XVI

Ken hielt auf halbem Weg in seinem Panzer inne und schwenkte anklagend die Tentakel.

»Warum haben Sie mich angeheuert, wenn Sie annehmen, ich wüßte nicht, wovon ich spreche?« fragte er. »Ich werde versuchen, ganz schnell Pflanzen für Sie zu ziehen. Unser Behälter ist leider nur so klein, und unten auf dem Planeten gibt es Pflanzen, die würden gar nicht ins Raumschiff passen, so groß sind sie, ob Sie es glauben oder nicht. Ich weiß ebensowenig wie Sie, wie Tafak aussieht, als Pflanze meine ich. Ich bin nicht mal so sicher wie Sie, daß es eine Pflanze ist. Schlagen Sie sich bloß die Idee aus dem Kopf, ich würde Pflanzen in den Behälter pferchen, bis sie keine Atemluft mehr haben. Üben Sie sich in Geduld. Es dauerte zweitausend Jahre, bis Sarr erforscht war, und dort war das Erforschen verdammt viel einfacher als auf Planet Drei!« Er fuhr fort, sich in seinen Metallpanzer hineinzuzwängen.

»Ken, Sie werden tun, was man Ihnen sagt. Mir ist es einerlei, wie Sie das schaffen, das sagte ich schon. Wenn wir aber nicht in absehbarer Zeit Tafak anpflanzen können, dann wird das jemandem sehr leid tun.«

Kens Antwort war gedämpft zu hören, da nur mehr sein Kopf aus dem Anzug, hervorragte. »Das bleibt Ihnen überlassen. Ich kann Sie nicht daran hindern. Aber wenn Sie mir freie Hand lassen, dann wird alles schneller gehen. So überlegen Sie doch… wer kennt diesen Planeten?« Die Pause, die er machte, war rein rhetorisch. »Die Eingeborenen natürlich. Die kennen nicht bloß den Planeten, die wissen vermutlich auch, woher der Tafak kommt, da sie Ihnen das Zeug ja verkaufen. Sie werden mich kaum davon überzeugen können, daß es eine bessere Möglichkeit gibt, etwas zu erfahren, als von den Eingeborenen.«

»Das Erlernen einer Sprache dauert so lange!«

»Stimmt. Es dauert auch lange, fünfhundert Millionen Quadratkilometer zu erforschen, selbst wenn man die drei Viertel wegrechnet, die Ebene zu sein scheinen, was man eigentlich nicht tun dürfte. Diese Eingeborenen stehen mit den Flachländern vielleicht auf so gutem Fuß, daß sie den Tafak auf Handelsweg von ihnen bekommen. Was halten Sie davon? Soviel ich weiß, hatten Sie schon vor Jahren die Erforschung des Flachlandes als zu verlustreich abgeschrieben. Wie viele waren es, neunzehn von zwanzig Torpedos verloren oder zwanzig von zwanzig? Auf jeden Fall ein peinlicher Prozentsatz.«

»Angenommen, die wollen nicht, daß wir erfahren, wo das Zeug herkommt. Vielleicht fürchten die, wir könnten es uns selbst verschaffen, anstatt es von ihnen gegen Bezahlung zu beziehen.«

»Da hätten sie nicht weit danebengetippt. Ja, sicher, vielleicht argwöhnen sie genau das. Ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, daß ein gewisses Ausmaß an Takt angebracht ist. Falls Sie der Meinung sind, ich könnte es nicht aufbringen, dann machen Sie alles selbst… das sagte ich schon. Wir haben noch Panzer dabei. Ich möchte auf jeden Fall runter, um mich dort umzusehen, aber Sie können ja mitkommen… das Torpedo kann Sie und mich und den Behälter befördern.«

»Ich bin vielleicht kein Genie, aber ich bin auch nicht völlig auf den Kopf gefallen. Ich werde sozusagen stellvertretend da sein. Und wenn mir Ihr Takt nicht zusagt, dann brauchen Sie erst gar nicht zurückzukommen.«

»Sie geben den Anzug auf? Ich dachte, der wäre teuer gewesen«, sagte Ken zuckersüß und zog den massiven Helm mit einem Scheppern zu.

