ Ner’zhul merkte, dass er bettelte, aber er konnte nicht anders. „Bitte... wir brauchen Hilfe, wenn wir die zukünftigen Generationen vor den heimtückischen Plänen der Draenei schützen wollen.“
Er sagte nicht, dass er die Aufmerksamkeit genoss, die ihm jeder einzelne Orc jedes einzelnen Clans entgegenbrachte. Er sagte nicht, dass ihn ihr früheres Versprechen von Macht erregte und er sich nach dieser Macht zu sehnen begann. Aber mehr noch als das hatte sie ihm so viel Angst vor den monströsen Draenei gemacht, dass ihn ihr Rückzug völlig verwirrte.
Rulkan sah ihn abwägend an. „Vielleicht hast du recht“, sagte sie. „Ich werde fragen, ob sie mit dir reden wollen. Einem fühle ich mich besonders verbunden. Seine Besorgnis für unser Volk ist tief und echt. Ihn werde ich fragen.“
Er nickte, zufrieden mit ihrer Antwort, dann blinzelte er sich wach. Ein Lächeln lag um seinen Mund.
Bald würde er mit dem geheimnisvollen Geist Kontakt aufnehmen, dem Wohltäter. Sehr bald.
Gul’dan lächelte ihn an, als er ihm Früchte und Fisch zum Frühstück brachte. „Wieder eine Vision, mein Meister?“
Er beugte sich tief hinab, als er ihm das Essen und eine Tasse Kräutertee reichte. Auf Rulkans Rat hin hatte Ner’zhul begonnen, ein Gebräu aus bestimmten Kräutern einer bestimmten Stärke zu trinken. Rulkan hatte ihm versichert, dass es seinen Geist und Verstand offen hielt für die Visionen. Ner’zhul hatte das Gebräu zuerst als unangenehm gefunden, hatte es aber trotzdem getrunken. Nun stellte er fest, dass er das Getränk genoss, als erstes am Morgen und drei weitere Male verteilt über den Tag. Er nahm die Tasse und nippte daran, bevor er auf Gul’dans Frage antwortete.
„Ja, die hatte ich in der Tat, und ich habe etwas Wichtiges erfahren.
Gul’dan, solange es Orcs gibt, gibt es Schamanen. Und die Schamanen arbeiten mit den Elementen und den Ahnen zusammen.“
Gul’dans Gesicht zeigte einen Ausdruck der Verwirrung. „Ja, sicher...“
Ner’zhul konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, das weit über seine Hauer reichte. „Und das stimmt immer noch. Aber es gibt mehr, als wir wissen. Mehr, das die Ahnen sehen können, aber wir Lebenden nicht. Rulkan hat mir erzählt, dass sie Kontakt mit mächtigen Wesen hat. Sie verfügen über Weisheit und Wissen, das selbst das der Ahnen übertrifft. Und sie werden kommen, um uns zu helfen. Rulkan sagt, es gibt ein besonderes Wesen, das beschlossen hat, die Orcs zu unterstützen. Und bald wird er sich mir zeigen.“
In Gul’dans Augen blitzte es. „Und... mir auch, Meister?“
Ner’zhul lächelte. „Du bist stark, Gul’dan“, sagte er. „Ich hätte dich nicht als meinen Schüler gewählt, wenn dem nicht so wäre. Ja, ich denke schon. Wenn er dich für würdig befindet so wie mich.“
Gul’dan senkte den Kopf. „Möge es so sein“, sagte er schnell. „Es ehrt mich, dass ich dienen kann. Dies ist eine Zeit großen Ruhmes für die Orcs. Wir sind gesegnet, dass wir diese Zeit erleben dürfen.“
Der Schwarzfels-Clan, mit Schwarzfaust selbst in der Vorhut, hatte um die Ehre gebeten, die Ersten zu sein, die zuschlagen würden. Es hatte ein paar Vorbehalte und Grummeleien gegeben, aber das Jagdgeschick der Schwarzfelsen war legendär, und hinzu kam, dass sie auch recht nah bei Telmor lebten, einer der kleineren isolierteren Städte. Sie hatten die ersten Exemplare von Rüstungen, Schwertern, metallverstärkten Pfeilen und anderen Waffen erhalten, die gegen die Draenei zum Einsatz kommen sollten.
