Givrak, der Drakonier, war gerade intelligent genug, um Befehle auszuführen und gelegentlich eine einfache Strategie zu entwickeln. Da er heute wenig Befehle bekommen hatte, verwendete er einen beträchtlichen Teil seines beschränkten Denkvermögens auf die Frage, wie er sich an dem Kender rächen sollte, der ihm letzte Nacht einen giftigen Raunzer von Karvad eingebrockt hatte, den er aus dem Schlaf gerissen hatte.
Givrak war der Meinung, daß die Haut des Kenders sich gut an einer Stalltür machen würde.
Der Drakonier hatte zwei Einheiten Soldaten unter sich. Die weckte er frühmorgens mit dem Befehl, die drei einzigen Straßen aus der Stadt abzuriegeln und ihn dann bei der Durchsuchung von Langenberg zu begleiten. Givrak war sich sicher, daß er den Kender bis zum Einbruch der Dunkelheit finden würde.
Als er die Straßen von Langenberg durchstreifte, wurde Givraks Zorn zu bösartiger Vorfreude. Er würde sich amüsieren. Er kannte ein Dutzend Arten, einen Kender umzubringen, und selbst bei der schnellsten Methode endete das Schreien nicht vor Ablauf von zwei Tagen.
Dem kalten Morgenwind aus dem Tal gelang es nicht, die rußige Luft von Langenberg zu klären. Kelida, die aus der eigentlichen Stadt herausgegangen war, kam es so vor, als würde die graue Luft nie wieder sauber werden. Sie stolperte, zerrte an dem Schwert, das gegen ihr Bein schlug, und versuchte, den Gurt mit der Schneide bequemer um die Taille zu schlingen. Ungeduldig seufzend fragte sie sich, wie jemand so etwas Sperriges tragen und dabei noch laufen konnte.
Sie hatte versucht, es zu tragen, und fand das zu schwierig. Bei jedem Schritt war ihr das Schwert entweder aus der Scheide gerutscht oder hatte sich schmerzhaft in ihre Arme gegraben. Blödes Ding! Sie würde froh sein, wenn sie es wieder los war. An der ersten Biegung der breiten Straße blieb sie stehen und zerrte wieder an dem Gurt. Ihr Rock verzog sich an der Taille und beulte so aus, daß ihre Bluse an der Schnalle hängenblieb und zerriß.
Blödes Schwert! Sie wollte es nicht haben und würde es nicht behalten. Alles, was es ihr einbrachte, waren zerschundene Beine und zerrissene Kleider. Tyorl mußte das Ding einfach zurücknehmen. Von seinem verrückten Freund Hauk hatte sie seit der Nacht, wo er ihr das verwünschte Ding gegeben hatte, nichts mehr gesehen. Wo er auch war, an seinem verdammten Schwert war er anscheinend nicht mehr interessiert.
Oder an mir, dachte sie kläglich. Ob er das überhaupt je gewesen war? Als er ihr das Schwert geschenkt hatte, war er betrunken gewesen. Wahrscheinlich war er irgendwo herumgestreunt und ein paar Soldaten der Drachenarmee in die Arme gelaufen. Dann wünschte er sich jetzt bestimmt sein Schwert zurück!
Kelida erschauerte, teilweise von der Kälte, teilweise von dem Gedanken, daß Hauk sein Schwert vielleicht wirklich brauchte. Sie sah sich um. Hinter der Kurve führte die Straße in einem langen, steilen Weg ins Tal. Von hier konnte Kelida das Tal jedoch nicht sehen. Auch die Straßensperre von Karvads Soldaten konnte sie nicht sehen, aber sie wußte, daß sie da war. Wie an jeder der drei Straßen, die nach Langenberg hineinführten, war sie bei Tagesanbruch aufgebaut worden. Aus irgendeinem Grund hatte es geheißen, daß niemand heute Langenberg verlassen durfte. Irgendein armer Mensch war den Besatzern aufgefallen.
Kelida wollte weder den Hof sehen, in dem sie früher gelebt hatte, noch die Soldaten, die das Tal verwüstet hatten.
Der einzige, den ich sehen will, dachte sie, ist Tyorl!
Er hatte Tenny eine Nachricht hinterlassen, daß er nach ihr Ausschau hielt. Er verließ Langenberg und wollte vorher noch außerhalb der Stadt mit ihr reden. Kelida war ein bißchen traurig gewesen, als sie die Nachricht erhielt. Wenn der Elf ging, mußte das bedeuten, daß er nicht mehr damit rechnete, seinen Freund Hauk hier in Langenberg zu finden. Sie hätte zwar gern Gelegenheit gehabt, sich ein bißchen an dem jungen Mann zu rächen, aber sie hätte es auch begrüßt, seine brummige Stimme noch einmal zu hören.
Kelida schnallte das Schwert ab und ließ die Waffe in den Aschestaub auf der Straße fallen. Der Wind trug einen saftigen Fluch und schallendes Gelächter von der Straßensperre heran. Kelida würde nicht weitergehen. Sie setzte sich auf einen flachen Findling, zog die Knie an, legte ihr Kinn auf die Unterarme und starrte auf die schwarzen Felder jenseits der Straße.