Feth, der alles mitangehört hatte, rückte den Helm noch einmal richtig zurecht. Er selbst hatte seit Jahren nicht mehr so mit Drai gesprochen und wurde noch von unangenehmen Erinnerungen an jenes letzte Mal verfolgt. Deswegen machte er sich Sorgen. Natürlich durchschaute er, was hinter Kens Haltung steckte. Ken wollte Drai so weit verärgern, daß dieser nur in einem Punkt Verdacht schöpfte. Und dieser eine Punkt war genau das, was Ken anstrebte. Feth mußte sich eingestehen, daß dieser Teil des Gesprächs sehr geschickt geführt worden war. Dennoch war er nicht sicher, ob ihm Laj Drais Miene gefiel, als dieser sich in Hörweite der Funkanlage bequem zurechtrekelte.

Er wurde aus seinen Überlegungen gerissen, als Ken von der Luftschleuse hereinrief und meldete, daß er am Torpedo festhing.

»Ich möchte hier mit meiner eigenen Steuerung raus und mich ein bißchen bewegen, weil ich hier in der Nähe des Schiffes gut beurteilen kann, ob es klappt. Hier habe ich gerade genug Trägheit und noch kein Gewicht.«

»Hört sich vernünftig an«, stimmte Feth ihm zu. Er nahm die Tentakel vom Instrumentenbrett. Ein Auge blieb auf die Instrumente gerichtet, während das andere nach der nächsten Sichtscheibe blickte. In wenigen Sekunden kam der zigarrenförmige Metallkörper in Sicht, zuerst in die eine, dann in die andere Richtung schnellend. Die ungeschlachte Gestalt Kens hing von einem Punkt nahe am Bug, der Vivarien-Behälter ein Stück weiter hinten. Auch das Vivarium war viel zu groß für die Frachtkammer. Ken hatte offenbar keine Schwierigkeiten, mit der provisorisch wirkenden Anlage zurechtzukommen. Plötzlich gab Ken das Zeichen dafür, daß er flugbereit wäre.

»Alles klar«, sagte Feth. »Bin wieder dran. Geben Sie bloß acht, daß Ihre Steuerung auf Null steht. Die beiden Systeme sind nicht querverbunden, und die Impulse summieren sich algebraisch. Übrigens… es ist alles in der Frachtkammer untergebracht.« Das zweite Torpedo mit den ersten Proben war von seinem einsamen Landeplatz auf Merkur erlöst worden, und Laj Drai wußte davon. Feth hoffte daher, er hätte die leichte Betonung des Wörtchens ›alles‹ überhört. Der Techniker hatte das zusätzliche Funkgerät zusammen mit den anderen Dingen in die Frachtkammer getan, im allerletzten Moment, so daß er keine Zeit mehr gehabt hatte, Ken Bescheid zu sagen. Er hoffte bloß, Ken würde damit richtig umgehen können.

Ken allerdings hatte keine Ahnung, was Feth da angedeutet hatte. Er wappnete sich schon für den Abstieg, der seinen Nerven beim letzten Mal so zu schaffen gemacht hatte. Diesmal gelang es ihm besser, mit ihnen fertigzuwerden, da er in Gedanken meist bei den Problemen war, die ihm nach der Landung bevorstehen würden. Es waren ihrer nicht wenige.

Er fand mühelos den Schauplatz der Zusammenkunft, obwohl Feth es nicht gelang, ihn direkt darüber hinunterzulassen. Er sah, daß es noch sehr früh war. Die Sonne war kaum aufgegangen. Um so besser. Zur Sicherheit gab er an Feth durch, daß er gelandet war und nun selbst die Steuerung übernähme. Dann machte er sich an die Arbeit.

Als erstes lenkte er das Torpedo bergab bis an den Rand eines ausgedehnten Flecks mit Pflanzenbewuchs. Ehe er sich in die Arbeit stürzte, vergewisserte er sich, daß dieser Fleck isoliert war. Die Reaktion der Pflanzen auf heißes Metall hatte ihn ungemein beeindruckt, dazu kam sein Übermaß an Phantasie. Er steuerte das Torpedo so tief herunter, bis das Vivarium auf dem Boden auftraf. Jetzt löste er den Behälter aus den Halterungen. Der Doppeldeckel ging leicht auf, da Feth nämlich die mögliche Wirkung niedriger Temperaturen auf die Metallscharniere berücksichtigt hatte. Ken konnte sich an die Arbeit machen.

