14. Ein Kampf auf Leben und Tod

Im ersten Moment wollte ich ihr eine Liebeserklärung machen, dann fiel mir jedoch die Aussichtslosigkeit ihrer Lage ein, wobei allein ich die Leiden ihrer Gefangenschaft mindern und sie mit meinen bescheidenen Mitteln vor den tausend Erzfeinden beschützen konnte, denen sie nach unserer Ankunft in Thark gegenübertreten mußte. Ich durfte ihr nicht zusätzlich Kummer und Schmerz bereiten, in dem ich ihr meine Liebe erklärte, die sie wahrscheinlich auch nicht erwiderte. Handelte ich derart unbesonnen, so würde das ihr Dasein noch unerträglicher machen als bisher. Außerdem fiel mir ein, daß sie sich in ihrer Lage ausgenutzt fühlen könnte. Also blieb mein Mund dann endgültig verschlossen.

»Warum bist du so still, Dejah Thoris?« fragte ich. »Vielleicht möchtest du lieber zu Sola und in eure Unterkunft zurückkehren?«

»Nein«, murmelte sie. »Hier bin ich glücklich. Ich weiß nicht, warum ich immer so glücklich und zufrieden bin, wenn du bei mir bist, ein Fremder namens John Carter. Doch dann fühle ich mich sicher, und ich habe ein Gefühl, als kehrte ich bald mit dir an den Hof meines Vaters zurück, spürte seine kräftige Umarmung, die Tränen meiner Mutter und ihre Küsse auf meiner Wange.«

»Küssen sich denn die Menschen auf Barsoom?« fragte ich, als sie mir die Bedeutung des mir bis dahin unbekannten Wortes erklärt hatte.

»Eltern, Brüder, und Schwestern, ja – und Liebende«, fügte sie leise und nachdenklich hinzu.

»Hast du Eltern, Brüder und Schwestern, Dejah Thoris?«

»Ja.«

»Und steht jemand deinem Herzen nahe?«

Sie schwieg, und ich wagte nicht, die Frage zu wiederholen.

»Der Mann von Barsoom stellt einer Frau keine persönlichen Fragen, nur seiner Mutter und jener Frau, für die er gekämpft und gesiegt hat«, erwiderte sie schließlich.

»Aber ich habe doch gekämpft –«, begann ich, und dann hätte ich mir am liebsten auf die Zunge gebissen, denn kaum daß ich mich besonnen hatte und verstummte, wandte sie sich um, nahm das Seidentuch ab, hielt es mir schweigend hin und schritt erhobenen Hauptes mit der Haltung der Königin, die sie jedoch war, über den Platz zu ihrem Haus. Ich versuchte gar nicht erst, ihr zu folgen, wartete, bis ich sie sicher am Haus ankommen sah, schickte ihr Woola hinterher, machte entmutigt kehrt und ging heim. Stundenlang saß ich schlechtgelaunt im Schneidersitz auf dem Bett und sann über die seltsamen Launen nach, mit denen das Schicksal uns arme Teufel im Leben bedenkt.

So also sah die Liebe aus! All die Jahre, die ich auf den fünf Kontinenten und den Weltmeeren umherzog, war sie mir erspart geblieben, obwohl ich viele schöne Frauen kennengelernt und sich mir reichlich Gelegenheit dazu geboten hatte; obwohl ich immer geliebt werden wollte und ständig nach einem Ideal gesucht hatte. Mir war es beschieden, mich ungestüm und hoffnungslos in ein Wesen aus einer anderen Welt zu verlieben, ein Lebewesen einer ähnlichen Rasse, die dennoch anders war. Eine Frau, die aus einem Ei geschlüpft war, und deren Lebensspanne unter Umständen mehr als ein Jahrtausend umfaßte; deren Volk seltsame Bräuche und Ansichten hatte; eine Frau, deren Hoffnungen und Freuden, deren Maßstäbe von Tugend, Recht und Unrecht unter Umständen so sehr von den meinen abwichen wie meine von denen der grünen Marsmenschen.

Ja, ich war töricht, doch war ich verliebt, und obwohl ich litt wie noch nie, hätte ich es um all der Reichtümer von Barsoom nicht anders haben wollen. So ist die Liebe, und so sind die Liebenden, wo immer es Liebe gibt. Für mich verkörperte Dejah Thoris Vollkommenheit, Tugend, Schönheit, alles Edle und Gute. Ich glaubte es von ganzem Herzen, während ich in dieser Nacht in Korad mit gekreuzten Beinen auf meinem seidenen Lager saß, der erste Mond von Barsoom über den westlichen Himmel gen Horizont eilte und dabei das Gold, den Marmor und die Edelsteinmosaiks in meinem antiken Gemach anstrahlte. Heute, da ich in meinem Arbeitszimmer am Schreibtisch sitze, von wo ich auf den Hudson blicken kann, kommt es mir vor, als sei es Gegenwart. Dabei sind zwanzig Jahre seitdem vergangen. Zehn davon habe ich für Dejah Thoris und ihr Volk gelebt und gekämpft, zehn weitere von der Erinnerung an sie gelebt.