Hier um die Stadt herum war das Drachenfeuer wählerisch gewesen. Östlich der Straße war eine schwarze Wüste. Der Westrand jedoch bot immer noch Anzeichen von Leben. Das Wäldchen aus schlanken, silbernen Birken oben auf dem Hügel war fast unberührt. Riedgras, mit seinen herbstlichen, rotgoldenen Kolben, hing am Straßenrand herunter. Weiße Taubnesseln hatten ihre Blüten in kleinen Ringen abgeworfen, als ob sie den Winterschnee ankündigen wollten. Hier und da zeigte sich sogar noch gelber Lein.
»Also gut«, flüsterte sie dem Schwert auf der Straße zu. »Ich bin da. Wo ist er?«
In seinen Jagdkleidern mischten sich die Farben des Schattens und die der Birken. Kelida hielt erschrocken die Luft an, als Tyorl urplötzlich unter den Bäumen hervortrat.
»Genau hier, Kelida.« Er lächelte und zeigte mit dem Daumen auf das Schwert. »Was macht das denn hier?«
Kelida atmete aus. »Wo sollte es sonst sein? Wenn du gehst, wirst du es mitnehmen wollen.«
»Er hat es dir gegeben.«
Begriffsstutziger Elf! »Ich will es nicht mehr. Ich wollte es nie. Was soll ich damit? Ich kann es nicht verkaufen, ich kann es nicht benutzen, ich kann es nicht einmal tragen! Kannst du es nicht bitte einfach nehmen, fortgehen, wohin du willst, und mich in Ruhe lassen?«
Tyorl warf einen kurzen Blick hinunter zur Straßensperre und gebot ihr zu schweigen. »Immer mit der Ruhe, Kelida. Ich gehe fort, und darüber wollte ich mit dir reden.« Er wies auf das Birkenwäldchen. »Komm hier herüber. Ich will das nicht vor der halben Drachenarmee sagen.«
Sie zögerte, entschied dann aber, zu tun, was er sagte. Das Lächeln war von seinem Gesicht verschwunden, seine Stimme war leise und drängend. Kelida hob das Schwert auf und ließ sich in den Schatten der Bäume ziehen.
»Hör zu«, flüsterte er. »Hör gut zu. Ich weiß nicht, wo Hauk ist. Ich weiß nicht, was ihm zugestoßen ist, aber ich weiß, daß er nicht mehr in der Stadt ist.« Er machte eine Pause. »Du weißt, daß wir Waldläufer sind.«
Kelida nickte.
»Unser Anführer ist ein Mann namens Finn. Er und unsere Gruppe warten auf unsere Rückkehr. Ich kann nicht länger hierbleiben.«
»Du willst ihn einfach im Stich lassen?«
Ärger flammte in den Augen des Elfen auf. Zu spät erkannte Kelida, daß ihre Frage einer Beleidigung gleichkam.
»Nein, Kelida. Ich werde nicht aufhören zu suchen. Es liegt weites Land zwischen Langenberg und den Vorbergen. Ich werde unterwegs ständig nach Hauk Ausschau halten. Aber ich muß zu Finn zurück.« Er zeigte auf das Schwert in ihren Händen. »Bitte behalte es. Es kann sein, daß Hauk zurückkommt und nach mir und dem Schwert sucht. Sagst du ihm dann, wo ich hingegangen bin?«
»Aber – «
Tyorls Finger schlossen sich mit einem starken Griff um ihr Handgelenk. »Kelida, es wird Zeit, daß ich Langenberg verlasse. Hauk und ich haben diejenigen, die sich für uns interessierten, davon überzeugen können, daß wir Jäger sind. Wenn ich länger bleibe, wird es bestimmt jemandem auffallen, daß ich hier nicht viel gejagt habe. Als nächstes werden sie darauf kommen, daß ich ein Waldläufer bin.«
Angst kroch Kelida den Rücken hoch. Sie stellte die Frage, bevor ihr klar wurde, daß es vielleicht nicht klug wäre, die Antwort zu wissen.
»Wo willst du hin?«
Tyorl zögerte nur kurz. »Zur Südgrenze von Qualinesti. Finn hat da einen Auftrag für uns. Es tut mir leid, daß du das Schwert den ganzen Weg hier raus geschleppt hast. Ich wünschte, ich könnte es für dich zurücktragen, aber ich kann mich nicht länger aufhalten.«
»Was ist mit der Straßensperre?«
»Was soll damit sein? Finn würde mir die Haut abziehen, wenn ich nicht ein paar halbbesoffene Kröten der Drachenarmee umgehen könnte.« Er nahm ihr das Schwert aus der Hand. Kaltes Sonnenlicht glitzerte auf den Saphiren, die wie Eis glänzten. »Er hat es beim Messerwerfen gewonnen.«
»Das überrascht mich nicht.« Kelida lächelte. »Er zielt gut.«
Tyorl lachte. »Allerdings. Hebst du es für ihn auf?«
Der Wind schien kälter zu werden. Kelida dachte an die Berge im Süden von Qualinesti, wo es im Winter regnerisch und trostlos war. Dann dachte sie an Hauk und fragte sich, wo er wohl war, warum er ein so wertvolles Schwert und einen so guten Freund wie Tyorl zurückgelassen hatte.