Die Erdproben wurden aus der Frachtkammer ins Vivarium umgelagert, alles zusammen auf eine Seite. Unter Zuhilfenahme eines Metallstabes, den er zu diesem Zweck mitgebracht hatte, ebnete Ken die dunkle Masse zu einer etwa sieben Zentimeter hohen Schicht ein, die etwa dreißig Zentimeter des Behälters der Länge nach ausfüllte. Dann benutzte er den Stab als provisorische Schaufel. Winziges Strauchwerk, Moosteile und andere Gewächse wurden aus dem Boden gelöst, wobei Ken es sorgfältig vermied, seinen Panzer mit ihnen in Berührung zu bringen. Den Metallstab legte er häufig weg, damit er abkühlte.

Er untersuchte die verschiedenen Wurzelsysteme und grub eine zusätzliche Ladung Erde an jeder Stelle aus, wo er eine Pflanze entnommen hatte, damit die Erdschicht im Vivarium ausreichend tief ausfiel. Der Reihe nach verpflanzte er die Proben in den Behälter, viel dichter, als es einem irdischen Gärtner genehm gewesen wäre, aber immerhin pflanzte er sie fest ins Erdreich ein, so daß sie aufrecht dastanden. Ein oder zweimal warf er sehnsüchtige Blicke zu den größeren Sträuchern hin, gab aber den Gedanken auf. Die waren zu groß, und nach einer kurzen Untersuchung merkte er auch, daß die Wurzeln zu lang waren.

Er hatte ein Drittel der Vivarienfläche vollgepflanzt, als die Wings eintrafen. Roger und Edie waren den anderen ziemlich voraus. Die zwei Jüngsten wären ihnen wahrscheinlich knapp auf den Fersen gewesen, wenn sie nicht schon einen so langen Marsch hinter sich gehabt hätten. So aber waren sie bereits müde und kamen zugleich mit ihren Eltern an.

Ken beobachtete nun, wie die restlichen Familienmitglieder näher kamen. Die Größe von Mr. und Mrs. Wing erstaunte ihn ein wenig. Die Individuen, die er zuerst gesehen hatte, waren vermutlich Kinder. Die Erwachsenen waren viel imposanter, wenn man sich allein von der Körpergröße beeindrucken ließ. Ken vermutete, daß sie den Sarrianer im Durchschnitt um ein Viertel Körpergewicht übertrafen, vorausgesetzt, es war ihr Körper, der diese seltsamen Kleidungsstücke füllte, und vorausgesetzt, sie hatten Fleisch von vergleichbarer Dichte. Die älteren Eingeborenen traten viel bestimmter auf, viel würdiger und ernster. Den unreifen Exemplaren hatte es an diesen Eigenschaften gemangelt. Es war das erste Mal, daß Ken in den Erdbewohnern möglicherweise zivilisierte Wesen sah.

Ken hörte sie nicht kommen. Das Mikro im Torpedo war nicht so empfindlich, und Roger ließ diesmal keinen Ausruf laut werden, als er Ken bemerkte. Statt dessen kamen die Kinder ganz nahe heran und wollten sehen, was er machte. Erst als Rogers Neugierde in diesem Punkt befriedigt war, begrüßte er ihn laut und hörbar.

»Sie sind früh dran, wie ich sehe.«

»Warum sagten Sie nicht, daß sie kommen?« zischte Drais Stimme aus dem Lautsprecher.