Der Tag des Abmarsches nach Thark begann klar und heiß wie jeder Tag auf dem Mars, mit Ausnahme jener sechs Wochen, wenn an den Polen der Schnee schmilzt.

Ich machte Dejah Thoris inmitten der abfahrenden Fuhrwerke ausfindig, doch sie zeigte mir die kalte Schulter, und ich konnte sehen, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. Mit der törichten Starrköpfigkeit des Verliebten gab ich mich zufrieden, wo ich mich hätte damit entschuldigen können, daß ich gar nicht wußte, womit ich sie derart gekränkt hatte, und wofür sie mir schlimmstenfalls nur halb vergeben hätte.

Mein Pflichtgefühl ließ mich überprüfen, ob sie bequem untergebracht war, und so blickte ich in ihre Kutsche und richtete ihre Seidentücher und Pelze. Dabei stellte ich mit Entsetzen fest, daß sie mit einer schweren Fußkette ans Fahrzeug gefesselt war.

»Was soll das heißen?« schrie ich Sola an.

»Sarkoja hielt es für das Beste«, entgegnete sie, wobei ihre Miene mir zeigte, wie wenig sie die Maßnahme billigte.

Als ich mir die Kette genauer ansah, bemerkte ich, daß sie mit einem wuchtigen Schloß versehen war.

»Wo ist der Schlüssel, Sola? Bitte gib ihn mir!«

»Sarkoja hat ihn«, entgegnete sie.

Wortlos wandte ich mich um, suchte Tars Tarkas auf und machte ihm Vorhaltungen ob der unnötigen Demütigungen und Grausamkeiten gegenüber Dejah Thoris, wie sie einem Liebenden ja vorkommen mußten.

»John Carter, solltest du und Dejah Thoris überhaupt je die Flucht von den Thark wagen, dann auf dieser Reise. Wir wissen, daß du ohne sie nicht gehen wirst. Du hast dich als tüchtiger Kriegsmann erwiesen, und wir möchten dich nicht anketten. Also halten wir euch beide auf die einfachste und gleichzeitig zuverlässigste Weise fest, die es gibt. Ich habe gesprochen«, entgegnete er.

Ich erkannte augenblicklich die Logik dieser Schlußfolgerung und wußte, daß es sinnlos war, ihn von seiner Entscheidung abbringen zu wollen. Dennoch bat ich ihn, Sarkoja den Schlüssel wegzunehmen und ihr zu befehlen, die Gefangene in Zukunft in Ruhe zu lassen.

»So viel kannst du für mich schon als Gegenleistung für die Freundschaft tun, die ich dir zugegebenermaßen entgegenbringe.«

»Freundschaft?« entgegnete er. »So etwas gibt es nicht, John Carter. Aber du sollst deinen Willen haben. Ich werde Sarkoja befehlen, das Mädchen nicht mehr zu belästigen, und nehme den Schlüssel selbst in Gewahrsam.«

»Falls du nicht mir die Verantwortung übertragen willst«, erwiderte ich lächelnd.

Er blickte mich lange Zeit ernst an und erwiderte dann: »Wenn du mir dein Wort gibst, daß weder du noch das Mädchen zu fliehen versucht, bis wir sicher am Hof von Tal Hajus angekommen sind, kannst du den Schlüssel haben und die Ketten dem Fluß Iss übergeben.«

»Dann ist es besser, du behältst den Schlüssel, Tars Tarkas«, entgegnete ich.

Er lächelte und sagte nichts mehr, aber als wir das Nachtlager aufgeschlagen hatten, beobachtete ich ihn, wie er Dejah Thoris’ Ketten eigenhändig löste.

Trotz seiner Grausamkeit und Kälte hatte man bei ihm das Gefühl, daß er sich ständig im Widerstreit mit sich befand. War es möglich, daß irgendeiner seiner Ahnen ihm einen menschlichen Instinkt vererbt hatte, der ihm nun die Sitten und Gebräuche des eigenen Volkes widerwärtig erscheinen ließ?