Schließlich schoß ihr durch den Kopf, ob Hauk nicht einfach in der Nacht verschwunden war und die Waldläufer verlassen hatte. Verstohlen sah sie Tyorl an.
Nein, das würde der Elf nie in Betracht ziehen. Kelida erschauerte und nahm das Schwert. Wie sperrig es war! »Ich hebe es auf.« Sie zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde, dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küßte ihn leicht auf die Wange. »Viel Glück.«
»O ja, wir werden beide etwas Glück brauchen, was?« Er lächelte. »Danke.«
Er nahm sie am Arm und ging mit ihr zur Straße zurück. Da sie mit dem Waffengurt kämpfte, merkte Kelida nicht, daß ihnen der Weg versperrt wurde, bis der Griff des Elfen fester wurde. Sie sah auf.
Drei Soldaten, ein Mensch und zwei Drakonier, standen auf dem Pfad zur Straße. Einer von ihnen grinste, wobei seine gelben, lückenhaften Zähne zum Vorschein kamen. »Ein süßer Abschied«, sagte er gedehnt. Mit einem Wimpernzucken verabschiedete er Tyorl, dann hingen seine Augen verlangend an Kelida.
Kelida drehte sich der Magen um.
Lavim Sprungzeh rannte wie ein Kaninchen, das weiß, daß es für den Hund zu schnell ist und deshalb das Tempo und die Jagd genießt. Lachend führte er die vier Drakonier mit gesenktem Kopf die eine Straße hoch, die nächste runter, durch eine Taverne und durch die Hintertür wieder raus. Seine brüllenden und fluchenden Verfolger hörten sich an wie lebendige Schrotthaufen, wenn ihre Schwerter beim Laufen gegen ihre Rüstungen knallten.
Er verdrückte sich in eine rußige Gasse. Nachdem er behende über einen Zaun gesprungen war, rief er den vieren wüste Beschimpfungen zu, als sie, behindert durch Waffen und Rüstungen, wütend versuchten, ihm hinterherzuklettern. Noch bevor der erste Drakonier herunterkam, hatte sich Lavim zwischen eine klamme Ziegelwand und ein Faß voll Abfall gequetscht. Er war kaum außer Atem.
Den ersten ließ Lavim vorbei. Es war der zweite, der ihn am meisten interessierte. Das war nämlich Givrak, und Lavim war sicher, daß er gleich vorbeikommen würde.
Als Givrak mit gezücktem Schwert, auf dem das Morgenlicht glänzte, vorbeirannte, schoß Lavims Hupak zwischen die Beine des Drakoniers und ließ ihn auf den ersten Verfolger stürzen. Der dritte, der nicht mehr anhalten konnte, stolperte über die ersten beiden, und der vierte konnte demselben Schicksal nur entgehen, indem er sich gegen die Wand auf der anderen Seite warf.
Lavim krümmte sich vor Lachen und kletterte über das Faß und die drei ineinander verstrickten Drakonier. Pfeilschnell schoß er zwischen den Beinen des vierten durch und lief auf die Straße. Er flitzte um die weiten Röcke einer Frau, duckte sich unter einem Pferd hindurch und fegte über die Straße. Hinter ihm verrieten ihm die Flüche der Drakonier, daß sie sich aufgerappelt hatten und die Verfolgung wieder aufnahmen.
Lavim kannte die Straßen und Abkürzungen von Langenberg, wie das nur einem Kender oder einem Gassenkind möglich ist. Er rannte zu einem Lagerhaus, das bei der Einnahme der Stadt halb abgebrannt war, und sammelte unterwegs Kiesel und lose Pflastersteine von der Straße auf. Soviel Spaß hatte er nicht mehr gehabt, seit er vor einer Schnee- und Steinlawine einen Berg im Khur hinuntergerannt war, immer nur zwei Meter voraus. (Die zwei Meter waren seine Schätzung. Ish, der Gnom, der damals bei ihm gewesen war, behauptete, daß es eher eine Viertelmeile gewesen war, und daß die Lawine überhaupt keine Lawine war, sondern ein kleiner Schneerutsch, und daß das alles nicht in den Bergen, sondern an einem sanft abfallenden Hügel stattgefunden hatte.)
Das Lagerhaus war riesig, einen halben Block lang und breiter als jedes andere Gebäude in der Stadt. Hier hatte man einst Handelsgüter aller Art aufbewahrt: Mehl, Weizen, Mais, sogar Ballen mit schneeweißer Wolle. Von allem, was zur Zeit des Feuers hier gelagert hatte, war nur noch Asche geblieben.