»Hab sie nicht gesehen. Ich war an der Arbeit«, gab Ken ruhig zurück. »Wenn Sie wollen, daß wir mit der Verständigung weiterkommen, dann verhalten Sie sich gefälligst ruhig. Die Eingeborenen können nicht unterscheiden, ob ich es bin, der da spricht und werden durch zusätzliche Geräusche bloß verwirrt.«

Das Verhalten des größten jedenfalls verriet einen disziplinierten Verstand. Mr. Wing verlor keine Zeit. Er ließ sich vor Ken nieder, zog ein Notizbuch hervor, in dem er bereits die Worte aufgeschrieben hatte, von denen Roger behauptete, er hätte sie dem Außerirdischen beigebracht, und ging sie der Reihe nach durch. Er sah auf, als Ken jedes dieser Worte aussprach. Ken deutete zusätzlich auf jeden genannten Gegenstand. Befriedigt, daß alles verstanden worden war, stürzte sich der Mann mit Zielstrebigkeit und Geschick in eine Sprachlektion, die bewirkte, daß Ken ihn als artverwandtes Wesen betrachtete, noch ehe eine echte Kommunikation stattgefunden hatte. Zu einer Verständigung kam es erst nach einer gewissen Zeit, doch dauerte es bei weitem nicht so lange, wie man vielleicht befürchtet hatte. Zu einem Gedankenaustausch über alltägliche Dinge genügt ein Wortschatz von weniger als tausend Wörtern. Die eingetretene Situation war zwar keineswegs alltäglich, doch dank Mrs. Wings Zeichentalent und dem Eifer der Kinder, alle erforderlichen Tätigkeiten praktisch vorzuführen, war der Fortschritt für beide Teile sehr zufriedenstellend.

Da Ken während der ganzen Lektion immer auf derselben Stelle stehengeblieben war, hatte er den Felsboden erwärmt. Als Folge davon dauerte es volle drei Stunden, bis er den ersten warnenden Kälteschmerz spürte. Und als es soweit war, wurde ihm klar, daß er für sein Vivarium nichts getan hatte, seitdem die Eingeborenen aufgetaucht waren. Er wartete höflich ab, bis Mr. Wing mit seiner Erklärung zu Ende gekommen war, und deutete sodann auf die leere Hälfte. Der Mann nickte, auf den Boden hinter sich deutend.

Ken hatte den kleineren Kindern keine Beachtung mehr geschenkt, seitdem die Sprachlektion begonnen hatte. Er hatte angenommen, daß sie spielten wie die Kinder seiner eigenen Gattung auch. Er war richtig perplex, als er auf dem Boden in einiger Entfernung von dem Behälter zahlreiche Pflanzen, geordnet nach Arten und Größen sah. Die Kinder hatten offenbar gesehen, was er machte und hatten ihm helfen wollen. Mit wachsendem Erstaunen stellte er fest, daß unter den Proben keine Pflanze doppelt vorkam. Diese Wesen mußten wirklich über Verstand verfügen. Er hatte gar nicht bemerkt, daß die Erwachsenen irgendwelche Anweisungen gegeben hatten. Mit einem Wort des Dankes, das, wie er wußte, natürlich nicht verstanden werden konnte, fing er an, die Pflanzen mit Hilfe seines Metallstabes in den Behälter zu tun. Als er die erste hochhob, wies er mit dem freien Greifhaken darauf. »Wort!« sagte er ein wenig mühsam. Alle verstanden, und Roger antwortete: »Farn.«

Mr. Wing sah, wie mühsam für Ken die Arbeit war. Er bedeutete ihm zurückzutreten und ließ die Kinder die Arbeit erledigen. Ken sah ihnen mit riesigem Interesse zu. Jetzt erst wurde ihm klar, was für ein nützliches und geschicktes Organ die menschliche Hand sein konnte. Die Finger des Mädchens waren besonders geschickt. Edie drückte die Pflanzen so schnell und gekonnt in die Erde, wie Ken es nie geschafft hätte, auch ohne das Handicap des Panzers und der Kälte nicht. Zu jeder Pflanze wurde der Name angegeben. Es stellte sich hinterher heraus, daß in vielen Fällen ein Name mehrere Male für Pflanzen benutzt worden war, die einander nur entfernt ähnelten oder auch gar nicht. Ken brauchte eine Weile, bis er dahinterkam, obwohl er schon wußte, daß die Sprache der Eingeborenen Gattungsnamen und Einzelbegriffe kannte.

Der Behälter war in kurzer Zeit säuberlich vollgepflanzt. Und nicht einmal hatte Ken das Wort gehört, das dem lauschenden Drai so viel bedeutet hätte. Ihm konnte das nur recht sein. Die Erwähnung von ›Tafak‹ durch einen Eingeborenen an einem Ort, wo Drai mithören konnte, hätte Kens nun rasch heranreifende Pläne empfindlich gestört.