Orgrim, der den Schicksalshammer über seinem Rücken trug, war von Kopf bis Fuß in Metall gehüllt. Er ritt an der Seite seines Häuptlings. Der Wolf unter ihm schien das gleiche Unbehagen gegen die schwere Rüstung zu empfinden wie Orgrim selbst und warf hin und wieder seinen massigen Schädel an Orgrims Bein, als wenn ein Insekt ihn geärgert hätte. Er schien sich auch ein wenig mehr anzustrengen, als er seinen Reiter über die sanfte Wiese trug; dabei keuchte er mehr als üblich, und die rosa Zunge hing ihm aus dem Hals.
Orgrim murmelte. Es hatte leicht geklungen: Zieht in den Krieg gegen diesen neuen heimtückischen Feind! Aber als sie alle, einschließlich Orgrim, ihre Entscheidung bejubelt hatten, hatte niemand daran gedacht, wie schwierig es war, so etwas vorzubereiten. Sie mussten größere Wölfe züchten, weil die Tiere genauso wie die Orcs Rüstungen tragen würden; dafür brauchten sie feste Knochen und mächtige Muskeln.
Die Waffen hatten sich bereits bewehrt. Mehrere Male hatten sie bereits Oger angegriffen. Die waren zwar plump und dumm, während die Draenei schnell und intelligent waren, trotzdem gaben sie immer noch bessere Übungsziele ab, als es Talbuks getan hätten. Am Anfang hatte man ein paar Stammesbrüder dabei verloren, die auf einem Scheiterhaufen in einer feierlichen Zeremonie für ihr ehrenhaftes Opfer beigesetzt worden waren. Die Waffen fühlten sich fremd in der Hand an, die Rüstung verlangsamte den Träger, aber jedes Mal wurden die Angriffe geschmeidiger und eleganter. Beim letzten Mal hatten sie nicht nur gegen ein paar Oger, sondern auch gegen ihren Meister, einen Gronn, gekämpft, der die Boshaftigkeit der Oger besaß und eine gemeine Schläue, die ihn zu einer echten Herausforderung machte. Zwei tapfere Schwarzfels-Orcs waren gefallen, bevor Orgrim den Feind mit einem letzten Schlag seines prophetischen Hammers seinem Schicksal zuführte.
Schwarzfaust hatte dann neben ihm gestanden. Er keuchte und schwitzte. Sein Gesicht war mit Blut besprenkelt, sein eigenes und das der Kreatur, die sie gerade erschlagen hatten. Er wischte es mit seiner gepanzerten Hand weg, leckte das Blut und grunzte.
„Zwei Oger und ihr Meister“, murmelte er und schlug Orgrim auf die Schulter. „Die bedauernswerten Draenei haben keine Chance gegen unsere Kraft.“
Orgrim stand schwitzend in der Sonne, das grelle Licht spiegelte sich auf seiner Rüstung und blendete ihn fast. Blutrausch stieg in ihm auf. Er vertraute Ner’zhul und dem Schamanen ihres Stammes. Außerdem hatte er mit Durotan gesprochen, und sie waren darin übereingekommen, dass, obwohl sie an diesem Tag vor langer Zeit von den Draenei zuvorkommend behandelt worden waren, es schon etwas merkwürdig gewesen war, als sie von den Blauhäuten gerettet worden waren. Die Ahnen hatten sie noch nie belogen. Warum sollten sie es also auf einmal tun?
Aber als er neben seinem Häuptling ritt, unterwegs zu dem Ort, wo eine kleine Jagdgruppe gesichtet worden war, kamen Orgrim Zweifel. Was, wenn die Draenei gar nicht merkwürdig gewesen waren? Sicherlich waren denen die Orcs auch seltsam vorgekommen, als sie diese das erste Mal getroffen hatten. War der Tod tatsächlich eine gerechte Strafe für das Anderssein? Wann hatte je ein Draenei einen Orc angegriffen? Eine einzige Beleidigung oder Anschuldigung ausgesprochen? Achtzehn Schwarzfelskrieger, bis an die Zähne bewaffnet, ihre Körper in schützendes Metall gehüllt, ritten aus, um eine Gruppe von Blauhäuten zu töten, die nichts Bedrohlicheres taten, nichts anderes machten, als Nahrung für ihr Volk zu sammeln. Unerwartet und ungewollt stieg das Bild des jungen Draenei-Mädchens vor seinem Auge auf, das ihm schüchtern zugelächelt hatte. Würde ihr Vater oder ihre Mutter an diesem herrlichen Tag sterben?
