7. Kapitel

»Na, wieder einigermaßen fit?« Sendig lächelte und bot ihm eine Zigarette an, die Bremer tapfer, aber nicht besonders umsichtig ablehnte - mit einem heftigen Kopfschütteln nämlich, das sofort einen intensiven, hämmernden Schmerz in seinem Schädel nach sich zog. Er biß die Zähne aufeinander und versuchte, ein Stöhnen zu unterdrücken.

»Gut, ich ziehe die Frage wieder zurück. War sowieso ziemlich dumm. Schließlich weiß ich, wie ich mich fühle. So eine Nacht steckt man nicht einfach weg.«

Dem konnte Bremer nur zustimmen. Sie waren noch bis in die frühen Morgenstunden in Löbachs Wohnung geblieben, und es war ihm noch nie so schwergefallen, eine Nachtschicht durchzustehen.

Die Sache machte ihm mehr zu schaffen, als er zuzugeben bereit war - auch sich selbst gegenüber.

Bremer hob die Hände vor das Gesicht, um ein Gähnen zu kaschieren, das er nicht ganz unterdrücken konnte. Er harte kaum geschlafen, selbst als er schließlich nach Hause und ins Bett gekommen war. »Entschuldigen Sie bitte, Herr Kommissar«, begann er, »aber ich -«

»Sie fragen sich, was ich eigentlich von Ihnen will«, unterbrach ihn Sendig. »Und was zum Teufel ich hier zu suchen habe - in Ihrer Wohnung, unangemeldet, und noch dazu, wo Sie krankgeschrieben sind und selbst unabhängig davon jetzt eigentlich dienstfrei hätten.«

Damit hast du verdammt recht, dachte Bremer, besser hätte ich es auch nicht ausdrücken können. Laut sagte er: »Wissen Sie mittlerweile, was in Löbachs Kühlschrank war?«

Sendig hob die Schultern, warf einen fragenden Blick auf die Kaffeekanne auf dem Tisch und schenkte sich den benutzten Becher ein, als Bremer nickte. Er nippte an seinem Kaffee und verzog anerkennend die Lippen.

»Und?« fragte Bremer.

»Nichts Außergewöhnliches. Kokain. Ganz gewöhnliches Kokain. Löbach scheint ab und zu ein Naschen voll genommen zu haben.«

»Kokain?« Bremer blickte ihn zweifelnd an. »Seit wann bewahrt man Kokain im Tiefkühlfach auf?«

Sendig zuckte abermals mit den Achseln. »Seit wann malt man seine Wohnung schwarz an, schnitzt sich den Namen eines alttestamentarischen Todesengels mit einem Steakmesser in die Brust und springt dann nackt vom Balkon?« gab er zurück.

»Alttestamentarischer Todesengel?«

»Wie Sie sehen - ich habe meine Hausaufgaben gemacht«, erwiderte Sendig. »Außerdem habe ich ein ziemlich gutes Lexikon zu Hause. Azrael ist der Name des biblischen Würgeengels.« Er lachte kurz. »Löbach war wirklich verrückt.«

Bremer glaubte ihm kein Wort. Was immer in den Beuteln gewesen war, die sie in Löbachs Kühlschrank gefunden hatten, Kokain war es ganz bestimmt nicht. Kokain, das nach Marzipan roch?

»Bitte, Herr Kommissar«, sagte Bremer. »Ich habe wirklich Kopfschmerzen. Ich bin müde und -«

»Ich verstehe«, unterbrach ihn Sendig. »Ich gehe Ihnen auf die Nerven, und Sie fragen sich, was zum Teufel ich eigentlich von Ihnen will. Wenn es Sie tröstet - ich bin bisher nicht einmal nach Hause gekommen, von einem Bett ganz zu schweigen.«

Das zumindest stimmte offensichtlich. Sendig trug noch immer die vollkommen unpassende festliche Kleidung, mit der er am vergangenen Abend in Löbachs Apartment aufgetaucht war, nur daß sie jetzt einen vollkommen verknitterten und verdreckten Anblick bot. Sein Gesicht war übrigens genauso zerknautscht, was auch seine Behauptung zu beweisen schien, noch weniger Schlaf gefunden zu haben als Bremer. Bremers Mitgefühl hielt sich allerdings in Grenzen.

