3

»Der da«, sagte sie. »Bringt ihn in mein Zelt.«

»Beweg dich!« befahl der Wächter.

Ich senkte den Kopf und betrat das Zelt. Die zu eng sitzenden Handfesseln hatten die Haut aufgescheuert und ich rieb mir die Handgelenke. Dann richtete ich mich zu meiner vollen Größe auf.

Das Zelt wurde von fünf Pfosten gestützt und bestand aus kostbaren Stoffen, die von ebenso kostbaren Wandbehängen geschmückt wurden. Das Innere war dazu passend ausgestattet; es gab Kissen, einen niedrigen intarsiengeschmückten Tisch, Truhen und Kisten. Die Einrichtungsgegenstände waren zusammen mit dem Zelt und den dazugehörigen Pfosten auf riesigen großräderigen Wagen transportiert worden. Ich hatte zusammen mit anderen Männern in Geschirren gesteckt, und wir hatten den Wagen zwei Tage lang gezogen.

Vor drei Tagen waren diese Männer und ich mit Stößen von Speerenden geweckt worden.

»Auf die Knie! Die Köpfe in den Staub. Ihr befindet euch in Gegenwart eurer Herrin!«

Wir hatten uns mühsam auf die Knie erhoben. Die Hände waren uns mit Ketten auf den Rücken gefesselt worden. Irgendwie stanken wir nach Fisch. Man hatte uns Sklavenkragen angelegt und am Hals zusammengekettet.

Jemand war vor mir stehengeblieben.

»Heb den Kopf!«

Ich hatte aufgesehen. Die Frau war verschleiert und trug das Gewand der Verhüllung, ein kostbares Kleid, das auf dem grasbewachsenen Feld, auf dem wir uns befanden, unpassend wirkte. Ich sah mich um und zählte fünf Wächter.

Eine Tharlarionpeitsche wurde mir gegen die Wange gedrückt, ein Hinweis, daß ich nach vorn schauen sollte. Dann druckte die Peitsche unter mein Kinn, und ich hob gehorsam den Kopf. Die Frau sah mich an. »Es scheint so, als hätte ich das Spiel der Gunstbeweisungen gewonnen«, sagte sie.

»Zumindest für den Augenblick«, erwiderte ich.

»Als ich in Port Kar meine Gunstbezeugungen verteilt habe«, sagte sie, »geschah das unter zwei Gesichtspunkten. Möchtest du wissen, welche beiden das waren?«

»Natürlich.«

»Erstens mußten die Männer groß und stark sein. Sie mußten für die Arbeit in einem Sklaventrupp geeignet sein. Sie mußten fähig sein, mit ihrer tierhaften Kraft die härtesten Arbeiten zu erledigen, und das für lange Zeiten.«

»Und was war der zweite Gesichtspunkt?« fragte ich. »Wie hat der ausgesehen?«

»Sie mußten mich körperlich anziehen.«

»Ich verstehe.«

»Wir werden bestens miteinander zurechtkommen, nicht wahr?« fragte sie.

»Zu wessen Bedingungen?«

»Zu meinen!«

»Ich weiß nicht«, sagte ich.

»Kannst du gehorchen?« wollte sie wissen.

»Ja.«

»Dann bin ich davon überzeugt, daß wir miteinander zurechtkommen werden – zu meinen Bedingungen!«

»Vielleicht«, sagte ich.

Sie nahm die Peitsche unter meinem Kinn weg.

»Runter mit deinem Kopf«, sagte sie. »In den Staub.«

Ich gehorchte. Einen Augenblick später schritt sie die Reihe weiter ab, blieb hier und da stehen, um einem anderen Mann zu befehlen, den Kopf zu heben, damit er verhört werden und Befehle ausführen konnte, um schließlich in einer Pose erniedrigenden Gehorsams zu verharren.


»Komm näher!« befahl sie.

Innerhalb des Zeltes gab es einen Privatbereich, der von durchsichtigen weißen Stoffbahnen abgesperrt wurde. Er war wie ein kleines Zelt, das sich in einem großen Zelt befand. Sie befand sich in diesem Gemach, und ich sah sie undeutlich. Neben ihr stand eine kleine Lampe auf einem Ständer. Sie saß auf einem kurulischen Stuhl.