„Du siehst schwermütig aus, Orgrim“, sagte Schwarzfaust mit seiner rauen Stimme, und Orgrim schreckte augenblicklich auf. „Was beschäftigt meinen Stellvertreter?“
Das Gesicht einer Waise, dachte Orgrim, aber stattdessen sagte er fest: „Ich frage mich, welche Farbe das Blut der Draenei hat.“
Schwarzfaust warf seinen übergroßen Kopf zurück und lachte herzhaft. Orgrim hörte das harte Krächzen und den Klang wild schlagender Flügel, als die Krähen aufflogen, aufgescheucht vom Gelächter des Häuptlings.
„Ich werde dafür sorgen, dass dein Gesicht damit bemalt wird“, sagte Schwarzfaust lachend.
Orgrim biss die Zähne zusammen und erwiderte darauf nichts. Die Ahnen lügen nicht, dachte er grimmig. Ein Kind ist immer unschuldig, aber seine Eltern haben den Tod verdient, wenn sie gegen uns Pläne schmieden, wie es uns die Ahnen erzählten.
Sie kamen leicht voran und verbargen ihre Ankunft nicht. Der Kundschafter hatte gesagt, dass die Jagdgruppe aus elf Draenei bestand, sechs Männern und fünf Frauen, und sie jagten eine Herde Spalthufe. Obwohl die großen zottigen Tiere stark und schwierig zu jagen waren, waren sie anders als eine Herde Talbuks lammfromm. Die Draenei hatten schon einen jungen Bullen von der Herde getrennt. Er brüllte, scharrte auf der Erde und senkte seinen Kopf, zielte mit seinem einen Horn auf seine Angreifer, aber der Ausgang stand fest.
Oder hätte er, hätten die Orcs nicht eingegriffen.
Schwarzfaust ließ seinen Trupp auf einem Berggrat halten. Orgrim konnte die Erregung seiner Leute riechen. Ihre Körper zitterten vor Erwartung in ihren neuen Rüstungen, ihre Hände verkrampften und entkrampften sich, wollten sich um die Waffen legen, an die sie sich allmählich gewöhnten. Schwarzfaust reckte seine gepanzerte Faust empor, seine kleinen Augen konzentrierten sich auf die Ereignisse im Tal, und er wartete auf den richtigen Moment, sich auf die Draenei zu stürzen wie der Falke auf eine Ratte.
Der Häuptling der Schwarzfelsen schaute seine Schamanen weiter hinten an. Auch sie trugen Rüstungen, aber keine Waffen, weil sie keine brauchten. Sie würden ihre Brüder heilen, wenn sie verwundet wurden. Und die unglaubliche Macht der Elemente den Feinden entgegenwerfen.
„Seid ihr bereit?“, fragte er.
Der Älteste von ihnen nickte. Seine Augen glühten heftig, und ein Grinsen lag auf seinen Lippen. Auch er wollte, dass Draeneiblut vergossen wurde.
Schwarzfaust grunzte und riss die Faust nieder. Die Schwarzfelskrieger griffen an.
Sie riefen ihren Kriegsschrei, und die Blauhäute wirbelten herum. Zu Beginn war nur Überraschung in ihren Gesichtern zu sehen. Kein Wunder, sie fragten sich, warum so viele gerüstete Krieger sie bei ihrer Jagd unterstützten. Erst als Schwarzfaust auf seinem riesigen Wolf sein zweihändiges Schwert zog und den Führer der Draenei mit einem eleganten Hieb in zwei Hälften schlug, wurde ihnen klar, dass die Orcs nicht wegen der Spalthufe gekommen waren, sondern ihretwegen.
Zu ihrer Verteidigung sei gesagt, dass sie nicht vor Panik gebannt stehen blieben, sondern sich unverzüglich zur Wehr setzten. Stimmen, in denen kaum Angst mitschwang, formten Worte in einer fremden weichen Sprache. Obwohl Orgrim die Worte nicht erkannte – Durotan hatte die Gabe, sich an so etwas zu erinnern, er nicht – klangen sie vertraut. Er wusste, was sie erwartete, und hatte seine Gefolgsleute entsprechend instruiert. Als sich der Himmel in unnatürlichem Blau sprenkelte und silbrige Blitze daraus zuckten, waren die Schamanen vorbereitet. Sie vernichteten die merkwürdigen Lichtspeere mit ihren eigenen Blitzen. Das grelle Licht blendete Orgrim, und er senkte schnell den Blick und konzentrierte sich auf einen Draenei-Krieger, der vor ihm einen glühenden Stab schwang, der Funken sprühte. Orgrim brüllte, hob den Schicksalshammer über seinen Kopf und ließ ihn auf den Feind niedergehen. Die Rüstung, die der Draenei-Krieger trug, konnte dem Schlag nicht widerstehen und gab wie ein dünner Zinnbecher nach. Blut und Hirn spritzten hervor.
