Am nächsten Morgen erschien Barker unausgeschlafen und mit rotgeränderten Augen im Laboratorium. Seine Hände zitterten heftig, als er sich in die Unterbekleidung zwängte. Hawks ging zu ihm hinüber. »Ich freue mich, Sie hier zu sehen, Barker«, sagte er verlegen.
Barker sah kurz zu ihm auf und schwieg verbissen.
»Fehlt Ihnen wirklich nichts?« fragte Hawks. »Wir können den Versuch ohne weiteres auf morgen verschieben.«
»Machen Sie sich meinetwegen keine Sorgen, Hawks«, antwortete Barker grob.
Hawks steckte die Hände in die Hosentaschen. »Ausgezeichnet. Waren Sie schon bei den Kartenspezialisten?«
Barker nickte.
»Konnten Sie ihnen die Vorgänge bei unserem letzten Versuch klar schildern?«
»Sie waren anscheinend sehr zufrieden. Warum warten Sie nicht einfach, bis der Bericht Ihnen auf den Schreibtisch flattert? Was brauchen meine Entdekkungen Sie zu kümmern? Hauptsache ist, ich komme gut voran und bleibe bei Verstand. Oder etwa nicht? Mein persönliches Befinden kann Ihnen gleichgültig sein; ich erkunde schließlich nur einen sicheren Weg für Ihre superschlauen Techniker, die das Ding einmal auseinandernehmen sollen, stimmt's? Was bin ich denn schon für Sie, es sei denn, ich gehe Ihnen dort oben verloren, und Sie müssen sich einen anderen suchen? Und wie wollen Sie das anstellen? Für wie viele Menschen dürfte Connington wohl bereits Pläne geschmiedet haben? Aber jedenfalls keine, die sie auf den Mond bringen würden, stimmt's? Warum lassen Sie mich also nicht in Ruhe?«
»Barker …«, begann Hawks, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, lassen wir das lieber. Es hat keinen Sinn.«
»Hoffentlich bleiben Sie Ihren edlen Prinzipien auch weiterhin treu.«
Hawks seufzte. »Schön. Noch etwas — die Versuche werden jetzt Tag für Tag fortgesetzt, falls die Bedingungen es erlauben. Sie werden nicht eher aufhören, als bis Sie die andere Seite des Gebildes erreicht haben. Wenn wir erst einmal in Schwung sind, lassen wir uns nur noch schwer aufhalten. Aber wenn Sie jemals das Gefühl haben, Sie möchten eine Pause einlegen — um sich zu erholen, um an Ihren Autos herumzubasteln, irgend etwas —, sagen Sie es mir, damit ich alles veranlassen kann. Wir …«
Barker verzog den Mund. »Hawks, ich bin hier, um etwas zu tun. Ich habe vor, es zu tun. Sonst will ich nichts. In Ordnung?«
Hawks nickte. »In Ordnung, Barker.« Er nahm die Hände aus den Taschen. »Hoffentlich dauert es nicht allzulange.«
Hawks ging den Flur entlang, bis er die Kartenstelle erreicht hatte. Er klopfte kurz und trat ein. Die in dem Raum beschäftigten Männer sahen auf, dann beugten sie sich wieder über die Karte des Gebildes, die den zwanzig Quadratmeter großen Tisch in der Mitte des Raums fast vollständig bedeckte. Nur der verantwortliche Offizier — ein Oberleutnant des Küstenschutzes — kam Hawks entgegen, während die anderen an der Karte weiterarbeiteten. Sie bedeckten die plastikbeschichtete Oberfläche mit verschiedenfarbigen Markierungen. Einer der Männer stand neben dem Tonbandgerät und ließ das Band ablaufen, das Barkers Angaben enthielt.
Barkers Stimme klang leise und gequält aus dem Lautsprecher. »Das habe ich doch bereits erklärt!« sagte er gerade. »Es war ein wolkenähnliches Gebilde … Blau … und im Innern schien sich etwas zu bewegen. Kein Lebewesen …«
»Ja, das wissen wir«, antwortete die Stimme eines der Männer geduldig. »Aber wie weit war es von dem weißen Sandhügel entfernt, auf dem Sie standen? Wie viele Schritte?«
»Schwer zu sagen. Sechs, höchstens sieben.«
»Aha. Und es befand sich genau rechts von Ihnen, wenn Sie geradeaus sahen? Schön, was taten Sie dann?«
»Ich ging ungefähr drei Meter auf diesem Grat entlang und bog dann nach links ab, weil er an dieser Stelle um die rote Felsnadel herumführte. Dann …«
»Können Sie sich noch erinnern, wo sich die blaue Wolke von Ihnen aus gesehen befand, als Sie diese Änderung Ihrer bisherigen Bewegungsrichtung durchführten?«
»Ich konnte sie undeutlich erkennen, wenn ich über meine rechte Schulter zurücksah.«
»Ausgezeichnet. Würden Sie Ihren Kopf jetzt bitte in die gleiche Richtung drehen, damit ich mir die Sache vorstellen kann? Danke. Also etwa in einem Winkel von zwölf Grad von der Verlängerung der Schulterlinie aus gemessen. Und immer noch sechs oder sieben Schritte in gerader Linie von Ihnen entfernt?«
Der Mann am Tonbandgerät stoppte das Band, spulte es zurück und ließ es noch einmal ablaufen. Dann verbesserte er seine Skizze, die er währenddessen angefertigt hatte.
