Auf meinem Weg nach Zodanga bekam ich viele seltsame und interessante Dinge zu Gesicht und erfuhr in einigen Farmhäusern, in denen ich haltmachte, Neues und Wissenswertes über die Lebensweise von Barsoom.
Das Wasser, das die Farmen auf dem Mars versorgt, stammt von den schmelzenden Gletschern an den Polen, unter denen sich gigantische unterirdische Speicher befinden, die das Schmelzwasser auffangen. Von dort wird es durch lange Rohre zu den verschiedenen bewohnten Zentren gepumpt. Zu beiden Seiten und über die gesamte Länge dieser Leitungen erstrecken sich kultivierte Ländereien, die in gleich große Flächen eingeteilt und jeweils von einem oder mehreren Regierungsbeamten bewirtschaftet werden.
Statt die Felder zu überfluten und somit riesige Wassermassen durch Verdunstung zu verschwenden, wird die kostbare Flüssigkeit durch ein ausgedehntes Netzwerk kleinerer Leitungen direkt den Pflanzenwurzeln zugeführt. Die Ernteerträge auf dem Mars sind immer konstant, da es keine Dürren, Regenfälle, Stürme, Insekten und schädliche Vögel gibt.
Unterwegs kostete ich zum ersten Mal seit dem Verlassen der Erde wieder Fleisch – riesige, saftige Steaks und Koteletts von den wohlgenährten Nutztieren der Farmen. Auch labte ich mich an köstlichem Obst und Gemüse, doch gab es kein einziges Nahrungsmittel, wie ich es von der Erde her kannte. Jede Pflanze, Blume, jede Gemüsesorte und jedes Tier war durch jahrhundertelange, sorgfältige wissenschaftliche Züchtung so weit veredelt worden, daß die jeweilige irdische Entsprechung im Vergleich dazu wie ein blasses, graues, oberflächliches Nichts wirkte.
Bei meinem zweiten Halt traf ich auf einige hochgebildete Menschen aus dem Adel, und während unserer Gespräche kamen wir auch auf Helium zu sprechen. Einer der älteren Männer hatte vor einigen Jahren auf einer diplomatischen Mission dorthin teilgenommen und sprach mit Bedauern von den Bedingungen, um derentwillen zwischen diese beiden Ländern offenbar für immer Krieg herrschen würde.
»Helium rühmt sich zu Recht der schönsten Frauen von Barsoom. Von all ihren Schönheiten ist die bezaubernde Tochter von Mors Kajak, Dejah Thoris, die auserlesenste Blume«, sagte er und fügte hinzu: »Ja, die Leute beteten den Boden förmlich an, den sie betrat, und seit sie bei der unglücklichen Expedition verschwunden ist, trägt ganz Helium Trauer. Daß unser Herrscher die angeschlagene Flotte auf ihrem Rückweg nach Helium auch angreifen mußte, war nur ein weiterer seiner schlimmen Fehler, und ich fürchte, das wird die Einwohner von Zodanga früher oder später dazu zwingen, einen klügeren Mann an seine Stelle zu setzen. Sogar jetzt, da unsere siegreichen Armeen Helium umzingelt haben, werden in Zodanga Stimmen des Unwillens über diesen unpopulären Krieg laut, da er gegen die Prinzipien von Recht oder Gerechtigkeit verstößt. Unsere Streitkräfte nutzten die Abwesenheit der Hauptflotte von Helium aus, die sich auf die Suche nach der Prinzessin begeben hatte, und so konnten wir die Stadt in einen jämmerlichen Zustand versetzen. Es heißt, daß sie während der nächsten Umkreisungen des zweiten Mondes fallen wird.«
»Und welches Schicksal, denkst du, wurde der Prinzessin Dejah Thoris zuteil?« fragte ich so beiläufig wie nur möglich.
»Sie ist tot«, entgegnete er. »Soviel erfuhren wir von einem grünen Krieger, den unsere Truppen erst kürzlich im Süden gefangen nahmen. Zusammen mit einer seltsamen Kreatur aus einer anderen Welt floh sie von den Horden der Thark, nur um den Warhoon in die Hände zu fallen. Man fand ihre Thoats, die auf dem ehemaligen Meeresgrund umherirrten, und entdeckte in der Nähe Spuren einer blutigen Auseinandersetzung.«
Obwohl diese Information keinesfalls beruhigend war, bewies sie doch nicht hinreichend Dejah Thoris’ Tod, und so beschloß ich, mein Äußerstes zu tun, um so schnell wie möglich nach Helium zu gelangen und Tardos Mors alles über den möglichen Verbleib seiner Enkelin zu berichten, was ich wußte.
