5. Gefahrvolle Wege

Wie lange ich auf dem Boden des Lagerraumes schlief, weiß ich nicht, aber es müssen mehrere Stunden gewesen sein.

Plötzlich wurde ich durch Schreie geweckt. Ich hatte kaum die Augen geöffnet und war wieder soweit zu mir gekommen, um zu wissen, wo ich war, als eine Salve Schüsse peitschte, deren ohrenbetäubender Widerhall durch die unterirdischen Gänge getragen wurde.

Sofort war ich auf den Beinen. Ein Dutzend niedere Therns griffen uns von einem riesigen Portal aus an, das sich gegenüber unserem Eingang auf der anderen Seite des Speichers befand. Um mich herum lagen die leblosen Körper meiner Begleiter, mit Ausnahme von Thuvia und Tars Tarkas, die ebenfalls auf dem Boden geschlafen hatten und so dem Mündungsfeuer entgangen waren.

Als ich stand, senkten die Therns die teuflischen Gewehre, ihre verzerrten Gesichter zeigten Verdruß, Bestürzung und Unentschlossenheit.

Sofort ergriff ich die Gelegenheit und brüllte mit wütender und verärgerter Stimme: »Was soll das bedeuten? Soll Sator Throg von seinen eigenen Untertanen ermordet werden?«

»Habt Erbarmen, o Herr der Zehnten Folge!« rief einer von ihnen, während die anderen in den Eingang zurückwichen, als wollten sie sich unbemerkt der Gegenwart des mächtigen Mannes entziehen.

»Fragt sie, was sie hier wollen«, flüsterte mir Thuvia zu, die neben mir stand.

»Was sucht ihr hier?« rief ich.

»Zwei Eindringlinge aus der Außenwelt befinden sich im Reich der Therns auf freiem Fuße. Der Vater der Therns hat uns befohlen, nach ihnen zu suchen. Einer von ihnen war weiß mit schwarzem Haar, bei dem anderen handelt es sich um einen riesigen grünen Krieger.« Bei diesen Worten warf der Mann einen mißtrauischen Blick auf Tars Tarkas.

»Hier ist einer von ihnen«, sagte Thuvia und wies auf den Thark. »Wenn ihr euch den Toten neben der Tür anseht, habt ihr auch den anderen. Es blieb Sator Throg und seinen armen Sklaven überlassen, zu tun, wozu die niederen Thern der Wache nicht in der Lage waren – wir haben einen getötet und den anderen gefangen genommen, denn das hatte Sator Throg uns freigestellt. Und nun kamt ihr und habt in eurer Dummheit alle außer uns umgebracht, und beinahe hättet ihr auch den mächtigen Sator Throg getötet.«

Die Männer sahen sehr verlegen und erschrocken aus.

»Sollten sie nicht die Toten den Pflanzenmenschen vorwerfen und dann in ihre Unterkünfte zurückkehren, Mächtiger?« wandte sich Thuvia an mich.

»Ja, tut, wie euch Thuvia geheißen«, sagte ich.

Als die Männer die Toten aufhoben, bemerkte ich, daß einer, der sich zum wirklichen Sator Throg gebeugt hatte, stutzte, als er dessen ihm zugewandtes Gesicht von nahem sah, und mir einen verstohlenen Blick aus den Augenwinkeln zuwarf.

Ich hätte schwören können, daß er die Wahrheit ahnte, doch aus seinem Schweigen schloß ich, daß es nur ein Verdacht war, den er nicht laut zu äußern wagte.

Als er den Toten hinaustrug, blickte er noch einmal prüfend zu mir, dann wieder auf den kahlen, glänzenden Schädel des Mannes in seinen Armen. Als letztes sah ich ihn von der Seite, als er, ein schlaues, triumphierendes Lächeln auf den Lippen, den Raum verließ.

Nur Tars Tarkas, Thuvia und ich blieben zurück. Die verhängnisvolle Treffsicherheit der Therns hatte unsere Gefährten der winzigen Chance beraubt, die gefahrvolle Freiheit der Welt draußen wiederzuerlangen.

Sobald der letzte aus der grausamen Prozession verschwunden war, drängte uns das Mädchen, weiterzugehen.

Auch ihr war die zweifelnde Haltung des Therns aufgefallen, der Sator Throg fortgetragen hatte.

