13

Selbst ein Eimer kalten Wassers auf seiner nackten Haut brachte ihn kaum zu Bewußtsein. Nur schwach erkannte er die kleinen, rotschlierigen Rinnsale, die von ihm fort durch die Ritzen des Steinfußbodens rannen, an den sich sein Gesicht schmiegte. Jeder noch so flache Atemzug war eine unmenschliche Anstrengung. Träge überlegte er, wie viele Rippen sie ihm gebrochen hatte.

»Zieh dich an. Wir gehen«, rief sie von oben herab.

»Ja, Herrin Denna«, hauchte er. Seine Stimme war vom Brüllen so heiser, daß sie ihn mit Sicherheit nicht hören konnte und ihn für sein Nichtantworten quälen würde, und doch, mehr brachte er nicht hervor.

Als der Strafer ausblieb, bewegte er sich ein wenig, entdeckte seinen Stiefel, streckte die Hand danach aus und zog ihn zu sich. Er setzte sich auf, brachte den Kopf jedoch nicht über seine Schultern. Der hing schlaff herab. Unter größten Mühen begann er, den Stiefel anzuziehen. Die klaffenden Wunden an seinen Füßen trieben ihm die Tränen in die Augen, sobald er am Stiefel zog.

Ihr Knie traf ihn am Kinn und warf ihn flach auf den Rücken. Sie stürzte auf ihn, hockte auf seiner Brust und bearbeitete sein Gesicht mit den Fäusten.

»Was ist los mit dir? Bist du blöd? Erst die Hosen, dann die Stiefel. Muß ich dir alles erklären?«

»Ja, Herrin Denna, nein, Herrin Denna, vergebt mir, Herrin Denna, danke, Herrin Denna, daß Ihr mich gefoltert habt, danke, daß Ihr mich ausgebildet habt«, seiberte er vor sich hin.

Atemlos vor Wut hockte sie auf seiner Brust. Nach einer Weile wurde ihr Atem ruhiger.

»Komm. Ich helfe dir.« Sie beugte sich vor und gab ihm einen Kuß. »Komm, mein Geliebter. Du kannst dich unterwegs ausruhen.«

»Ja, Herrin Denna.« Seine Stimme war kaum mehr als ein Hauchen.

Sie küßte ihn ein zweites Mal. »Komm schon, mein Geliebter. Jetzt wird alles besser, wo ich dich gebrochen habe. Du wirst sehen.«

Im Dunkeln wartete eine geschlossene Kutsche auf sie. Pferdeatem trieb langsam dampfend in der kalten, stillen Luft. Richard stolperte ein paarmal, als er hinter ihr ging, und versuchte, die Kette im rechten Maß durchhängen zu lassen. Er hatte absolut keine Vorstellung, wie lange es her war, daß sie ihn zu ihrem Gemahl erkoren hatte, es war ihm auch egal. Eine Wache öffnete den Kutschenschlag.

Denna warf das Kettenende auf den Boden. »Steig ein.«

Richard krallte sich in den Türrahmen. Undeutlich hörte er, wie jemand sich wutschnaubend näherte. Durch ein kurzes Reißen an der Kette gab Denna ihm zu verstehen, daß er bleiben sollte, wo er war.

»Denna!« Es war die Königin, gefolgt von ihren Beratern.

»Herrin Denna«, korrigierte sie.

Die Königin schien schlechter Laune zu sein. »Wo wollt Ihr mit ihm hin?«

»Das braucht Euch nicht zu kümmern. Es wird Zeit, daß wir uns auf den Weg machen. Wie geht es der Prinzessin?«

Die Königin machte ein finsteres Gesicht. »Noch wissen wir nicht, ob sie überleben wird. Den Sucher übernehme ich. Dafür wird er büßen.«

»Der Sucher ist Eigentum von mir und Darken Rahl. Er wird bestraft werden, und ich werde seine Bestrafung so lange fortsetzen, bis entweder Meister Rahl ihn tötet oder ich. Nichts, was du ihm antun könntest, käme dem gleich, was ihm bereits angetan wurde.«

»Er soll hingerichtet werden. Auf der Stelle.«

Dennas Stimme war kalt wie die Nachtluft. »Geht zurück in Euer Schloß, Königin Milena, solange Ihr es noch habt.«

Richard sah, daß die Königin ein Messer in der Hand hielt. Die Wache neben ihr löste seine Streitaxt und packte sie fest mit der Faust. Für einen Augenblick herrschte kristallklare Stille.

Die Königin schlug mit den Handrücken nach Denna und ging mit dem Messer auf Richard los. Denna hatte keine Mühe, ihr den Strafer gegen ihren fetten Busen zu drücken und sie zurückzuhalten.