Ken hatte vorhin in der Frachtkammer die Funkanlage übersehen, die Feth dort deponiert hatte. Erst als er die leeren Behälter der ersten Proben wieder dort verstaute, bemerkte er das Ding. Zunächst war er wütend auf sich und Feth, da er inzwischen längst dessen Worte beim Abschied vergessen hatte. Aber vielleicht war es ohnehin besser so. Falls Drai von Anfang an mitgehört hatte, mußte er inzwischen überzeugt sein, daß Ken keine Aktionen auf eigene Faust plante. Es hatte keine Unterbrechungen gegeben, die ihn hätten argwöhnisch machen können.

Während Ken diese Überlegungen durch den Kopf gingen, dachte auch Mr. Wing über einiges nach. Es war klar, daß der Fremde – man hatte sich noch nicht per Namen bekanntgemacht – kurz vor dem Abflug stand. Der Ausflug war für die Familie eine nette Abwechslung gewesen. Aber an eine tägliche Wiederholung war nicht zu denken, dazu kam, daß es zu Hause Dinge gab, die man bei einer Sprachlektion gut verwenden konnte. Daher war es vielleicht der Mühe wert, den Versuch zu wagen, von dem er zu seiner Familie gesprochen hatte. Er wollte die Fremden überreden, näher beim Haus zu landen.

Als Ken sich nun von der Ladeluke umdrehte, stand der größte Eingeborene vor ihm, in den Händen ein feinsäuberlich gezeichnetes, aber unverständliches Diagramm, mit dessen Hilfe er irgendeinen Plan übermitteln wollte.

Es dauerte vier oder fünf Minuten, um klarzumachen, was die Karte darstellte, obwohl Ken die Bedeutung in Sekunden erfaßt hatte. Die größte Schwierigkeit stellte der Maßstab dar. Schließlich aber hatte der Fremde begriffen. Er brauchte nun seinerseits etwas Zeit, um die Karte in allen Einzelheiten Feth zu beschreiben, so daß sie später neu angefertigt und studiert werden konnte. Dann sagte er ›Ja‹ zu Mr. Wing.

»Morgen – einen Tag von jetzt an gerechnet – hier«, wiederholte der Mann, und Ken nickte mit dem Kopf. (Es hatte ihn nicht weiter erstaunt, daß Körpersprache die gesprochene Sprache dieser Wesen ergänzte.)

»Hier.« Er deutete so gut es ging mit einem Greifhaken auf die Stelle, und das Papier verfärbte sich braun, ehe er es verhindern konnte. Dann fiel ihm noch etwas ein. »Nicht morgen. Nicht einen Tag von jetzt an gerechnet. Zwei Tage.«

Mr. Wing runzelte die Stirn. »Nicht morgen?«

»Nein. Zwei Tage. Jetzt gehen. Kalt.«

Sallman Ken drehte sich um, nahm die zweite Funkanlage aus dem Frachtabteil, stellte sie auf den Boden und sagte: »Tragen«. Nun machte er sich daran, sich selbst wieder an dem Torpedo festzumachen. Er hatte sich nämlich abweichend von seinem ursprünglichen Plan losgemacht, als er entdeckte, daß er die Frachtluke nicht erreichen konnte, solange er an den Rumpf angekettet war.

Der Eingeborene enthielt sich zum Glück jeder Äußerung. Tatsächlich hatte diese neue Wendung Mr. Wing sprachlos gemacht. Und sogar die Kinder staunten mit offenen Mündern. Ken erhob sich inmitten lastenden Schweigens in die Lüfte, bis den zwei Kleinsten ihre gute Kinderstube einfiel und sie laut schrien: »Auf Wiedersehen!« Ken konnte die Worte kaum hören, ahnte aber ihre Bedeutung.

An Bord der Karella angelangt, galt seine erste Sorge dem Vivarium. Er hatte den Raum zwischen den Behältern bereits luftleer gemacht, indem er während des Flugs durchs All eine Zeitlang ein kleines Ventil geöffnet hatte. Jetzt schaltete er die Kühlanlage ein und behielt das Innenthermometer im Auge, bis er sich davon überzeugt hatte, daß alle Schwankungen ausgeglichen waren.

