Den Gestank der zerstörten Stadt beachtete der Fremde kaum, der verborgen unter Umhang und Kapuze durch ihre Straßen ritt. Er betrachtete die umgestürzten Baumhäuser und zertrümmerten Gebäude mit wissenschaftlich kühlem Interesse. Die langsam verwesenden Leichen sah er beinahe geringschätzig an.
Sein Reittier knurrte und fauchte plötzlich. Der Reiter griff nach den Tentakeln und zwang die Teufelsbestie kraft seines Willens weiter. Der riesenhafte dämonische Hund bewegte sich jedoch nicht mit zufrieden stellender Geschwindigkeit, also sandte der Reiter schwarze Energien in seinen Körper, die ihn schmerzerfüllt aufjaulen ließen. Danach bewegte er sich schneller.
Der Reiter zog immer weiter durch die tote Stadt. Er spürte, dass er von allen Seiten beobachtet wurde, unternahm jedoch nichts dagegen. Die Wächter interessierten ihn nicht. Er würde sie in Ruhe lassen, solange sie ihn unbehelligt ließen.
Vor zwei Tagen hatte er sein unfreiwilliges Reittier entdeckt. Seitdem benutzte er es. Jetzt näherte es sich einer Kreuzung und wurde wieder langsamer. Der Reiter wusste jedoch, dass es nicht aus Sturheit so reagierte, sondern weil es spürte, dass andere seiner Art in der Nähe waren.
Die Wächter ließen ihn also doch nicht in Ruhe. Sie wollten ihn in eine Falle locken.
Sie waren Narren.
Drei Teufelswächter stürmten ihm aus den Trümmern frontal entgegen. Mit ihren gehörnten Schädeln und blitzenden Klingen sahen die großen Dämonen zwar beeindruckend aus, stellten jedoch für den Reiter keine echte Bedrohung dar.
Seitlich tauchten zwei Teufelsbestien auf. Sie wollten sich auf ihre Beute stürzen. Ihre Tentakel zuckten dem Zauberer entgegen, den sie für unvorsichtig hielten.
Er hob die Augenbrauen. Dieser Angriff war enttäuschend. Mit einer Hand riss er seinem Reittier einen Tentakel aus, um es daran zu erinnern, wer sein Herr war. Die Teufelsbestie heulte auf. Er warf den Tentakel den Angreifern entgegen. Im Flug wurde er länger und bildete eine Schlinge, die alle drei Dämonen fesselte und zu Fall brachte.
Der Reiter kümmerte sich nicht mehr um sie, sondern wandte sich der Teufelsbestie zu, die ihm von der rechten Seite entgegen stürmte. Der Dämon kreischte plötzlich und ging in Flammen auf. Einige Meter vor seinem Ziel brach er zusammen. Sein brennender Kadaver erfüllte die Luft mit einem neuen strengen Geruch.
Das zweite Monster prallte mit seinem Reittier zusammen. Die Tentakel der Teufelsbestie gruben sich in Brust und Seite des Reiters und begannen seine Energie auszusaugen.
Wollten beginnen.
Doch die Bestie zuckte zusammen, als ihre Beute stattdessen anfing, sie auszusaugen. Verzweifelt versuchte sie, ihre Tentakel zu befreien, aber das ließ der Reiter nicht zu. Die Teufelsbestie trocknete bis auf die Knochen aus. Als magisches Wesen bestand sie fast vollständig aus Energie, die der Reiter an sich reißen konnte.
Nur wenige Sekunden vergingen, dann war die Tat vollendet. Mit einem letzten Wimmern brach die Teufelsbestie zusammen. Der Reiter pflückte die Tentakel von seinem Körper, dann führte er sein verängstigtes Reittier weiter. Die Teufelswächter ignorierte er.
Er spürte, dass andere in den Ruinen lauerten, aber sie wagten keinen weiteren Angriff mehr. Ohne weitere Unterbrechungen dauerte es nicht lange, bis sein Ziel vor ihm lag. Es war ein großes Tor in einer steinernen Mauer, auf der Nachtelfensoldaten standen und ihm misstrauisch entgegen blickten.
Der Reiter zog die Kapuze von seinem Kopf.
„Ich bin hier, um der Königin meine Dienste anzubieten“, rief Illidan laut. Dabei wandte er sich nicht an die Soldaten auf der Mauer, sondern an die Nachtelfen im Inneren des Palastes. „Ich biete meiner Königin meine Dienste an… und dem Lord der Legion.“
Ruhig wartete er. Fast eine Minute verging, dann öffnete sich das Tor. Das Knirschen und Knarren hallte durch Zin-Azshari wie das geisterhafte Stöhnen von Toten.
Als der Durchgang offen lag, ritt Illidan ruhig ins Innere.
Hinter ihm schloss sich das Tor wieder.