Als ich mich Dejah Thoris’ Kutsche näherte, kam ich an Sarkoja vorbei, und der finstere, Blick, den sie mir zuwarf, wirkte seit vielen Stunden auf mich wieder einmal wie Balsam. Großer Gott, wie sehr sie mich verachtete! Ihr Haß war so greifbar, man hätte ihn mit einem Schwert zerteilen können.

Einige Augenblicke später sah ich sie ins Gespräch mit einem Krieger namens Zad vertieft, einem großen, massigen und starken Unhold, der indes noch nie einen der Anführer geschlagen hatte und demzufolge noch immer ein omad war, ein Mann mit nur einem Namen. Er konnte sich nur mit dem Metall eines Anführers einen Zweitnamen verdienen. Derselbe Brauch berechtigte mich, den Namen eines der beiden Anführer zu tragen, die ich getötet hatte, wobei mich einige mit Dotar Sojat ansprachen, einer Kombination der Vornamen jener beiden Krieger, deren Metall ich genommen, oder die ich, mit anderen Worten, in fairem Kampf besiegt hatte.

Als Sarkoja mit Zad redete, blickte er gelegentlich zu mir hin, während sie ihn offensichtlich bedrängte, etwas Bestimmtes zu unternehmen. Damals schenkte ich alle dem kaum Beachtung, doch am nächsten Tag hatte ich guten Grund, mich dessen zu entsinnen und mir darüber klar zu werden, welche Ausmaße Sarkojas Haß annehmen konnte, und zu welchen Dingen ihre schrecklichen Rachegelüste sie treiben konnten.

Dejah Thoris wollte mich an diesem Abend nicht mehr sehen. Als ich sie anredete, schwieg sie und verzog keine Miene, so daß ich nicht wußte, ob sie mich überhaupt wahrnahm. In meiner Not tat ich, was die meisten anderen Liebenden getan hätten. Ich versuchte, durch eine Vertraute mehr zu erfahren. In diesem Falle war es Sola, die ich in einem anderen Teil des Lagers aufstöberte.

»Was ist mit Dejah Thoris? Warum möchte sie nicht mit mir reden?« platzte ich heraus.

Soja schien selbst etwas durcheinander zu sein, denn solch merkwürdiges Gebaren seitens zweier Menschen war ihr offenbar einfach zuviel.

»Sie behauptet, du habest sie verärgert. Mehr möchte sie nicht sagen, außer, daß sie die Tochter eines Jed und die Enkelin eines Jeddaks ist und von einer Kreatur beleidigt wurde, die nicht einmal die Zähne des Soraks ihrer Großmutter putzen könnte.«

Ich dachte eine Weile über diese Äußerung nach und fragte schließlich: »Was ist denn ein Sorak, Sola?«

»Ein kleines Tier von der Größe meiner Hand, was sich die roten Marsfrauen halten, um damit zu spielen«, erklärte Sola.

Außerstande, die Zähne der Katze ihrer Großmutter zu putzen! Dejah Thoris muß ziemlich wenig von dir halten, dachte ich. Dennoch brachte mich die seltsame Redensart zum Lachen, sie klang so vertraut, als stamme sie von der Erde. Ich bekam Heimweh, denn sie klang fast wie: »...ich würde ihm nicht einmal ihre Schuhe putzen lassen.« Nun kamen mir völlig neue Gedanken. Ich fragte mich, was meine Leute zu Hause wohl gerade taten. Seit Jahren hatte ich sie nicht mehr gesehen. Es gab eine Familie Carter in Virginia, enge Verwandte, ich war wohl der Großonkel oder etwas ähnlich Albernes. Überall hielt man mich für fünfundzwanzig oder dreißig Jahre, und es erschien mir völlig absurd, daß ich ein Großonkel sein sollte, denn meine Gedanken und Gefühle waren die eines Jungen. Die Carters hatten zwei kleine Kinder, die ich liebte, und die davon überzeugt waren, daß es auf der ganzen Welt niemanden gab wie Onkel Jack. Ich sah sie deutlich vor mir, als ich im Mondlicht in Barsoom stand, und ich sehnte mich nach ihnen, wie ich mich noch nie zuvor nach jemandem gesehnt hatte. Von Natur aus Weltenbummler, hatte ich niemals den wahren Sinn des Wortes Zuhause kennengelernt, doch die große Vorhalle der Carters hatte immer für all das gestanden, was das Wort mir bedeutete. Bei den kalten und unfreundlichen Menschen, in deren Mitte mich das Schicksal geworfen hatte, wandte sich mein Herz nun diesem Zuhause zu. Denn verachtete mich nicht sogar Dejah Thoris? Ich war eine nichtswürdige Kreatur, so nichtswürdig, daß sie mich nicht einmal die Zähne der Katze ihrer Großmutter putzen lassen würde. Dann rettete mich zum Glück mein Sinn für Humor. Lachend wandte ich mich auf meinem Lager aus Seidentüchern und Fellen um und schlief auf dem mondbeschienenen Boden den Schlaf des müden und gesunden Kämpfers.