Als die Wache an ihm vorbeischoß, um mit der Axt auf Denna loszugehen, erwachte die seltsame Kraft mit Gebrüll. Richard nahm all seinen Mumm zusammen und wurde eins mit ihr. Er schlang der Wache seinen linken Arm um die Kehle und stieß sein Messer ins Ziel. Denna sah sich gelangweilt um, als der Mann seinen Todesschrei herausbrüllte. Mit einem Lächeln in den Augen drehte sie sich wieder zur Königin um, die zitternd, wie gelähmt mit dem Strafer zwischen ihren Brüsten dastand. Denna drehte den Stab. Die Königin sackte auf dem Boden zusammen.

Wütenden Blicks entdeckte Denna die Berater der Königin. »Das Herz der Königin hat versagt.« Sie zog eine Braue hoch. »Völlig überraschend. Bitte richtet dem Volk von Tamarang mein Beileid über den Tod ihrer Herrscherin aus. Ich schlage vor, ihr sucht einen neuen Herrscher, der den Wünschen Meister Rahls etwas mehr Beachtung schenkt.«

Sie verneigten sich knapp. Richards zum Leben erwachte Kraft flackerte noch einmal auf und war verschwunden. Die Anstrengung, die Wache zu überwältigen, hatte ihn völlig erschöpft. Seine zitternden Beine wollten ihn nicht mehr tragen. Der Boden schwankte und schlug ihm entgegen.

Denna packte seine Kette dicht am Kragen und riß seinen Kopf vom Boden. »Ich habe dir nicht befohlen, dich hinzulegen! Dazu hattest du keine Erlaubnis! Auf die Beine!«

Er war bewegungsunfähig. Sie rammte ihm den Strafer in den Bauch, fuhr damit über die Brust bis zum Hals. Richard wand sich in schmerzhaften Zuckungen, konnte seinen Körper aber nicht zwingen, ihr zu gehorchen.

»Leider…«, hauchte er.

Sie merkte, daß er sich nicht bewegen konnte, und wandte sich an die Wachen. »Tragt ihn rein.«

Sie stieg hinter ihm ein, rief dem Fahrer zu, er solle losfahren, und zog die Tür zu.

»Bitte, Herrin Denna«, lallte er, »vergebt mir, daß ich Euch enttäuscht habe, daß ich es nicht geschafft habe, mich hinzustellen, wie Ihr es verlangt habt. Tut mir leid. Ich werde mir in Zukunft mehr Mühe geben. Bitte bestraft mich, damit ich es besser mache.«

Sie packte die Kette dicht am Kragen und zerrte ihn vom Sitz. Ihre Knöchel wurden weiß, die Lippen über den zusammengebissenen Zähnen waren zu einem höhnischen Grinsen verzogen. »Wage es nicht, mir unter den Händen wegzusterben, noch nicht. Du bist noch nicht fertig.«

Er hatte die Augen geschlossen. »Wie Ihr befehlt … Herrin Denna.«

Sie ließ die Kette los, packte ihn an den Schultern, legte ihn auf den Sitz und gab ihm einen Kuß auf die Stirn. »Du hast die Erlaubnis, dich jetzt etwas auszuruhen, mein Geliebter. Es ist ein weiter Weg. Du hast reichlich Zeit.«

Richard registrierte, wie sie ihm die Haare zurückstrich, das Holpern der Kutsche, die über die Straße raste. Dann war er eingeschlafen.

Von Zeit zu Zeit erwachte er halb, ohne jedoch ganz das Bewußtsein zu erlangen. Manchmal saß Denna neben ihm, und er durfte sich an sie lehnen, während sie ihm Essen in den Mund löffelte. Das Schlucken war schmerzhaft und verlangte fast mehr Überwindung, als er aufbringen konnte. Bei jedem Löffel zuckte er zusammen. Sein Hunger war nicht stärker als die Schmerzen in seinem Hals, und er drehte den Kopf vom Löffel weg. Denna redete leise aufmunternd auf ihn ein, drängte ihn, ihretwillen etwas zu essen. Das war das einzige, auf das er reagierte.