Zehn Tage, nachdem ich die drei Ptor-Brüder verlassen hatte, kam ich in Zodanga an. Von dem Augenblick an, in dem ich mit den roten Einwohnern des Mars in Kontakt gekommen war, hatte ich bemerkt, daß Woola sie auf unwillkommene Weise auf mich aufmerksam machte, da das riesige Tier einer Gattung angehörte, die von den roten Menschen niemals domestiziert wurde. Es war, als streife man in Begleitung eines nordafrikanischen Löwen den Broadway entlang, eine ähnliche Wirkung hätte ich erzielt, wäre ich mit Woola in Zodanga aufgetaucht. Allein der Gedanke, mich von diesem treuen Gefährten zu verabschieden, verursachte mir großen Schmerz und bereitete mir echte Sorgen, so daß ich es vor mir her schob, bis wir an den Stadttoren anlangten. Doch dann wurde mir letztendlich klar, daß eine Trennung unumgänglich war. Hätte nichts weiter außer meiner Sicherheit oder meinem Vergnügen auf dem Spiel gestanden, so hätte mich nichts dazu bringen können, das einzige Geschöpf auf Barsoom fortzuschicken, das mir zu keiner Zeit seine Zuneigung und Treue verweigert hatte. Doch so bereitwillig ich sonst mein Leben für jene geopfert hätte, in deren Diensten ich stand und die zu suchen ich mir geschworen hatte, wobei ich mich den unbekannten Gefahren dieser für mich rätselhaften Stadt aussetzte, ich durfte nicht zulassen, daß Woolas Anwesenheit geschweige denn seine momentane Glückseligkeit das Gelingen meines Unternehmens in Frage stellte, und ohne Zweifel würde er mich ohnehin bald vergessen. Also sagte ich dem armen Tier aufs zärtlichste Lebewohl, versprach ihm aber, daß ich ihn gewiß aufspüren würde, wenn ich sicher am Ziel meiner Reise anlangte.
Er schien jedes meiner Worte zu verstehen, und als ich zurück in die Richtung von Thark wies, wandte er sich kummervoll ab. Ich hingegen ertrug es nicht, ihm nachzusehen, kehrte ihm schweren Herzens den Rücken zu und näherte mich den bedrohlichen Mauern der Stadt Zodanga.
Der Brief, den ich bei mir trug, verschaffte mir sofort Eintritt in die riesige Stadt. Es war noch sehr früh am Morgen, und die Straßen waren fast menschenleer. Die an den Metallzylindern nach oben gefahrenen Behausungen ähnelten riesigen Krähenhorsten, während die Metallsäulen selbst wie stählerne Baumstämme aussahen. Die Geschäfte befanden sich in der Regel zu ebener Erde, auch waren die Türen weder verriegelt noch abgeschlossen, da Diebstahl auf Barsoom allgemein unbekannt ist. Das einzige, wovor alle Barsoomier in fortwährender Angst leben, ist Meuchelmord. Nur deswegen werden die Behausungen nachts oder in Zeiten der Gefahr hochgefahren.
Die Ptor-Brüder hatten mir ausführliche Anweisungen gegeben, wo ich in der Stadt eine Unterkunft finden konnte und mich gleichzeitig in der Nähe der Büros jener Regierungsvertreter befand, an die die Briefe gerichtet waren. Dabei mußte ich zum Zentralplatz, der für alle Städte auf dem Mars typisch ist.
Der Zentralplatz oder das Forum von Zodanga nimmt eine Grundfläche von einer Quadratmeile ein und wird von den Palästen des Jeddaks, der Jeds. anderen Mitgliedern des Königshauses und Adels sowie von den wichtigsten öffentlichen Gebäuden, Cafes und Geschäften umgeben.