»Komm näher!« lud sie mich ein.

Ich schob den Stoff beiseite und ließ ihn hinter mir zurückfallen. Dann stand ich vor ihr in ihrem Privatgemach, nur ein paar Schritte von ihr entfernt. Auf dem Boden lagen Kissen und Seidenbahnen. Ich stand aufrecht da, mit verschränkten Armen, und betrachtete sie.

Die Luft roch eindeutig nach Parfüm.

»Du hast meine Erlaubnis zu knien«, sagte sie.

Ich sah sie bloß an.

»Draußen stehen genug Wachen«, erinnerte sie mich.

Ich kniete nieder und legte die Hände auf die Oberschenkel.

»Du hast breite Schultern«, sagte sie, »eine schmale Taille, kräftige Oberschenkel. Deine Hände sind groß und stark.«

Ich schwieg.

»Du bist ein großer, kräftiger, gutaussehender Bursche«, sagte sie. »Du hast etwas von einem Tier an dir. Wenn du nicht unter meiner völligen Herrschaft ständest, würde ich mich vielleicht etwas unbehaglich fühlen.«

»Du siehst mich im Nachteil«, sagte ich, »da du verschleiert und vollständig bekleidet bist.«

»Wenigstens riechst du nicht mehr nach Fisch.«

»Das ist richtig«, sagte ich.

»So haben wir dich und deine Kameraden aus Port Kar herausgeschmuggelt«, sagte sie. »Wir haben euch einen nach dem anderen betäubt zum Boot gebracht. Dort haben wir euch ausgezogen und an die Kette gelegt. Dann wurde jeder von euch in ein Faß mit gesalzenem Parsitfisch gesteckt; über euren Köpfen hatten die Fässer falsche Böden, die ebenfalls mit Parsits bedeckt wurden. Winzige Löcher in den Fässern sorgten für Atemluft. Dann wurden die Fässer versiegelt.«

»Die Entführung war schlau eingefädelt und ging schnell vonstatten«, bemerkte ich.

»Vielen Dank.«

»Bist du eine Sklavenhändlerin?«

»Nein«, lachte sie. »Obwohl ich mir vorstellen könnte, daß ich in diesem Beruf sehr erfolgreich gewesen wäre.«

Die meisten Sklavenhändlerinnen machen nicht bei der Sklavenjagd mit. Es ist einfach zu gefährlich für sie. Außerdem besteht immer die Gefahr, daß ihre Männer sie einfach zu dem Fang hinzufügen. Deshalb haben sich die meisten Sklavenhändlerinnen in den Städten niedergelassen, wo sie ihre eigenen Häuser führen. Hier kaufen und verkaufen sie Sklaven oder vermieten sie, bilden sie aus und dergleichen mehr. Statistisch gesehen gibt es auf Gor nur wenige Sklavenhändlerinnen. Die meisten goreanischen Frauen sind sehr attraktiv, und die meisten goreanischen Männer sind sehr stark. Deshalb ist es in einem Geschäft wie dem Sklavenhandel nicht ungewöhnlich, daß die Sklavenhändlerinnen früher oder später den Kragen am eigenen Hals spüren. Dann sind auch sie der Peitsche ausgeliefert.

»Ich bin nur die demütige Herrin eines kleinen Arbeitssklaventrupps«, sagte sie.

»Es ist doch sicherlich ungewöhnlich für eine Person in deinem Beruf, sich auf diese Weise Arbeitskräfte zu besorgen«, sagte ich.

