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Malfurion spürte sofort, als der Zauber seine volle Wirkung entfesselte, dass etwas nicht stimmte. Die Pflanzen unterstützten ihn gerne, denn für sie waren die Dämonen Monstrositäten. Mit seiner Hilfe dehnten sie sich immer weiter aus. Einfache Wurzeln wurden zu wirbelnden Tentakeln, die den Soldaten in ihrem Kampf gegen die Legion beistanden.

Doch an einem anderen Ort, der jenseits des Schlachtfelds lag, erspürten Malfurions geschärfte Sinne die Aura eines Schutzzaubers. Er öffnete die Augen nicht, sondern streckte seine Sinne aus und entdeckte, dass die Quelle des Zaubers nicht etwa vor ihm lag, sondern weit über ihm. In den Wolken.

Der Druide benutzte die Fähigkeiten, zu denen Cenarius ihm verholfen hatte, um in die Wolken emporzusteigen und nach dem zu suchen, was dort verborgen bleiben wollte.

Und im Geiste sah Malfurion Hunderte fliegende Dämonen.

Es waren hauptsächlich Teufelswachen. Malfurion nahm an, dass man sie aus unterschiedlichen Teilen der Horde zusammengezogen hatte. Mit ihren verzerrten Gesichtern und furchtbaren Waffen boten sie einen schrecklichen Anblick. Der Kampf gegen sie würde schwer werden.

Hinzu kamen Dutzende Eredar-Hexenmeister, die sich zwischen ihnen bewegten. Sie hatten keine Flügel, sondern benutzten ihre magischen Kräfte, um zu schweben. Malfurion bemerkte, dass einige die Tarnung aufrecht erhielten, während andere nach Schwachstellen in den Linien der Nachtelfen suchten.

Das alles war schon erschreckend genug, aber als Malfurion sah, was hinter den Teufelswachen und Hexenmeistern auftauchte, setzte sein Herz einen Schlag aus. Brennende Steine rasten mit tödlicher Präzision durch die Wolken, so als habe man sie von einem gewaltigen Katapult abgeschossen. Der Druide konzentrierte sich stärker, während er versuchte, den Sinnen der Hexenmeister zu entgehen. Dann erst sah er, worum es sich bei den Geschossen wirklich handelte.

Höllenkreaturen.

Malfurion riss die Augen auf. „Achtung, der Himmel!“, schrie er so laut er konnte. „Sie greifen aus dem Himmel heraus an!“

Lord Stareye sah ihn kurz an, kräuselte die Nase und wandte sich wieder den dezimierten Dämonentruppen zu. Malfurion trieb sein Reittier vor und fasste eine Schildwache am Arm.

„Du musst die anderen warnen! Die Dämonen greifen aus den Wolken an!“

Doch der Soldat sah ihn nur irritiert und verständnislos an. Die Illusion war immer noch intakt. Jeder, der zum Himmel blickte, musste glauben, der Druide habe den Verstand verloren.

Schließlich fand Malfurion doch jemanden, der ihn verstand. Sein Blick traf auf Krasus, und er sah, dass der blasse, rätselhafte Magier ebenso verzweifelt versuchte, sich mitzuteilen. Er zeigte jedoch nicht etwa auf Ravencrest, sondern auf Illidan. Malfurion nickte. Er verstand sofort, was der Magier wollte. Jemand musste diejenigen warnen, die etwas gegen die Bedrohung unternehmen konnten.

„Illidan!“, schrie Malfurion und richtete sich im Sattel auf. Sein Zwillingsbruder sah ihn nicht, konzentrierte sich zu sehr auf seine Zauber.

Malfurion sammelte seine Kräfte und bat den Wind um Hilfe. Der Wind gewährte sie ihm. Der Druide lenkte ihn mit seinen Fingern und strich sich zweimal über die Wange.

Sein Bruder berührte einen Moment später die eigene Wange, wo ihn der Wind gestreichelt hatte. Illidan blickte über seine Schulter und entdeckte seinen Bruder.

Malfurion deutete zum Himmel und gestikulierte warnend. Illidan hätte sich beinahe abgewandt, doch Malfurion starrte ihn wütend an. Dann endlich blickte sein Bruder zum Himmel.

Im gleichen Augenblick fielen die ersten Dämonen aus der Illusion heraus.