Als ich voller Bewunderung und voll Staunen über die prunkvolle Architektur und die weitläufigen, scharlachroten Rasenteppiche über den Platz lief, bemerkte ich einen roten Marsmenschen, der munteren Schrittes aus einer der Promenaden auf mich zukam. Er würdigte mich keines Blickes, doch als er sich auf meiner Höhe befand, erkannte ich ihn, wandte mich zu ihm, legte ihm die Hand auf die Schulter und rief: »Kaor, Kantos Kan!«
Blitzartig fuhr er herum, und bevor ich überhaupt die Hand sinken lassen konnte, zeigte die Spitze seines langen Schwertes auf meine Brust.
»Wer bist du?« knurrte er, und als ich mit einem Satz fünfzig Fuß nach hinten sprang, senkte er das Schwert und rief lachend aus: »Ich brauche keine bessere Antwort. Es gibt nur einen Mann auf ganz Barsoom, der wie ein Gummiball hüpfen kann. Bei der Mutter des zweiten Mondes, John Carter, wie kommst du hierher? Bist du zum Darseen geworden, daß du deine Farbe je nach Belieben ändern kannst?«
Nachdem ich ihm kurz meine Abenteuer seit unserer Trennung in der Arena geschildert hatte, fuhr er fort: »Du hast mir einige schlimme Sekunden bereitet. Würden die Einwohner von Zodanga meinen Namen und meinen Herkunftsort erfahren, säße ich in kürzester Zeit am Ufer des verlorenen Meeres Korus bei meinen verehrten und längst dahingegangenen Vorfahren. Ich befinde mich im Auftrag von Tardos Mors, dem Jeddak von Helium, hier, um den Verbleib von Dejah Thoris, unserer Prinzessin, in Erfahrung zu bringen. Sab Than, der Prinz von Zodanga, hält sie in der Stadt versteckt und hat sich unsterblich in sie verliebt. Sein Vater, Than Kosis, der Jeddak von Zodanga, verlangt als Preis für den Frieden zwischen unseren Ländern, daß sie freiwillig die Ehe mit seinem Sohn eingeht, doch Tardos Mors möchte sich diesen Forderungen nicht beugen und hat ihm übermitteln lassen, daß er und sein Volk lieber in das Antlitz der toten Prinzessin schauen würden, als sie mit jemandem anders als einem Mann ihrer Wahl verheiratet zu sehen, und daß er in seiner Person lieber mit seinem verlorenen und brennenden Helium zu Asche würde, als mitanzusehen, wie sich das Metall seines Hauses mit dem von Than Kosis verbindet. Diese Antwort war die schlimmste Beleidigung, die er gegenüber Than Kosis und den Einwohnern Zodangas äußern konnte, doch sein Volk liebt ihn dafür um so mehr, und seine Macht in Helium ist gefestigter als zuvor. Ich bin seit drei Tagen hier, doch habe ich noch nicht herausfinden können, wo man Dejah Thoris gefangen hält«, fügte er hinzu. »Heute trete ich als Luftaufklärer der Marine von Zodanga bei. Ich hoffe, auf diese Weise das Vertrauen von Sab Than, dem Prinzen, gewinnen zu können, dem Oberbefehlshaber dieser Marinedivision, um auf diese Weise in Erfahrung zu bringen, wo sich Dejah Thoris befindet. Mich freut sehr, daß du hier bist, John Carter, denn ich kenne deine Loyalität gegenüber meiner Prinzessin, und zu zweit erreichen wir mehr.«
Inzwischen begann sich der Zentralplatz mit Leuten zu füllen, die ihren täglichen Pflichten und Besorgungen nachgingen. Die Geschäfte öffneten, die ersten Gäste der Morgenstunde strömten in die Cafés. Kantos Kan führte mich in einen dieser prächtigen Eßräume, wo wir ausschließlich von Maschinen bedient wurden. Keine Hand berührte das Essen von dem Moment an, wo die Rohstoffe in das Gebäude gebracht wurden, bis die Speise heiß und köstlich vor dem Gast auf dem Tisch landete, nachdem dieser anhand winziger Knöpfe seinen Wunsch angegeben hatte.