»Das bedeutet für uns nichts Gutes, o Prinz«, sagte sie. »Denn auch wenn dieser Mann nicht gewagt hat, dich des Betruges zu beschuldigen, gibt es über ihm jemanden, der mächtig genug ist, eine genauere Untersuchung zu verlangen, und diese, Prinz, wäre in der Tat verhängnisvoll.«

Ich zuckte die Schultern. Offenbar schien am Ende unsers Leidenswegs in jedem Fall der Tod zu warten. Durch den Schlaf hatte ich mich erholt, doch fühlte ich mich wegen des Blutverlustes noch immer schwach. Meine Wunden schmerzten. Nirgendwo konnte ich auf medizinische Hilfe hoffen. Wie sehnte ich die fast wundersamen Heilkräfte der Salben und Elixiere der grünen Marsfrauen herbei! Binnen einer Stunde hätten sie mir wieder zu neuen Kräften verholfen.

Ich war entmutigt. Nie zuvor hatte mich angesichts von Gefahr eine solche Hoffnungslosigkeit befallen. Da blies mir ein zufälliger Luftzug eine der langen, gelben Locken des Heiligen Therns ins Gesicht.

Konnten sie mir nicht noch immer den Weg in die Freiheit bahnen? Vielleicht gelang uns noch rechtzeitig die Flucht, bevor der Alarm ausgerufen wurde? Zumindest sollten wir es versuchen. »Was wird der Mann als erstes tun, Thuvia?« fragte ich. »Wann werden sie unsertwegen zurückkehren?«

»Er wird schnurstracks zum Vater der Therns gehen, dem alten Matai Shang. Vielleicht muß er noch um eine Audienz bitten, doch da er unter den niederen Therns einen hohen Rang innehat, nämlich den eines Thorians, wird Matai Shang ihn nicht lange warten lassen. Wenn der Vater der Therns seiner Geschichte Glauben schenkt, wird es in den Gängen und Gemächern, den Höfen und Gärten binnen einer Stunde von Suchtrupps wimmeln.«

»Was wir tun können, muß also innerhalb einer Stunde geschehen. Welches ist der beste, kürzeste Weg aus dieser göttlichen Unterwelt?«

»Der Weg direkt zum Felsgipfel, Prinz«, entgegnete sie. »Weiter durch die Gärten zu den Innenhöfen. Dann müssen wir mitten durch die Tempel der Therns, um zum Außenhof zu gelangen. Dann kommen die Schutzwälle – oh, Prinz, es ist hoffnungslos. Nicht einmal zehntausend Kriegern würde es gelingen, von diesem schrecklichen Ort zu entkommen. Seit Anbeginn der Zeit haben die Therns ihre Festung Stück für Stück, Stein für Stein ausgebaut. Eine ununterbrochene Linie unbezwingbarer Befestigungen verläuft entlang der äußeren Abhänge des Gebirges Otz. In den Tempeln hinter den Schutzwällen warten eine Million kampfbereiter Krieger. Die Höfe und Gärten sind voller Sklaven, Frauen und Kinder. Niemand könnte auch nur einen Schritt tun, ohne entdeckt zu werden.«

»Da uns nichts anderes übrigbleibt, Thuvia, warum läßt du dich über die Schwierigkeiten aus? Wir müssen uns ihnen stellen.«

»Sollten wir es nicht besser im Dunkeln versuchen?« fragte Tars Tarkas. »Bei Tage scheinen wir nicht die geringste Chance zu haben.«

»Nachts wäre sie etwas größer, doch sogar dann werden die Schutzwälle scharf bewacht, möglicherweise sogar schärfer als tagsüber. Trotzdem sind weniger Leute in den Höfen und Gärten unterwegs«, sagte Thuvia.

»Wie spät ist es?« fragte ich.

»Es war Mitternacht, als du mich von den Fesseln befreitest«, sagte Thuvia. »Zwei Stunden später kamen wir am Speicher an. Dort habt ihr vierzehn Stunden geschlafen. Jetzt muß fast Sonnenuntergang sein. Kommt, wir gehen zu dem nächsten Fenster im Felsen, dann wissen wir es genau.«

Mit diesen Worten führte sie uns durch die Windungen der Gänge, bis wir nach einem plötzlichen Knick vor einer Öffnung standen, von wo man das Tal Dor überblicken konnte.

