15. Solas Geschichte

Als ich das Bewußtsein wiedererlangte –, wie ich bemerkte, mußte ich nur kurze Zeit besinnungslos gewesen sein –, sprang ich auf und suchte nach meinem Schwert. Es steckte bis zum Heft in Zads Brust, der entseelt auf dem ockerfarbenen Moos des ehemaligen Meeresbodens lag. Wieder Herr meiner Sinne, stellte ich fest, daß seine Waffe in meine linke Brust gefahren war, doch hatte sie nur das über den Rippen liegende Muskelgewebe verletzt und kam unterhalb der Schulter wieder heraus. Bei meinem Sprung hatte ich mich gedreht, so daß das Schwert lediglich eine schmerzhafte, aber ungefährliche Fleischwunde hinterlassen hatte.

Ich zog es heraus, holte meine Waffe, wandte dem häßlichen Kadaver den Rücken zu und schleppte mich unter Schmerzen und voller Widerwillen zu meinem Gefolge. Das anerkennende Raunen der Marsmenschen begrüßte mich, jedoch ging es an mir vorbei.

Blutend und geschwächt erreichte ich meine Frauen, die, an derartige Vorfälle gewöhnt, die Wunden verbanden und mit den wunderbaren und wirkungsvollen Heilmitteln versorgten, die lediglich gegen unmittelbar tödliche Verletzungen nichts mehr auszurichten vermochten. Man lasse eine Marsfrau gewähren, und der Tod muß sich noch etwas gedulden. Bald hatten sie mich wieder zusammengeflickt, so daß ich, abgesehen von der mit dem Blutverlust zusammenhängenden Schwäche und einer kleinen Entzündung am Rand der Wunde nicht weiter unter diesem Stich zu leiden hatte, der mich auf der Erde unweigerlich für einige Tage aufs Krankenlager geschickt hätte.

Sobald sie mit mir fertig waren, eilte ich zur Kutsche von Dejah Thoris, wo ich meine arme Sola vorfand, den Brustkorb mit Verbänden dick umwickelt. Doch offenbar war sie nicht allzu schwer verwundet, da Sarkojas Dolch den Rand von Solas metallenen Brustornamenten getroffen hatte, so daß er, derart abgelenkt, nur zu einer leichten Kratzwunde geführt hatte.

Beim Nähertreten fand ich Dejah Thoris mit dem Gesicht nach unten auf ihren Seidentüchern und Pelzen liegen. Ihr zierlicher Körper wurde von Schluchzen geschüttelt. Sie bemerkte mich nicht, auch hörte sie nicht, wie ich mit Sola vor der Kutsche redete. »Ist sie verletzt?« fragte ich Sola, mit einer Kopfbewegung auf Dejah Thoris weisend.

»Nein, sie denkt, du bist tot«, entgegnete sie.

»Und glaubt, daß nun niemand mehr da ist, der der Katze ihrer Großmutter die Zähne putzen kann?« erkundigte ich mich lächelnd.

»Ich glaube, du tust ihr Unrecht, John Carter«, erwiderte Sola. »Ich verstehe weder dein noch ihr Verhalten, doch ich bin überzeugt, die Enkelin der zehntausend Jeddaks würde sich niemals über den Tod eines Menschen derart grämen, von dem sie nichts hält, oder überhaupt über niemanden, dem sie nicht äußerst zugeneigt wäre. Sie sind ein stolzes Volk, aber sie sind gerecht wie alle Barsoomier, und du mußt sie verletzt oder ihr ernsthaft unrecht getan haben, so daß sie dich nicht wahrnimmt und dich als tot beweint, obgleich du am Leben bist.«

„Tränen sind auf Barsoom sehr selten«, fuhr sie fort. »Daher fällt es mir sehr schwer, sie zu erklären. Ich habe in meinem ganzen Leben außer Dejah Thoris nur zwei Leute weinen sehen; den einen aus Kummer, den anderen vor unterdrückter Wut. Das erste Mal war es meine Mutter, bevor sie vor Jahren getötet wurde; das andere Mal Sarkoja, als man sie heute von mir wegzog.«

»Deine Mutter?« rief ich aus. »Sola, du kannst deine Mutter doch gar nicht kennen, du Kind.«

»Doch. Und auch meinen Vater«, fügte sie hinzu. »Wenn du die seltsame und in Barsoom einmalige Geschichte hören willst, komm heute abend zu meinem Wagen, John Carter, und ich erzähle dir etwas, worüber ich in meinem Leben noch nie gesprochen habe. Jetzt mußt du gehen, das Signal zum Abmarsch wurde gegeben.«