Nach dem Essen nahm mich Kantos Kan mit in das Hauptquartier der Staffel, stellte mich seinem Vorgesetzten vor und bat darum, daß man mich als Mitglied des Corps aufnahm. Wie es der Brauch verlangte, mußte ich an einer Prüfung teilnehmen, doch Kantos Kan hatte mir gesagt, ich brauche diesbezüglich keine Angst zu haben, er werde diesen Teil der Angelegenheit übernehmen. Das tat er, indem er sich an meiner Stelle zum Prüfungsoffizier begab und sich als John Carter vorstellte.
»Sie werden den Betrug später entdecken, wenn sie mein Gewicht, meine Größe und andere persönliche Merkmale überprüfen«, erklärte er munter. »Doch das dauert noch Monate, und bis dahin werden wir unsere Mission schon lange erfüllt oder versagt haben.«
Die nächsten Tage verbrachten wir damit, daß Kantos Kan mir die schwierige Kunst des Fliegens beibrachte und mir zeigte, wie man die zierlichen, kleinen Flugapparate reparierte. Der in beiden Richtungen spitz zulaufende Rumpf des Einmannflugzeuges ist ungefähr sechzehn Fuß lang, zwei Fuß breit und besitzt drei Zoll starke Metallwände. Der Pilotensitz befindet sich oben, darunter liegt die kleine, lautlos arbeitende Radiummaschine. die das Flugzeug antreibt. Das tragende Medium befindet sich im Inneren des Rumpfes. Es handelt sich dabei um den achten Strahl von Barsoom oder den Antriebsstrahl, wie man ihn auf Grund seiner Eigenschaften bezeichnen kann.
Wie der neunte Strahl ist auch dieser auf der Erde unbekannt, doch haben die Marsmenschen herausgefunden, daß es sich um eine jedem Licht innewohnende Eigenschaft handelt, unabhängig davon, welche Quelle es ausstrahlt. Man hat entdeckt, daß der Transport des Sonnenlichtes zu den verschiedenen Planeten über den achten Solarstrahl erfolgt und der jeweilige achte Strahl eines jeden Planeten das auf diese Weise empfangene Licht »reflektiert« oder es ein weiteres Mal in das Weltall zurückwirft. Der achte Solarstrahl würde von der Oberfläche von Barsoom absorbiert werden, doch der achte Marsstrahl leitet unaufhörlich Licht vom Mars in den Weltraum weiter und wirkt entgegengesetzt zur Anziehungskraft, so daß er gebündelt gewaltige Gewichte von der Marsoberfläche zu heben vermag.
Dank dieses Strahles haben sie ihre Flugkunst so weit vervollkommnet, daß Schlachtschiffe, von einer auf der Erde unfaßbaren Schwere, ebenso anmutig und leicht durch die dünne Luft von Barsoom gleiten wie ein Spielzeugballon in der ungleich dichteren Erdatmosphäre.
In den ersten Jahren nach der Entdeckung des Strahles ereigneten sich viele seltsame Unfälle, bevor die Marsmenschen die wunderbare neue Kraft zu messen und zu steuern lernten. So hatte man in einem Fall, vor etwa neunhundert Jahren, das erste große, mit einem Speicher für den achten Strahl ausgerüstete Schlachtschiff mit einer zu hohen Strahlenmenge versorgt, so daß es mit fünfhundert Mann Besatzung und Offizieren über Helium emporstieg, um niemals zurückzukehren.
Die Abstoßkraft war so groß, daß sie das Schiff weit hinaus in den Weltraum trieb, wo man es noch heute mit Hilfe starker Teleskope erkennen kann, wenn es in zehntausend Meilen Entfernung über das Himmelsgewölbe rast, ein winziger Satellit, der Barsoom bis in die Ewigkeit umkreisen wird.
Am vierten Tag nach meiner Ankunft in Zodanga vollbrachte ich meinen ersten Flug, im Anschluß daran wurde mir eine Beförderung zuteil, die einen Posten im Palast von Than Kosis einschloß.
Nachdem ich über der Stadt aufgestiegen war, zog ich einige Kreise, wie ich es Kantos Kan hatte tun sehen, trieb dann meine Maschine zu Höchstgeschwindigkeit an und folgte in atemberaubendem Tempo einer der großen Wasserstraßen, die von Süden kommend in die Stadt Zodanga fließt.