»Kann ich Ihnen behilflich sein, Doktor?« erkundigte sich der Oberleutnant bei Hawks. »In spätestens zwei Stunden ist der Bericht fertig. Ich werde ihn sofort zu Ihnen hinaufbringen lassen.«
Hawks lächelte. »Keine Angst, ich will Sie und Ihre Leute keineswegs hetzen oder bei der Arbeit stören. Ich wollte nur gern einmal hören, wie sich die Sache anläßt. Können Sie mit Barkers Angaben etwas anfangen?«
»Es geht gut voran, Sir. Seine Beschreibung der Einzelheiten innerhalb des Gebildes weichen zwar beträchtlich von denen der anderen ab, aber andererseits waren sie bisher alle verschieden. Die Gefahrenpunkte befinden sich jedenfalls auch bei ihm an den bereits bekannten Stellen. Wir wissen also, daß sich dort irgend etwas befindet — und das genügt völlig.« Der Offizier lächelte zuversichtlich. »Und das ist jedenfalls viel besser, als wenn man nur ein wüstes Gekritzel auf einer Tafel hat und danach arbeiten soll. Der letzte Versuch hat uns bereits mehr Informationen eingebracht als alle anderen vorher zusammengerechnet.« Der Oberleutnant rieb sich den Nacken. »Es ist wirklich eine Erleichterung. Vor einigen Tagen waren wir alle noch überzeugt, daß wir längst pensioniert sein würden, bevor die Karte fertiggestellt sei.«
Hawks lächelte ernst. »Wir können froh sein, daß ich ein gutes Ergebnis nach Washington melden kann, sonst wäre unser gesamtes Programm bereits geplatzt.«
»Oh? Dann müssen wir gut auf ihn aufpassen.« Der Offizier schüttelte den Kopf. »Hoffentlich bleibt er uns noch länger erhalten. Er ist so eine Art Blümlein Rührmichnichtan — jedenfalls uns gegenüber. Aber man kann nicht alles haben. Entscheidend ist schließlich, daß er für Ihre Zwecke brauchbar ist, selbst wenn er hier den wilden Mann herauskehrt.«
»Ja«, antwortete Hawks. Der Mann an dem Tonbandgerät schaltete es aus, ging an die Karte und zeichnete mit Fettstift einen roten Kreis auf das weiße Plastikmaterial. Dann trat er einen Schritt zurück, sah prüfend auf die Karte und nickte befriedigt.
Hawks nickte ebenfalls. »Danke, Oberleutnant.« Er ging in sein Büro hinauf, ließ sich in den Sessel hinter dem Schreibtisch fallen und meldete ein Ferngespräch nach Washington an.
Am Nachmittag des gleichen Tages blieb Barker zweihundertachtundsiebzig Sekunden im Innern des Gebildes am Leben.
An dem Tag, an dem die Verweildauer auf dreihundertzweiundsiebzig Sekunden gesteigert wurde, betrat Connington Hawks' Arbeitszimmer.
Hawks sah neugierig von seinem Schreibtisch auf. Connington näherte sich langsam. »Wollte mit Ihnen sprechen«, murmelte er, als er sich setzte. »Es schien mir nötig.« Seine Augen wanderten unruhig durch den Raum.
»Warum?« fragte Hawks.
»Nun — ich weiß es selbst nicht so genau. Es erschien mir nicht ganz richtig, die Angelegenheit im Sand verlaufen zu lassen. Schließlich gibt es — ich weiß nicht, wie Sie darüber denken, aber meiner Meinung nach gibt es ein gewisses System im Leben der Menschen … Jedenfalls sollte ein System dahinterstecken: Anfang, Mitte und Ende. Eine Art Einteilung in Kapitel.«
»Ich sehe ein, daß manche Menschen dieses System für notwendig halten müssen«, meinte Hawks geduldig.
»Sie geben immer noch keinen Zentimeter nach, nicht wahr?« sagte Connington.
Hawks schwieg. Connington wartete einen Augenblick, dann wechselte er den Gesprächsgegenstand. »Na, ist ja auch egal«, fuhr er fort, »ich wollte Ihnen nur sagen, daß ich gekündigt habe.«
Hawks lehnte sich in seinen Sessel zurück und sah ihn ausdruckslos an. »Wo wollen Sie hin?«
Connington machte eine ausholende Handbewegung. »An die Ostküste. Ich habe schon einen Job in Aussicht.«
»Kommt Claire mit?«
Connington nickte und sah zu Boden. »Ja, sie fährt mit.« Er sah auf und lächelte angestrengt. »Die Geschichte hat ein merkwürdiges Ende, finden Sie nicht auch?«
»Nein, keineswegs. Schließlich entspricht dieses Ende genau Ihren Plänen«, stellte Hawks fest. »Bis auf eine Ausnahme — Präsident von Continental Electronics sind Sie leider nicht geworden.«
Connington lächelte verlegen. »Oh, daran habe ich eigentlich selbst nicht so recht geglaubt. Das habe ich nur gesagt, um Sie ein bißchen anzuspornen.« Er stand rasch auf. »Na, das war dann wohl alles. Ich wollte Ihnen nur berichten, welches Ende die ganze Sache genommen hat.«
»Ende?« fragte Hawks erstaunt. »Barker und ich sind noch längst nicht fertig.«
»Ich schon«, antwortete Connington. »Von heute ab bin ich aus der ganzen Sache heraus. Was jetzt noch geschieht, kann mir piepegal sein.«
»Dann sind Sie als Sieger aus dem Wettbewerb hervorgegangen.«
»Genau«, sagte Connington.