»Ich komme, Sola«, versprach ich. »Vergiß nicht, Dejah Thoris zu erzählen, daß ich am Leben bin und es mir gut geht. Ich werde mich ihr nicht aufdrängen, und laß sie, bitte, auch nicht erfahren, daß ich sie habe weinen sehen. Wenn sie mit mir sprechen möchte, warte ich nur auf ihren Befehl.«

Sola setzte sich in ihr Fahrzeug, das sich an der richtigen Stelle einreihte, während ich zu meinem wartenden Thoat eilte und zu meinem Platz neben Tars Tarkas am Ende des Zuges galoppierte.

Es mußte ein höchst beeindruckender und wirkungsvoller Anblick sein, wie unsere Kolonne sich weit über die gelbe Landschaft hinzog; die zweihundertfünfzig verzierten und in leuchtenden Farben bemalten Fahrzeuge, angeführt von etwa zweihundert berittenen Kriegern und Befehlshabern, die jeweils im Abstand von einhundert Yards zu fünft nebeneinander ritten, und den mindestens zwanzig Kriegern, die den Zug zu beiden Seiten begleiteten. Dann kamen fünfzig Dickhäuter, jene schweren Zugtiere, die man als Zitidars bezeichnete, danach fünf- bis sechshundert unberittene Thoats, die von einigen Kriegern vorangetrieben wurden. Das glänzende Metall und die Edelsteine, mit denen Männer und Frauen reichhaltig geschmückt waren, verdoppelt im Zaumzeug der Zitidars und Thoats, sowie die eingestreuten strahlend bunten und prunkvollen Seidentücher, Pelze und Federn verliehen der Karawane eine unvorstellbare Pracht, angesichts derer ein ostindischer Maharadscha vor Neid erblaßt wäre.

Die extrem breiten Räder der Fahrzeuge und die dickgepolsterten Pfoten der Tiere bewegten sich geräuschlos auf dem einstigen, nun moosbedeckten Meeresgrund, so daß wir wie ein riesiges Phantom erschienen. Lediglich der kehlige Laut eines Zitadars oder das Geschrei miteinander kämpfender Thoats unterbrachen die Stille. Die grünen Marsmenschen unterhalten sich nur wenig, und dann gewöhnlich so einsilbig und gedämpft, daß es wie das schwache Grollen eines entfernten Gewitters klingt.

Wir querten eine unberührte, moosbewachsene Einöde. Die Pflanzen gaben dem Druck der breiten Räder oder der dicken Pranken nach und richteten sich hinter uns wieder auf, so daß wir nicht die geringste Spur hinterließen. In der Tat hätten wir Geister jener im toten Meer dieses sterbenden Planeten längst Dahingegangenen sein können, solche Totenstille herrschte vor. Zum ersten Mal erlebte ich, daß ein derart riesiger Zug von Menschen und Tieren keinerlei Spuren oder Verschmutzungen zurückließ. Auf dem Mars gibt es keinen Schmutz, außer während der Wintermonate in den kultivierten Gegenden, und sogar diesen bemerkt man kaum, da kein belebender Wind weht.

In dieser Nacht schlugen wir ein Lager am Fuß der Berge auf, die wir seit zwei Tagen ansteuerten. Sie befanden sich am südlichen Ufer des früheren Meeres. Unsere Tiere hatten seit zwei Tagen nichts getrunken, seit fast zwei Monaten überhaupt kein Wasser bekommen, zuletzt kurz nach der Abreise aus Thark, doch Tars Tarkas erklärte mir, daß sie nur wenig benötigten und sich fast unbegrenzte Zeit von dem Moos erhalten könnten, das ganz Barsoom überzieht und in seinen winzigen Zellen genügend Flüssigkeit speichert, um den bescheidenen Flüssigkeitsbedarf der Tiere zu decken. Nachdem ich meine Abendmahlzeit aus jener käseartigen Substanz und der Pflanzenmilch zu mir genommen hatte, suchte ich Sola auf. die beim Schein einer Fackel gerade an einem von Tars Tarkas Umhängen arbeitete. Bei meinem Nähertreten hob sie den Kopf, und ihr Gesicht hellte sich vor Willkommensfreude auf.