Jedesmal, wenn ein Holpern ihn aus dem Schlaf riß, klammerte er sich schutzsuchend an sie, bis sie ihm sagte, es sei nichts und er wieder einschlief. Von der Landschaft, durch die sie reisten, sah er nichts, es war ihm auch einerlei. Solange sie nur bei ihm war, das war alles, was zählte. Nichts sonst hatte Bedeutung, nur seine Bereitschaft, ihren Befehlen zu gehorchen. Ein paarmal wachte er langsam auf und stellte fest, daß sie sich in die Ecke geschmiegt hatte und er ausgestreckt und zugedeckt mit dem Kopf auf ihrer Brust lag, während sie ihm übers Haar strich. Dann versuchte er ihr zu verheimlichen, daß er aufgewacht war, damit sie nicht aufhörte.

Wenn er in diesen Augenblicken ihre tröstliche Wärme spürte, spürte er auch, wie die Kraft in ihm erwachte. Er versuchte nicht, sie zu packen oder festzuhalten, er bemerkte sie bloß. Einmal erkannte er sie sofort. Die Zauberkraft des Schwertes. Er lag da, an Denna gelehnt, spürte, wie er sie brauchte, und die Magie richtete sich in seinem Innern auf. Er berührte sie, liebkoste sie, spürte ihre Stärke. Es glich der Kraft, die er angewandt hatte, wenn er mit dem Schwert hatte töten wollen, und doch anders, auf eine Weise, die er nicht begriff. Seine frühere Kraft spürte er nicht mehr. Über die verfügte jetzt Denna. Nicht aber über diese. Als er versuchte, die Magie zu greifen, löste sie sich auf wie Nebel. Irgendein schwacher Teil seines Verstandes wollte ihre Hilfe, aber da er sie weder beherrschen noch anwenden konnte, verlor er das Interesse daran.

Mit der Zeit begannen seine Wunden zu verheilen. Bei jedem Aufwachen war er ein wenig munterer. Als Denna verkündete, sie seien am Ziel, konnte er schon wieder ohne Hilfe stehen, wenn auch sein Kopf noch nicht wieder völlig klar war.

Es war dunkel, als sie ihn von der Kutsche fortführte. Er behielt beim Gehen ihre Füße im Auge, achtete darauf, daß die an ihrem Gürtel befestigte Kette angemessen durchhing. Obwohl er die Augen nicht von ihr ließ, nahm er den Ort, den sie betraten, doch wahr. Er war riesig. Tamarang wirkte im Vergleich zwergenhaft. Mauern verloren sich im Nichts der Weite, Türme und Dächer erhoben sich zu schwindelerregenden Höhen. Er war klar genug, zu erkennen, daß das ausufernde Gebäude elegant und anmutig konstruiert war. Es war beeindruckend, aber nicht grobschlächtig oder abstoßend.

Denna führte ihn durch Hallen aus poliertem Marmor und Granit. Säulen an den Seiten stützten majestätische Bögen. Je weiter sie kamen, desto deutlicher spürte er die Zunahme seiner Kraft. Noch vor ein paar Tagen hätte er nicht einmal so lange stehen können. Sie begegneten niemandem. Richard schaute hoch zu ihrem Zopf und mußte daran denken, wie hübsch ihr Haar war, wie glücklich er sich schätzen durfte, so eine phantastische Gemahlin zu haben. Beim Gedanken, für sie zu sorgen, wuchs seine Kraft. Bevor sie Gelegenheit hatte, wieder nachzulassen, griff jener entfernte Teil seines Verstandes nach ihr und hielt sie fest, während der Rest seines Verstandes über seine Gefühle für sie nachdachte. Die Erkenntnis, sie beherrschen zu können, unterband den Gedanken an sie, und er klammerte sich an die Hoffnung zu fliehen. Die Kraft verflog.

Sein Mut sank. Was spielte es für eine Rolle, überlegte er, er würde niemals fliehen, und warum sollte er überhaupt wollen? Er war Dennas Gatte. Wo sollte er hin? Was sollte er tun, ohne daß sie ihm sagte, was er tun sollte?

Denna ging durch eine Tür, die sie hinter ihm schloß. Ein Fenster mit spitzem Bogen war mit einem einfachen Vorhang geschmückt und zur Dunkelheit draußen geöffnet. Es gab ein Bett mit einer dicken Decke und fetten Kissen. Der Fußboden bestand aus poliertem Holz. Lampen standen brennend auf dem Tisch neben dem Bett sowie auf dem Tisch mit einem Stuhl auf der anderen Seite des Zimmers. Neben einer weiteren Tür hatte man Schränke aus dunklem Holz in die Wand eingelassen. Auf einem Waschtisch standen eine Schüssel und ein Krug.

Denna löste die Kette. »Hier wohne ich. Da du mein Gatte bist, sei es dir gestattet, hier zu schlafen, vorausgesetzt, du bist mir zu Gefallen.« Sie ließ die Schlaufe über den Pfosten am Fußende des Bettes gleiten. »Heute nacht kannst du hier schlafen. Auf den Boden.«

Er betrachtete den Boden. Der Strafer auf seiner Schulter ließ ihn auf die Knie sinken.