»Und es ist immer wieder die gleiche Geschichte. Ein Wettbewerb. Und dann stellt sich ein Sieger heraus, und damit ist wieder ein Abschnitt im Leben der anderen Teilnehmer beendet. Ausgezeichnet. Auf Wiedersehen, Connington.«
»Auf Wiedersehen, Hawks.« Connington wandte sich zur Tür und blieb dann zögernd stehen. Er sah über seine Schulter. »Das war wohl alles, was ich sagen wollte …«
Hawks schwieg.
»Ich hätte Ihnen auch schreiben oder Sie anrufen können.« Connington ging auf die Tür zu. »Ich hatte gar keinen Grund dazu.« Er schüttelte den Kopf und sah fragend zu Hawks hinüber, als erwarte er von ihm eine Antwort auf die unausgesprochene Frage, die ihn beschäftigte.
»Sie wollten nur sicherstellen, daß ich über den Sieger informiert bin, Connington«, meinte Hawks mit unbeweglichem Gesicht. »Sonst nichts.«
»Vielleicht haben Sie recht«, antwortete Connington unsicher und verließ den Raum.
Am nächsten Tag, an dem Barker dreihundertneunundneunzig Sekunden innerhalb des Gebildes am Leben geblieben war, kam Hawks in das Laboratorium. »Ich habe eben erfahren, daß Sie in die Stadt ziehen wollen, Barker.«
»Wer hat Ihnen das gesagt?«
»Winchell«, antwortete Hawks kurz. »Der neue Personalchef.«
Barker runzelte die Stirn. »Connington hat sich in Richtung Ostküste abgesetzt.« Er zuckte mit den Schultern. »Vorher holte er noch zusammen mit Claire ihre Sachen ab, während ich hier im Laboratorium war. Dann schlugen sie sämtliche Fenster ein, die vom Wohnzimmer auf den Rasen hinausführen. Ich muß alle neu verglasen lassen, bevor ich das Haus zum Verkauf anbieten kann. Das hätte ich von ihm nie erwartet.«
»Warum wollen Sie das Haus nicht behalten? Ich beneide Sie darum, Barker.«
»Das geht Sie nichts an. Kümmern Sie sich gefälligst um Ihren eigenen Kram.«
Aber trotzdem war Barker dreihundertneunundneunzig Sekunden innerhalb des Gebildes am Leben geblieben.
An dem Tag, an dem Barker vierhundertzweiunddreißig Sekunden lang am Leben geblieben war, saß Hawks in seinem Arbeitszimmer und starrte nachdenklich auf eine zerknitterte Karte, als das Telefon klingelte.
Er warf einen kurzen Blick in Richtung auf den Apparat, zog dann die Schultern hoch und fuhr mit seiner bisherigen Beschäftigung fort. Sein rechter Zeigefinger wanderte langsam über die Karte, folgte einer blauen Linie, die sich zwischen schraffiert dargestellten Gebieten hindurchwand, und erreichte schließlich das nächste rote X. Neben jedem dieser Gefahrenpunkte befand sich eine kurze Anweisung, wie er am besten zu umgehen sei. Hawks las sie langsam, wobei er lautlos die Lippen bewegte, schloß dann die Augen, runzelte die Stirn und wiederholte die Anleitung. Dann öffnete er die Augen und lehnte sich wieder nach vorn.
Das Telefon klingelte immer noch — leise, aber trotzdem drängend. Hawks sah unwirsch auf, dann schob er seinen Stuhl zurück und griff nach dem Hörer. »Ja, Vivian«, sagte er.
Er hörte einige Sekunden zu, bevor er wieder sprach. »In Ordnung. Rufen Sie bei der Wache an und lassen Sie Dr. Latourette einen Besucherausweis ausstellen. Ich erwarte ihn hier.«
Sam Latourette klopfte leise an der Tür und kam dann herein. Er lächelte scheu. Sein Anzug war ungebügelt, dazu trug er ein Sporthemd ohne Krawatte. Er hatte sich beim Rasieren geschnitten und die kleinen Schnitte waren so frisch, als habe er sich erst vor einer halben Stunde rasiert. Sein Haar war sorgfältig gekämmt.
»Hallo, Ed«, sagte er leise und streckte seine Hand aus, als Hawks aufstand. »Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen.«
»Ja, das stimmt. Setz dich doch, Sam. Hier, in diesen Sessel. Bitte.«
»Hoffentlich störe ich dich nicht allzusehr«, sagte Latourette, als er sich in den Sessel sinken ließ. Er sah entschuldigend zu Hawks auf. »Die Versuche gehen jetzt bestimmt ziemlich rasch voran.«
»Ja«, antwortete Hawks, während er auf seinem Stuhl Platz nahm. »Ja, das kann man wohl sagen.«
Latourette warf einen Blick auf die Karte, die Hawks zusammengefaltet und an das andere Ende des Schreibtisches geschoben hatte. »Sieht so aus, als hätte ich Barker falsch eingeschätzt.«
»Nicht unbedingt.« Hawks wollte nach der Karte greifen, tat es aber doch nicht, sondern legte die Hände in den Schoß. »Er macht gute Fortschritte. Das ist für uns die Hauptsache.«
Er beobachtete Latourette.