Am nächsten Tag brachen wir das Lager frühzeitig ab und marschierten mit nur einem einzigen Halt bis kurz vor Einbruch der Dunkelheit. Zwei Ereignisse unterbrachen unseren eintönigen Marsch. Gegen Mittag erspähten wir weit zu unserer Rechten etwas ähnliches wie einen Inkubator, worauf Lorquas Ptomel Tars Tarkas aussandte, um ihn zu erforschen. Dieser wählte wiederum ein Dutzend Krieger, darunter auch mich, aus, und wir stürmten über den samtigen Moosteppich auf die kleine Eingrenzung zu.

Es war tatsächlich eine Brutstation, doch waren die Eier im Vergleich mit denen, die ich bei meiner Ankunft beim Ausbrüten beobachtet hatte, sehr klein.

Tars Tarkas saß ab, untersuchte eingehend die Eingrenzung und verkündete schließlich, die Station gehöre den grünen Menschen von Warhoon, der Zement an der Außenmauer sei noch nicht getrocknet.

»Sie müssen kaum einen Tagesmarsch vor uns sein«, rief er aus, und Kampfesfreude malte sich auf sein grimmiges Gesicht.

Unser Aufenthalt bei der Brutstation war von kurzer Dauer. Die Krieger rissen den Eingang auf, einige krochen hinein und hatten mit den kurzen Schwertern bald alle Eier zerstört. Wir saßen wieder auf und gesellten uns zur Karawane. Unterwegs ergriff ich die Gelegenheit beim Schöpfe und fragte Tars Tarkas, ob diese Warhoon, deren Eier wir zerstört hatten, ein kleinwüchsigeres Volk seien als die Thark.

»Ich habe bemerkt, daß ihre Eier viel kleiner waren als jene, die ich in eurer Brutstation beim Schlüpfen beobachtet habe«, fügte ich hinzu.

Er erklärte mir, daß die Eier gerade abgelegt worden seien, wie alle Eier der grünen Marsmenschen aber im Laufe der fünfjährigen Brutzeit noch wachsen würden, bis sie die Größe jener Eier erreicht hatten, wie ich sie am Tage meiner Ankunft auf Barsoom gesehen hatte. Das war wirklich interessant, denn es hatte mich verblüfft, daß die grünen Marsfrauen, wie groß sie auch waren, solche riesigen Eier hervorbrachten, aus denen ich die vierfüßigen Kinder hatte zum Vorschein kommen sehen. In Wirklichkeit ist das neugelegte Ei nur wenig größer als ein gewöhnliches Gänseei, und da es erst zu wachsen beginnt, wenn man es dem Sonnenlicht aussetzt, ist es für die Befehlshaber nicht sehr schwer, mit einem Ritt einige Hundert von ihnen aus den Gewölben, in denen sie lagern, zu den Brutstationen zu transportieren.

Kurz nach dem Zwischenfall mit den Warhoon-Eiern machten wir halt, damit sich die Tiere ausruhen konnten. Dabei kam es zu dem zweiten interessanten Vorkommnis des Tages. Ich war gerade dabei, die Reitutensilien von einem meiner Thoats auf das zweite zu packen, da ich die Strecke immer zwischen ihnen aufteilte, als Zad herankam und meinem Tier mit dem langen Schwert wortlos einen schrecklichen Schlag versetzte.

Ich benötige keinen Leitfaden zu der auf dem Mars üblichen Etikette um zu wissen, wie ich darauf zu reagieren hatte. Eigentlich war ich so wütend, daß ich mich kaum zurückhalten konnte, meine Pistole zu ziehen und den Grobian niederzuschießen, doch er wartete mit gezogenem Schwert, und ich hatte nur die einzige Möglichkeit, mein eigenes zu ziehen und ihm einen fairen Kampf zu liefern, und zwar mit der von ihm gewählten oder einer kleineren Waffe.

Letzteres ist immer erlaubt, deswegen hätte ich je nach Lust und Laune das Kurzschwert, den Dolch, das Kriegsbeil oder die Fäuste wählen können und dem Recht völlig Genüge getan. Hingegen durfte ich nicht zu Schußwaffen oder zum Speer greifen, wenn er nur ein langes Schwert in der Hand hielt.

