43

»Rhapsody, durch das Wasser scheint immer Sternenlicht. Kein Grund zur Sorge.«

Zweifelnd blickte Rhapsody ihn an. Sie hielt das Schwert über den See von Elysian und sah zu, wie das flackernde Licht auf der Wasseroberfläche glitzerte und helle Schatten auf den Grund warf.

»Was ist, wenn ich es auslösche? Oelendra wird mich persönlich dafür umbringen.«

Ashe lachte und küsste sie auf den Kopf. »Na gut, wenn du dir so viel Gedanken machst, dann ist es vielleicht besser, wir tun es nicht.«

Rhapsody spähte ins Wasser. Nicht weit vom Ufer konnte sie unter der Oberfläche die schimmernden Stalagmiten erkennen, die vom Grund des Sees emporwuchsen und funkelten, wenn das Feuer der Tagessternfanfare sie berührte. Sie glitzerten in sanften Grün und Blauschattierungen; wahrscheinlich stammten sie aus der Zeit, bevor die Höhle sich mit Wasser gefüllt hatte. Das Bild eines ganzen Feldes voller spitzer Gebilde hatte ihre Träume in der Nacht heimgesucht; daher war sie schon den ganzen Morgen am Seeufer entlanggewandert und hatte versucht, die Tiefen in der Dunkelheit der unterirdischen Grotte zu erforschen.

Es war Ashes Vorschlag gewesen, das Schwert mit ins Wasser zu nehmen. Über ihre entsetzte Reaktion war er in lautes Gelächter ausgebrochen, doch sie wurde von der entsetzlichen Vorstellung geplagt, das Feuer des Schwerts würde womöglich für immer ausgelöscht, wenn es mit dem Wasser in Berührung käme. Er hatte ihr die Härtungsprozesse der Waffen zu erklären versucht, das unauslöschliche Licht, das in die Waffe eingearbeitet worden war, aber er merkte, dass sie trotzdem noch unsicher war, und zog sie in seine Arme.

»Aria, du wirst das Schwert nicht zerstören, das verspreche ich dir. Aber wenn du dir immer noch Sorgen machst, dann versuchen wir etwas anderes. Es gibt noch eine ganze Reihe von interessanten Stellen hier unten, die wir erforschen können.«

Jetzt lächelte Rhapsody. Sie liebte es, mit ihm die verborgenen Schätze von Elysian zu erkunden. Sie waren durch Höhlen voller purpurroter Kristallformationen gekrochen, deren Wände durch das Licht der Tagesternfanfare in fiebrigem Glanz erstrahlten, sodass es aussah, als wäre man in einem facettenreichen Edelstein gefangen.

Gemeinsam hatten sie die versteckte Quelle des Bachs gesucht, der den Wasserfall bildete, und waren ihm gefolgt, wie er durchs Felsgestein sprudelte. Sie waren in den Bach gestiegen und in ihm geschwommen, bis sie über den Rand in den See hinuntergeplumpst waren. Und sie hatten eine kleine unterirdische Wiese gefunden, umgeben von Felsmauern, die um die tausend Fuß hoch in den offenen Himmel aufragten, wie eine unterirdische Version der Wächterfelsen von Kraldurge. Ein wunderbarer Ort für ein Picknick im Sonnenschein oder bei Nacht, um die Sterne zu beobachten. Und um sich zu lieben.

»Nein«, sagte sie entschlossen. »Ich möchte diese Stelle sehen, und wenn du sicher bist, dass es dem Schwert nicht schadet, dann vertraue ich dir.« Vorsichtig berührte sie das Wasser mit der Schwertspitze. Unter der Wasseroberfläche veränderte sich das Licht; statt der flackernden Flammen, die gewöhnlich an der Klinge emporzüngelten, ging ein strahlendes Glühen von der Tagessternfanfare aus. Aber Ashe behielt Recht: Das Feuer machte keinerlei Anstalten zu verlöschen.

Vor Aufregung glühte Rhapsody schon selbst. »Komm«, drängte sie, »zieh dich aus.«

Sie legten ihre Oberbekleidung ab und stiegen ins Wasser, das sehr kalt war, bis Rhapsody ihr Feuerwissen einsetzte. Sofort stieg die Temperatur an, und der See heizte sich auf wie unter der Sommersonne, hätte diese ihn direkt erreichen können.