»Weißt du«, begann Latourette unsicher, »ich wollte den Job bei Hughes Aircraft eigentlich gar nicht. Ich habe es mir nur eingebildet. Du weißt schon — jeder richtige Mann … jeder Mann möchte arbeiten, wenn es sich irgendwie machen läßt.«
»Ja.«
»Weißt du, eigentlich trinke ich nie. Oh, vielleicht auf einer Party. Früher bestimmt manchmal. Aber nie … weil ich wütend bin oder alles zertrümmern will. So war ich nie.«
»Nein.«
Latourette grinste verlegen. »Ich wollte mir wohl nur selbst einreden, daß ich auf dich wütend sei. Du weißt schon — bis ich mir am Ende selbst wie eine tragische Gestalt vorkomme. Ich wollte nicht mehr arbeiten. Das war der einzige Grund, vermute ich. Ich wollte eigentlich viel lieber in der Sonne sitzen und nichts tun. Ich meine, hier hatte ich ohnehin nichts mehr verloren — und du mußtest Ted Gersten allmählich anlernen. Früher oder später wäre es sowieso nötig gewesen.«
Hawks legte die Hände auf den Tisch. »Sam«, sagte er langsam, »ich weiß heute noch nicht, ob ich damals die richtige Entscheidung getroffen habe.« Er zuckte mit den Schultern. »Es war eine Art Panik, Sam. Ich hatte Angst, weil Barker mir auf die Nerven ging.«
»Das heißt aber noch lange nicht, daß du unrecht hattest«, warf Latourette schnell ein. »Jeder von uns verläßt sich manchmal auf diese plötzlichen Eingebungen und stellt dann später überrascht fest, daß er genau das Richtige getan hat.« Latourette nahm eine Packung Zigaretten aus der Tasche und fingerte geistesabwesend daran herum.
»Morgen gehe ich ins Krankenhaus«, fuhr er dann doch fort. »Es wird allmählich Zeit. Ich wollte sagen, ich könnte noch eine Weile draußen bleiben, aber auf diese Weise habe ich es hinter mir. Neulich tauchte so ein Kerl aus Washington bei mir auf. Er drückte sich nicht sehr genau aus, aber ich weiß, daß die Regierung froh darüber wäre, wenn ich mich an einem Platz befände, an dem es keine Rolle spielt, was ich nachts im Traum erzähle.«
Hawks hörte ihm schweigend zu.
»Jedenfalls werde ich demnächst aus dem Verkehr gezogen«, stellte Latourette fest und zündete sich eine Zigarette an. »Deshalb habe ich mich gefragt, ob du nicht Interesse an der Idee finden könntest, mit Hilfe des Kontrollbandes einen Doppelgänger von mir herzustellen. Auf diese Art und Weise hättest du mich und hättest du meinen Doppelgänger im Labor und könntest ihn überall einsetzen, wo eine zusätzliche Arbeitskraft erforderlich scheint. Ich wollte sagen, jetzt nähert sich die Versuchsreihe doch ihrem Höhepunkt, deshalb wäre es bestimmt gut, wenn du mich …« Seine Stimme sank zu einem undeutlichen Murmeln herab. Er sah unsicher zu Hawks hinüber.
Hawks stand auf und ging zwischen dem Fenster und seinem Schreibtisch auf und ab.
»Sam, du weißt genau, daß das letzte Kontrollband von dir fünf Monate alt ist. Wenn wir es jetzt dazu benützen würden, einen Doppelgänger von dir herzustellen, dann wüßte dieser Doppelgänger überhaupt nichts von unseren in der Zwischenzeit entwickelten Verfahren. Er würde glauben, wir schrieben immer noch April.«
»Ich weiß das auch, Ed«, antwortete Latourette leise. »Ich habe dich ja auch nicht um meinen alten Job gebeten. Der Doppelgänger wäre nicht überrascht, wenn er etwas anderes zugewiesen bekäme, anstatt meine frühere Stellung einzunehmen. Ich habe schon darüber nachgedacht. Der Doppelgänger wäre ein wissenschaftlich geschulter Mann, der sich der veränderten Lage in kurzer Zeit anpassen würde.«
»Würde er sich auch an die Arbeit unter Gerstens Aufsicht anpassen?« fragte Hawks. »Nein, Sam, ganz so einfach ist es nicht. Der Doppelgänger hätte mit einer Unzahl von Schwierigkeiten zu kämpfen — gestern noch mein Stellvertreter, heute nur ein einfacher Ingenieur; die alten Freunde wissen nicht, was sie zu ihm sagen sollen, wie sie sich ihm gegenüber benehmen sollen Ted Gersten fühlt sich in seiner Gegenwart unsicher und verlegen und schließlich läuft hier noch ein Mann namens Barker herum, der es besonders auf ihn abgesehen zu haben scheint. Sam, was ist nur in dich gefahren, daß du dir das antun willst?«