Die Eredar wurden sichtbar und schlugen ohne Zögern zu. Ihre Zauber legten sich über die Nachtelfen. Schwere Tropfen fielen auf die Schultern der Soldaten, die im ersten Moment die Gefahr nicht bemerkten, aber zu schreien begannen, als sich die Säure durch ihre Rüstungen ins Fleisch fraß. Aus den vereinzelten Tropfen wurde dichter Regen. Die Nachtelfen wanden sich schreiend am Boden.

Malfurion sprach erneut mit dem Wind und bat ihn, den Regen von seinem Volk wegzulenken. Gleichzeitig begannen Illidan und die Mondgarde ihre ersten Zauber zu werfen.

Ein Hexenmeister explodierte schreiend, eine Teufelswache folgte ihm. Doch als die Magier der Nachtelfen versuchten, weitere Zauber einzusetzen, stießen sie auf einen unsichtbaren Schild.

Der starke Wind, den der Druide gerufen hatte, wehte den Regen davon, aber der Schaden ließ sich nicht mehr rückgängig machen. Die Linien der Verteidiger waren voller Lücken.

Dann stürzten die Teufelskreaturen aus dem Himmel.

Die erste Welle erreichte nicht den Boden. Zwei der Angreifer explodierten, während andere von komprimierter Luft emporgeschleudert wurden und zwischen den Wolken verschwanden. Blaue Blitze durchbohrten drei Dämonen.

Aber selbst die geballte Macht des Druiden, der Magier und der Zauberer konnte die Höllenkreaturen nicht aufhalten. Eine schlug mitten in die Frontlinie der Nachtelfen ein. Sie richtete mehr Schaden an als ein Dutzend mit Sprengstoff beladene Katapulte. Die Nachtelfen wurden wie Blätter durch die Luft gewirbelt. Die Erde erbebte so stark, dass andere zu Boden gingen und sofort Opfer der Teufelsbestien wurden.

Immer mehr Teufelskreaturen schlugen auf. Die Frontlinie der Verteidiger versank im Chaos. Das Schlimmste war, dass die riesigen Dämonen sich aus ihren rauchenden Kratern wieder erhoben und über die Nachtelfen herfielen.

Die Wurzeln, die Malfurion beschworen hatte, konnten den skelettköpfigen Teufelskreaturen nichts entgegensetzen. Diese zerfetzten das Holz mühelos. Gleichzeitig rissen sie gewaltige Schneisen in die Reihen der Nachtelfen.

Plötzlich erhob sich die Lanze eines gefallenen Soldaten unmittelbar vor einer Teufelskreatur in die Luft. Sie leuchtete bläulich und schoss dem Dämon mit solcher Geschwindigkeit entgegen, dass dieser zu stehen schien. Die Lanze wurde im Flug größer, ihre Spitze schmaler und scharf wie eine Nadel.

Sie durchbohrte den Dämon mit solcher Leichtigkeit und Wucht, dass er gar nicht mehr begriff, wie er starb. Er öffnete das Maul und begann zu zucken. Seine Vorwärtsbewegung endete, als die magisch angetriebene Lanze weiterflog.

Die gewaltige Höllenkreatur wurde zurückgerissen, als habe sie das Gewicht eines Kleinkindes. Die Lanze wurde immer schneller und erwischte ein zweites Opfer, das sich gerade in seinem Einschlagkrater aufrichtete. Das Ungeheuer riss noch die Augen auf, als die Lanze es auch schon durchbohrte.

Einem dritten Dämon wurde von der magischen Waffe der Garaus gemacht. Erst dann wurde sie langsamer und stürzte mitsamt ihrer der Reihe nach aufgespießten Opfer zwischen die Toten am Boden.

Neben Malfurion nickte Rhonin zufrieden. Einen Moment lang sah es so aus, als könnten die Verteidiger ihre Niederlage abwenden, doch dann ertönten von Norden her Hörner.

„Die Legion!“, schrie Krasus. „Sie greift von der anderen Seite an!“

Jetzt endlich offenbarte sich das ganze schreckliche Ausmaß der Schlacht. Eine gewaltige Horde schien aus dem Boden zu wachsen und fiel über die Soldaten her, die im Norden aufmarschiert waren. Wie die Dämonen am Himmel hatte man auch diese Ungeheuer hinter einem Illusionszauber versteckt gehalten, den günstigsten Zeitpunkt abgepasst, sie zu enttarnen. Jetzt schwärmten sie aus wie Ameisen. Die Nachtelfen kämpften tapfer, aber sie konnten den Gegner nicht bezwingen.