»Ich sagte, auf den Boden. Jetzt.«

»Ja, Herrin Denna. Tut mir leid, Herrin Denna.«

»Ich bin erschöpft. Ich will heute nacht keinen Ton mehr von dir hören. Verstanden?«

Er nickte, aus Angst, etwas zu sagen.

»Gut.« Sie ließ sich mit dem Gesicht aufs Bett fallen und war Sekunden später eingeschlafen.

Richard rieb sich die schmerzende Schulter. Sie hatte den Strafer schon eine ganze Weile nicht mehr benutzt. Wenigstens nicht so, daß Blut floß. Vielleicht, überlegte er, wollte sie kein Blut in ihrem Zimmer. Unsinn, Denna liebte sein Blut. Er legte sich auf den Boden. Morgen würde sie ihm wieder weh tun. Er versuchte, nicht daran zu denken, seine Wunden hatten gerade begonnen, zu verheilen.

Er war vor ihr wach, da er auf jeden Fall vermeiden wollte, mit dem Strafer geweckt zu werden. Eine Glocke läutete mit trägem Klang. Denna wachte auf, blieb noch eine Weile, ohne etwas zu sagen, auf dem Rücken liegen, dann setzte sie sich auf und sah, daß er munter war.

»Morgenandacht«, meinte sie. »Das war der Glockenruf. Nach der Andacht wirst du weiter ausgebildet werden.«

»Ja, Herrin Denna.«

Sie hakte seine Kette an ihrem Gürtel fest und führte ihn ein weiteres Mal durch die Korridore in einen quadratischen Innenhof unter freiem Himmel, der auf allen vier Seiten von Säulen getragen wurde. In der Mitte des Platzes hatte man weißen Sand in konzentrischen Kreisen um einen dunklen, narbigen Felsen geharkt. Oben auf dem Stein befand sich die Glocke, die er zuvor gehört hatte. Auf den Steinen zwischen den Säulen knieten überall vornübergebeugt Menschen und berührten mit der Stirn die Steinplatten.

Sie hatten einen monotonen Sprechgesang angestimmt. »Führe uns, Meister Rahl. Lehre uns, Meister Rahl. In deinem Licht werden wir gedeihen. Deine Gnade gebe uns Schutz. Deine Weisheit beschämt uns. Wir leben nur, um zu dienen. Unser Leben gehört dir

Immer wieder sangen sie dieselben Worte. Denna schnippte mit den Fingern und zeigte auf den Boden. Richard kniete nieder und machte es wie die anderen. Denna kniete sich neben ihn und berührte den Steinboden mit der Stirn. Sie fiel in den Sprechgesang ein, unterbrach sich aber, als sie merkte, daß er es nicht tat.

»Das wären dann zwei Stunden«, blinzelte sie ihn finster an. »Wenn ich dich noch einmal ermahnen muß, werden es sechs.«

»Ja, Herrin Denna.«

Er fiel in den Sprechgesang ein. Er mußte sich auf ein Bild von Dennas Zopf konzentrieren, um die Worte aufsagen zu können, ohne den magischen Schmerz zu provozieren.

Er war nicht sicher, wie lange das Gesinge gedauert hatte, doch es mußten ungefähr zwei Stunden gewesen sein. Sein Rücken schmerzte von der gekrümmten Haltung mit der Stirn auf dem Boden. Die Worte blieben immer gleich. Nach einer Weile verwandelten sie sich in unverständliches Gebrabbel, das in seinem Mund zu einer gestaltlosen Masse verkam.

Die Glocke klingelte zweimal. Die Menschen erhoben sich und verschwanden in alle Richtungen. Denna stand auf. Unsicher, was er tun sollte, blieb Richard, wo er war. Das konnte ihn zwar in Schwierigkeiten bringen, aber wenn er ungefragt aufstand, wurde es auf jeden Fall schlimmer. Er hörte Schritte auf sie zukommen, sah aber nicht auf.

Eine rauhe Frauenstimme sprach. »Schwester Denna, schön, dich wieder hier zu sehen. Es war einsam ohne dich in D’Hara.«

D’Hara! Der Name fuhr wie ein Blitz durch den Nebel seines gepeinigten Hirns. Sofort klammerte er sich zum Schutz an das Bild von Dennas Zopf.