Latourette starrte betroffen zu Boden. »Du hast recht, ich sehe es völlig ein«, meinte er schließlich nach einer langen Pause. Er sah auf. »Mein Gott, Ed, was ist plötzlich mit mir geschehen? Warum tue ich uns das an? Ich wollte dir immer nur helfen, aber trotzdem sieht jetzt alles anders aus. Ich hätte nicht noch einmal zu dir kommen dürfen, Ed. Das hätte ich dir nicht antun dürfen.«
»Warum eigentlich nicht?« wollte Hawks wissen. »Besitzt du denn nicht einen moralischen Anspruch darauf, daß du an einer Sache weiterarbeiten darfst, für die du dich aufgeopfert hast? Hat ein Todkranker keine Rechte mehr? Und wenn es nur das Recht wäre, noch einmal ein halbes Jahr mit Krebs im letzten Stadium durchzumachen?« Er sah Latourette an. »Du mußt darüber nachgedacht haben, Sam. Du bist der einzige, von dem ich eine Antwort auf meine Frage erwarten könnte: ›Warum bekommt Sam Latourette nicht das, was ihm eigentlich zusteht?‹ Du hast dich bestimmt damit beschäftigt, nicht wahr?«
Latourette warf ihm einen verzweifelten Blick zu. »Ed, ich hätte nie kommen dürfen.«
»Warum nicht? Warum sollte ein Mann sich nicht zu einem Protest aufraffen dürfen, wenn das Leben ihn zu überrollen droht? Du hattest das Gefühl, als sei es bald soweit, deshalb mußtest du etwas dagegen tun. Ein Mann muß etwas unternehmen — er kann nicht einfach warten, bis er untergegangen ist.«
»Nein, ich hätte nicht kommen dürfen.«
»Warum nicht? Du hast einen Fehler gemacht, Sam — du hast vorschnell gehandelt. Aber warum sollte ein Mann Dingen hilflos ausgeliefert sein, die ihm keinerlei Beachtung schenken?«
Latourette erhob sich mühsam. »Ich habe alles nur schlimmer gemacht«, murmelte er verzweifelt. »Ich habe dir noch eine Last aufgebürdet. Jetzt kann ich nur noch auf dem schnellsten Weg verschwinden. Bitte, Ed — vergiß unsere Unterhaltung einfach.« Er ging schnell an die Tür und sah Hawks von dort aus verständnislos an. »Früher wollte ich immer nur das Beste für dich. Und als ich heute zu dir kam, dachte ich nicht anders. Aber ich wollte außerdem noch etwas für mich, und das hat die gute Absicht zunichte gemacht. Irgendwie ist jetzt alles zerstört. Wie konnte das geschehen?« fragte er hilflos.
»Warum wirst du um die Früchte deiner Arbeit betrogen?« fragte Hawks und zuckte mit den Schultern.
»Ed, ich hätte dir das nie antun dürfen — es ist schlimmer als alles andere, was ich je getan habe.«
»Vielleicht verdiene ich es nicht anders, Sam. Ich wünschte, ich …«
»Auf Wiedersehen, Ed«, sagte Latourette und ging rasch hinaus. Hawks ließ sich in einen Sessel fallen und bedeckte das Gesicht mit den Händen.
Hawks ging durch das Laboratorium auf den Transmitter zu, als Gersten unvermutet vor ihm stand. »Ich habe Sie vor einiger Zeit zu erreichen versucht«, sagte er. »Ihre Sekretärin sagte mir, daß Sam Latourette in Ihrem Arbeitszimmer sei, und fragte, ob ich nicht warten könnte.«
Hawks sah ihm ins Gesicht. Gerstens Lippen zitterten, seine Augen waren übermäßig geweitet.
»Tut mir leid«, murmelte Hawks unsicher. »Vivian vergißt manchmal, daß unsere Arbeit immer wichtiger als jeder Besucher ist.« Er sah Gersten fragend an. »War sie unhöflich zu Ihnen?«
»Nein — eigentlich sogar recht freundlich. Und schließlich war die Sache nicht besonders wichtig.« Gersten wollte wieder gehen.
»Bleiben Sie noch einen Augenblick hier«, sagte Hawks. »Was ist los?«
Gersten drehte sich um. »Bin ich immer noch Ihr Stellvertreter?« fragte er ruhig.