Die Dämonen hatten ihre Falle sorgfältig geplant und sich auf die Arroganz der Nachtelfen verlassen. Ravencrest hatte an einen leichten Sieg geglaubt, an ein kurzes Gefecht, mit dem er das Selbstvertrauen seiner Truppen aufbauen wollte. Bekommen hatte er eine blutige, schwer verdauliche Niederlage.

„Wir müssen uns zurückziehen“, sagte Rhonin. „Wir haben keine andere Wahl.“

Im ersten Moment sah es so aus, als sei Ravencrest dazu nicht bereit. Er gab kein Signal zum Rückzug, obwohl die Dämonen weit überlegen waren. Höllenkreaturen stürzten sich weiter auf die Nachtelfen, während die Eredar-Hexenmeister einen Zauber nach dem anderen schleuderten. Malfurion und seine Begleiter konnten nicht länger angreifen, zu sehr mussten sie sich auf die Verteidigung konzentrieren. Sogar die Mondgarde war voll und ganz in den Schutz der Soldaten eingebunden.

Schließlich bliesen die Hörner doch zum Rückzug. Allerdings ließ die Brennende Legion nicht locker. Jeder Schritt zurück musste hart erkämpft werden.

„Der Druck ist zu groß“, zischte Krasus, als er neben dem Druiden auftauchte. „Wir müssen eine Lücke zwischen ihnen und uns schaffen.“

„Aber wie?“, fragte Malfurion.

Die Miene des hageren Zauberers wurde noch düsterer. „Wir dürfen nicht mehr gegen die Eredar kämpfen, sondern nur noch gegen die Hauptstreitmacht der Dämonen.“

„Aber die Hexenmeister werden dann umso härter angreifen. Sie werden zahllose Soldaten töten…“

„Es werden noch mehr sterben, wenn wir uns in diesem Schneckentempo zurückziehen!“

Krasus hatte Recht, auch wenn es dem Druiden nicht gefiel. Die Teufelswächter hieben von allen Seiten auf die Nachtelfen ein, nutzten jede kleine Schwäche für ihre Attacken. Die Eredar benötigten wesentlich mehr Zeit, um ihre Zauber zu weben. Diese wirkten dann zwar höchst zerstörerisch, aber das taten die Klingen der Wächter letztendlich ebenfalls.

„Sag deinem Bruder, dass er sich uns anschließen soll“, befahl der Magier.

„Er wird nicht auf mich hören.“ Es war schon schwierig gewesen, Illidan dazu zu bewegen, einen Blick zum Himmel zu werfen. Es würde zu lange dauern, ihn von Krasus’ Plan zu überzeugen… wenn das überhaupt möglich war.

„Ich rede mit ihm“, bot Rhonin an. „Vielleicht hört er auf mich eher.“

Illidan respektierte den Menschen. Rhonin kannte Zauber, die selbst Malfurions Zwilling noch nicht beherrschte. Für Illidan war er fast schon ein shan’do.

„Versuche es“, wandte sich Krasus an Rhonin.

Als der rothaarige Zauberer davonritt, fragte Malfurion: „Was machen wir jetzt?“

„Alles, was uns von ihnen trennt.“

Der Druide hatte auf eine klarere Antwort gehofft, verstand jedoch, dass Krasus ihm keine Anweisungen geben wollte. Beide würden die Magie einsetzen, die ihnen lag. Die Vorgehensweise des älteren Magiers musste nicht mit der des Druiden harmonieren.

Krasus wartete nicht auf Malfurions Angriff, sondern gestikulierte in Richtung des Feindes. Zuerst sah der Druide nichts, doch dann bemerkte er, dass die Dämonen in den ersten Reihen zu schrumpfen begannen. Es dauerte eine Weile, bis er erkannte, dass sie plötzlich in einem Sumpf standen, der sie nach unten zog. Die Dämonen, die hinter ihnen waren, wurden aufgehalten und mussten versuchen, durch den Morast zu waten.