Lavim flitzte in das Gebäude, dem das Dach fehlte. Er patschte durch schwarze Regenpfützen voll Asche zu der Treppe hinten im ersten Stock. Givrak und seine Soldaten polterten hinter ihm her. Sie stießen Flüche und Drohungen aus und scheuchten die Leute wie Hühner vor einem Hagelsturm auseinander.
Das Gebäude war von Brandgeruch durchzogen. Am Fuß der Treppe verharrte der alte Kender. Es gab immer noch ein Obergeschoß, zumindest einen Teil davon. Es schob sich wie ein Heuboden von der Treppe aus vor, schwarzgerändert und zersplittert und nur über die halbe Breite des Gebäudes. Von diesem Balkon aus würde er völlig ungestraft die Steine feuern können, die er aufgesammelt hatte.
Während er ein paarmal tief Luft einatmete, betrachtete Lavim die Treppe. Er beschloß, daß ein leichtfüßiger Kender es wagen konnte, und machte sich auf den Weg nach oben. Doch er beeilte sich, immer nach dem Motto, daß ein leichter, schneller Schritt die jetzt schon knackende Treppe weniger belasten würde als ein schwerer, vorsichtiger. Als er die Hälfte der Stufen geschafft hatte, den linken Fuß oben, den rechten unten, stöhnte die untere Stufe und brach dann splitternd ein.
Lavim reagierte schnell. Er warf sich gegen die Wand und griff haltsuchend nach oben. Da war kein Halt. Wie ein einstürzendes Kartenhaus brachen die oberen Stufen vom Obergeschoß ab. Lavim kreischte, sprang und erwischte den zersplitterten Rand des Bodens.
Als seine Hände sich an das morsche Holz klammerten und der Rest von ihm an ausgestreckten Armen über dem Abgrund baumelte, dachte Lavim, daß es jetzt besser für ihn wäre, wenn Kender Flügel hätten.
Er verlor fast den Halt, als ein hartes, bellendes Gelächter vom Erdgeschoß aus erschallte. Givraks Reptilienaugen glitzerten unheilvoll in dem grauen Licht. Seine dünne, schlangenhafte Zunge zuckte, als er zu dem Kender hochlachte.
Sein Leben lang hatte Lavim einem sicheren Ziel nicht widerstehen können. Er verdrehte sich und spuckte zwischen seinen Ellbogen hindurch. Obwohl er früher stolz auf seine Zielsicherheit gewesen war, hatte sie ihn in letzter Zeit im Stich gelassen. Jetzt aber tat sie das nicht. Er traf Givrak genau zwischen die Augen. Der Wutschrei des Drakoniers hallte durch das leere Lagerhaus.
Lavim wich der silbernen Flugbahn eines geworfenen Dolches aus und zog sich hoch. Er schlang eine Hand um einen verbrannten, wackligen Pfosten. Er zog, merkte, wie der Pfosten etwas nachgab, und ließ die Hand wieder auf den Boden fallen.
Givrak lachte grimmig und kalt. »Gib’s auf, du kleine Ratte! Du kannst nirgends hin, und ich habe etwas mit dir zu bereden.«
Lavim wand sich wieder, bekam ein Knie hoch, um dann zurückzurutschen. Die geschwächten Balken des Obergeschosses ächzten.
Metall schlug auf Holz. Der Drakonier zog seine Rüstung aus. Lavim, dessen Neugier nicht einmal versiegen würde, wenn er kurz davor stand, in die düsteren Schrecken des Abgrunds zu fallen, sah wieder hinunter. Givraks Rüstung lag als roter Metallhaufen auf dem Boden. Sein Kurzschwert steckte zwischen langen, fangzahnbewehrten Kiefern. Seine weiten, knochigen Lederflügel mit ihren Krallen falteten sich mit groben, ungelenken Bewegungen auf. Die anderen drei traten grinsend zurück. Sie witterten das Ende der Jagd.
Es sind Gleitflügel, erinnerte sich Lavim, und Drakonier können nicht richtig fliegen. Das weiß doch jeder…
Givrak konnte nicht fliegen, doch er hatte dicke, kräftige Beine, mit denen er höher springen konnte, als es sich selbst Lavim hatte vorstellen können. Beim ersten Sprung griff die lange Klauenhand des Drakoniers nach dem wackligen Pfosten, an dem Lavim hing, verfehlte ihn jedoch.
Beim zweiten Mal, als seine schwarzen Flügel kräftig nach unten schlugen, erwischte Givrak den geborstenen Rand des Bodens mit der einen Hand und nahm mit der anderen das Schwert aus dem Maul.
Jetzt beeilte sich der Kender. Er zog beide Knie bis ans Kinn, warf sich herum und schmiß sich auf den knarrenden Boden. Givrak hievte sich mit gräßlichem Lachen ebenfalls hoch.
Das Kaninchen war nicht mehr so sicher, daß es den Spürhund abschütteln konnte.