»Ich bin froh, daß du gekommen bist«, sagte sie. »Dejah Thoris schläft, und ich fühle mich einsam. Meine eigenen Leute kümmern sich nicht um mich, John Carter, ich unterscheide mich zu sehr von ihnen. Es ist ein trauriges Dasein, da ich mein Leben unter ihnen fristen muß, und ich wünsche mir oft, ich wäre eine echte grüne Marsfrau ohne Gefühl und Glauben. Doch habe ich die Liebe kennengelernt, und so bin ich verloren.

Ich habe versprochen, dir meine Geschichte zu erzählen, oder besser die meiner Eltern. Nach dem, was ich über dich und die Sitten deines Volkes erfahren habe, bin ich überzeugt, daß dieser Bericht dir nicht seltsam vorkommen wird. Doch unter den grünen Marsmenschen kann sich nicht einmal der älteste erinnern, daß so etwas schon einmal vorgekommen ist. Auch wird in unseren Legenden über Ähnliches nicht berichtet.

Meine Mutter war sehr klein, eigentlich zu klein, und so erlaubte man ihr nicht, die Verantwortungen der Mutterschaft zu übernehmen, da es dem Willen unserer Anführer zufolge bei der Züchtung ausschließlich nach der Größe geht. Auch war sie weniger kaltherzig und grausam als die meisten grünen Marsfrauen. Sie legte wenig Wert auf deren Gesellschaft, streifte oft allein durch die menschenleeren Straßen von Thark, setzte sich zu den wilden Blumen, die die nahegelegenen Hügel schmückten, und hing Gedanken und Wünschen nach, die von allen Frauen von Thark allein ich verstehen kann, denn bin ich nicht meiner Mutter Kind?

Dort bei den Hügeln traf sie einen jungen Krieger, der die weidenden Zitidars und Thoats bewachen und darauf achten sollte, daß sie sich nicht hinter die Hügel verirrten. Zuerst unterhielten sie sich über allgemeine Dinge, die bei den Thark von Interesse sind, doch da sie sich häufiger trafen und nicht länger durch Zufall, worüber sich beide ziemlich im klaren waren, sprachen sie viel über sich, die Dinge, die sie mochten, ihre Pläne und Hoffnungen. Sie vertraute ihm und erzählte ihm von dem großen Abscheu, den sie für die Grausamkeiten ihrer Leute hegte, für das schreckliche, lieblose Leben, das sie führen mußten. Dann wartete sie, daß sich ein Sturm verächtlicher Entrüstung von seinen kalten Lippen ergoß, doch statt dessen nahm er sie in die Arme und küßte sie.

Sechs lange Jahre hielten sie ihre Liebe geheim. Sie, meine Mutter, gehörte dem Gefolge des großen Tal Hajus an, während ihr Geliebter ein einfacher Krieger war, der nur sein eigenes Metall trug. Wäre ihr Bruch mit den Traditionen der Thark entdeckt worden, so hätten beide in der großen Arena vor Tal Hajus und der anwesenden Horde dafür bezahlen müssen.

Das Ei, aus dem ich schlüpfte, war auf dem höchsten und unzugänglichsten der teilweise zerstörten Türme des einstigen Thark unter einem großen Glasgefäß versteckt worden. Einmal jährlich besuchte meine Mutter es während der fünf langen Jahre des Ausbrütens. Sie traute sich nicht häufiger zu kommen, da sie sich ob ihres schuldbeladenen Gewissens ständig beobachtet fühlte. Während dieser Zeit erlangte mein Vater große Anerkennung als Krieger. Er hatte inzwischen das Metall verschiedener Anführer erbeutet. Seine Liebe zu meiner Mutter war unvermindert geblieben, und eines seiner Lebensziele war, Tal Hajus das Metall zu abzunehmen, um sich dann als Herrscher der Thark öffentlich zu ihr bekennen zu können und kraft seiner Macht das Kind zu beschützen, das man anderenfalls schnell töten würde, sollte die Wahrheit ans Licht kommen.

Es war ein kühner Traum, innerhalb nur fünf kurzer Jahre Tal Hajus das Metall entreißen zu wollen. Doch er machte schnell Fortschritte und hatte unter den Räten der Thark bald einen hohen Rang inne. Eines Tages ging die Möglichkeit jedoch für immer verloren, die geliebte Familie zu retten, denn er wurde zu einer langen Expedition in den eisbedeckten Süden verpflichtet, um mit den dortigen Bewohnern Krieg zu führen und Felle zu erbeuten. So sind die grünen Barsoomier: Sie arbeiten nicht für Dinge, die sie anderen mit Gewalt wegnehmen können.