Ich entschied mich für dieselbe Waffe, denn ich wußte, daß er auf ihre Handhabung besonders stolz war, und wenn schon, dann wollte ich ihn mit seiner eigenen Waffe schlagen. Der nun folgende Kampf dauerte lange, wodurch sich der Weitermarsch um eine Stunde verschob. Die gesamte Gemeinschaft scharte sich um uns, und ließ uns dabei einen Freiraum von etwa einhundert Fuß Durchmesser.

Zuerst versuchte Zad, mich niederzustampfen wie ein Bulle den Wolf, doch war ich viel zu schnell für ihn und wich aus. Wenn er dann an mir vorbeistürzte, versetzte ich ihm mit dem Schwert jedes Mal einen leichten Schlag auf Arm oder Rücken. Bald blutete er aus einem halben Dutzend kleinerer Wunden, doch kam ich nicht dazu, ihn ernsthaft zu verletzen. Dann änderte er seine Taktik, kämpfte vorsichtig und äußerst geschickt und versuchte, mit Verstand zu erreichen, was er mit brutaler Kraft nicht hatte ausrichten können. Ich muß zugeben, daß er ein ausgezeichneter Schwertkämpfer war, und hätte ich nicht größere Ausdauer besessen und die außergewöhnliche Beweglichkeit, wie sie mir der Mars verlieh, hätte ich ihm nicht einen derart würdigen Kampf liefern können.

Eine Zeitlang umkreisten wir uns, ohne einander Schaden zuzufügen. Die langen, spitzen Schwerter gleißten im Sonnenlicht und durchbrachen die Stille beim Aufeinandertreffen mit einem metallischen Klang. Als Zad bemerkte, daß er schneller ermüdete als ich, beschloß er, den Kampf durch einen letzten ruhmvollen Schlag für sich zu beenden, und als er auf mich zustürmte, blendete mich etwas, so daß ich sein Näherkommen nicht sehen und nur blindlings zu Seite springen konnte, um der mächtigen Klinge zu entgehen, die ich schon in mir spürte. Ich hatte nur zum Teil Erfolg, wie mir ein scharfer Schmerz in der linken Schulter zeigte, aber als mein Blick suchend umherschweifte, um meinen Gegner erneut ausfindig zu machen, bot sich meinen Augen eine Szene, die mich für die Wunde entschädigte, die ich der zeitweiligen Blendung zu verdanken hatte. Drei Gestalten waren auf Dejah Thoris’ Kutsche geklettert, um den Kampf über die Köpfe der Thark hinweg mitzuverfolgen. Es waren Dejah Thoris, Sola und Sarkoja, und was ich nun sah, grub sich tief in mein Gedächtnis ein, so daß ich es mein Lebtag nicht vergessen sollte.

Genau in dem Moment fiel Dejah Thoris wütend wie eine junge Tigerin über Sarkoja her und schlug ihr einen Gegenstand aus der erhobenen Hand, der im Sonnenlicht aufblitzte, als er auf dem Boden aufschlug. Nun verstand ich, was mich in diesem entscheidenden Moment des Kampfes geblendet hatte, und welchen Weg Sarkoja gefunden hatte, mich zu töten, ohne selbst Hand anzulegen. Dann erlebte ich noch etwas, was mich fast das Leben kostete, denn es nahm für den Bruchteil eines Augenblicks meine gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch. Als Dejah Thoris Sarkoja den winzigen Spiegel aus der Hand stieß, zog Sarkoja mit haßerfülltem Gesicht wutentbrannt den Dolch, um Dejah Thoris einen tödlichen Stoß zu versetzen. In diesem Moment warf sich Sola, unsere liebe und treue Sola, dazwischen, und ich sah als letztes das große Messer über ihrer Brust niedergehen.

Inzwischen hatte sich mein Feind von dem Hieb erholt und forderte erneut meine ganze Konzentration, so daß ich mich widerwillig meiner unmittelbaren Gegenwart widmen mußte, obwohl ich nicht bei der Sache war.

Wütend drangen wir immer wieder aufeinander ein, bis ich plötzlieh die scharfe Spitze seines Schwertes auf meiner Brust spürte. Ich hatte den Schlag weder parieren noch ihm ausweichen können, so daß ich mich mit ausgestrecktem Schwert und dem ganzen Gewicht auf ihn warf, fest entschlossen, wenigstens nicht allein zu sterben. Ich fühlte den Stahl in meine Brust dringen, mir wurde schwarz vor Augen, in meinem Kopf drehte sich alles, und ich spürte, wie die Knie unter mir nachgaben.

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