»Es gibt einen bestimmten Grund, weswegen ich mit Ihnen reden will«, fuhr Sendig fort. »Ich hätte es schon gestern abend getan, wenn nicht... etwas dazwischengekommen wäre. Es war wohl ein glücklicher Zufall, daß ausgerechnet Sie gestern nacht Dienst hatten, als Löbach auf die Idee kam, Superman zu spielen.«

»Hatte ich gar nicht«, maulte Bremer. »Ich war auf dem Weg zur Dienststelle. Meine Schicht war vorbei.«

»Ich sagte doch, ein glücklicher Zufall«, sagte Sendig, »über den ich sehr froh bin.«

Bremer schwieg. Seine Kopfschmerzen wurden stärker, und es erschien ihm viel zu mühsam, zu antworten. Außerdem traute er dem Braten nicht. Sendig war der unumstritten größte Widerling der Berliner Polizei. Wenn er freundlich war, dann war das allemal ein Grund, mißtrauisch zu sein - und sehr, sehr vorsichtig.

»Also gut, ich will ganz offen zu Ihnen sein«, fuhr Sendig fort, nachdem er eine Weile vergebens auf eine Antwort gewartet hatte. »Diese ganze Geschichte stinkt. Sie stinkt genauso zum Himmel wie damals bei Sillmann, aber diesmal werde ich nicht klein beigeben. Ich werde den Fall zurückverfolgen bis zu den Verantwortlichen, und dazu härte ich gerne Ihre Hilfe.«

»Meine Hilfe?«

»Ich brauche einen Mitarbeiter, auf den ich mich verlassen kann. Und dem ich nicht jeden Handgriff erklären muß, sondern der mitdenkt.«

»Davon haben Sie schätzungsweise zweihundertfünfzig im Präsidium«, antwortete Bremer. »Ich bin ein ganz normaler Streifenpolizist, kein Kripobeamter.«

»Ich traue keinem einzigen davon.« Sendig stand auf und trat ans Fenster. Er blickte eine ganze Weile wortlos hinaus und zündete sich eine Zigarette an, ehe er fortfuhr: »Sie waren damals bei der Sillmann-Geschichte dabei, Bremer. Ich habe Sie gleich wiedererkannt, obwohl es sechs Jahre her ist. Wollen Sie wissen, warum? Weil ich genau gesehen habe, wie Sie die Geschichte mitgenommen hat. Ich meine... wir waren alle ziemlich mit den Nerven runter, aber Sie waren einer der wenigen, die es gewagt haben, sich ihre Gefühle wirklich anmerken zu lassen.«

»Ja, ich erinnere mich«, sagte Bremer. Seine Stimme nahm ohne sein Zutun einen säuerlichen Klang an, aber er versuchte auch nicht, dagegen anzukämpfen. Es war seine erste persönliche Begegnung mit Sendig gewesen - an der Zigarre, die er ihm verpaßt hatte, hatte er eine Woche lang geraucht. Und was die Gefühle anging,..

...nur ein Stein hätte keine Regung gezeigt bei diesem Anblick. Vier Tote waren ein bißchen viel, um sie einfach so wegzustecken. Zwei davon waren praktisch noch Kinder gewesen.

Sendig lachte leise, aber es klang nicht echt. »Ja, und wahrscheinlich sind Sie heute noch sauer auf mich, weil ich Sie damals so angeblafft habe. Dabei war ich genauso fertig wie Sie. Glauben Sie es oder nicht - aber ich habe geheult wie ein Schloßhund, als ich zu Hause war. Jeder von uns hat eben seine eigene Art, mit den Ereignissen fertig zu werden.«

Er sog an seiner Zigarette und blies eine graue Rauchwolke gegen die Scheibe. »Aber ich bin nicht hier, um Ihnen mein Herz auszuschütten. Wissen Sie, wie die Geschichte damals ausgegangen ist?«

»Nein«, sagte Bremer.