»Warum denn nicht?« wollte Hawks wissen. »Warum sollte ich Sam zurückgeholt haben?« fragte er kurz. »Ich habe Sie immer für einen Mann mit Selbstvertrauen gehalten. Sie leisten gute Arbeit. Ich sehe ein, daß ich Ihnen schon früher größere Verantwortung hätte geben können. Ich — äh — es tut mir leid, daß ich mir nicht eher die Zeit genommen habe, Sie näher kennenzulernen.« Hawks zuckte mit den Schultern. »So ist es nun einmal im Leben. Schade, wenn es einem guten Mann passiert. Sonst kann ich nichts dazu sagen.«
Gersten biß sich auf die Lippe. »Meinen Sie das auch wirklich? Bei Ihnen kenne ich mich nicht aus.«
Hawks zog die Augenbrauen in die Höhe. »Seltsam, daß Sie mir das ausgerechnet sagen.«
Gersten schüttelte irritiert den Kopf. »Damit kann ich schon wieder nichts anfangen, Hawks.« Er sah ihm in die Augen. »Das hier ist der beste Job, den ich bisher gehabt habe. Es ist auch der wichtigste. Ich bin fast fünf Jahre jünger als Sie. Ob ich allerdings genauso gut bin, ist eine andere Frage. Nehmen wir einmal an, ich wäre es — was für Chancen hätte ich dann Ihrer Meinung nach, innerhalb der nächsten fünf Jahre ebenso weit zu kommen?«
Hawks runzelte die Stirn. »Nun, das weiß ich nicht genau«, meinte er nachdenklich. »Das hängt von einigen anderen Dingen ab. Vor fünf Jahren beschäftigte ich mich gerade mit diesem Ding da …« Er wies auf den Transmitter. »Zufällig interessierte sich die Navy dafür, sonst befände es sich wohl noch im Experimentierstadium. Aber das ist an und für sich kein Kriterium. Was ankommt, ist nicht notwendigerweise das Beste … wenn es das überhaupt gibt.« Hawks zuckte mit den Schultern. »Ich kann es Ihnen nicht sagen, Ted. Wenn Sie eine grundsätzliche Erfindung haben, an der Sie in Ihrer Freizeit arbeiten, wie ich es getan habe, als ich noch bei RCA war, können Sie es weit bringen — die Möglichkeiten dazu sind praktisch unbegrenzt.« Er zuckte wieder mit den Schultern. »Es hängt natürlich vor allem von Ihnen ab, Ted.«
Gersten runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht. Ich weiß einfach nicht recht. Tut mir leid, daß ich vorher wegen dieser Kleinigkeit eingeschnappt bin. Sie haben bestimmt wichtigere Probleme als mimosenhaft veranlagte Ingenieure …« Er grinste Hawks verlegen an. »Als ich während des Krieges zur Army eingezogen wurde«, begann er, »bewarb ich mich um Aufnahme in die Offiziersakademie. Vorher wurde ich zur Vorstellung bei einem Prüfungsoffizier befohlen. Dieser Mann, ein ehemaliger Sergeant, der zum Leutnant befördert worden war, stellte mir einige Fragen, füllte meinen Fragebogen aus, dann drehte er ihn um, machte die Spitze seines Bleistiftes naß und schrieb: ›Der Kandidat scheint Sprachschwierigkeiten zu haben. Diese könnten ihn unter Umständen in der Erfüllung seiner Aufgaben als Truppenführer behindern.‹ Dann zeigte er mir die Beurteilung — und das war es.« Gersten beobachtete Hawks' Gesichtsausdruck. »Was halten Sie davon?«
Hawks zog die Augenbrauen hoch. »Was fing die Army dann mit Ihnen an?«
»Ich wurde auf die Fernmeldeschule in Fort Monmouth geschickt.«
»Das heißt also, daß Sie diesem Zufall Ihre jetzige Position verdanken?«
Gersten runzelte die Stirn.
»Kann sein«, gab er schließlich zu. »So habe ich die ganze Sache bisher noch nie gesehen.«
»Nun, ich kenne Sie zu wenig, Ted, aber ich persönlich hätte einen miserablen Karriereoffizier in der Navy abgegeben. Und in der Army wäre es mir vermutlich nicht besser gegangen.« Hawks verzog das Gesicht. »Überlassen Sie mir ruhig das Problem Sam Latourette.« Er sah Gersten entschuldigend an. »Vielleicht können wir uns ein bißchen besser kennenlernen, wenn wir mit der Versuchsreihe erst einmal über den Berg sind.«
Gersten schwieg. Er starrte Hawks an, als überlege er noch, welches Gesicht er aufsetzen solle. Dann zuckte er gleichgültig mit den Schultern und grinste Hawks an. »Worüber ich mich übrigens mit Ihnen unterhalten wollte, war die Sache mit der Verstärkung der ausgesendeten Impulse. Meiner Meinung nach müßten wir das Verfahren so …«
Die beiden Männer gingen nebeneinander weiter und fachsimpelten dabei eifrig.
Einen Tag, nachdem Barker vierhundertneunundsechzig Sekunden lang innerhalb des Gebildes am Leben geblieben war, mußten die Versuche für einige Zeit eingestellt werden, weil die atmosphärischen Bedingungen sich verschlechtert hatten. Der Trans mitter wurde in der Zwischenzeit von Grund auf überholt, und Hawks beaufsichtigte die nötigen Arbeiten selbst.
An dem Tag, an dem die Versuche fortgesetzt werden konnten, erschien Barker pünktlich im Laboratorium.
»Sie haben abgenommen«, stellte Hawks fest.
»Sie sehen selbst nicht so blühend aus.«
An dem Tag, an dem Barker fünfhundertelf Sekunden lang innerhalb des Gebildes am Leben geblieben war, rief Benton Cobey bei Hawks an und bat ihn zu einer Besprechung in sein Büro.
Hawks betrat den Raum und versenkte die Hände in den Taschen seines Laborkittels, bevor er sich die anderen ansah, die um den Konferenztisch saßen. Cobey erhob sich von seinem Stuhl.
»Dr. Hawks, Sie kennen doch Carl Reed, unseren Wirtschaftsprüfer«, sagte er und zeigte auf den zurückhaltend wirkenden großen Mann, der neben ihm saß. Reed hatte ein Blatt Papier vor sich liegen, auf dem lange Zahlenkolonnen addiert waren.