»Das ist billiger, als sie zu kaufen.«

»Das ist zweifellos richtig«, mußte ich zugeben. Ich glaubte keinen Augenblick lang, daß diese Frau tatsächlich die Herrin eines Arbeitssklaventrupps war. Dafür gab es mehrere Gründe. Erstens üben nur sehr wenige Frauen eine derartige Tätigkeit aus. Zweitens schien sie nicht darin ausgebildet zu sein, mit Männern umzugehen. Zum Beispiel hätte ich sie in dieser Situation mühelos angreifen und töten oder zu meiner Gefangenen machen können, um sie als Faustpfand für eine Flucht zu benutzen. Drittens schien sie nicht die Härte einer Frau zu haben, die sich in einer solchen Stellung behauptet. Das Zelt zeigte in keiner Weise den Geschmack einer derartigen Frau. Ihre Kleider enthüllten Eitelkeit und eine Vorliebe für überschwenglichen Luxus, was auf einen Hang zur Zügellosigkeit und Prunksucht schließen ließ, ein ebenfalls unwahrscheinlicher Wesenszug für eine solche Frau. Es gab nur fünf Wächter, was eindeutig zu wenig war, um einen normalen Arbeitstrupp zu betreuen, allerdings nicht wegen des Zahlenverhältnisses, sondern der Notwendigkeit, Nachtwachen aufzustellen.

Eigentlich hatte sie auch gar keinen richtigen Arbeitstrupp, sondern nur fünfzehn Männer, die sie in Port Kar aufgegriffen hatte. Ein Arbeitssklaventrupp besteht gewöhnlich aus fünfzig bis hundert Männern; einige umfassen sogar fünfhundert bis tausend Männer. Wäre sie tatsächlich die Herrin eines solchen Trupps gewesen, hätten wir ihn nicht gebildet, sondern nur verstärkt. Wir hatten nicht einmal die nötige Ausrüstung, Dinge wie Schaufeln, Hämmer und Spitzhacken.

»Womit hat man uns betäubt?« fragte ich.

»Tassapulver«, sagte sie. »Ich habe genug davon in die Botas meiner Männer gefüllt, um damit ein Kailiauk zu betäuben.«

»Wie lange waren wir bewußtlos?«

»Fünf Tage, in denen wir euch mit Schläuchen künstlich ernährt haben – mit tassaversetzter Suppe.«

»Und wo sind wir?« fragte ich. Ich wußte es, aber ich wollte ihre Antwort hören.

»Ich finde es amüsanter, wenn ich dich darüber im Ungewissen lasse«, sagte sie.

»Wie du wünschst«, erwiderte ich. Von unserem Lager aus sah man in der Ferne das Sardargebirge. Es war unverwechselbar. Ich hielt diese Frau für eine Agentin der Priesterkönige. Doch anscheinend hatte sie mich nicht erkannt. Ich war nur einer von fünfzehn Gefangenen. Falls sie tatsächlich Agentin der Priesterkönige war, entbehrte es nicht der Ironie, daß sie nicht merkte, wer da an ihre Kette gefesselt war.

Daß wir uns so nahe bei den Sardar befanden, und das nach angeblichen fünf Tagen der Bewußtlosigkeit und zwei Tagen des Marsches, in denen wir ihren Wagen gezogen hatten, war ein weiteres Indiz dafür, daß sie bestimmt nicht die Herrin eines Arbeitstrupps war. In so kurzer Zeit wären wir von Port Kar aus niemals so weit gekommen, hätte man uns nicht den größten Teil des Weges mit Tarns transportiert, vermutlich in Tarnkörben. Gewöhnliche Arbeiter werden nur selten auf solche Weise transportiert. Vermutlich hatte man uns vor zwei Tagen nur aus dem Grund geweckt, daß wir in der Nähe der Sardar tatsächlich den Anschein von Arbeitssklaven erwecken sollten. Diese Frau mußte für die Priesterkönige arbeiten. Andererseits schien sie nicht zu wissen, wer ich war.

Und wenn sie doch nicht in den Diensten der Priesterkönige stand? Vielleicht war sie ja tatsächlich eine Sklavenhändlerin und hatte vor, uns auf dem Jahrmarkt von En’Kara zu verkaufen.

Ich entschied, sie nicht zu überwältigen, zumindest im Augenblick noch nicht.

»Wie heißt du?« fragte sie.

»Man hat mich schon alles mögliche genannt zu verschiedenen Zeiten, an verschiedenen Orten.«

»Ah ja«, sagte sie. »Ich kenne euch Kerle aus Port Kar. Ihr seid alle Schurken, Piraten, Diebe und Sklavenhändler. Ich glaube, ich werde dich… Brinlar nennen.«

»Und wie soll ich dich ansprechen?« fragte ich.