Die Nachtelfen nutzten die Gelegenheit, um sich weiter zurückzuziehen. Doch Krasus hatte nur einen Teil ihrer Linien geschützt, an anderen Orten brachen die Dämonen bereits durch. Malfurion bückte sich und begann mit den Pflanzen zu sprechen, bat sie, noch einmal ihre Wurzeln einzusetzen. Ihnen war klar, was nach dem Rückzug der Nachtelfen geschehen würde: dass die Legion sie und alle anderen Lebensformen vernichten würde. Trotzdem halfen sie mit all ihrem Vermögen.

Tränen rollten über Malfurions Gesicht, als er sich für ihr Opfer bedankte und seinen Zauber begann. Die Wurzeln platzten in gewaltigen Knäueln aus dem Boden heraus und erschufen einen dichten Wald. Die Dämonen schlugen auf die kräftigen Tentakel ein. Sogar die Teufelskreaturen wurden langsamer. Der Druide spürte jeden Schnitt, den sie den Wurzeln zufügten, aber sein Zauber zeigte die erhoffte Wirkung. Die Nachtelfen zogen sich immer weiter von ihrem höllischen Feind zurück.

Unerwartete Hilfe näherte sich in Gestalt von Nachtsäbler-Reitern aus dem Süden. Malfurion hatte nicht mehr an die Soldaten gedacht, die Ravencrest ausgesandt hatte. Es waren weniger als zu Anfang, aber sie kämpften immer noch mit großer Wut. Einige Panther waren verwundet, und auch ihre Reiter hatten Blessuren davongetragen. Trotzdem warfen sie sich mutig der Legion entgegen und verschafften damit den Fußsoldaten wertvolle Sekunden.

„Nach Norden!“, schrie Krasus. „Konzentriert euch auf den Norden!“

Weder Malfurion noch der Magier konnten körperlich sehen, was sich dort abspielte, aber sie hatten andere Methoden zu ihrer Verfügung. Der Druide griff mit seinem Geist nach Vögeln oder geflügelten Insekten. Erstere fand er nicht, letztere hingegen schon. Selbst die niedrigsten Tiere hatten erkannt, dass die Dämonen tödlich waren. Trotzdem erklärten sich die bereits fliehenden Käfer dazu bereit, ihm zu helfen.

Durch ihre merkwürdigen Augen betrachtete der Druide das nördliche Schlachtfeld. Der Anblick raubte ihm fast den Atem. Eine gewaltige Streitmacht der Brennenden Legion ergoss sich über die Soldaten. Überall lagen Tote. Gesichter, die ihm vertraut waren, starrten blicklos auf die, die sie getötet hatten. Höllenbestien spielten mit den Toten, während andere Dämonen weiter angriffen.

Malfurion suchte nach Wesen oder Pflanzen, die er um Hilfe bitten konnte, aber er fand nur Käfer. Eine leichte Brise wehte eines der Krabbeltiere umher. Der Druide hatte eine Idee. Er sprach durch den Käfer mit dem Wind, erklärte, wie sehr er seine kraftvollen Brisen bewunderte und brachte ihm dazu, mehr von seiner Kunst zu offenbaren.

Der Wind fühlte sich geschmeichelt und erschuf einen kleinen Wirbel. Malfurion spornte ihn weiter an, bis aus dem Wirbel ein gewaltiger und mächtiger Orkan wurde.

Als der Druide spürte, dass die Zerstörungskraft des Sturms ihren Höhepunkt erreicht hatte, lenkte er ihn gegen die Dämonen in den ersten Reihen.

Die Brennende Legion ignorierte den Wind zuerst, doch dann wurden die ersten Dämonen emporgeschleudert und getötet. Die Umstehenden wichen zurück, doch der Tornado folgte ihnen. Malfurion empfand kein Mitleid für die Dämonen. Er hoffte, dass ihnen noch viele weitere folgen würden.

„Fühle dich nicht zu sicher“, warnte Krasus. „Unsere Taktik hat der Armee Zeit verschafft, nicht mehr.“

Der Druide wusste das, schwieg jedoch. Die Nachtelfen konnten die Niederlage nicht in einen Sieg verwandeln. Malfurion und die anderen Magier hatten ihnen nur das Leben erkauft.