»Schwester Constance. Schön, wieder daheim zu sein und dich zu sehen.«

Richard spürte die Aufrichtigkeit in Dennas Stimme. Der Strafer berührte ihn hinten am Hals und raubte ihm den Atem. Wie ein Tau, das sich immer fester um seine Kehle schloß. Nach der Art, wie er gehalten wurde, war es nicht Dennas.

»Und was haben wir hier?« fragte Constance.

Sie zog den Strafer zurück. Richard schnappte unter gequältem Husten nach Luft. Er stand auf, als Denna es ihm befahl, und wünschte, er könnte sich hinter ihr verstecken. Constance war gut einen Kopf kleiner als Denna, ihr drahtiger Körper steckte in der gleichen Lederkluft wie Dennas, nur war sie braun. Ihr mattes, braunes Haar war ebenfalls zu einem Zopf geflochten, war aber nicht so füllig wie Dennas. Sie zog ein Gesicht, als hätte sie gerade etwas gegessen, was sie nicht leiden konnte.

Denna verpaßte ihm einen leichten Klaps mit dem Handrücken auf den Bauch. »Mein neuer Gemahl.«

»Gemahl.« Constance spie das Wort aus, als sei es bitter. »Ich schwöre dir, Denna, ich werde nie begreifen, wie du es aushältst, dir einen Gatten zu nehmen. Der bloße Gedanke bereitet mir Kopfschmerzen. Der Sucher also, wie ich an seinem Schwert sehe. Ganz netter Fang, trotzdem. Muß schwer gewesen sein.«

Denna grinste selbstgefällig. »Er hatte erst zwei meiner Männer getötet, bevor er seine magischen Kräfte gegen mich gerichtet hat.«

Constances schockiertes Gesicht schien Denna zu amüsieren. »Er ist aus Westland.«

Constances Brauen schossen in die Höhe. »Nein!« Sie sah Richard genau in die Augen. »Ist er schon gebrochen?«

»Ja«, seufzte Denna. »Aber er bringt mich noch immer zum Lächeln. Die Morgenandacht ist gerade vorbei, und er hat sich schon zwei Stunden verdient.«

Auf Constances Gesicht machte sich ein Grinsen breit. »Was dagegen, wenn ich mitkomme?«

Denna lächelte sie herzlich an. »Du weißt doch, was mir gehört, gehört auch dir, Constance. Du darfst mir sogar helfen.«

Constances wirkte geschmeichelt und stolz. Richard mußte sich in krampfartiger Panik auf Dennas Zopf konzentrieren, als seine Wut aufflammte.

Denna beugte sich dichter zu ihrer Freundin. »Wenn du ihn dir für eine Nacht ausborgen willst, ganz für dich allein, ich hätte nichts dagegen.« Constance richtete sich angewidert auf. Denna lachte. »Wenn du es nicht versuchst, wirst du nie wissen, wie es ist.«

Constance setzte eine finstere Miene auf. »Ich werde mich auf andere Art an seinem Fleisch ergötzen. Ich gehe und lege mein Rot an. Wir treffen uns dort.«

»Nein … das Braun ist ganz in Ordnung. Im Augenblick.«

Constance musterte ihr Gesicht. »Das klingt gar nicht nach dir, Denna.«

»Ich habe meine Gründe. Außerdem hat Meister Rahl mich persönlich auf ihn angesetzt.«

»Meister Rahl höchstpersönlich. Also schön, wie du willst. Schließlich gehört er dir, und ich muß tun, was du verlangst.«

Der Ausbildungsraum war ein schlichtes Quadrat mit Wänden und Boden aus grauem Granit und einer Holzdecke. Beim Betreten stellte ihm Constance ein Bein. Er fiel aufs Gesicht. Die Wut packte ihn, bevor er sich beherrschen konnte. Mit sich zufrieden, stand sie über ihn gebeugt und sah zu, wie er sich abmühte, sie wieder unter Kontrolle zu bringen.

Denna schnallte ihm eine Konstruktion um, die ihm Handgelenke und Ellenbogen fest auf dem Rücken zusammenband. Damit wurde er an ein Seil gehakt, das durch einen Flaschenzug an der Decke lief und an der Wand befestigt war. Sie hievte ihn in die Höhe, bis er sich auf die Zehenspitzen stellen mußte, und zurrte ihn an der Wand fest. Die Schmerzen in seinen Schultern waren unerträglich und raubten ihm fast den Atem, dabei hatte sie ihn noch nicht einmal mit dem Strafer berührt. Er war hilflos, konnte sein Gleichgewicht nicht halten und durchlitt Qualen, noch bevor sie überhaupt angefangen hatte. Sein Mut verließ ihn.