»Hier«, meinte Ashe, »lass uns die Schwerter tauschen. Mit Kirsdarke kannst du unter Wasser Luft holen, denn es ist ein Wasserschwert. Ich kann auch ohne seine Hilfe atmen. Natürlich nur, wenn du möchtest.« Er kannte ihr natürliches Widerstreben, ihr Schwert aus der Hand zu geben, hatte aber in diesem Augenblick nicht daran gedacht.

Offensichtlich hatte Rhapsody ihm gegenüber jedoch keine Schwierigkeiten mehr damit, denn sie reichte ihm fröhlich die Tagessternfanfare und nahm dafür das mit blauen Schnörkeln verzierte Kirsdarke, das er ihr hinhielt. Sobald sie die Waffe anfasste, veränderte sie sich; die schimmernden Wellen, die sonst über seine Oberfläche spielten, liefen rasch vom Heft die Klinge hinunter und verschwanden, als wären sie aus dem Schwert getropft. Das blasse Licht, das aus den Verzierungen drang, erlosch ebenfalls, und auf einmal wurde das gesamte Schwert massiver. Die Waffe, die sie nun in der Hand hielt, war wunderschön, die silberne Klinge mit komplizierten türkisfarbenen Mustern geschmückt, aber sie sah nicht mehr aus wie in Ashes Hand, wo sie aus in der Luft hängendem Wasser gemacht zu sein schien.

»Ich habe es zerstört!«, flüsterte sie nervös.

»0 nein!« Ashe schnappte in gespieltem Schrecken nach Luft, lachte dann aber herzlich über ihre ängstlich aufgerissenen Augen. »Ich nehme dich doch nur auf den Arm, Aria es ist alles in Ordnung. So sieht das Schwert aus, wenn es in anderen Händen als denen des Kirsdarkenvar ruht.«

Rhapsody fuhr mit den Fingern vorsichtig über die jetzt feste Klinge. »Bist du sicher, dass ich es nicht beschädigt habe?«

»Ja, ich bin sicher. Es ist vollkommen intakt. Siehst du, dein Schwert reagiert auf mich auch nicht so wie auf dich.«

Er hatte Recht. Auch die Tagesternfanfare ähnelte jetzt einem ganz gewöhnlichen Schwert, zwar glänzend vom Sternenlicht, mit dem es getränkt worden war, aber an der Klinge waren keine Flammen mehr zu sehen. Rhapsody runzelte die Stirn.

»Wie seltsam«, murmelte sie. »Sowohl Achmed als auch Grunthor haben es gehalten, aber das Feuer ist nicht erloschen wie bei dir.«

Ashes Augen blickten traurig, als er antwortete: »Das Stück meiner Seele, das der F’dor mir ausgerissen hat, war mit dem Feuer verbunden, Rhapsody. Deshalb verfügte meine Seele nicht mehr über dieses Element, bis du in mein Leben tratest.« Lächelnd legte er den Arm um sie und zog sie an sich. »Das Schwert spürt das und reagiert deshalb nicht auf mich. Das einzige Feuer in meinem Herzen ist das, welches ich in den Armen halte.«

Rhapsody küsste ihn. »Aber nicht für lange.«

Unwillkürlich zuckte Ashe zusammen. Wenn Rhapsody auf ihren Plan anspielte, den Rakshas zu finden und zu zerstören und dabei das verlorene Stück seiner Seele zurückzuerobern, wurde ihm jedes Mal flau im Magen. Deshalb verdrängte er den Gedanken und konzentrierte sich lieber ganz auf seine goldhaarige Geliebte und die Welt, die sie miteinander erforschen wollten.

»Wenn du fertig bist, können wir loslegen. Aber denk immer daran: Was du auch tust, schwimm nicht zu schnell zur Oberfläche hinauf, sonst kannst du dich ernsthaft verletzen.«

»Verstanden.« Wieder küsste sie ihn und senkte Kirsdarke dann behutsam ins Wasser. Unter der Oberfläche verschwand die Wasserklinge, sodass nichts von ihr sichtbar blieb bis auf das Heft in Rhapsodys Hand. Mit einem zufriedenen Lächeln dachte Ashe daran, wie groß das Vertrauen zwischen ihnen geworden war, denn sonst hätte sie ihr Schwert nicht so ohne weiteres mit ihm getauscht. Langsam glitt er ins Wasser. Rhapsody sah das Licht der Tagessternfanfare in seiner Hand unter Wasser leuchten.