Er war vier Jahre fort, und als er zurückkehrte, war es schon drei Jahre zu spät, denn ungefähr ein Jahr nach seiner Abreise war das Junge ausgeschlüpft, kurz vorm Eintreffen eines Trupps, der die Früchte der Gemeinschaft aus dem Inkubator holen sollte. Meine Mutter hielt mich daraufhin in dem alten Turm versteckt, besuchte mich des Nachts und überhäufte mich mit all der Liebe, der uns die Gemeinschaft beraubt hätte. Sie hoffte, mich nach Rückkehr des Trupps von der Brutstation unter die anderen Jungen mischen zu können, die dem Gefolge Tal Hajus zugeteilt waren, um mir so das Schicksal zu ersparen, das der Entdeckung ihres sündhaften Verstoßes gegen die jahrhundertealten Traditionen der grünen Menschen mit Sicherheit folgen würde.

Schnell lehrte sie mich die Sprache und Bräuche unseres Volkes, und eines Nachts erzählte sie mir die Geschichte, wie ich sie dir bisher berichtet habe. Sie wies mich nachdrücklich darauf hin, alles absolut geheim zu halten und äußerst vorsichtig zu sein, wenn sie mich zu den anderen Jungen gebracht hatte, damit niemand errate, daß ich von der Bildung her weiter war. Auch sollte ich in Gegenwart anderer in keiner Weise meine Zuneigung für sie zu erkennen geben oder offenbaren, daß ich meine Eltern kannte. Dann zog sie mich an sich und flüsterte mir den Namen meines Vaters ins Ohr.

In diesem Augenblick blitzte ein Licht in der Dunkelheit des Turmgemaches auf, und vor ihr stand Sarkoja, deren unheilvoll funkelnde Augen voll Abscheu und in rasender Verachtung auf meine Mutter gerichtet waren. Der Schwall von Haß und Beschimpfungen, der sich über sie ergoß, lahmte all meine Glieder. Offensichtlich hatte Sarkoja die ganze Geschichte mitgehört. Die lange nächtliche Abwesenheit meiner Mutter hatte sie mißtrauisch gemacht. Das erklärte ihre Anwesenheit in dieser schicksalsvollen Nacht.

Etwas hatte sie jedoch nicht gehört: Den Namen meines Vaters. Das wurde offensichtlich, da sie meine Mutter fortwährend bedrängte, den Namen des anderen Sünders preiszugeben. Doch selbst noch so viele Beschimpfungen und Drohungen konnten ihr diesen nicht entreißen. Um mich vor sinnlosen Qualen zu retten, log sie und erzählte Sarkoja, daß nur sie allein den Namen wußte und ihn nicht einmal dem Kind mitteilen würde.

Mit einer letzten Schimpfkanonade eilte Sarkoja zu Tal Hajus, um ihm ihre Entdeckung zu hinterbringen. Währenddessen wickelte mich meine Mutter in die Seidentücher und Felle des Nachtlagers, so daß ich kaum zu sehen war, lief auf die Straße und rannte ziellos zum Stadtrand, gen Süden, zu jenem Mann, auf dessen Schutz sie nicht hoffen konnte, dessen Gesicht sie aber noch einmal sehen wollte, bevor sie starb.

Als wir uns der Stadtgrenze näherten, drang aus dem moosigen Flachland Lärm an unsere Ohren, aus jener Richtung, wo sich der einzige Paß durchs Gebirge schlängelte, der zu den Stadttoren führte, jener Weg, den eintreffende Karawanen in die Stadt nehmen mußten. Wir vernahmen das Schreien der Thoats, das Brummen der Zitidars und gelegentliches Waffengeklirr. das die Ankunft eines Kriegstrupps ankündigte. Ihr erster Gedanke war, daß mein Vater von der Expedition zurückkehrte, doch die Schläue der Thark hielt sie davor zurück, ihnen unüberlegt und kopflos entgegenzustürzen.