Denna nahm auf einem Stuhl an der Wand Platz und bot Constance an, sich zu amüsieren. Denna hatte bei seiner Ausbildung häufig ein Lächeln auf dem Gesicht gehabt. Constance verzog keine Miene. Sie ging zu Werke wie ein Ochse im Geschirr, Haarsträhnen lösten sich, und ihr Gesicht war im Nu schweißbedeckt. Sie veränderte die Berührung mit dem Strafer nie. Es war immer dasselbe, hart, derb, wütend. Richard brauchte keine Angst zu haben, es gab keine Pausen. Sie arbeitete rhythmisch, gönnte ihm keine Ruhe. Aber es floß kein Blut. Denna saß mit unveränderlichem Grinsen auf den an die Wand gekippten Stuhl. Endlich hörte Constance auf. Richard stöhnte und keuchte.

»Er verträgt eine Menge. So habe ich mich schon eine ganze Weile nicht mehr ausgetobt. Alle, die ich in der letzten Zeit hatte, sind schon bei der ersten Berührung zusammengeklappt.«

Der Stuhl kippte mit einem dumpfen Knall auf die Vorderbeine. »Vielleicht kann ich dir ein wenig zur Hand gehen, Schwester Constance. Laß dir zeigen, wo er es gar nicht gerne hat.«

Denna trat hinter ihn und blieb stehen. Er zuckte zusammen und wartete auf etwas, das nicht kam. Er wollte gerade erleichtert ausatmen, als sich der Strafer in eine empfindliche Stelle an seiner rechten Seite bohrte. Er schrie auf, als sie den Druck hielt. Als er sein Gewicht nicht mehr halten konnte, zerrte sie das Seil an seinen Schultern so stramm, daß er fürchtete, die Gelenke würden ausgekugelt. Unter höhnischem Grinsen berührte Denna ihn mit dem Strafer, bis er anfing zu heulen.

»Bitte, Herrin Denna«, schluchzte er, »bitte.«

Sie zog den Strafer zurück. »Siehst du?«

Constance schüttelte den Kopf. »Ich wünschte, ich hätte dein Talent, Denna.«

»Hier ist noch eine Stelle.« Er schrie auf. »Und hier, und hier ist noch eine.« Sie kam herum und lächelte ihm ins Gesicht. »Du hast doch nichts dagegen, wenn ich Constance alle deine kleinen, besonderen Stellen zeige, oder?«

»Bitte, Herrin Denna, alles, nur das nicht. Es tut zu weh.«

»Siehst du? Es macht ihm überhaupt nichts aus.«

Sie ging zurück zu ihrem Stuhl, während ihm die Tränen über das Gesicht strömten. Constance lächelte nicht, sondern machte sich einfach an die Arbeit und hatte ihn bald soweit, daß er sie atemlos anflehte. Aber ihre unnachgiebige Art, niemals den Druck zu verändern, niemals nachzulassen, war schlimmer als Dennas. Sie gönnte ihm nicht die geringste Pause. Richard lernte, ihre Berührung mehr zu fürchten als die Dennas. Denna legte gelegentlich ein seltsames Mitgefühl an den Tag. Constance nie. Jedesmal, wenn ein bestimmter Punkt überschritten war, meinte Denna, sie solle aufhören und einen Augenblick warten. Sie wies sie an, ihn nicht zum Krüppel zu machen. Constance fügte sich ihren Wünschen und überließ es Denna, wie sie ihn quälen lassen wollte.

»Du brauchst nicht hierzubleiben, Denna, wenn du etwas zu erledigen hast. Mir macht das nichts aus.«

Angst und Schrecken rasten durch sein Hirn. Er wollte nicht mit Constance allein gelassen werden. Er wußte, daß Constance ihm Dinge antun wollte, die Denna ablehnte. Er hatte keine Ahnung, was das sein konnte, nur Angst.

»Ich werde dich ein anderes Mal mit ihm allein lassen … dann kannst du machen, was du willst. Heute bleibe ich.«

Richard tat alles, sich seine Erleichterung nicht anmerken zu lassen. Constance machte sich wieder ans Werk.

Es dauerte eine Weile, dann stand sie hinter ihm, griff ihm in die Haare und riß seinen Kopf hart nach hinten. Richard wußte genau, was es bedeutete, wenn einem der Kopf auf diese Weise in den Nacken gerissen wurde. Er mußte an die Schmerzen denken, die sie ihm gleich zufügen würde. Die Schmerzen, wenn einem der Strafer ins Ohr geschoben wurde. Er schüttelte sich unbeherrscht, bekam vor Angst keine Luft.