Sie holte tief Atem und sammelte sich, ehe sie ihm folgte. Sobald sie unter die Oberfläche getaucht war, erkannte sie das Paradox in der unendlichen Stille herrschte ein fast ohrenbetäubender Lärm. Das Wasser war erfüllt von subtilen Lauten, doch ein Rauschen, das einem starken Wind ähnelte, übertönte fast alles andere. Für ihre Ohren waren es fremde Klänge, aber sie waren dennoch sehr schön. Einen Moment schloss sie die Augen und versuchte, den Ursprung des Rauschens auszumachen: Es kam von dem großen Wasserfall, der von den Felsen in den See stürzte.

Eine Weile trieb Rhapsody im Wasser, die Augen noch immer geschlossen, und nahm die Geräusche der Unterwasserwelt in sich auf. Doch plötzlich hörte sie einen sonderbaren, gedämpften Ton, wie von einer Glocke. Sie öffnete die Augen und sah vor sich eine in sonderbares Licht und unglaubliche Schönheit getauchte Welt, in der bestimmte Farben zu fehlen schienen.

Das Geräusch, das sie gehört hatte, war Ashes Lachen, und als sie sich zu ihm umwandte, staunte sie. Er schwamm frei im Wasser, hoch über ihr, im Kristalllicht der Tagessternfanfare. Sein rotgoldenes Haar wallte um seinen Kopf, langsam und metallisch, das Strahlen des Schwerts reflektierend. Seine Haut war ebenso blass wie die ihre, und sein Lächeln ließ seine Zähne schimmern wie Perlen. Doch am sonderbarsten waren seine Augen, denn hier in seinem Element leuchteten sie wie Saphire, ganz seiner natürlichen Umgebung angepasst. Im Wasser schwebend, fast als flöge er, hielt er die glühende Sternklinge in der Hand und wirkte mehr wie ein Engel denn wie ein Mann. Rhapsodys Herz wurde von der heftigen Empfindung überschwemmt, die sie jedes Mal überwältigte, wenn sie ihre Liebe zu ihm wachsen fühlte, und ihr stockte der Atem.

Sofort überkam sie Panik, und sie fürchtete, Wasser in der Lunge zu haben. Sie fühlte den heftigen Drang, so schnell wie möglich zur Oberfläche aufzusteigen, wieder in die Welt der Luft zurückzukehren, aber sie widerstand, zwang die Furcht nieder und machte den nächsten Atemzug. Ruhe kehrte ein, als sie merkte, dass sie problemlos atmen konnte, und die Panik wich der Aufregung über das Wunder der neuen Welt, die sich um sie herum ausbreitete. Als Ashe ihre Angst bemerkte, verschwand sein Lächeln, und er war sofort neben ihr; sie nickte ihm zu, um ihn zu beruhigen. Dann machte er eine Handbewegung hinunter in die Tiefe. Zusammen schwammen die zur Mitte des Sees, dem Lichtstrahl folgend, den das Schwert warf. Etwa zwanzig Fuß vom Ufer entfernt stiegen die Stalagmiten-Formationen, die Rhapsody gesehen hatte, vom abschüssigen Grund des Sees auf und glänzten zart im reflektierten Licht. Sie waren kristallklar und glatt, anders als ihre spitzen Gegenstücke über der Oberfläche, und schillerten in sanften Schattierungen von Rosa, Grün und Blau und immer mehr Violett, je tiefer sie kamen.