Orgrim schaute auf und suchte sein nächstes Ziel. Einige der Schwarzfelsen waren in einem magischen Netz gefangen, das von dem unnatürlichen Licht der Draenei erzeugt wurde. Sie waren stolze und starke Krieger, aber sie schrien vor Schmerz, als sich das Netz durch ihre Haut brannte. Der beißende Geruch von verkohltem Fleisch, gemischt mit dem Gestank von Blut und Angst, drang in Orgrims Nase. Es war ein berauschendes Aroma.
Er spürte Wind über sein Gesicht wehen, der die Gerüche des Kampfes vertrieb und seine Lungen mit frischer Luft versorgte. Orgrim suchte sich jemanden aus, den er als Nächstes töten würde, und lief zu dem Krieger, einer Frau, die keine Waffe hatte, aber in pulsierendes blaues Licht eingehüllt war.
Orgrim grunzte vor Überraschung, als der Schicksalshammer das Feld traf und abgeblockt wurde. Der Rückschlag zitterte durch die Waffe in seine Arme und schüttelte ihn bis ins Mark.
Einer der Schamanen trat vor, und mit knackenden Lauten kämpfte sein aus der Natur geborener Blitz gegen die merkwürdige Energie der Draenei, und Orgrim jubelte, als der Blitz des Schamanen das blaue Feld zurückdrängte.
Er schlug noch mal zu, und dieses Mal krachte der Schicksalshammer befriedigenderweise auf den Schädel der Blauhaut.
Der Kampf war fast vorbei. Nur zwei Gegner standen noch, und innerhalb eines Herzschlags fielen auch sie unter einer Masse gepanzerter brauner Körper. Noch ein paar Schreie und Grunzer und das unverwechselbare Geräusch, mit dem scharfe Klingen in Fleisch eindrangen, dann wurde es still.
Der von seiner Herde getrennte Spalthuf war entkommen.
Orgrim stockte der Atem, sein Blut sang in seinen Ohren, entflammt von der Erregung des Tötens. Er hatte die Jagd immer gemocht, aber dies hier... er hatte nie etwas wie dies hier erwartet. Manchmal wehrten sich die Tiere, die er angriff. Aber Beute wie die Draenei, intelligent, kraftvoll, die genauso kämpften wie er, nicht mit Klauen und Zähnen, war etwas Neues für ihn. Er warf den Kopf zurück und lachte und fragte sich, ob er durch diese Erfahrung trunken geworden war.
Der Jubel und das raue Gelächter der siegreichen Orcs waren die einzigen Laute auf der Lichtung. Schwarzfaust ging zu Orgrim und umarmte ihn, so gut er das in der Rüstung konnte.
„Ich habe den Schicksalshammer gesehen, aber er war so schnell, dass er meinem Auge nur verschwommen erschien“, rumpelte der Häuptling des Schwarzfels-Clans und grinste. „Du hast heute gut gekämpft, Orgrim. Ich war schlau, als ich dich zu meinem Stellvertreter machte.“
Er stieg über den Körper der Magierin hinweg, die Orgrims letztes Opfer gewesen war, und zog seine gepanzerten Handschuhe aus. Der Schädel der Frau war vollständig zerschmettert, und überall war blaues Blut. Schwarzfaust tauchte seine Finger in den Lebenssaft der Erschlagenen und bemalte damit sorgfältig Orgrims Gesicht. Tief im Innern änderte sich etwas in dem Orc. Er erinnerte sich daran, wie er sich das Blut seines ersten selbst erlegten Tiers ins Gesicht geschmiert hatte, und auch daran, wie er zum heiligen Berg gegangen war während des Om’riggor-Rituals, mit dem Blut seines Vaters im Gesicht. Sein Häuptling hatte ihn nun mit dem Blut eines Wesens, das sein Feind war, benetzt.