Gerade versank die Sonne, eine riesige rote Kugel, rechts von uns hinter der westlichen Gebirgskette Otz. Ein Stück unter uns hielt der Heilige Thern auf seinem kleinen Balkon Wache. In Erwartung der nahenden Kälte, die bei Sonnenuntergang ebenso plötzlich hereinbricht wie die Dunkelheit, hatte er seine scharlachfarbene Dienstrobe fest um sich gezogen. Die Atmosphäre auf dem Mars ist so dünn, daß sie nur sehr wenig Sonnenwärme aufnimmt. Tagsüber ist es immer äußerst heiß, des Nachts extrem kalt. Außerdem bricht oder streut die dünne Atmosphäre die Sonnenstrahlen nicht, wie es auf der Erde der Fall ist. Auf dem Mars gibt es keine Dämmerung. Versinkt der große Ball am Horizont, ist die Wirkung exakt dieselbe, als lösche man die einzige Lampe in einem Raum. Vom hellsten Licht taucht man ohne Warnung in tiefste Finsternis. Dann gehen die Monde auf, die rätselhaften Zaubermonde vom Mars, die, riesigen Meteoren gleich, flach über den Planeten streifen.

Die untergehende Sonne erhellte das Ostufer von Korus, den scharlachfarbenen Rasen und den prächtigen Wald. Unter den Bäumen weideten mehrere Herden von Pflanzenmenschen. Die Erwachsenen standen aufrecht auf den Zehenspitzen und pflückten mit den mächtigen Schwänzen und Krallen jedes erreichbare Blatt und jeden Zweig ab. Nun verstand ich auch die geometrische Form der Bäume, die mich zu dem Irrtum verleitet hatte, der Hain, in dem ich aufwachte, läge im Gebiet eines zivilisierten Volkes.

Unsere Blicke wanderten schließlich zum brausenden Iss, der aus dem Felsen unter uns strömte. Bald tauchte aus dem Berginnern ein Boot auf, beladen mit verlorenen Seelen der Außenwelt. Es waren ein Dutzend, alle von ihnen entstammten dem hochentwickelten und gebildeten Volk der roten Marsmenschen, die auf dem Mars die Vorherrschaft besitzen.

Die Augen des Herolds fielen auf die zum Untergang verurteilte Gruppe im selben Moment wie unsere. Er hob den Kopf, lehnte sich weit über die flache Brüstung seines schwindelerregenden Ausgucks und gab das schrille, unheimliche Geheul von sich, das die Bewohner dieses höllischen Ortes zum Angriff rief.

Einen Augenblick lang hielten die Biester im Hain mit hoch erhobenen Ohren inne, dann strömten sie zum Ufer des Flusses, die Entfernung mit großen, linkischen Sprüngen hinter sich bringend.

Die Gruppe war an Land gegangen und stand auf dem Rasen, als die schrecklichen Horden auftauchten. Die Menschen unternahmen den kurzen und sinnlosen Versuch, sich zu verteidigen. Dann herrschte Stille, als die riesigen, abstoßenden Gestalten sich auf ihre Opfer warfen und bis zu zwanzig gierige Mäuler an das Fleisch ihrer Beute setzten.

Angewidert wandte ich mich ab.

»Ihr Teil ist bald vorüber«, sagte Thuvia. »Die großen weißen Affen bekommen das Fleisch, sobald die Pflanzenmenschen das Blut aus den Arterien gesogen haben. Seht, dort sind sie schon.«

Als ich in die Richtung blickte, in die das Mädchen wies, sah ich ein Dutzend der großen, weißen Monster aus dem Tal zum Flußufer stürmen. Dann ging die Sonne unter, und eine fast greifbare Dunkelheit senkte sich über uns.

Thuvia verlor keine Zeit und führte uns wieder zu dem Gang, der sich, hier und da abknickend, durch die Felsen in Richtung Oberfläche tausend Fuß weiter oben wand.

Zweimal stießen wir auf große, knurrende Banths, die im Labyrinth umherwanderten, doch ein jedes Mal genügte ein leiser Befehl Thuvias, und die Tiere wichen mürrisch beiseite.