»Wie geht es Ihnen?« fragte Hawks.
»Danke, ausgezeichnet. Und Ihnen?«
»Und das hier ist Fregattenkapitän Hodge«, sagte Cobey und nickte dem Verbindungsoffizier der Navy zu.
»Ja, natürlich«, meinte Hawks mit einem schwa chen Lächeln, das ebenso erwidert wurde. Er setzte sich Cobey gegenüber an das andere Ende des Tisches. »Weshalb sind wir hier zusammengekommen?« fragte Hawks.
Cobey warf Reed einen Blick zu. »Am besten fangen wir gleich damit an …«
Reed nickte. Er lehnte sich leicht nach vorn und schob Hawks den Zettel zu.
»Das hier ist eine Aufstellung der Beträge, die wir bis jetzt für Ihr Laboratorium investiert haben«, erklärte er dazu.
Hawks nickte.
»Die Aufstellung umfaßt sowohl die Kosten für die ursprüngliche Ausrüstung als auch die Gelder, die im vergangenen Geschäftsjahr für Neuanschaffungen und Ersatzteile ausgegeben werden mußten.«
Hawks nickte wieder. Er sah zu Cobey hinüber, der das Kinn in die Hände stützte und auf den Zettel vor Hawks starrte. Dann warf er einen Blick auf Hodge, der sich in seinen Sessel zurücklehnte und gelangweilt aus dem Fenster sah.
»Dr. Hawks«, begann Reed, »als ich diese Zahlen überprüfte, kam ich auf den Gedanken, daß wir nach einer Möglichkeit suchen müßten, die ganze Sache etwas — äh — etwas rentabler anzupacken. Und ich glaube, daß wir diese Möglichkeit gefunden haben.«
Hawks sah ihn neugierig an.
»Ich habe Mr. Cobey meinen Vorschlag bereits ausführlich erklärt«, fuhr Reed fort. »Er stimmt mit mir überein, daß ich ihn Ihnen ebenfalls unterbreiten sollte.«
Cobey spielte nervös mit seiner Uhr.
»Deshalb haben wir uns zunächst mit Fregattenkapitän Hodge in Verbindung gesetzt«, schloß Reed, »um sicherzustellen, daß die Navy nichts gegen eine Änderung des Versuchsablaufs hat — vorausgesetzt, daß dadurch die Wirksamkeit des Verfahrens nicht beeinträchtigt wird.«
Hodge schien immer noch verhältnismäßig desinteressiert zu sein. »Wir sparen natürlich gern Geld. Besonders dann, wenn wir die Kosten ohnehin aus unserem Sonderbudget bestreiten müssen.«
Hawks nickte.
Die anderen schwiegen, dann starrte Cobey Hawks an. »Nun, was ist, wollen Sie es sich anhören, Doktor?«
»Selbstverständlich«, antwortete Hawks. Er sah sich um. »Tut mir leid — ich wußte wirklich nicht, daß Sie alle auf mich warteten.« Er sah zu Reed hinüber. »Bitte, fahren Sie fort.«
»Schön«, meinte Reed und sah auf die Zahlen hinunter, »mir fiel auf, daß offensichtlich eine Menge Geräte benötigt werden, die völlig gleich sind. Hier ist zum Beispiel eine Anforderung über hundert Voltme ter des Typs AN/VM-14. Zwei Tage später kam eine Bestellung über siebzig …«
»Stimmt. Ein großer Teil unserer Laboratoriumsausstattung besteht aus Geräten, die mit anderen Geräten des gleichen Typs gekoppelt werden.« Hawks sah einen nach dem anderen an. »Wir müssen eine Vielzahl von Arbeitsgängen gleichzeitig ablaufen lassen. Andererseits hatten wir nie genügend Zeit, Geräte zu entwickeln, die diese verhältnismäßig große Anzahl von Funktionen gleichzeitig erfüllen können. Wir mußten handelsübliche Geräte benützen und die mangelnde Kapazität durch Einsatz größerer Stückzahlen kompensieren.« Er machte eine kurze Pause. »Tausende von Ameisen sind nötig, um ein Pfund Zucker fortzuschaffen«, sagte er schließlich noch.
»Ein hübscher Vergleich, Hawks«, warf Cobey ein.
»Ich wollte nur erklären, daß …«
»Machen Sie bitte weiter, Reed.«
»Nun …« Reed lehnte sich über den Tisch. »Dr. Hawks, ich möchte nicht, daß Sie mich für eine Art Menschenfresser halten. Aber schließlich haben wir eine Menge Geld in Ihr Laboratorium investiert, und soweit ich die Sache beurteilen kann, gibt es keinen Grund, warum wir nicht Ihre Maschine benutzen sollten, um Kopien sämtlicher Geräte in jeder benötigten Menge herzustellen. Ich kann nicht einsehen, daß Continental Electronics diese Geräte selbst her stellen oder von anderen Firmen kaufen muß. Allmählich haben wir den Punkt erreicht, an dem sich nicht einmal die festen Betriebskosten berechnen lassen. Und …«
»Mr. Reed«, unterbrach ihn Hawks.