Dann und erst dann machte er sich daran, das Band mit Ken abzuhören, um sicherzugehen, daß er die etwa hundert Wörter behalten hatte, die er während seines kurzen Ausflugs gelernt hatte. Laj Drai ließ sich zu Kens Verwunderung nicht blicken, obwohl er nach Feths Aussage während Kens Ausflug jedes Wort eifrig mitgehört hatte. Während dieser Sitzung gelang es Ken, Feth unauffällig beizubringen, was er mit der Funkanlage gemacht hatte, und dieser stimmte mit ihm überein, daß es ein kluger Schachzug gewesen war. Jetzt brauchten sie eine zufällige Überprüfung des Torpedoinhalts durch Drai oder Lee nicht mehr zu fürchten.

Es sah aus, als hätte Ken in seiner Standpauke an Drai vor dem Antritt des Ausflugs überzeugender gewirkt, als er erwartet hatte. Er hatte sich zwar gewundert, daß der Chef ihn nach der Rückkehr ungeschoren ließ; jetzt stellte er fest, daß es Drai zwar in den Fingern juckte, daß er aber gefürchtet hatte, sich wieder ins Unrecht zu setzen. Kaum war die Besprechung zwischen Ken und Feth beendet, als Drai auch schon zur Stelle war und einen Augenzeugenbericht zur Ergänzung des über Funk Gehörten forderte.

»Ich brauche eine Kamera, damit ich einen Eindruck von der äußeren Erscheinung vermitteln kann«, antwortete Ken. »Was die Größe anlangt, habe ich mich geirrt. Die Wesen, die ich unlängst sah, waren Kinder. Die Erwachsenen sind von umfangreicherem Körperbau als wir.

Ich glaube nicht, daß die Sprache schwierig ist, und es sieht aus, als wäre zumindest diese Gruppe sehr an einer Zusammenarbeit interessiert.« Er berichtete, wie man ihm bei der Zusammenstellung der Pflanzensammlung geholfen hatte.

»Ich habe mir die Pflanzen angesehen«, sagte Drai. »Vermutlich ist das, was wir suchen, nicht darunter?«

»Nein, es sei denn, sie verwenden verschiedene Namen für die lebende Pflanze und das Produkt. Sie nannten jeweils beim Einsetzen den Namen, und Sie haben ebenso gehört wie ich, daß nicht ein einziges Mal der Name ›Tafak‹ fiel.«

Drai schien nachdenklich. »Kinder?« sagte er dann. »Wenn Sie mit denen zusammenarbeiten und die Erwachsenen irgendwie loswerden, dann könnten Sie eher herausbekommen, was wir eigentlich wollen. Sie sind leichter hinters Licht zu führen.«

»So was Ähnliches kam mir auch in den Sinn«, meinte Ken.

»Vielleicht sollten wir noch mehr Musterbehälter mit hinunternehmen. Die Kinder könnten sie anfüllen, während ich eine Sprachstunde absolviere. Wenn die Kinder dann zurückkommen, habe ich einen Grund, alle Pflanzen mit ihnen durchzugehen. Da könnte schon etwas Interessantes auftauchen, falls die Eltern sich nicht einmischen.«

»Eltern? Woher wollen Sie das wissen?«

»Ich weiß es natürlich nicht. Aber es erscheint mir als wahrscheinlich. Was halten Sie von der Idee?«

»Mir gefällt sie. Können Sie genügend Behälter für die Kinder freimachen, und zwar bis zu ihrem nächsten Morgen?«

»So bald fliege ich nicht wieder hin. Feth sagte mir, in welchen Abständen man Tafak nehmen muß, und danach habe ich mich gerichtet.«

Drai rechnete nach. »Sie haben recht. Wir müssen zurück zu Eins, damit Sie ihre Dosis bekommen können. Ich bringe es nicht über mich, das Zeug mitzunehmen, weil es in die falschen Hände geraten könnte.«

Sein Lächeln hatte etwas an sich, das in Ken den Haß gegen den Drogenschieber mit jeder Begegnung steigerte.

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