»Wenn du all unsere Hindernisse so leicht aus dem Weg räumen kannst wie diese grimmigen Tiere, sehe ich keine Schwierigkeiten für unser Weiterkommen«, sagte ich lächelnd zu dem Mädchen. »Wie machst du das?«

Sie lachte, erschauderte dann jedoch und erzählte: »Ich weiß nicht genau. Als ich hier ankam, zog ich mir Sator Throgs Unwillen zu, indem ich ihn zurückwies. Er befahl, mich in eine der großen Gruben in den Innenhöfen zu werfen, wo es von Banths nur so wimmelt. In meiner Heimat war ich das Befehlen gewöhnt. Etwas in meiner Stimme, ich weiß nicht was, schüchterte die Biester ein, als sie auf mich zusprangen und mich angreifen wollten. Statt mich in Stücke zu reißen, wie es Sator Throg gewollt hatte, krochen sie vor meine Füße. Der Anblick amüsierte Sator Throg und seine Freunde derart, daß sie mich behielten, um die schrecklichen Kreaturen zu erziehen und abzurichten. Ich kenne sie alle mit Namen. Viele von ihnen streifen in diesen unteren Regionen umher. Sie sind Aasfresser, und da viele Gefangene hier in ihren Ketten verenden, lösen die Banths das Problem der Entsorgung, zumindest in dieser Hinsicht. Man hält sie in Gruben in den Gärten und Tempeln oben. Die Therns haben Angst vor ihnen und wagen sich ihretwegen selten unter die Erde, wenn nicht ihre Pflichten es erforderlich machen.«

Bei dem, was Thuvia gerade sagte, kam mir eine Idee.

»Warum nehmen wir nicht mehrere Banths und lassen sie vor uns frei, sobald wir oben angekommen sind?« fragte ich.

»Das würde die Feinde sicher von uns ablenken«, entgegnete Thuvia lachend und begann mit leiser, singender Stimme, fast einem Schnurren, etwas zu rufen. Sie fuhr damit fort, als wir uns mühsam unseren Weg durch das Labyrinth unterirdischer Gänge und Gewölbe bahnten.

Bald war hinter uns ein leises, gedämpftes Tapsen zu vernehmen, und als ich mich umdrehte, erblickte ich ein Paar großer, grüner Augen in der Dunkelheit schimmern. Aus einem abzweigenden Gang kroch verstohlen eine gekrümmte, gelbbraune Gestalt auf uns zu.

Leises Brummen und böses Knurren drang von jeder Seite an unsere Ohren, und während wir weitereilten, leistete ein Banth nach dem anderen dem Ruf seiner Herrin Folge.

Zu jedem der Ankömmlinge sagte sie etwas. Wie wohlerzogene Terrier liefen sie neben uns die Gänge entlang, doch entgingen mir weder die schäumenden Lefzen noch der hungrige Ausdruck, mit dem sie Tars Tarkas und mich bedachten.

Bald hatten sich etwa fünfzig der Biester zu uns gesellt. Zwei hatten Thuvia in die Mitte genommen, als seien sie Wachposten. Hin und wieder spürte ich an meinen nackten Armen und Beinen die glatten Flanken von anderen Banths. Es war eine seltsame Prozession: Eine fast geräuschlose Kolonne, die sich auf nackten, menschlichen Füßen und gepolsterten Tatzen vorwärtsbewegte; die goldenen, mit wertvollen Steinen gesprenkelten Wände; das trübe Licht der winzigen Radiumkugeln, die sich in Abständen an der Decke befanden; die riesigen, bemähnten Raubtiere, die sich leise knurrend um uns scharten; der mächtige, grüne Krieger, der uns alle hoch überragte; ich selbst, gekrönt mit dem unbezahlbaren Kopfschmuck eines Heiligen Therns, und – an der Spitze des Zuges – das wunderschöne Mädchen Thuvia.

Das sollte mir noch lange in Erinnerung bleiben.

Bald kamen wir zu einem großen Gewölbe, in dem es wesentlich heller war als in den Gängen. Thuvia hieß uns stehenbleiben, stahl sich leise zum Eingang und warf einen Blick hinein. Dann winkte sie uns, ihr zu folgen.

In dem Raum wimmelte es von allen möglichen seltsamen Geschöpfen, die in dieser Unterwelt zu Hause waren: Eine zusammengewürfelten Masse von Bastarden – die Nachkömmlinge der Gefangenen von der Außenwelt, roten und grünen Marsmenschen und weißen Therns.