Lavim zog seinen Dolch aus dem Gürtel und stieß wild zu. Die Klinge verwundete den harten, schuppigen Arm des Drakoniers nur wenig. Lavim stach abwärts durch Givraks linken Flügel, duckte sich unter dem Riesenarm des brüllenden Untiers hindurch und zog dann die Klinge durch den rechten, ledrigen Flügel des Drakoniers wieder hoch. Eine riesige Klauenhand ergriff Lavims Handgelenk und verdrehte es brutal. Die betäubten Hände des Kenders ließen den Dolch fallen.
Mit dem Überlebenswillen seiner Art rammte Lavim Givrak das Knie in den Bauch. Als der Drakonier aufheulend zusammensackte, zog Lavim so fest wie möglich das zweite Knie unter Givraks Kinn hoch. Seine Zähne knallten aufeinander, und der Kopf schnellte hoch. Lavim riß seine Hand los, schnappte sich seinen Dolch und flitzte los.
Er konnte nirgends hin.
Wo früher Wände gewesen waren, waren jetzt nur noch feuergeschwärzte Balken und Pfosten und dann der Himmel. Ein Zugbalken ragte wie ein schwarzer Finger aus der Seite des Gebäudes heraus. Darunter waren die kalten, harten Pflastersteine der Straßen von Langenberg. Lavim blieb stehen und drehte sich um. Der hinkende Drakonier mit seinen zerrissenen Flügeln kam drohend auf ihn zu. In seinen schwarzen Reptilienaugen stand Mordlust geschrieben.
Kender denken nicht oft, aber wenn sie es tun, denken sie schnell. Lavim Sprungzeh wartete gerade lange genug, bis Givrak etwas schneller geworden war, dann rannte er in den Himmel hinaus.
Stanach hatte den Elf seit dem Morgen vergeblich gesucht. Mit dem Kender war das etwas anderes. Von dem hörte Stanach überall.
Der Küfer, der Hufschmied, der Kerzenmacher, alle fluchten über ihn. Der Küfer wollte seinen kleinen Dechsel zurück. Der Hufschmied schwor, er würde Lavim Karvad ausliefern, wenn er nicht bis Mittag seinen Stempel und seine Meißel zurückhätte. Der Kerzenmacher verfluchte sein schlimmes Los, daß er die Beutezüge der Armee überlebt hatte, nur um dann zu sehen, wie seine letzten Waren von einer Kenderplage hinweggerafft wurden.
Stanach versuchte nicht, dem Mann zu erklären, daß ein einzelner Kender wohl kaum eine Plage darstellen konnte. Wortklaubereien hingen, was Kender betraf, davon ab, auf welcher Seite des Tresens man stand.
Immer noch auf der Suche nach Tyorl kreuzte der Zwerg Lavims Weg beim Fleischer, beim Gerber und beim Töpfer. Ein Junge hatte den Kender durch ein Gäßchen über die Straße in eine Taverne flitzen sehen. Dort hörte er, daß Lavim wirklich in der Taverne gewesen war, aber nur kurz. Er wurde von Drakoniersoldaten verfolgt.
Givrak! Es konnte niemand anders sein. Stanach dachte an Tyorl und das Schwert. Mit jeder Stunde nahm die Wahrscheinlichkeit ab, daß der Elf wußte, wo das Schwert war. Aber er war Stanachs einzige Spur. Wenn diese Spur sich als ergebnislos erwies, würde er bald woanders suchen und zu Pfeifer zurückkehren müssen.
Der Kender konnte bestimmt auf sich selbst aufpassen. Das konnten Kender meistens. Genau, dachte Stanach dann, aber wenn sie ihn fangen? Er wollte nicht daran denken, was mit Lavim passieren würde, wenn der Drakonier ihn erwischte.
»Verdammter Kender!« murrte er. Er beschloß, er könnte auch gleichzeitig nach Kender und dem Elf Ausschau halten.
Das nächste, was Stanach hörte, war, daß Lavim mit fliegendem weißem Zopf und höchster Geschwindigkeit auf ein ausgebranntes Lagerhaus zugerast war, immer noch verfolgt von den Drakoniern. Widerstrebend prüfte Stanach den Sitz seines Schwertes und ging zu dem Lagerhaus.
Er näherte sich dem schwarzen Skelett des Hauses von der anderen Straßenseite. Das Lachen einer Spottdrossel – oder eines Kenders – kam keckernd von oben.
Stanach sah gerade rechtzeitig hinauf, um Zeuge zu werden, wie ein Drakonier wild zappelnd aus dem offenen Obergeschoß des Lagerhauses stürzte. Die Kreatur breitete ihre nutzlosen, von einem Dolch zerfetzten Lederflügel aus und schrie. Wenn er tiefer gefallen wäre, hätte Stanach den Wind durch diese Risse pfeifen hören können. So aber hörte er nur den Aufschlag, als der Drakonier auf den Boden knallte, das kratzige Knacken der Schuppen und Knochen auf dem Pflaster. Und Lavims spöttisches Keckern.