Malfurion war noch nicht zufrieden mit seiner Leistung. Durch die Augen des Käfers suchte er nach etwas, das sich gegen die Legion einsetzen ließ. Die Insekten kreisten mutig über den Dämonen und verschafften ihm fünf verschiedene Blickwinkel. Es musste doch etwas dort geben, das er tun konnte…

Der Druide schrie auf, als etwas nach dem Käfer griff und das Leben aus ihm herauspresste. Die anderen Insekten wichen zurück, nur zwei drehten sich um, damit der Druide sehen konnte, was den Käfer getötet hatte.

Inmitten der Dämonen stand eine dunkelhäutige Gestalt, die den Rest der Brennenden Legion überragte. Der Dämon bewegte sich wie ein Riese unter Kindern und lenkte die furchtbaren Krieger. Er erinnerte Malfurion ein wenig an die Eredar, war ihnen jedoch weit überlegen. Seine Schultern waren gepanzert, und er betrachtete das Schlachtfeld mit kalter Logik. In seiner rechten Hand hielt der Dämon einige Stücke des Chitinpanzers, der einmal den Käfer umgeben hatte. Dann hob er den Kopf und starrte durch die beiden ausharrenden Käfer direkt in den Geist des Druiden.

Du bist es also

Ein gewaltiger Druck lastete plötzlich auf Malfurions Kopf. Er meinte, sein Gehirn würde sich ausdehnen und gegen seinen Schädelknochen drücken.

Malfurion versuchte, um Hilfe zu rufen, aber sein Mund verweigerte ihm den Dienst. Verzweifelt suchte er nach etwas, mit dem er den Dämonen ablenken konnte, bevor es zu spät war.

Etwas bewegte sich in den Tiefen der Erde. Die Felsen – die ältesten und härtesten Lebensformen – erwachten aus ihrem ewigen Schlummer. Zuerst berührten sie Malfurion ärgerlich, denn kaum etwas war ihnen wichtiger als der Schlaf. Doch der Druide lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die zerstörte Landschaft, die hinter den Dämonen lag.

Nur wenige wussten, dass Felsen lebten und an den Geschehnissen der Welt teilnahmen. Die, die Malfurion geweckt hatte, erfuhren Furchtbares über die Dämonen, denn selbst die Erde war unter ihnen dem Tode geweiht. Die verdorbene Magie, die den Dämonen innewohnte, tötete alles, egal, wie tief es auch vergraben sein mochte.

Dazu gehörten auch die Steine. Die, die in der zerstörten Landschaft lagen, existierten nicht mehr. Ihre Lebenskraft war von den Dämonen vernichtet worden.

Malfurion brach in die Knie, als der Dämon seinen Kopf noch stärker malträtierte. Er konnte nicht mehr denken und verlor langsam das Bewusstsein.

Der Boden erbebte. Malfurion sackte weiter in sich zusammen, aber der Druck auf seinen Kopf ließ nach.

Durch die Augen der Käfer beobachtete er, wie sich rund um den riesigen Dämon die Erde öffnete. Ein kleinerer Dämon stürzte in eine der Spalten, die sich sofort schloss, als habe sie ihn verschlungen. Die anderen Ungeheuer wichen zurück und überließen den Riesen seinem Schicksal.

Der Blick von Malfurions Feind war immer noch voller Gleichgültigkeit, aber er musste um sein Gleichgewicht kämpfen. Zunehmend größere Spalten öffneten sich vor und neben ihm. Der Koloss griff nach einem der beiden Käfer, aber Malfurion ließ sie rechtzeitig fliehen.

Als sie sich zurückzogen, sah der Druide, dass der Dämon begonnen hatte, einen Kreis um sich zu ziehen. Eine große, grün leuchtende Blase entstand und schützte ihn vor den schweren Erdstößen. Sie stieg mit ihm auf, während unter ihr niedere Dämonen in die Felsklüfte stürzten.

Aus tief liegenden Augen starrte der Dämon Malfurion an.

Ich werde mich an dich erinnern, Insekt

Dann zog er sich zurück, und dem Druiden wurde klar, dass auch er den Dämon bei ihrem nächsten Treffen wiedererkennen würde. Doch schon jetzt ahnte Malfurion, welchen Namen er trug. Es konnte nur einer sein, der solche Macht ausstrahlte.

Archimonde.