Denna erhob sich von ihrem Stuhl. »Das nicht, Constance.«

Constance blickte ihn mit zusammengebissenen Zähnen an und riß seinen Kopf fester nach hinten. »Wieso nicht? Du hast das doch bestimmt auch gemacht.«

»Ja. Ich will einfach nicht, daß du es tust, das ist alles. Meister Rahl hat noch nicht mit ihm gesprochen. Ich will kein Risiko eingehen.«

Ein Grinsen machte sich auf Constances Gesicht breit. »Laß es uns zusammen machen, Denna, gleichzeitig. Du und ich. Wie früher.«

»Ich hab’ doch gerade gesagt, daß Meister Rahl noch mit ihm sprechen will.«

»Und danach?«

Denna mußte grinsen. »Ich habe diesen Schrei schon lange nicht mehr gehört.« Sie blickte Richard in die Augen. »Wenn Meister Rahl ihn nicht tötet und er nicht vorher schon an … nun, an anderen Dingen stirbt, dann, ja, dann werden wir es tun. Einverstanden? Aber nicht jetzt. Außerdem möchte ich dich bitten, Constance, meine Wünsche bezüglich des Strafers in seinem Ohr zu respektieren.«

Constance nickte und ließ seine Haare los. »Glaub nicht, daß du so einfach davonkommst«, fauchte sie ihn an. »Früher oder später werden wir beide allein sein, und dann werde ich mich mit dir vergnügen.«

Als sie mit seiner Ausbildung fertig waren, gingen sie essen. Richard trottete hinterher, seine Kette war an Dennas Gürtel befestigt. Der Speisesaal wirkte geschmackvoll mit seiner schlichten Eichentäfelung und dem weißen Marmorboden. An verschiedenen Tischen saßen Leute und unterhielten sich leise beim Essen. Denna schnippte mit den Fingern, als sie saß, und zeigte auf den Platz hinter ihrem Stuhl. Diener brachten den beiden Mord-Sith ihr Essen, Richard dagegen bekam nichts. Das Mittagessen bestand aus einer herzhaft aussehenden Suppe, Käse, braunem Brot und Früchten. Der Duft trieb Richard zum Wahnsinn. Fleisch wurde nicht serviert. Mitten beim Essen drehte Denna sich um und teilte ihm mit, er würde deshalb nichts zu essen bekommen, weil er sich am Vormittag zwei Stunden eingehandelt hatte. Wenn er sich benähme, meinte sie, würde er am Abend etwas bekommen.

Der Nachmittag wurde mit andächtigem Gesang und anschließend mit mehreren Stunden Ausbildung verbracht. Denna und Constance teilten sich die Aufgabe. Richard gab sein Bestes, nichts falsch zu machen, und wurde zum Abendessen mit einer Schale Reis und etwas Gemüse belohnt. Nach dem Abendessen folgte eine weitere Andacht und weitere Ausbildung, bis sie sich schließlich von Constance verabschiedeten und Dennas Quartier aufsuchten. Richard war todmüde und konnte vor Schmerzen nur noch gebeugt gehen.

»Ich wünsche ein Bad«, befahl sie. Sie zeigte ihm den an ihr Zimmer angrenzenden Raum. Er war klein und leer bis auf das Seil, an dem die Fesselvorrichtung von der Decke hing, und eine Badewanne in der Ecke. Sie erklärte, der sei für den Fall gedacht, daß er zwischendurch ein wenig ausgebildet werden müsse und sie kein Blut in ihrem Zimmer oder ihn die ganze Nacht über hängen lassen wollte. Sie versprach ihm, er würde in dem kleinen Zimmer eine Menge Zeit zubringen. Sie ließ ihn die Wanne ans Fußende ihres Bettes schleppen. Er nahm den Eimer heraus und bekam Anweisungen, wo das heiße Wasser zu besorgen sei. Er durfte mit niemandem sprechen, nicht einmal, wenn er angesprochen wurde, und mußte hinund zurückrennen, damit ihr Badewasser nicht kalt wurde, bevor es eingefüllt war. Sie erklärte ihm, sollte er ihre Anweisungen nicht aufs genaueste befolgen, würde ihn der magische Schmerz niederstrecken. Sollte sie nach ihm suchen müssen, würde es ihm noch sehr leid tun, sie enttäuscht zu haben.

Er schwor einen feierlichen Eid, zu tun, was sie befahl. Das Wasser mußte er aus einer heißen Quelle in einem weißen, mit Marmorbänken eingefaßten Becken holen, das weit entfernt war. Nachdem er die Wanne endlich gefüllt hatte, war er schweißnaß und erschöpft.