Stanach überquerte mit gezogenem Schwert die Straße und drehte den Drakonier mit dem Fuß um. Es war Givrak.
Stanach erschauerte. Noch während er den Drakonier erkannte, wurde Givraks Leichnam zu Stein. Klopfenden Herzens wich Stanach vor dem Ding zurück. Er hatte Geschichten davon gehört, was mit den Körpern toter Drakonier passierte, hatte bisher jedoch nur die Hälfte davon geglaubt.
Lavim lehnte sich über den Rand des Gebäudes. »Stanach! Schön, dich wiederzusehen! Ist er tot? Er hat die Löcher in seinen Flügeln vergessen. Kleinigkeiten, sagte mein Vater immer, werden früher oder später sehr wichtig und – Holla! Stanach! Paß auf!«
Givraks drei Kumpane, die den Schrei ihres Hauptmanns gehört hatten, kamen gegenüber von Stanach aus der Tür gestürmt. Ohne innezuhalten, sprangen sie über ihren toten Anführer, dessen steinerne Leiche jetzt zu Staub zerfiel, und griffen den Zwerg an.
Bei einem guten Waffenschmied wie Stanach endete das Wissen über seine Waffe nicht bei ihrer Herstellung. Er war kein Krieger, hatte nicht die instinktiven Reaktionen eines Kämpfers. Aber er kannte seine Waffe von Grund auf, und eine Klinge in seiner Hand war etwas Tödliches. Dem ersten Angreifer hackte er den Schwertarm ab und ließ ihn heulend auf den Knien auf der Straße sitzen. Ihm fiel auf, daß die Wesen bei einer Verwundung nicht zu Stein wurden.
Stanach verschwendete keine Zeit damit, darüber nachzudenken. Er trieb die anderen beiden mit dem Rücken gegen das Lagerhaus, wobei sein Schwert wie ein silberner Blitz die Luft durchschnitt. Er führte die Klinge mit beiden Händen, als wäre sie eine Axt. Jede Bewegung seiner Gegner wurde von singendem Stahl abgeblockt. Da er um einige Handspannen kleiner war als seine Angreifer, stand Stanach automatisch unter ihrer Deckung und nutzte diesen Vorteil sooft wie möglich aus. Einer der Drakonier stolperte, und während er versuchte, sich zu fangen, erhob Stanach sein Schwert zum Schlag.
Als Stanach sich mit hoch erhobenem Schwert eine Blöße gab, sprang der zweite Drakonier von links heran und hätte den Zwerg sauber aufgeschlitzt, hätte ihn nicht ein faustgroßer Stein hart am ungeschützten Halsansatz getroffen und wie einen Schlachtochsen gefällt.
»Stanach! Paß auf, daß dein Schwert nicht in ihnen stecken bleibt! Der Körper wird die Klinge einschließen, bis sie zu – hinter dir! Duck dich!«
Stanach gehorchte, und eine Klinge pfiff einen Fingerbreit über seinem Kopf durch die Luft. Wieder flog ein Stein, traf jedoch daneben. Stanach kam auf die Beine und drehte sich noch rechtzeitig um, um den Stoß eines Drakonierschwerts mit seinem eigenen abzufangen. Der Drakonier zischte. Mit gefletschten Zähnen, tropfendem Maul und zuckender, roter Zunge warf er sein ganzes Gewicht auf Stanach.
Stanachs Klinge wich zurück. Ihr rasiermesserscharfer Rand war nur noch einen Fingerbreit von seinem Hals entfernt. Der Schwertgriff rutschte ihm aus der schweißnassen Hand. Sein Angreifer hatte den Vorteil der Größe auf seiner Seite und drückte Stanachs Klinge mit seiner eigenen mit voller Kraft herunter. Doch er würde erst nachgeben, wenn ihm die Muskeln von den Knochen rissen. Grimmig straffte Stanach seinen Rücken für einen letzten Stoß.
Von oben kam ein wildes Gekecker, Lavims Lachen. Wieder kam ein gezieltes, mörderisches Geschoß geflogen und traf Stanachs Gegner ins Auge.
Der nächste ging daneben. Eine scharfe Steinkante erwischte Stanach am rechten Ellbogen und betäubte seinen Arm bis zum Handgelenk. Ihm fiel das Schwert aus der nutzlosen Hand.
Während sein Herz ihm schmerzhaft bis zum Hals klopfte, warf sich Stanach herum, kniete sich aufs Pflaster und tastete nach seiner Waffe. Er war davon überzeugt, daß er den tödlichen Stahl zwischen seinen Schultern spüren würde, bevor er es erwischt hatte. In einem Atemzug verfluchte er die mangelnde Treffsicherheit des Kenders und hauchte ein Gebet zu Reorx. Im gleichen Moment rief Lavim eine hastige Entschuldigung und schmiß einen weiteren Stein von oben.