»Als ›Herrin‹!«

»Wie kommt es, daß du in Port Kar zugeschlagen hast?«

»Ich war geschäftlich in Port Kar«, sagte sie, »und daß gerade Karneval war, hat die Sache vereinfacht.«

»Ich hatte angenommen, du kämst aus Tyros oder Cos«, sagte ich.

Sie schüttelte den Kopf.

Jetzt war ich sicherer als je zuvor, daß sie Agentin der Priesterkönige war.

»Damit keine Mißverständnisse aufkommen«, fuhr sie fort, »meine Sympathien liegen bei Cos und Tyros, den wichtigsten Metropolen der Aufklärung und Zivilisation des Thassas. Insofern ist die Wahl meines Jagdortes auf amüsante Weise sehr passend, eine Wahl, die der Fang wunderbarer Männer, den ich dort gemacht habe, eindeutig rechtfertigt.« Sie sah mich an. »Hättest du gern einen Lumpen, um deine Lenden zu bedecken?«

»Was immer du wünschst«, sagte ich.

Sie lachte,

»Werden ich und meine Mitgefangenen zu Sklaven gemacht?«

»Das wäre doch sicherlich richtig so, oder nicht?«

»Natürlich«, sagte ich.

»Das wird vermutlich geschehen, irgendwo, irgendwann; wenn ich den Augenblick für gekommen halte, an einem Ort meiner Wahl.«

»Natürlich.«

Sie lächelte.

»Und wie wird unser weiteres Schicksal aussehen?« fragte ich.

»Vielleicht werde ich euch verkaufen«, sagte sie, »vielleicht sogar auf dem Jahrmarkt von En’Kara.«

»Ich verstehe«, erwiderte ich. Das bestätigte meine Vermutung, daß man keineswegs vorhatte, uns als Arbeitssklaven zu behalten. Mit ziemlicher Sicherheit würde meine Entführerin auf dem Jahrmarkt jemanden treffen. Wenn ihre Zusammenkunft vorüber und ihre Tarnung noch intakt war, aber nicht länger gebraucht wurde, konnte sie uns auf den Sklavenmärkten von En’Kara verkaufen.

»Du und deine Kameraden bleiben natürlich freie Männer, legal gesehen«, erklärte sie, »obwohl ihr als Gefangene völlig in meiner Macht seid, bis man ein Sklavenmal in eure hübsche Haut brennt oder ihr den Kragen bekommt und damit legal versklavt werdet.«

Ich nickte.

»Erinnerst du dich an die Hauptkriterien, nach denen ich die Männer auf dem Platz ausgesucht habe?« fragte sie.

»Du wolltest kräftige große Burschen«, sagte ich, »dazu geeignet, als Arbeitssklaven zu dienen.«

»Richtig«, sagte sie. »Erinnerst du dich an das zweite Kriterium?«

Ich schwieg.

»Es ging darum, daß ich sie körperlich anziehend fand«, sagte sie.

»Ja.«

»Spreiz die Beine«, befahl sie.

Ich gehorchte.

»Ausgezeichnet, Brinlar, wirklich ausgezeichnet.«

Ich sagte kein Wort.

»Wie ist es, ein freier Mann zu sein, der sich in der Gewalt einer Frau befindet?«

Ich zuckte mit den Schultern. Ich fühlte mich nicht

so, als befände ich mich völlig in ihrer Hand.

»Bin ich schön?« fragte sie.

»Ich weiß nicht.«

»Aber sicher unterhaltet ihr Männer euch über solche Dinge«, sagte sie.

»Ich nehme an, man könnte dich als schön bezeichnen«, sagte ich. »Unter deinem Gewand scheinen sich die Rundungen einer schönen Frau abzuzeichnen, vor allem da du sie dementsprechend geschnürt hast.«

»Ich mag hübsche Kleider«, sagte sie. »Außerdem trage ich sie vorteilhaft.«

»Zweifellos sähst du in einem Sklavenkittel oder nackt mit einem Kragen noch schöner aus.«

»Frecher Bursche«, sagte sie. Aber ich sah, daß sie erfreut war. Alle Frauen möchten wissen, wie schön sie als Sklavin aussähen.