Die ersten Stalagmiten, an denen sie vorübergeschwebt waren, waren höchstens schulterhoch. In der Tiefe aber waren sie gewaltiger; manche ragten höher auf als Rhapsodys Hütte. Wenn das Licht der Tagessternfanfare diese Formationen berührte, wurden sie von einem magischen Zauber umwoben und zeigten eine sanfte, glitzernde Schönheit, die von der Dunkelheit rund um den Lichtstrahl noch gesteigert wurde. Als das Schwert über ihnen schwebte, leuchteten sie auf, dann glitten sie zurück in die Tintenschwärze der Tiefe. Ashe hatte Recht behalten; mit Kirsdarke in der Hand konnte Rhapsody im Wasser mühelos atmen. Sie folgte ihm noch tiefer hinab. In diesem Teil des Sees wirkten die Formationen wie Spitzen und nicht so robust wie am Rand des Feldes. Die vielfarbigen Felsen wurden dünn und zierlich, mit zerbrechlich wirkenden Auswüchsen, die wie gespenstische Arme in die Dunkelheit ragten. An manchen Stellen bogen sich die zarten Strukturen unter der Last des Wassers und ähnelten Kuppeln und Bögen, und so erinnerte das Stalagmiten-Feld an eine Stadt aus Zuckerguss und Zuckerwatte, ein prachtvolles Reich für die dunklen Fische, die zwischen den Felsen umherschwammen und blitzschnell davonsausten, wenn das Licht sie streifte.

Als sie eine große Fläche mit grünen und azurblauen Felsadern durchschwammen, fiel Rhapsody ein silbernes Glitzern ins Auge. Sie gab Ashe ein Zeichen, der nickte und sogleich hinabtauchte, um es vom Grund des Sees zu bergen. Sie folgte ihm hinein in eine riesige Unterwasserbasilika, erschaffen aus Wassertropfen und Zeit, und blickte sich voller Staunen um Die oberen Bereiche ragten weit in den See hinauf und entsprachen in ihren Ausmaßen einer echten Basilika. Rhapsody stockte der Atem; ergriffen betrachtete sie das verborgene Reich, ein Unterwasserland so tief unter der Oberfläche des Sees. Dass eine solch überwältigende Schönheit unbemerkt und unerkannt existierte, erschien ihr wahrhaft beklagenswert. Ihre Grübelei wurde unterbrochen, als ein starker Arm sich um sie legte. Sie wandte sich um und sah Ashe über sich schweben, das wallende Haar im Lichtkreis schimmernd. Er blickte hinauf in die Formationen über ihnen und nickte, als sie lächelte. Dann beugte er sich zu ihr und küsste sie, wobei er das Schwert so weit wie möglich von sich weg hielt. Schließlich deutete er zur Oberfläche hinauf. Zögernd nickte Rhapsody und schwamm hinter ihm her, langsam zur Luft hinauf, der Strömung des Wassers folgend, das nun flacher wurde. Sie waren nicht einmal in die Nähe der tiefsten Stelle des Sees gekommen, und Rhapsody konnte sich nur ausmalen, welche Schätze sich dort in der ewigen Nacht verstecken mochten.

Als sie ihre Kleider am Ufer aufsammelten, sah Rhapsody Ashe an und lächelte. »Was hast du dort unten gefunden?«, fragte sie und deutete auf den metallischen Gegenstand in seiner Hand. Er hielt ihn ihr entgegen, damit sie ihn betrachten konnte. Rhapsody schnappte nach Luft und fing dann an zu lachen. Es war der Pflanzenheber, mit dem sie in der Wiese gegraben hatte, als sie und Achmed Elysian entdeckt hatten fast unkenntlich geworden unter einer Schicht perlmutten glänzender Felsablagerungen. »Hast du dies schon einmal gesehen?«

»Ja«, antwortete Rhapsody, während sie den Sand aus ihren Sachen schüttelte. »Es ist der Grund dafür, warum wir diesen Ort überhaupt entdeckt haben. Ich habe die wilden Stiefmütterchen in der Wiese über uns gepflanzt, um die Traurigkeit zu vertreiben, die dort in der Luft hing, und da war mein Pflanzenheber auf einmal wie vom Erdboden verschluckt. Ich hätte fast schwören können, ein Glucksen gehört zu haben. Er muss durch eine der Öffnungen gerutscht sein, durch die das Licht hereinfällt.«

»Das ist was fürs Museum«, bemerkte Ashe. Er sah Rhapsody an, die sich gerade in eins der Handtücher hüllte, die sie am Seeufer zurückgelassen hatten. Ihre nassen Haare glänzten im Dämmerlicht, sodass sie aussah wie eine Seenymphe. Sie lächelte, und er nahm sie in die Arme.