Innerhalb einer knappen Stunde hatte ich vielleicht zweihundert Meilen hinter mich gebracht, als ich weit unter mir eine Gruppe von drei grünen Kriegern in wilder Verfolgung einer kleinen Gestalt nachsetzen sah, die versuchte, zu Fuß die Eingrenzung eines Feldes zu erreichen.
Schnell ging ich mit meiner Maschine hinunter, kreiste hinter den Kriegern, und stellte fest, daß es sich bei dem Gejagten um einen roten Marsmenschen handelte, der das Metall jener Division von Aufklärern trug, der auch ich angehörte. Unweit von ihm lag sein winziges Fluggerät, umgeben von Werkzeug, womit er offensichtlich gerade etwas reparieren wollte, als die grünen Krieger ihn überraschten.
Nun waren sie fast bei ihm. Ihre Reittiere flogen förmlich der vergleichsweise winzigen Gestalt hinterher, während sich die Krieger mit den großen, metallbeschlagenen Speeren tief nach rechts beugten. Jeder schien zu versuchen, den armen Zodanganer als erster aufzuspießen, und einen Augenblick später wäre sein Schicksal besiegelt gewesen, wäre nicht ich rechtzeitig erschienen.
Mit hoher Geschwindigkeit fegte ich den Kriegern hinterher, hatte sie bald eingeholt und rammte den Bug meines kleinen Flugzeuges mit voller Wucht dem ersten zwischen die Schultern. Durch den Aufprall, der genügt hätte, eine mehrere Zoll dicke Stahlwand zu durchschlagen, wurde der Rumpf über dem Kopf des Thoats in die Luft geschleudert, so daß er, alle viere von sich gestreckt, im Moos landete. Kreischend vor Entsetzen fuhren die Tiere der anderen beiden Krieger herum und rasten unaufhaltsam in die entgegengesetzte Richtung.
Ich verlangsamte das Tempo, zog einen weiteren Kreis und setzte vor dem erstaunten Zodanganer auf. Er bedankte sich überschwenglich für die rechtzeitige Hilfe und versprach, daß ich für diese Tat die Belohnung erhalten würde, die ich verdiente, denn ich hatte niemandem anders das Leben gerettet als dem Vetter des Jeddaks von Zodanga.
Wir versäumten keine Zeit, da wir wußten, daß die Krieger mit Sicherheit zurückkehren würden, sobald sie die Thoats wieder unter Kontrolle hatten, eilten zu der kaputten Maschine und bemühten uns nach Leibeskräften, die notwendigen Reparaturen zu beenden. Als wir fast fertig waren, sah ich die zwei grünen Monster in höchstem Tempo von verschiedenen Seiten auf uns zukommen. Doch hundert Yards vor uns scheuten die Thoats erneut und weigerten sich beharrlich, weiter an das Luftfahrzeug heranzusprengen, das ihnen einen derartigen Schrecken eingejagt hatte.
Schließlich saßen die Krieger ab, fesselten ihre Tiere und näherten sich uns zu Fuß mit gezogenem Schwert. Ich trat dem größeren entgegen, und wies den Zodanganer an, mit dem anderen nach besten Kräften zu verfahren. Beinahe mühelos erledigte ich meinen Mann, wie es mir durch die viele Übung nun zur Gewohnheit geworden war, und eilte meinem neuen Gefährten zu Hilfe, der sich tatsächlich in einer schlimmen Lage befand.
Er war verwundet, und sein Widersacher drückte ihm bereits den riesigen Fuß auf den Hals und hob das große Schwert zum letzten Todesstoß. Mit einem Sprung setzte ich über die zwischen uns liegenden fünfzig Fuß hinweg und durchbohrte ihn mit ausgestreckter Klinge. Sein Schwert fiel zu Boden, und er selbst sank leblos auf den daliegenden Zodanganer.
Bei einer oberflächlichen Untersuchung des letzteren stellte ich keine tödlichen Verletzungen fest, und nach einer kurzen Pause versicherte er mir, daß er sich tauglich genug für den Rückflug fühlte. Er hätte so oder so sein Flugzeug selbst steuern müssen, da diese zerbrechlichen Apparate nicht mehr als eine Person befördern können.