Sie betrachtete mich eine Zeitlang schweigend. Ich kniete mit gespreizten Beinen. Sie schien es nicht eilig zu haben, ihre Befehle zu geben; sie ließ die Blicke über meinen Körper wandern, und ihre Augen leuchteten dabei.

»Bist du nicht neugierig, warum du in mein Zelt gebracht wurdest?« fragte sie schließlich.

»Die Herrin hat es mir noch nicht erklärt«, sagte ich. Mein Herz fing an zu hämmern. Jetzt würde sie mir verkünden, daß sie meine wahre Identität kannte, daß sie mich ihrem Vergnügen unterwerfen und mich gegen meinen Willen benutzen würde, bis sie mich den Sardar übergab – gefangengenommen von einer Frau. Es schien nicht angemessen zu sein, sie als vermutliche Agentin der Priesterkönige anzugreifen und zu töten. Und vielleicht waren ihre Männer ebenfalls Agenten. Mir fiel wieder der Kerl in dem Pavillon ein, in dem ich sein eigenes Messer hatte stecken lassen.

»Aber du kannst es dir sicherlich denken«, sagte sie.

»Vielleicht.«

»Spreiz die Beine noch weiter«, sagte sie kalt.

Ich gehorchte.

»Jetzt kannst du es dir doch bestimmt denken.«

»Allerdings.«

»Du scheinst erleichtert zu sein«, bemerkte sie verblüfft.

Ich zuckte mit den Schultern. Ich war in der Tat erleichtert. Sie hatte wieder nur mit mir gespielt. Ich war jetzt davon überzeugt, daß sie wirklich nicht wußte, wer ich war. Der Mann im Pavillon hatte versucht, mich zu töten. Hätte sie also meine wahre Identität gekannt, hätte sie schon längst meinen Tod befohlen. Während meiner Bewußtlosigkeit wäre das ein Kinderspiel gewesen. Davon abgesehen war die Art meiner Gefangennahme nichts Besonderes gewesen. Ich war nur einer von fünfzehn Männern gewesen, den sie an die Kette gelegt hatte.

»Da ist noch etwas«, sagte sie.

»Ja?« fragte ich.

»Ich möchte gern geschätzt werden.«

»Geschätzt werden?«

»Ja, und zwar ganz sachlich«, sagte sie. »Das möchte ich schon lange wissen. Dein kostbares Gewand, das du auf dem Platz getragen hast, und die Dicke deines Geldbeutels haben mich auf den Gedanken gebracht, daß du Erfahrung in solchen Dingen hast, daß du die Mittel besitzt, um mit den Geschehnissen auf einem Markt eng vertraut zu sein.«

Ich schwieg.

»Laß mich dich daran erinnern, daß du es bist, der vor mir kniet, mit gespreizten Beinen wie ein gekettetes Mädchen!«

»Ich verstehe.«

Ihre Hand griff nach den Befestigungsnadeln der linken Seite ihres Schleiers.

»Ich glaube, du wirst mich außerordentlich schön finden«, sagte sie. »Vielleicht sogar so schön wie eine Sklavin.«

»Vielleicht.«

Sie löste den Schleier auf der linken Seite und ließ ihn fallen, dann strich sie die Seidenkapuze ihres Zeltgewands zurück, schüttelte den Kopf und befreite eine Kaskade langen dunklen Haars. Sie sah mich belustigt an. »Wie ich sehe, findest du mich schön.«

»Ja.«

Sie erhob sich von dem Stuhl. »Bist du mit den Pflichten eines Seidensklaven vertraut?« Während sie sprach, entkleidete sie sich zwanglos.

»Ich bin ein freier Mann«, erwiderte ich.

»Aber du hast doch eine Vorstellung ihrer Pflichten, oder?«

»Ja.«

»Diese Pflichten – und andere – werden ab jetzt die deinen sein.«

»Ich verstehe«, sagte ich, und dann stockte mir der Atem. Ihr Gewand, das lautlos zu Boden gefallen war, lag wie ein Teich aus Seide zu ihren Füßen, aus dem sie nun hinausstieg. Sie war von einer atemberaubenden Schönheit und hätte einen hohen Preis gebracht.