»Können Sie auch gar nicht«, antwortete Sendig, ohne sich zu ihm umzudrehen. »Sie ist nämlich nicht ausgegangen. Bis heute nicht.«

»Aber ich dachte -«

»Sie dachten dasselbe, was alle dachten«, fiel ihm Sendig ins Wort. »Sie dachten das, was Sie denken sollten. Aber die Wahrheit sieht ein bißchen anders aus.«

»Und wie?«

»Ich wäre wahrscheinlich nicht hier, wenn ich das wüßte«, antwortete Sendig. Er setzte sich wieder, drückte die Zigarette auf seiner Untertasse aus und trank den letzten Schluck Kaffee. »Die offizielle Version ist, daß es sich um einen tragischen Unfall gehandelt hat. Ein paar ausgeflippte Junkies, die es übertrieben und die Quittung dafür bekommen haben.«

»Aber Sie glauben das nicht.« Worauf wollte Sendig hinaus?

»Sagen wir: Man hat mir zu verstehen gegeben, daß ich besser daran täte, es zu glauben. Vor sechs Jahren - und vor knapp zwei Stunden noch einmal.«

»Wie bitte?« entfuhr es Bremer.

Sendig zuckte mit den Schultern und zündete sich schon wieder eine Zigarette an, obwohl er die erste nicht einmal zu einem Drittel aufgeraucht hatte. »Schlechte Nachrichten sprechen sich offenbar wirklich schnell herum«, sagte er paffend. »Man hat mir jedenfalls erneut zu verstehen gegeben, daß die Ermittlungen besser zu dem Ergebnis führen sollten, nach dem gestern alles aussah. Der tragische Selbstmord eines Geistesgestörten.«

»Man?« sagte Bremer betont. »Wer ist man?«

Sendig lächelte dünn und verbarg das Gesicht hinter einer blaugrauen Rauchwolke. »Ich weiß es nicht. Eine Stimme am Telefon, mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«

»Der Sie so einfach gehorchen?«

»Nichts ist einfach, Bremer«, sagte Sendig. »Vielleicht werde ich es Ihnen irgendwann einmal erklären, wahrscheinlich aber nicht. Geben Sie sich damit zufrieden: Es gibt in diesem Land ein paar Dienstausweise, die Sie wahrscheinlich noch nie im Leben zu Gesicht bekommen haben, und Sie sollten beten, daß es so bleibt.«

»Einen Moment, bitte«, sagte Bremer. Sein Kopf tat noch immer weh, aber er war mit einem Male hellwach. Wem wollte Sendig eigentlich diese Räuberpistole erzählen? »Nur, damit ich das richtig verstehe: Sie behaupten, daß man Sie damals gezwungen hat, die Ermittlungen zu verschleppen. Sie?« Das letzte Wort hatte er in so zweifelndem Ton ausgesprochen, daß sich ein verkniffenes Lächeln auf Sendigs Gesicht stahl.

»Das kommt Ihnen seltsam vor, nicht? Aber eine ganze Reihe von Leuten haben damals überraschend Karriere gemacht oder sind unerwartet zu Geld gekommen.«

Diesmal verging eine Weile, bevor Bremer überhaupt begriff, was Sendig damit sagen wollte. Ungläubig riß er die Augen auf. »Sie wollen mir nicht im Ernst erzählen, daß man Sie bestochen hat.«

»Niemand hat mir irgend etwas angeboten«, antwortete Sendig. »Man hat mir nur zu verstehen gegeben, daß es sich nicht besonders günstig auf meine Karriere auswirken würde, wenn ich unvernünftig wäre. Ich war vernünftig - und wurde acht Monate später zum Leiter der Mordkommission befördert.«

»Das wären Sie sowieso geworden«, widersprach Bremer, und das so heftig, daß es ihn selbst überraschte.