Der Drakonier geriet unter dem einsetzenden Steinhagel ins Taumeln. Lavim juchzte. »Auf ihn, Stanach! Nein! Da kommen noch mehr! Schnell fort, Stanach! Hau ab!«
Stiefel mit Stahlsohlen rannten donnernd über das Pflaster. Vier weitere Drakonier bogen am oberen Ende der Straße um die Ecke. Stanach ergriff mit der Linken das Schwert, rappelte sich auf und winkte Lavim.
»Runter mit dir, Kender!«
Das hätte Lavim gern getan, aber er wußte nicht, wie. Flügel, dachte er, Kender brauchen wirklich Flügel! Er kroch auf den Zugbalken hinaus und klammerte sich mit beiden Händen an. Dann ließ er sich lang hinunterbaumeln, warf einen Blick auf Stanach da unten und schrie: »Fang!«
Stanach konnte den Fall des Kenders nur bremsen. Sie stürzten auf einen Haufen von Armen und Beinen zusammen. Knie und Rücken prallten auf die Steine. Stanach zerrte Lavim auf die Beine, wobei er hoffte, daß die meisten Knochen des Kenders noch heil waren. Mit Lavim an der Hand, rannte Stanach schneller als je zuvor.
Tyorl stellte sich vor Kelida.
Die Augen des Soldaten verengten sich. Seine Finger schlossen sich um das Heft seines Schwerts.
»Genau«, sagte der Soldat, während seine Finger unentwegt auf das Heft klopften. »Ein süßer Abschied. Du wolltest doch nicht etwa verschwinden, Elf?«
Der Drakonier stieß ein kurzes, scharfes Lachen aus. »Ich glaube, das wollte er, Harig. Was du gesehen hast, war bestimmt der Abschiedskuß der Kleinen.«
Tyorls Hand sehnte sich nach einem Schwert. Kelida sah mit vor Angst geweiteten Augen auf. Ihr Atem ging schnell vor Furcht, und der Puls an ihrem Hals raste.
»Ich wette, sie wird den Elf schnell vergessen, wenn er tot ist, Harig. Glaubst du, du wirst mit ihm fertig?«
»Mit dem Elf?« Harig schnaubte. »Meine Klinge hat schon früher Elfenblut gekostet. Sie ist zwar dünn und alt, aber es wird schon gehen.«
Tyorl ergriff Kelidas Schulter und schob sie beiseite, während er sich Hauks Schwert schnappte. Gleichzeitig zog auch Harig sein Schwert. Die beiden Drakonier hielten sich zurück. Keiner versuchte sich einzumischen, aber ihre Augen waren rot und hungrig.
Harig fletschte grinsend seine lückenhaften, gelben Zähne. »Was meinst du, Elf? Ist sie ein bißchen Blut wert?«
Der Wind frischte auf und pfiff über den Rand des Hügels. Der verbrannte Gestank des Todes stieg aus dem Tal hoch. Am Heft von Hauks Schwert blitzten und tanzten die Saphire einen Juwelentanz zum unhörbaren Lied des Lichtes.
Tyorl nahm eine lockere Haltung ein und hob sein Schwert, als wäre er nicht der Verteidiger, sondern der Angreifer. »All euer Blut«, sagte er mit einer so kalten, leisen Stimme, wie sie nur Elfen haben, »würde nicht einmal einen Teil ihres Wertes ausmachen.«
Tyorl sah in Harigs verhangenen, braunen Augen, daß er zuschlagen wollte. Hauks Schwert fuhr hoch und stieß fest zu. Beide Soldaten heulten auf, und Kelida schrie. Harig war tot, bevor er auch nur zucken konnte.
Tyorl reagierte schnell. Er griff nach Kelidas Handgelenk und zog sie zu sich hin. Wieder hob er herausfordernd die Klinge, diesmal in Richtung auf die beiden übrigen Wachen. »Ihr könnt genauso sterben, wenn ihr wollt.«
Mit gezogenen Schwertern nahmen ihn die Soldaten in die Mitte. Sie zischten, was Tyorl an Schlangen erinnerte, die zuschlagen wollten. Als sie auf ihn eindrangen, betete er zu lange vernachlässigten Göttern, daß sein Prahlen Wirklichkeit würde.
Stanach und Lavim kamen gut voran. Die verfolgenden Drakonier allerdings auch. Der Kender hatte seinen Kopf nach unten gebeugt, und seine kleinen Beine rannten aus Leibeskräften. Drei Lederbeutel und zwei Stoffsäckchen an seinem Gürtel hüpften wild auf und ab, während er lief. Jetzt keuchte Lavim wie ein alter Blasebalg und verschwendete keine Luft mehr zum Lachen, auch wenn Stanach immer noch Gelächter in seinen leuchtenden, grünen Augen sah. Lavim rannte aus reiner Freude über das wütende Fluchen der Drakonier.