Meine Entführerin ließ sich auf die Kissen und Seidenlaken sinken, die im rückwärtigen Teil des kleinen Privatgemachs in unmittelbarer Nähe der weißen Stoffbahnen lagen, die seine hintere Wand bildeten. Sie sah mich an, in ihren Augen funkelte es belustigt. Dann stützte sie sich auf einen Ellbogen.

»Und?« fragte sie.

»Du bist sehr schön«, sagte ich.

»Glaubst du, man könnte mich leicht verkaufen?«

»Nein.«

»Nein?« fragte sie,

»Dein Preis wäre zu hoch«, sagte ich. »Die meisten Männer könnten es sich nicht leisten, dich zu kaufen.«

»Und wenn ich erschwinglich wäre?«

»Dann würdest du zweifellos sofort verkauft.«

»Also hältst du mich, sachlich gesehen, für eine Schönheit?«

»Ja.«

»Komm näher, auf allen vieren«, befahl sie.

Ich gehorchte.

»Jetzt siehst du mich besser«, sagte sie. »Hast du schon einmal eine freie Frau geschätzt?«

»Ja.«

»Dann schätz mich.«

»Als eine freie Frau?« fragte ich.

»Natürlich, denn das bin ich.«

»Du bist eine unglaublich schöne freie Frau.«

»Offensichtlich teilt dein Körper diese Meinung.«

»In der Tat«, mußte ich zugeben.

»Und freie Frauen«, sagte sie, »stehen tausendmal und mehr über einer bloßen Sklavin.«

»Ja«, sagte ich. »Das kann man nicht vergleichen. Eine freie Frau ist etwas übermäßig Kostbares.«

»Dein Status hier ist der eines Dieners, eines rechtlosen Dieners, bis ich dich dann versklave.«

»Ich verstehe.«

»Ich glaube, es wird Spaß machen, einen freien Mann mit den Pflichten eines Seidensklaven vertraut zu machen.«

»Zweifellos.«

»Vielleicht werde ich mir – falls ich dazu Lust habe – Zeit lassen, dich zum Sklaven zu machen.«

Ich schwieg.

»Und vielleicht, wenn ich mit dir zufrieden bin, nachdem du und deine Gefährten zu Sklaven gemacht worden sind, verkaufe ich dich doch nicht auf dem Jahrmarkt von En’Kara. Ich könnte dich behalten – als meinen Seidensklaven.«

Ich hielt mich noch immer zurück.

»Du wirst mich nur dann berühren, wenn ich es dir befehle, und zwar so – und nur so –, wie ich es dir befehle! Ich bin die Herrin. Du wirst mich zu meiner vollen Sättigung befriedigen, und du wirst die Erfüllung nur dann erreichen, wenn es mir gefällt.«

»Ich verstehe«, sagte ich.

»Auf die Seide, mein starker, hilfloser Diener!« rief sie, griff mit den zierlichen Händen nach meinem Haar und zog mich an sich. »Erfreue mich!« befahl sie.

Ich fing an, ihr Freude zu bereiten, und vergrub mich in dem großartigen, überwältigenden Duft ihrer Erregung.

»Oh, Brinlar«, keuchte sie plötzlich auf, »du bist ein erstklassiger Diener!«

Ich packte ihre Handgelenke, zog ihre Hände aus meinem Haar und hielt sie an den Seiten fest, während ich zugleich hart und zärtlich meinen Pflichten nachkam.

Sie drückte sich an mich, fing an sich zu winden und zu stöhnen. »Oh, Brinlar«, flüsterte sie. »Ja, Brinlar! Das ist großartig, Brinlar! Hör nicht auf! Ja, ja!«

Ich hielt es für unnötig, sie daran zu erinnern, daß sie sich jetzt in meiner Macht befand.

»Brinlar!« schrie sie auf.

»Wie heißt du?« fragte ich.

»Yanina!« schrie sie »Ich bin Lady Yanina!«

»Aus welcher Stadt?«

»Brundisium!« schrie sie. »Brundisium!«

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