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Hawks hielt es nicht für nötig, Barker den Offizieren vorzustellen. Er begann sofort mit einer Erklärung der Funktionen des Schutzanzuges.

»Das hier ist unser letztes und bestes Modell. Sie legen den Anzug hier auf diesem Tisch an und werden dann in den Transmitter gerollt. Von dort aus werden Sie zur Mondstation befördert, wo Ihnen der Anzug bequem und leicht bedienbar erscheinen wird. Sämtliche Bewegungen werden mit Hilfe von Elektromotoren durchgeführt, die sich in den Gelenken befinden. Durch einen leichten Druck auf die entsprechenden Kontakte sind sämtliche Bewegungskombinationen möglich. Sie haben alle Werkzeuge zur Verfügung, die Sie brauchen werden, und noch einige dazu, von denen wir annehmen, daß sie sich ebenfalls als nützlich erweisen könnten. Darüber müssen Sie uns später Bericht erstatten — wenn Sie können. Vor allem müssen Sie sich mit der Bedienung des Anzugs vertraut machen, denn davon kann unter Umständen der Erfolg des Versuchsprogramms abhängen. Jetzt probieren Sie ihn bitte einmal an, damit wir sehen, ob er Ihnen richtig paßt.«

Der verantwortliche Offizier trat einen Schritt vor. »Entschuldigung, Doktor«, begann er, »aber ich habe gehört, daß der Freiwillige eine Prothese trägt.« Er wandte sich an Barker. »Würden Sie bitte die Hosen ausziehen, Sir?«

Hawks lächelte unbehaglich. »Geben Sie mir Ihre Jacke«, sagte er zu Barker.

Barker sah sich unsicher um. Auf seiner Stirn erschienen Schweißtropfen. Er gab Hawks seine Jacke, ohne ihn dabei anzusehen, schnallte den Gürtel auf und zog sich die Hose aus. Dann rollte er sie schnell zusammen, warf Hawks einen Blick zu und legte sie schließlich auf einen Stuhl.

»Würden Sie sich bitte in den Anzug hineinlegen, Sir, damit wir sehen können, welche Veränderungen vorgenommen werden müssen?« Der Captain machte eine Handbewegung, und seine Leute umringten Barker, hoben ihn hoch und legten ihn in den Anzug. Barker lag steif auf dem Rücken und starrte an die Decke. »Bitte, bewegen Sie sich, Sir«, verlangte der Offizier. »Wir müssen feststellen, ob die Muskeln an allen Stellen fest an den Kontakten anliegen.«

Barker machte einige zögernde Bewegungen.

»Aha«, meinte der Captain, »das habe ich mir gleich gedacht. Die Prothese muß an der Wade und im Kniegelenk verstärkt werden.« Er winkte einen der anderen Offiziere heran. »Fidanzato, messen Sie die Abstände aus und lassen Sie die Prothese sofort in der Werkstatt verstärken. Tut mir leid, Sir«, sagte er dann zu Barker, »aber Sie werden eine halbe Stunde ohne Ihre Prothese auskommen müssen. Sampson, helfen Sie ihm aus seinem Hemd heraus, damit Sie den Schultergurt abschnallen können.«

Barker streckte die Arme aus, hielt sich am Rand des Anzugs fest und zog sich daran in die Höhe. »Mein Hemd kann ich mir immer noch selbst ausziehen«, wehrte er wütend ab. Während Sampson die Schnalle öffnete, sah Barker zu Hawks hinüber und klopfte dabei leicht gegen den Anzug. »Neue Künste, Magier?« Er schien auf eine besondere Antwort zu warten.

Hawks runzelte die Stirn. Barker grinste ironisch und sah sich herausfordernd um. »Na, das war offenbar eine Pleite. Möchte es noch jemand versuchen? Oder soll ich mir lieber zuerst eine Hand hinter dem Rücken festbinden lassen?«

Ein junger Leutnant trat vor. »Das ist ein Zitat aus einem Schauspiel, Doktor.« Er sah Barker an, der feierlich einen Finger naßmachte und ein großes X in die Luft zeichnete.

»Einen Punkt für unseren jungen Freund hier.«

»Wovon handelt das Stück, Leutnant?« fragte Hawks.

»Wir haben es in der Schule durchgenommen«, antwortete der junge Offizier verlegen und wurde rot, als Barker ihm aufmunternd zublinzelte. »Der Magier Merlin hat eine Rüstung geschmiedet, die ge gen alle Waffen gefeit ist. Sie war für Sir Galahad bestimmt, aber eine bei der Herstellung unerläßliche Zauberformel bewirkte, daß sie nur Lancelot paßte. Und obwohl Lancelot König Arthur schaden will und sie am gleichen Tag in einem Turnier gegeneinander antreten werden, bringt Merlin es nicht übers Herz, die herrliche Rüstung ungenutzt verrosten zu lassen. Er ruft Lancelot zu sich, und dessen erste Worte beim Anblick der Rüstung sind: ›Was seh' ich da — neue Künste, Magier?‹«

Barker grinste zuerst den Leutnant, dann Hawks an. »Ich hoffte, Sie würden die Parallele erkennen, die darin liegt, Doktor. Schließlich sind Sie doch angeblich ein gebildeter und belesener Mann.«

»Hm«, meinte Hawks nachdenklich und starrte Barker ins Gesicht. »Und wie lautet Merlins Antwort?« fragte er dann den Leutnant.

»›Du sagst es — mächtige Waffen.‹« Der junge Offizier sah zu Hawks hinüber. »Wollen Sie es weiterhören, Dr. Hawks?«

Hawks lächelte Barker verkniffen zu. »Ja, natürlich — ich bin auf die Fortsetzung gespannt. Vielleicht kaufe ich mir sogar das Buch, wenn mir die gekürzte Fassung gut genug gefällt.«

»›Nimm sie!‹« zitierte der Leutnant weiter. »›Nimm sie, der du schon mehr, als dir bestimmt war, hast bezwungen und bezwinge mehr!‹«

»›Aus deinen Worten spricht die Eifersucht, alter Mann‹«, antwortete Barker.

»›Du mußt sie nehmen!‹«

»›Wo blieb' sonst dein künstlich' Blendwerk? Du trittst mit deinem Leben dafür ein? Es wird mich nicht verlassen — auf keinem Feld, von keiner Lanze sich durchdringen lassen, die selbst deiner Kunst noch fremd?‹«

»›Und wenn sie fehlt, fehl' ich mit dir, mein edler Ritter.‹«

Barker stieß Sampson ungeduldig zur Seite, der immer noch mit dem Schultergurt beschäftigt war, und schnallte ihn selbst ab. »›Dann fehle nicht, kunstreicher Schmied‹«, flüsterte er dabei vor sich hin. »›Ich fleh' dich an — fehle nicht!‹«

Hawks sah Barker einen Augenblick lang schweigend an. Dann machte er einen Zeigefinger naß und beschrieb ein X in der Luft. »Einen Punkt für den ganzen Kerl«, sagte er dazu und verzog das Gesicht wie vor Schmerz.

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