»Soll ich dir noch etwas aus den Landkarten vorlesen, die wir angeschaut haben?«

Rhapsody seufzte. »Nein, ich denke, wir machen uns lieber ans Abendessen. Ich hatte gehofft, heute noch einmal in den Kessel gehen und den Abend mit Jo verbringen zu können. In letzter Zeit kommt sie mir so traurig vor, und ich habe sie schon seit langem nicht allein gesehen. Wäre das in Ordnung für dich?«

Nein. Bleib. Du gehörst mir, flüsterte der Drache. Mein Schatz. Ich teile dich mit niemandem.

»Ja, das ist in Ordnung«, sagte er und verbannte die dringliche innere Stimme. »Ich begleite dich. Willst du dort auch übernachten?«

»Ich möchte es gern darauf ankommen lassen«, antwortete Rhapsody, während sie sich die Haare trocken rieb. »Wenn alles gut geht, bleibe ich. Vielleicht können Jo und ich wieder dort anfangen, wo wir aufgehört haben, bevor ...«

»Bevor ich auf der Bildfläche erschien und alles verpatzt habe.«

Wütend starrte sie ihn an. »Lass mich gefälligst ausreden, wenn du nicht weißt, was ich sagen will. Das traf es nämlich nicht. Bevor die Dinge sich verändert haben. Jo ist ein großes Mädchen. Ich habe ihr erzählt, was du mir unterwegs über den Altersunterschied zwischen euch und eure unterschiedliche Lebenserwartung gesagt hast, bevor ich dich hierher gerufen habe. Das schien ihr einzuleuchten. Wenn überhaupt jemand etwas verpatzt hat, dann war ich es mit meinem Egoismus, dass ich ihr nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt habe. Mir ist es so schwer gefallen, Elysian und dich zu verlassen und in den Kessel zurückzukehren.«

Unwillkürlich schauderte sie.

»Ich finde nicht, dass es immer ein Zeichen von Egoismus ist, glücklich zu sein, Rhapsody. Du hast in deinem Leben viele schreckliche Zeiten durchgestanden. Vielleicht ist es endlich an der Zeit, dass die Dinge besser für dich werden.«

Sie grinste und reckte sich, um ihn zu küssen. »Komisch, ich glaube, vor ein paar Tagen habe ich dir denselben Vortrag gehalten.«

»Nun, ich bin mir nicht zu schade, anderer Leute Worte nachzuplappern, wenn ich damit mein Ziel erreiche.« Wieder küsste er sie und versuchte, die Sehnsucht in seinen Augen zu verbergen, während sie sich umdrehte und zum Haus zurückeilte. »Ich komme gleich nach!«, rief er.

Rhapsody wandte sich noch einmal um und lächelte ihm zu. »Ich warte oben auf dich. Es ist Sommer, da kann man das Abendessen ruhig mal ein bisschen hinauszögern.« Verspielt schwenkte sie ihr Handtuch, ging ins Haus und ließ hinter sich die Tür für ihn offen. Ashe seufzte und spürte die Wärme in sich aufsteigen, die er immer fühlte, wenn Rhapsody lächelte. Dann holte er tief Atem, versuchte, sich an die Schmerzen zu erinnern, die er so lange Jahre ertragen hatte, und merkte, dass er es nicht konnte. Sie hatte die Qual vertrieben und seine Seele mit einer süßen Fröhlichkeit erfüllt, die beinahe greifbar war. Wenn es doch nur so bleiben könnte.

Am Rande seiner Wahrnehmung bemerkte der Drache etwas Silbernes, das im dunstigen Nachmittagslicht schimmerte. Ashe ging zum Wasser und blickte hinunter. Dort am Strand zwischen Fels und Sand lag der kleine silberne Gegenstand, den er an jenem Morgen in den See geschleudert hatte, als er sich endgültig von Emily verabschiedet hatte. Er bückte sich, um ihn aufzuheben.

Er glänzte noch immer, unbeschädigt, funkelnd in seiner Hand. Zum ersten Mal traten Ashe bei seinem Anblick nicht die Tränen in die Augen, und er fühlte keinen Schmerz im Herzen. Jetzt war Emily eine glückliche Erinnerung, etwas, was er hinter sich gelassen hatte. Er konnte sie in seinem Herzen bewahren, wohl behütet in seiner Erinnerung. Er war glücklich und wusste, dass sie es so gewollt hätte.

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