Etwas griff nach seinen Schultern und unterbrach seine Verbindung zu den Käfern. Malfurion rechnete damit, von Teufelsbestien auseinander gerissen zu werden, aber die Hände waren sanft und die Stimme, die zu ihm sprach, besorgt.

„Ich halte dich“, flüsterte Tyrande ihm ins Ohr.

Er nickte stumm, erkannte benommen, dass er nicht mehr auf seinem Nachtsäbler saß und fragte sich, was mit dem Tier geschehen war. Tyrande zog ihn vorsichtig auf ihr eigenes Reittier. Mit überraschender Stärke richtete sie ihn vor sich auf, dann setzte sie die große Raubkatze in Bewegung.

Malfurions Herz raste, als er vom Rücken des Nachtsäblers auf die Katastrophe blickte, die sich um ihn herum abspielte. Hunderte Soldaten trotteten über das hügelige Land, wurden weit im Hintergrund von Dämonen verfolgt. Immer wieder stiegen Flammen zwischen den Streitmächten auf, und hier und da hörte man eine magische Explosion und laute Schreie. Er wusste nicht, ob sie von Nachtelfen oder Dämonen stammten. Malfurion sah auch Lord Ravencrests persönliches Banner im Wind flattern. Den Adeligen selbst entdeckte er nicht.

Gesichter strichen an ihm vorbei, während der Nachtsäbler ihn und Tyrande in Sicherheit brachte. Die Soldaten blickten nicht mehr siegessicher zum Horizont, sondern geschockt und ernüchtert. Sie hatten erkannt, dass sie ihren Kampf vielleicht verlieren würden.

Er musste bei dem Anblick gestöhnt haben, denn Tyrande beugte sich vor und flüsterte: „Hab keine Angst, Malfurion. Ich werde mich um deine Wunden kümmern, sobald wir Zeit dafür haben.“

Der Druide drehte sich und betrachtete ihr Gesicht, das von ihrem Kriegshelm fast vollständig verdeckt wurde. Der Rest war dreckverschmiert – und blutig. Doch Tyrande bewegte sich mit solcher Entschlossenheit, dass das Blut nicht von ihr stammen konnte. Ihm wurde klar, dass sie vermutlich näher an der Front gewesen war als er. Dabei war sie ihm stets so sanft erschienen, selbst in eine Rüstung gehüllt.

„Tyrande!“, stieß er schließlich hervor. „Die anderen?“

„Ich habe Broxigar, die Magier und deinen Bruder gesehen, ebenso den ernsthaften Captain Shadowsong, der sie wie ein Hirte bewacht.“ Sie lächelte bei dem Gedanken.

„Ravencrest?“

„Er ist immer noch Herr über Black Rook.“

Also hatten die stärksten Teile der Streitmacht trotz sonst herber Verluste überlebt. Allerdings hatten weder Ravencrest, noch die Zauberer die Katastrophe verhindern können.

„Tyrande-“

„Sei still, Malfurion. Es ist bemerkenswert, dass du überhaupt sprechen kannst, nach allem, was dir zugestoßen ist.“

Er wusste, dass Archimonde ihn auf geistiger Ebene schwer getroffen hatte, aber er verstand nicht, wieso sie das wusste.

Die Priesterin schloss ihn in ihre Arme. Er genoss die Berührung, aber nicht die Sorge, die er darin spürte.

„Elune muss dich wahrhaft beschützt haben! So viele in deiner Nähe wurden zerrissen, sogar dein eigenes Reittier wurde bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt – aber du hast kaum einen Kratzer davongetragen.“

Zerrissen… sein Reittier verstümmelt… was war in seiner Umgebung geschehen? Wieso hatte er das Massaker nicht bemerkt? Wie hatte er den magischen Angriff überlebt? Der Gedanke an das Grauen, das sich unbemerkt von ihm abgespielt hatte, ließ ihn erschaudern.

Malfurion kannte die Antworten auf diese Fragen nicht, aber eines wusste er: Er hatte den Angriff eines Erzdämons überlebt. Auf der einen Seite konnte er für dieses Wunder dankbar sein, auf der anderen hatte Archimonde ihn jetzt zu seinem persönlichen Feind erklärt. Sie würden sich also Wiedersehen, so viel stand fest.

Und wenn dies geschah, würde der Dämonenlord wohl dafür sorgen, dass Malfurion nicht noch einmal flüchten konnte.

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