Reed sah auf. »Ja?«
Hawks rieb sich das Kinn. »Ich sehe ein, daß Sie sich in einer schwierigen Lage befinden. Und ich verstehe, daß Ihr Vorschlag von Ihrem Standpunkt aus gesehen völlig vernünftig ist. Aber …«
»Schon gut, Hawks«, sagte Cobey. »Los, bringen Sie Ihre Einwände vor.«
»Nun, Mr. Reed«, fuhr Hawks fort, »kennen Sie das Prinzip, nach dem meine Maschine arbeitet?«
»Nicht sehr genau, fürchte ich«, antwortete Reed geduldig.
»Also, ich will es Ihnen so einfach wie möglich erklären. Die Maschine macht aus einem Gegenstand eine Anzahl von systematisch aufeinanderfolgenden Stromstößen. Elektrizität. Diese Impulse werden nun in andere Geräte geleitet — wie bei einem Radio, dessen Kreisen Impulse aus der Antenne zugeleitet werden. Wenn sie nun am anderen Ende des Kreises herauskommen, werden sie nicht durch einen Lautspre cher hörbar gemacht, sondern auf den Mond übertragen, nachdem sie mehrmals auf Genauigkeit kontrolliert worden sind. Dazu dienen diese Geräte vor allem — sie kontrollieren die Beständigkeit der Impulse. Das ist der springende Punkt. Die Reproduktionsgenauigkeit hängt nämlich von der Beständigkeit ab, mit der die Impulse in den Transmitter gelangen. Wenn wir also für Kontrollzwecke Geräte verwenden würden, die selbst reproduziert worden sind, während wir höchst komplizierte Versuchsobjekte übertragen, wie zum Beispiel einen Menschen, würden wir damit nur erreichen, daß der Unsicherheitsfaktor größer wird, als wir in diesem speziellen Fall verantworten könnten. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?«
Reed runzelte die Stirn.
Cobey hob die Augenbrauen und sah Hawks an.
Hodge nahm seine Uniformmütze vom Tisch auf und polierte nachdenklich den Schirm.
»Ist das alles, Dr. Hawks?« fragte Reed.
Hawks nickte.
Reed zuckte verlegen mit den Schultern. »Hören Sie zu«, sagte er dann, »ich sehe Ihre Begründung nicht ganz ein. Ich verstehe, daß die Originalteile Ihrer Maschine nicht reproduziert sein dürfen, weil der Abtaster dadurch nicht richtig arbeiten würde, aber …«
»Oh, die Maschine würde tadellos funktionieren«, unterbrach ihn Hawks. »Wie gesagt, es handelt sich dabei nur um einen Kontrollkreis, der durchaus nicht entscheidend ist.« Hawks sah Reed an. »Die Arbeitsweise der Maschine wird dadurch nicht beeinflußt — doch die Ergebnisse.«
Reed schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und schüttelte den Kopf.
Cobey wandte sich an den Offizier. »Was halten Sie davon?«
Hodge legte seine Mütze wieder auf den Tisch. »Ich habe Dr. Hawks' Ausführungen so verstanden: Wenn man eine automatische Drehbank automatische Drehbänke herstellen läßt, genügt der kleinste Fehler in einer dieser Maschinen, um Milliarden anderer Maschinen herzustellen, die völliger Ausschuß sind.«
»Der Teufel soll Sie holen, Hawks, warum haben Sie es nicht gleich so erklärt?« fragte Cobey wütend.
An dem Tag, an dem Barker fünfhundertsiebzig Sekunden innerhalb des Gebildes am Leben geblieben war, sprach Hawks mit ihm. »Ich mache mir allmählich Sorgen. Wenn Ihre Zeit innerhalb des Gebildes noch wesentlich länger wird, besteht die Gefahr, daß der Kontakt zwischen M und L zu schwach wird. Die Leute in dem Kartenraum berichten bereits, daß Ihre Angaben immer unzuverlässiger werden.«
»Dann sollen sie es doch selbst einmal versuchen! Vielleicht können sie es besser.« Barker fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Seine Augen lagen tief in den Höhlen.
»Das wollte ich damit nicht sagen.«
»Ich weiß. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, ich bin fast am anderen Ende angelangt.«
»Das haben sie mir nicht gesagt«, meinte Hawks überrascht.
»Sie wissen es auch gar nicht. Aber ich habe das Gefühl.«
»Das Gefühl …«
»Doktor, auf der Karte erscheint schließlich nur das, was ich jeden Tag berichte. Es hat weder Anfang noch Ende — wenn ich nicht ein Ende setze.« Barker zeigte auf die Maschinen. »So ein Haufen Zeug, Doktor, und am Ende hängt doch alles von einem einzigen Menschen ab.« Er sah Hawks an. »Von einem Menschen und seinem Geist. Oder vielleicht von zwei Männern? Ich weiß es nicht. Was halten Sie davon, Hawks?«
Hawks warf ihm einen Blick zu. »Ich interessiere mich nicht für Ihre Gedanken, Barker. Lassen Sie mir also meine. Ich muß telefonieren.«
Hawks ging in die Telefonzelle und wählte eine Nummer. »Hallo? Elizabeth? Hier … spricht Ed. Hören Sie zu … Elizabeth … Oh, bei mir ist alles in Ordnung. Viel zu tun. Hören Sie, haben Sie heute etwas Zeit für mich? Ich bin noch nie mit Ihnen ausgegangen … Einverstanden? Gut …« Hawks lächelte. »Danke schön, Elizabeth.«