»Sicher«, erwiderte Sendig. »Früher oder später. Aber wahrscheinlich doch eher später. Jeder hat seinen Preis, Bremer. Ich auch. Ich habe nur ein bißchen zu spät begriffen, daß es Dinge gibt, die man sich nicht abkaufen lassen kann. Nicht einmal dann, wenn man es will. Wissen Sie, ich habe die Gesichter dieser beiden toten Kinder nie mehr vergessen.«

Bremer antwortete nicht darauf. Das Gehörte hatte ihn erschüttert, und er hatte es noch längst nicht wirklich begriffen. Sendig hatte sich kaufen lassen? Das war vollkommen unmöglich. Er weigerte sich einfach, es zu glauben!

»Ich habe mir eingebildet, es wäre vorbei«, fuhr Sendig fort. »Aber das ist es nicht. Was oder wer immer Löbach umgebracht hat, es war dasselbe wie damals. Aber diesmal werde ich herausfinden, was es ist.«

»Trotz der Dienstausweise?« fragte Bremer.

»Wegen der Dienstausweise«, verbesserte ihn Sendig. »Ich nehme meinen Beruf ernst, Bremer. Ich habe geschworen, die Menschen in dieser Stadt zu beschützen und das Gesetz zu achten. Und niemand wird mich ein zweites Mal dazu bringen, diesen Eid zu brechen. Ganz egal, was für einen Dienstausweis er auch hat. Politische Gründe interessieren mich einen Dreck, wenn Menschenleben auf dem Spiel stehen.«

Das waren große Worte. Für Bremers Geschmack beinahe ein bißchen zu groß. Aber was bei den meisten anderen aufgesetzt und im besten Fall theatralisch geklungen hätte, das hörte sich bei Sendig beinahe glaubhaft an.

»Und dabei soll ich Ihnen helfen?« fragte Bremer. Als Sendig nickte, fügte er hinzu: »Warum ausgerechnet ich? Doch bestimmt nicht nur, weil ich damals Gefühle gezeigt habe.«

Sendig warf einen langen Blick in die Runde. Er taxierte die einfache, aber geschmackvolle Einrichtung der Ein-Zimmer-Wohnung, das ungemachte Bett, von dem er Bremer aufgescheucht hatte, und die Schrankwand, deren Fächer fast vollkommen von Bremers privater Videosammlung eingenommen wurden.

Es dauerte eine Weile, bis Bremer begriff, daß dieser Blick keineswegs den Grund hatte, Zeit zu schinden, sondern bereits Teil der Antwort auf seine Frage war.

»Zum Teil tatsächlich, weil Sie damals dabei waren«, sagte er schließlich. »Ich könnte niemandem wirklich erklären, wie es war. Ihnen muß ich das nicht, Sie haben es gesehen. Außerdem sind Sie ein guter Mann.«

»Und zum anderen Teil?«

»Sie sind Junggeselle«, sagte Sendig. »Ich habe mich über Sie erkundigt. Sie haben kaum andere Interessen als Ihren Beruf. Kaum Hobbys, außer Ihre Vorliebe für Filme - die meiner Meinung nach keinen anderen Grund als schlichte Langeweile hat -, und dazu eine blütenweiße Weste. Wenn meine Informationen stimmen, haben Sie in den letzten acht Jahren nicht einmal falsch geparkt. Es dürfte ziemlich schwer sein, Sie irgendwie unter Druck zu setzen.«

»Und Sie glauben, daß das passieren wird?«

»Keine Ahnung«, gestand Sendig. »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ebensogut ist es möglich, daß gar nichts passiert. Vielleicht sehe ich ja nur Gespenster. Machen Sie das Beste für sich draus. Sie haben doch schon einmal einen Antrag gestellt, zur Kripo versetzt zu werden, oder?«

»Vor zwei Jahren«, bestätigte Bremer. »Er wurde abgelehnt.«

»Ich habe ihn abgelehnt«, sagte Sendig ruhig. »Nur, damit Sie sehen, daß ich wirklich mit offenen Karten spiele.«