Als einer ihrer Verfolger in einer schlammigen Pfütze ausrutschte und zwei der anderen über ihn fielen und entsetzliche Flüche über die Straße schrien, wurde Lavim langsamer. Er wollte sehen, wie sie zappelten und sich aufrappelten. Stanach ergriff den Arm des Kenders und zerrte Lavim geduckt hinter sich her in eine Seitengasse. Lavim sprang über zerbrochene Fässer, die nach saurem Wein stanken. Stanach konnte das nicht und kam erst aus dem Matsch hoch, als die Drakonier brüllend in die Gasse stürmten. Stanach rannte.
Sein Herz pochte in seiner Brust. Seine Beine wurden schwer wie Blei, und das Stechen in seiner Seite drohte ihn bei jedem Schritt umzuwerfen.
Als sie sich der letzten Kehre näherten, bevor die Straße aus der Stadt führte, um ihren steilen Abstieg ins Tal zu beginnen, schrie eine Frau entsetzt und schrill auf. Weder der Zwerg noch der Kender konnten bremsen, selbst wenn sie gewollt hätten. Sie waren an der Biegung, bevor die Echos des Schreis im Tal verklungen waren. Lavim hielt Stanach am Arm fest, brachte ihn zum Stehen und zeigte geradeaus.
Stanach fluchte. Der Elf, den er den ganzen Morgen gesucht hatte, kämpfte gegen zwei Soldaten der Drachenarmee um sein Leben. Von seiner rechten Schulter und vom Gesicht lief Blut. Auf der Straße klaubte das Mädchen aus der Taverne Steine auf. Alles was sie fand, warf sie auf die Drakonier. Obwohl sie gut zielte, waren ihre Geschosse dem Elf keine Hilfe, weil sie harmlos von der Rüstung ihrer Gegner abprallten. Was machte sie überhaupt bei dem Elf?
Mit dem Rücken zum felsigen Rand des Grats schwang der Elf beidhändig und recht gekonnt sein Schwert. Aber Lavim wußte, daß Können nicht gegen Überzahl und einen Klippenrand half. Der Elf konnte sich unmöglich gegen die beiden Drakonier behaupten. Wenn er nicht danebentreten und über den Rand stürzen würde, würde ihn eine Drakonierklinge töten.
In der Überzeugung, daß jeder, der gegen Drakonier kämpfte, nur ein Freund sein konnte, stieß Lavim einen begeisterten Schlachtruf aus und warf sich im Hechtsprung auf einen der Angreifer des bedrängten Elfen. Soldat und Kender fielen zu Boden.
Stanach ging vorsichtiger und überlegter vor. Im Gegensatz zu Lavim hatte er seine Verfolger nicht vergessen. Jeden Moment würden vier weitere Drakonier um die Ecke biegen. Ein Kender, ein Mädchen, ein blutender Elf und ein ausgelaugter Zwerg würden kaum etwas gegen sechs von Karvads Leuten ausrichten können. Zwei tote Drakonier hingegen, die auf der Straße zu Staub zerfielen, würden die anderen vier vielleicht lange genug aufhalten, um ihnen eine gewisse Chance zur Flucht zu geben.
In diesem Moment wünschte sich Stanach nichts sehnlicher, als weit weg von Langenberg zu sein. Er duckte sich unter dem Arm des Drakoniers durch und stieß tödlich nach oben zu. Er zog sein Schwert genau in dem Moment zurück, als der Elf auf die Knie sank und seine Klinge klirrend auf den Boden fiel.
Stanach wollte ihm das Schwert zurückgeben, doch der Elf war schneller. Da erst sah er es, und für einen langen Augenblick verschlug es ihm den Atem.
Feuriges Licht zog sich durch das Blut auf dem Stahl.
Großer Reorx, dachte er benommen. Das ist es! Sturmklinge!
Dann war Tyorl aufgesprungen und Sturmklinge fort, hoch erhoben in der Hand des Elfen und außer Reichweite von Stanach.
Auf der Straße hatte Lavim dem Madchen einen Stein aus der Hand gerissen und damit fest auf den Schädel seines Gegners geschlagen. Knochen knackten, der Soldat schrie, und Lavim schlug sicherheitshalber noch einmal zu.
Der Elf war außer Atem. Stanach sah ihn zweifelnd an. Er blutete aus einer Schulterwunde, seine Augen waren trübe, fast leer. Wenn du hier stirbst, dachte Stanach kalt, dann habe ich, wonach ich gesucht habe, Freund, und ich werde dir dafür dankbar sein. Oh, ich werde dir wahrlich dankbar sein!
Der Elf fiel nicht. Er hob das Kinn, wischte sich das Blut vom Gesicht und sah Stanach mit großer Willensanstrengung direkt an: »Ich bin in Ordnung.«
Stanach schnaubte. »Aber kannst du auch laufen?« Der Elf zuckte kaum. »Laufen? Wenn ich muß.« Stanach zeigte zurück zur Stadt. Wie befürchtet, kamen die vier Drakonier um die Ecke. »Du mußt«, sagte er finster. Genau, dachte er, du mußt. Du und Sturmklinge, ihr müßt mit mir laufen, mein Freund. Sie rannten los.