Schnell erledigten wir die Reparatur, stiegen gemeinsam in den stillen, wolkenlosen Himmel des Mars auf und kehrten in schnellem Tempo ohne weiteren Zwischenfall nach Zodanga zurück.
Als wir uns der Stadt näherten, entdeckten wir einen gewaltigen Menschenauflauf von Zivilisten und Soldaten vor der Stadt. Der Himmel war schwarz von Kriegsflugzeugen, privaten und öffentlichen Vergnügungsfahrzeugen, langen, flatternden Spruchbändern aus bunter Seide, Flaggen und Fahnen von fremdartiger, malerischer Aufmachung.
Mein Begleiter gab mir Zeichen, das Tempo zu verlangsamen, zog seine Maschine neben die meine und schlug vor, weiter hinunterzugehen und die Zeremonie zu beobachten, bei der einzelne Offiziere und Mannschaften für ihren Heldenmut und andere außergewöhnliche Dienste ausgezeichnet wurden. Dann entfaltete er ein kleines Banner, das sein Flugzeug als das eines Mitglieds des Königshauses von Zodanga auswies, und gemeinsam bahnten wir uns den Weg durch das Labyrinth tief über dem Erdboden liegender Luftschiffe, bis wir direkt über dem Jeddak von Zodanga und seinem Stab angelangt waren. Sie alle saßen auf den kleinen Thoatbullen der roten Marsmenschen, wobei sowohl ihr Staatsgeschirr als auch ihr Schmuck mit einer solchen Unmasse prächtig gefärbter Federn überladen war, daß mich die auffallende Ähnlichkeit mit einem Indianerstamm auf der Erde schier sprachlos machte.
Ein Mitglied des Stabes wies Than Kosis auf meinen Begleiter hin, der über ihnen schwebte, und der Herrscher gab ihm Zeichen, zu landen. Während sie darauf warteten, daß die Truppen gegenüber dem Jeddak Aufstellung bezogen, führten die beiden ein ernsthaftes Gespräch, wobei der Jeddak und die anderen gelegentlich zu mir blickten. Ich konnte ihre Unterhaltung nicht mitverfolgen. Sie war auch bald zu Ende, und alle saßen ab, da die letzte Einheit einen Schwenk ausgeführt und ihren Platz gegenüber dem Herrscher eingenommen hatte. Ein Stabsmitglied schritt dann auf die Truppen zu, rief einen Soldaten auf und befahl ihm, hervorzutreten. Dann schilderte der Offizier die Heldentat, durch die er sich die Anerkennung des Jeddaks erworben hatte. Dieser trat auf den glücklichen Mann zu und legte ihm ein Metallornament auf den linken Arm.
Zehn Männer waren auf diese Weise ausgezeichnet worden, als der Adjutant rief: »John Carter, Aufklärer!«
Noch nie in meinem Leben war ich so überrascht wie jetzt, doch bin ich militärischen Gehorsam gewohnt. Daher ließ ich meine kleine Maschine sanft zu Boden und trat näher, wie ich es bei den anderen beobachtet hatte. Als ich vor dem Offizier stand, sprach er mich mit lauter Stimme an, so daß die gesamte Menge von Soldaten und Zuschauern es hören mußte: »John Carter! In Anerkennung deines bemerkenswerten Mutes und Könnens, das du bewiesen hast, indem du den Vetter des Jeddaks Than Kosis ohne fremde Hilfe verteidigt und dabei drei grüne Krieger getötet hast, ist es die Freude unseres Jeddaks, dir das Zeichen seiner Wertschätzung zu überreichen.«
Dann trat Than Kosis auf mich zu, befestigte an mir ein Ornament und sagte: »Mein Vetter hat mir ausführlich über deine wunderbaren Leistungen berichtet, die an ein Wunder grenzen. Wenn du einen Vetter der Jeddaks so zu verteidigen vermagst, wie viel besser könntest du den Jeddak selber verteidigen? Hiermit ernenne ich dich zum Padwar der Garden und gewähre dir von heute an eine Stellung in meinem Palast.«
Ich dankte ihm und trat auf seinen Befehl zum Stab. Nach der Zeremonie brachte ich meine Maschine in die Flugzeughallen auf dem Kasernendach der Kundschafterstaffel und ließ mich von einer Ordonnanz zum diensthabenden Haushofmeister bringen.