Die ständige Gefangenschaft unter der Erde hatte ihrer Haut ein sonderbares Aussehen verliehen. Sie wirkten mehr tot als lebendig. Viele waren mißgestaltet, andere verkrüppelt, die meisten blind, so erklärte mir Thuvia.

Wie sie ausgestreckt auf dem Boden umherlagen, teilweise übereinander, dann wieder in bunten Haufen, fühlte ich mich unvermittelt an die grotesken Illustrationen von Dantes Inferno erinnert. Welcher Vergleich hätte sich hier mehr aufgedrängt? War es nicht tatsächlich die wahre Hölle, in der verlorene Seelen, tot und verdammt, ein Dasein jenseits aller Hoffnung fristeten?

Vorsichtig bahnten wir uns einen Weg durch die Massen. Die großen Banths schnupperten gierig angesichts der unwiderstehlichen Beute, die in verlockendem Überfluß wehrlos vor ihnen ausgebreitet lag.

Oft kamen wir an Eingängen anderer Gewölbe vorbei, die ähnlich bevölkert waren; zwei weitere von ihnen mußten wir durchqueren. In einigen Gewölben stießen wir auf angekettete Gefangene und Tiere.

»Warum gibt es hier keine Therns?« wollte ich von Thuvia wissen.

»Sie begeben sich selten des Nachts in die Unterwelt, denn dann streifen die großen Banths auf Suche nach Beute durch die dunklen Korridore. Die Therns fürchten die schrecklichen Bewohner dieser grausamen und hoffnungslosen Welt, die sie zu ihren Füßen genährt und gezüchtet haben. Manchmal wenden sich Gefangene gegen die Therns und überwältigen sie. Der Thern weiß nie, in welchem dunklen Schatten ein Mörder seiner harrt. Tagsüber ist es anders. Dann passieren Wachen die Gänge und Gewölbe, Sklaven aus den Tempeln oben kommen zu Hunderten zu den Getreidespeichern und Lagerhallen. Alles ist mit Leben erfüllt. Ihr habt das nicht gesehen, denn ich habe euch nicht durch die bevölkerten Gänge geführt, sondern außen entlang. Sogar jetzt könnten wir einem Thern begegnen. Gelegentlich halten sie es für notwendig, nach Sonnenuntergang noch einmal herzukommen. Deswegen war ich so vorsichtig.«

Indes gelangten wir unentdeckt zu den oberen Gängen, wo uns Thuvia auf einmal am Beginn eines kurzen, steilen Anstiegs stehenbleiben hieß.

»Über uns befindet sich der Zugang zu den inneren Gärten. Bis hierhin habe ich uns gebracht. Auf den nächsten vier Meilen zu den äußeren Schußwällen lauern zahlreiche Gefahren auf uns. Wachen kontrollieren die Höfe, Tempel und Gärten. Jeder Zoll der Schutzwälle selbst wird beobachtet.«

Ich verstand nicht, wieso ein Ort derart scharf bewacht werden mußte, den so viele Geheimnisse und abergläubische Vorstellungen umgaben, daß sich keine Seele von Barsoom in seine Nähe getraut hätte, selbst wenn sie den genauen Standort gewußt hätte. Ich fragte Thuvia, welche Feinde die Therns in ihren undurchdringlichen Festungen fürchten konnten.

Thuvia öffnete gerade die Tür, vor der wir standen und entgegnete: »Sie fürchten die schwarzen Piraten von Barsoom, mein Prinz, vor denen uns unsere Ahnen beschützen mögen.«

Die Tür schwang auf, der Duft von Pflanzen liebkoste mich, und die kühle Nachtluft blies mir von der Seite ins Gesicht. Die großen Banths witterten die unbekannten Gerüche, stürmten schwungvoll und leise knurrend an uns vorbei und schwärmten unter dem fahlen Licht des ersten Mondes von Barsoom im Garten aus.

Plötzlich erhob sich von den Tempeldächern ein Alarmschrei, der von anderen aufgenommen, nach Osten und Westen, von den Tempeln zum Hof und zum Schutzwall weitergetragen wurde, bis nur noch sein schwaches Echo in der Ferne zu vernehmen war.

Das lange Schwert des großen Thark fuhr aus der Scheide, Thuvia erschauderte und wich an meine Seite.

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