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»Na, haben Sie bei ihr Erfolg gehabt?« Connington stand in einer Ecke des Wohnzimmers bei der Hausbar und lachte in sich hinein, als Hawks auf ihn zuging. Er trug buntkarierte Schwimmshorts, über deren Rand sein Bauch hervorquoll. Eine kanariengelbe Frotteejacke vervollständigte seine Aufmachung. In der linken Hand hielt er einen gefüllten Glaskrug, in der anderen zwei Keramikbecher. »Sieht von hier fast wie ein Stummfilm aus«, bemerkte er spöttisch und nickte zu den riesigen Fenstern hinüber, die auf den Rasen und das Schwimmbecken hinausführten. »Kaum Dialoge, aber ein tolles Drehbuch!«

Hawks drehte sich um und sah ebenfalls hinaus. Claire saß immer noch an der gleichen Stelle und starrte nachdenklich in die Luft.

»Ziemlich eindrucksvoll, was?« Connington grinste. »Nur schade, daß man ihr so hilflos ausgeliefert ist. Sie ist geradezu eine Naturgewalt — wie Ebbe und Flut, die Jahreszeiten, die Erdumdrehung.« Er sah nachdenklich auf den Krug hinunter, in dem das Eis bereits zu schmelzen begonnen hatte. »Solche Kreaturen kann man nicht mit den üblichen Maßstäben messen und sie als gut oder böse klassifizieren«, sagte er mit zusammengekniffenen Lippen. »Das dürfen wir normalen Sterblichen uns nicht anmaßen. Sie haben ihre eigenen Gesetze, die wir nicht begreifen.« Er zog hastig an seiner Zigarre. »Diese Menschen wachsen zwischen uns auf — Verkäuferinnen, Taxigirls, Lehrerinnen, Hausfrauen —, aber eines Tages erweisen sie sich doch als ihres Erbes würdig. Wehe uns, Hawks. Wehe uns, wenn wir ihrer Kometenbahn zu folgen versuchen!«

»Wo ist Barker?«

Connington wies mit dem Daumen nach oben. »In seinem Zimmer. Er hat geduscht, mich wüst beschimpft, als ich ihm nicht schnell genug aus dem Weg ging, und ist dann ins Bett gegangen. Sein Wekker ist auf acht Uhr gestellt. Vorher hat er sich noch einen anständigen Schluck Whisky gegönnt. Jetzt ist er im Land der Träume — doch seine Träume möchte ich nicht haben …«

Hawks sah auf seine Armbanduhr.

»Noch drei Stunden, Hawks«, sagte Connington. »Drei volle Stunden, und der Hausherr schläft!« Er ging an Hawks vorbei auf die Tür zu, stieß sie mit dem Fuß auf und warf einen Blick zurück. »Horrido!«


* * *

Hawks öffnete die Tür der Hausbar und suchte darin herum, bis er eine Flasche Scotch gefunden hatte. Er goß ein Glas halb voll, fügte Sodawasser und Eis hin zu, probierte kurz und nickte zufrieden vor sich hin. Als er wieder zum Fenster hinaussah, hatte Connington Claire bereits erreicht und stand neben ihr. Sie lag auf dem Bauch und stützte das Kinn in die Hände. Der Mann neben ihr füllte ungeschickt zwei Becher aus dem Krug.

Hawks ging zu einem der lederüberzogenen Sessel hinüber, von denen aus man das Schwimmbecken sehen konnte, und ließ sich hineinfallen. Er trank nachdenklich und blinzelte dabei, als die letzten Strahlen der untergehenden Sonne seine Augen trafen und sein Gesicht erglühen ließ.

Claire rollte sich auf den Rücken und richtete sich halb auf um den Drink entgegenzunehmen, den Connington ihr eingeschenkt hatte. Sie stießen miteinander an und tranken. Dann drehte Claire sich wieder um und sah weiter auf das Wasser.

Connington setzte sich neben sie auf den Rand des Beckens und ließ die Füße ins Wasser hängen. Claire wischte sich etwas von ihrem Arm ab. Connington hob wieder sein Glas und wartete, bis Claire ihren Drink wieder in die Hand nahm. Diesmal trank sie im Liegen, wobei sie das Oberteil ihres Badeanzuges mit der linken Hand gegen den Körper preßte.

Die Sonne stand jetzt genau hinter Connington und Claire, ihre Profile zeichneten sich deutlich vor dem rötlich gefärbten Abendhimmel ab.

Connington schenkte wieder ein.

Claire trank wieder. Connington berührte ihre Schulter und beugte sich über sie. Claire lachte und bohrte ihren Zeigefinger in seinen Bauch, der über den Rand seiner Badehose quoll. Dann kniff sie ihn hinein und lachte wieder. Connington umfaßte ihr Handgelenk und stieß ihren Arm zurück. Sie warf den Kopf zurück, ließ ihren Drink fallen und strampelte vor Vergnügen mit den Beinen. Connington warf die Jacke ab und sprang mit einem Satz ins Wasser.

Claire war völlig überrascht, als er plötzlich neben ihr auftauchte und sie an den Armen packte. Er stemmte sich gegen die Beckenwand und zerrte mit aller Kraft. Claire rutschte auf dem Bauch über den Rand hinaus und ins Wasser. Beide verschwanden unter der Wasseroberfläche. Einen Augenblick später tauchte sie fast an der gleichen Stelle wieder auf, schwamm ruhig zu der Leiter hinüber, kletterte aus dem Becken und blieb stehen, um ihren Badeanzug hochzuziehen. Dann hob sie das Handtuch auf, warf es sich um die Schultern und ging rasch nach links auf den anderen Flügel des Hauses zu.

Connington stand am flachen Ende des Schwimmbeckens und sah ihr nach. Dann kletterte er hastig heraus und lief einige Schritte hinter ihr her. Sein Körper triefte vor Wasser. Plötzlich schien ihm etwas eingefallen zu sein, denn er blieb abrupt stehen, starrte zu dem Fenster hinüber, hinter dem Hawks saß, drehte sich auf dem Absatz um und lief zum Wasser zurück. Er sprang hinein und kraulte auf das Sprungbrett zu. Von dann ab bis zum Einbruch der Dunkelheit hörte Hawks in regelmäßigen Abständen das Federn des Sprungbretts.

Zehn Minuten vor acht dröhnte eine Jazzmelodie aus dem Radio im ersten Stock. Zehn Minuten später schrillte der eingebaute Wecker und übertönte die Musik. Dann klirrte etwas und zersplitterte auf dem Fußboden. Einen Augenblick später waren Barkers Schritte zu hören.

Hawks ging zu der Hausbar hinüber, wusch sein leeres Glas aus und stellte es in das Regal zurück. Er sah sich um. Draußen herrschte bereits Nacht, und der Raum wurde nur durch den schwachen Lichtschein erhellt, der aus dem Treppenhaus kam. Hawks streckte den Arm aus und schaltete eine Stehlampe ein. Sein Schatten zeichnete sich undeutlich an der Wand ab.

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