Sie zog sich in den Schatten eines Tores zurück und erwartete das Eintreffen der Schar, die kurz darauf zu sehen war, wobei sich die Truppe auflöste und die Straße entlangdrängte. Als die ersten an uns vorbeikamen, stieg der kleinere, deutlich sichtbare Mond über den überhängenden Dächern auf und erhellte die Szene mit seinem strahlenden Schein. Meine Mutter wich tiefer in die schützenden Schatten zurück und sah, daß es nicht die Gruppe meines Vaters war, sondern die Karawane mit den jungen Thark. Augenblicklich war ihr Plan gefaßt, und als ein großes Fahrzeug dicht an unserem Versteck vorbeigeschaukelt kam, schlüpfte sie leise über die hintere Ladeklappe hinein, hockte sich in den Schatten der hohen Seitenwand und preßte mich in unbändiger Liebe an ihren Busen.

Im Gegensatz zu mir wußte sie, daß sie mich nach dieser Nacht nie wieder an sich drücken würde. Auch war es höchst unwahrscheinlich, daß wir einander je wieder in die Augen sehen würden. In dem allgemeinen Durcheinander auf dem Platz mischte sie mich unter die anderen Kinder, deren Wächter nach der Reise von ihrer Mission entbunden worden waren. Man brachte uns in einen großen Raum. Einige Frauen, die nicht an der Expedition teilgenommen hatten, fütterten uns, und am nächsten Tag teilte man uns dem jeweiligen Gefolge verschiedener Anführer zu.

Nach dieser Nacht sah ich meine Mutter nie wieder. Tal Hajus ließ sie einsperren, man unternahm jegliche Anstrengung, einschließlich der schrecklichsten und erniedrigendsten Folter, ihr den Namen meines Vaters zu entreißen, doch sie blieb standfest und treu und starb schließlich unter dem Gelächter von Tal Hajus und seinen Befehlshabern während einer entsetzlichen Marter.

Später erfuhr ich, daß sie ihnen erzählt hatte, sie habe mich getötet und meinen Leichnam den weißen Affen vorgeworfen, um mir ein ähnliches Schicksal zu ersparen. Nur Sarkoja glaubte ihr nicht, und bis heute spüre ich, daß sie meine wahre Herkunft weiß, sie jedoch unter den gegenwärtigen Umständen nicht zu enthüllen wagt, da sie, wie ich vermute, auch ahnt, wer mein Vater ist.

Als dieser von der Expedition zurückkehrte und vom Schicksal meiner Mutter erfuhr, war ich dabei. Er verriet seine Gefühle jedoch durch keinerlei Geste, lachte nur nicht, als Tal Hajus voller Entzücken ihre Todesqualen ausmalte. Von diesem Augenblick an wurde er zu einem der grausamsten Kämpfer, und ich sehne den Tag herbei, an dem er sein Ziel erreicht und den Fuß auf Tal Hajus Leichnam setzt, denn ich bin felsenfest davon überzeugt, daß er nur auf die Gelegenheit wartet, sich aufs schrecklichste zu rächen, und daß die Liebe in seiner Brust noch genauso stark ist wie vor vierzig Jahren, als sie zum ersten Mal von ihm Besitz ergriff, wie ich hier am Rande eines uralten Ozeans sitze, während vernünftige Leute schlafen.«

»Ist dein Vater nun bei uns, Sola?« fragte ich.

»Ja, aber er kennt mich nicht und weiß auch nicht, wer meine Mutter an Tal Hajus verraten hat«, entgegnete sie. »Ich allein kenne seinen Namen, und nur ich, Tal Hajus und Sarkoja wissen, daß sie die Geschichte preisgegeben hat, die letztendlich seiner Geliebten Qual und Tod brachten.«

Wir schwiegen kurze Zeit, sie voll düsterer Gedanken über ihre schreckliche Vergangenheit, ich voller Mitleid für die armen Kreaturen einer Rasse, deren herzlose und unsinnige Bräuche sie zu einem lieblosen Dasein voller Grausamkeit und Haß verdammten. Dann hub sie erneut an: »John Carter, wenn jemals ein echter Mann die kalte, tote Oberfläche des Mars betreten hat, bist du es. Ich weiß, daß ich dir vertrauen kann, und da dieses Wissen eines Tages dir, ihm, Dejah Thoris oder mir helfen kann, will ich dir sagen, wer mein Vater ist, ohne dir Einschränkungen oder Bedingungen aufzuerlegen. Ist die Zeit reif, dann sage die Wahrheit, sofern du es für richtig hältst. Ich vertraue dir, da ich weiß, daß du nicht zu jener absoluten und unerschütterlichen Treue verdammt bist, sondern lügen würdest, wie es jeder Gentleman von Virginia tun würde, wenn diese Lüge anderen Leid und Leiden ersparte. Der Name meines Vaters ist Tars Tarkas.«

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