Bremer starrte ihn an. »Sie? Aber warum, um Gottes willen?«

Sendig sah ihn mit Unschuldsmiene an. »Vielleicht hatte ich eine Vorahnung«, sagte er. »Wenn ja, war sie richtig. Sonst hätte ich ja jetzt nichts, was ich Ihnen bieten könnte. Schon vergessen? Jeder Mensch hat seinen Preis. Ich lasse Sie zur Kripo versetzen - zuerst vorübergehend, und falls wir beide diese Geschichte halbwegs unbeschadet überstehen sollten, auf Dauer.«

Wenn von dem, was Sendig erzählte, auch nur die Hälfte wahr war, dachte Bremer düster, dann konnte er wahrscheinlich hinterher von Glück sagen, wenn er sich bei der Autobahnpolizei wiederfand und die Leitplanken polieren durfte. »Was erwarten Sie jetzt von mir?« fragte er. »Daß ich Ihnen vor Dankbarkeit um den Hals falle, weil Sie mir etwas anbieten, das Sie mir selbst weggenommen haben?«

Sendig zog eine abfällige Grimasse. »Halten Sie mich meinetwegen für ein Schwein«, sagte er gleichmütig. »Es soll mir recht sein. Ich habe einen Ruf zu verteidigen, wissen Sie. Ich bitte Sie um Ihre Hilfe, nicht, mich zu heiraten.« Er stand auf. »Also?«

»Kann ich es mir überlegen?« fragte Bremer.

»Selbstverständlich.« Sendig deutete auf die Tür. »Genau so lange, wie ich brauche, um zur Tür zu gehen und diesen Raum zu verlassen. Danach werde ich leugnen, dieses Gespräch jemals geführt zu haben.«

Eine innere Stimme flüsterte Bremer zu, daß er besser beraten war, die Frage nicht laut auszusprechen, die ihm auf der Zunge lag, aber er ignorierte sie und fragte: »Und was, wenn ich nein sage? Immerhin könnte ich zu der geheimnisvollen Stimme am Telefon gehen und ihr alles erzählen.«

Sendig verzog keine Miene. »Das würde ich bedauern«, sagte er kühl. »Aber in diesem Fall müßte ich Innen wohl beweisen, was für ein Schwein ich wirklich sein kann.«

Das ließ an Deutlichkeit nicht viel zu wünschen übrig, und Bremer glaubte ihm jedes Wort. Wenigstens waren die Fronten jetzt geklärt, dachte er. »Also gut«, sagte er. »Sie haben gewonnen. Es ist zwar völlig verrückt, aber ich bin dabei.«

»Es freut mich, daß Sie sich so entscheiden«, sagte Sendig. »Ich fahre jetzt nach Hause und ziehe mich um. Meine Frau wird wahrscheinlich schon eine Vermißtenanzeige aufgegeben haben. Ich wollte auf dem Rückweg von der Oper nur noch mal kurz ins Büro, um eine Akte zu holen. Seither hat sie nichts mehr von mir gehört. Ich hole Sie in, sagen wir...« Er sah auf die Uhr. »... zwei Stunden ab, und wir fahren zusammen zu Herrn Sillmann, um ihm die eine oder andere Frage zu stellen. Einverstanden?«

Bremer nickte, und Sendig ging, ohne sich zu verabschieden. Bremer starrte die geschlossene Tür hinter ihm noch eine ganze Weile an, selbst als Sendig das Haus längst verlassen hatte und er hören konnte, wie sein Wagen unten auf der Straße abfuhr. Seine Gedanken rasten, aber gleichzeitig schienen sie sich auch träge wie halb erstarrter Sirup zu bewegen. Was er in den letzten zehn Minuten gehört hatte, das war unglaublicher und zugleich erschreckender als alles, was ihm in seinen bisherigen Dienstjahren untergekommen war. Hatte Sendig gerade wirklich zugegeben, daß er sich hatte kaufen lassen? Und hatte er tatsächlich fast im gleichen Atemzug versucht, ihn zu kaufen?

Und so unglaublich dieser Gedanke schon klang, es gab einen, der noch erschreckender war, nämlich den, daß er, Bremer, im Grunde gar nichts dagegen hatte, sich kaufen zu lassen.

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