Ein wenig von der dunklen blauen Flüssigkeit tropfte in seinen Mundwinkel. Orgrim leckte mit der Zunge, schmeckte die Flüssigkeit und fand sie süß.
Der Blutfalke setzte sich auf den Arm seines Herrn, seine Krallen griffen tief in das schützende Leder. Ner’zhul ging weiter, während der Falkenmeister die Botschaft entrollte und sie ihm gab. Schnell überflog er das kleine Pergament.
So einfach. Es war so einfach gewesen. Nicht ein einziger Verlust, obwohl einige natürlich verletzt waren. Ihr erster Überfall, und die Orcs waren siegreich auf ganzer Linie gewesen. Schwarzfaust schrieb verächtlich davon, wie schnell sie die Gruppe niedergemacht und ihnen die Schädel zerschmettert hatten. Es geschah alles so, wie Rulkan es ihm versprochen hatte. Ganz sicher würde das Wesen, mit dem Rulkan Kontakt hatte, auch ihm erscheinen. Die Orcs, geführt von Ner’zhul, hatten mit diesem großen Sieg bewiesen, dass sie etwas wert waren.
Er las die Nachricht noch einmal. Schwarzfaust und die Schwarzfels-Orcs waren tatsächlich die richtige Wahl gewesen, um sie gegen die Draenei zu schicken. Sie waren machtvoll und gewalttätig, aber anders als der Kriegshymnen- oder einer der anderen Clans standen sie vollständig unter der Kontrolle ihres Häuptlings.
In dieser Nacht hatte er für sie ein Siegesfest vorbereitet, und sie aßen, tranken, lachten und sangen, bis Ner’zhul ins Bett taumelte und in einen tiefen Schlaf fiel.
Und das Wesen kam.
Es war herrlich, leuchtend, so hell, dass Ner’zhul geblendet war. Er fiel auf die Knie, bebte vor Freude, und Ehrfurcht durchfuhr ihn.
„Du bist gekommen“, flüsterte er. Tränen quollen aus seinen Augen und liefen ihm übers Gesicht. „Ich wusste, wenn ich dir diene, würdest du erscheinen.“
„Das hast du tatsächlich, Ner’zhul, Schamane, Seelenwahrer der Orcs.“ Die Stimme durchdrang seine Knochen, und Ner’zhul schloss seine Augen, denn ihm schwindelte. „Ich habe gesehen, wie meisterlich du dein Volk geführt hast, wie du die Clans vereint hast, mit einem gemeinsamen Ziel, einem herrlichen Ziel.“
„Einem, das durch dich aufgezeigt wurde, Großes Wesen“, entgegente Ner’zhul. Er dachte an Rulkan und fragte sich kurz, warum sie ihm nicht länger erschien. Dann schob er den Gedanken an sie beiseite. Dieses große Wesen stand viel höher als selbst der Schatten seiner geliebten Frau. Ner’zhul sehnte sich nach mehr Worten von dem Großartigen.
„Du kamst zu uns und hast uns die Wahrheit enthüllt“, fuhr Ner’zhul fort. „Wir haben getan, was nötig war.“
„Das habt ihr in der Tat, und ich bin sehr zufrieden mit dir. Ruhm und Ehre und süßer Sieg werden weiterhin dein sein, wenn du tust, was ich sage.“
„Natürlich werde ich das, Großes Wesen. Aber dieser unwürdige Bittsteller fragt nach einem Gefallen.“
Ner’zhul riskierte einen Blick auf das Wesen. Es war riesig, strahlend und rot, mit einem kraftvollen Körper und Beinen, die in Hufen endeten und nach hinten gebogen waren wie bei einem Talbuk...... oder wie bei einem Draenei!
Ner’zhul blinzelte. Es war still, nachdem er seinen Wunsch geäußert hatte, und er meinte, ein plötzliches Frösteln zu spüren. Dann sprach die Stimme wieder in seinem Geist und in seinen Ohren, und sie war immer noch weich und süß wie Honig.
„Frag, und ich entscheide, ob du würdig bist.“
Plötzlich fühlte sich Ner’zhuls Mund trocken an, und die Worte wollten sich nicht formen. Mit Anstrengung sagte er: „Großes Wesen hast du einen Namen, bei dem ich dich rufen kann?“
Ein Lachen rumpelte durch Ner’zhuls Blut. „Ein simpler Wunsch, leicht gewährt. Ja, ich habe einen Namen. Nenne mich Kil’jaeden!“