Richard schrubbte ihr den Rücken, während sie in der Wanne saß. Er mußte ihr die Haare bürsten und ihr beim Waschen helfen.

Denna ließ die Arme über den Wannenrand baumeln, legte den Kopf zurück und schloß entspannt die Augen, während er neben ihr kniete für den Fall, daß sie einen Wunsch verspürte. »Du magst Constance nicht, oder?«

Richard wußte nicht, wie er antworten sollte. Er wollte nichts Schlechtes über ihre Freundin sagen, aber mit Lügen würde er sich auch nur eine Bestrafung einhandeln. »Ich … ich habe Angst vor ihr, Herrin Denna.«

Denna lächelte, ihre Augen waren noch immer geschlossen. »Eine kluge Antwort, mein Liebster. Du hast doch nicht etwa die Absicht, den Respektlosen zu spielen, oder?«

»Nein, Herrin Denna. Ich habe die Wahrheit gesagt.«

»Gut. Du solltest dich auch vor ihr fürchten. Sie haßt Männer. Jedesmal, wenn sie einen umbringt, brüllt sie den Namen dessen heraus, der sie gebrochen hat. Rastin. Erinnerst du dich noch an den Mann, der mich gebrochen und zu seiner Gattin gemacht hat und den ich später getötet habe? Er war Constances Ausbilder, bevor er mich gebrochen hat. Sein Name war Rastin. Er war es, der sie gebrochen hat. Constance hat mir verraten, wie ich ihn töten kann. Für sie würde ich alles tun. Und weil ich den Mann getötet habe, der sie gebrochen hat, würde sie auch alles für mich tun.«

»Ja, Herrin Denna. Aber, Herrin Denna, bitte laßt mich nicht allein mit ihr, ja?«

»Dann schlage ich vor, daß du dich mit vollster Aufmerksamkeit deinen Pflichten widmest. Wenn du das tust, bleibe ich dabei, solange sie dich abrichtet. Siehst du? Begreifst du jetzt, wie froh du sein mußt, eine gütige Herrin zu haben?«

»Ja, Herrin Denna, vielen Dank, daß Ihr meine Ausbildung übernommen habt. Ihr seid eine gute Lehrerin.«

Sie öffnete ein Auge, als wollte sie sein Gesicht nach einem Anflug von Spott absuchen. Es gab keinen.

»Hol mir ein Handtuch und leg meine Kleidung für die Nacht auf den Tisch neben dem Bett.«

Richard half ihr beim Frottieren der Haare. Denna zog ihr Nachthemd nicht an, sondern legte sich nackt aufs Bett, die feuchten Haare auf dem Kopfkissen ausgebreitet.

»Geh und puste die Lampe auf dem Tisch dort drüben aus.« Er ging sofort und blies die Flamme augenblicklich aus. »Bring mir den Strafer, mein Lieber.«

Richard zuckte zusammen. Er konnte es nicht ausstehen, wenn er ihr den Strafer bringen mußte, es tat weh, wenn er ihn anfaßte. Doch er hatte noch größere Angst vor den Folgen seines Zögerns, also biß er die Zähne zusammen und schnappte sich den Strafer. Er balancierte ihn auf den offenen Flächen beider Hände. Der Schmerz vibrierte hinauf bis in Ellenbogen und Schultern. Er konnte es kaum erwarten, daß sie ihn nahm. Sie hatte die Kissen vor dem Kopfende aufgeschüttelt, saß halb aufrecht und beobachtete ihn. Er stieß einen tiefen Seufzer aus, als sie ihm den Strafer aus den Händen nahm.

»Herrin Denna, warum tut es Euch nicht weh, wenn Ihr ihn berührt?«

»Aber das tut es, genau wie dir. Er tut mir weh, weil es der gleiche ist, mit dem man mich ausgebildet hat.«

Er war fassungslos. »Soll das heißen, Ihr habt die ganze Zeit Schmerzen, wenn Ihr ihn in den Händen haltet? Die ganze Zeit während meiner Ausbildung?«

Sie nickte, spielte mit dem Strafer herum und wich eine Sekunde lang seinem Blick aus. Sie sah ihn mit einem leichten Stirnrunzeln und zaghaft lächelnd an. »Es gibt kaum einen Augenblick, in dem ich nicht irgendwelche Schmerzen der einen oder anderen Art hätte. Deswegen dauert die Ausbildung einer Mord-Sith auch Jahre; sie muß lernen, mit den Schmerzen umzugehen. Vermutlich sind aus diesem Grund auch nur Frauen Mord-Sith; Männer sind einfach zu schwach. Die Kette an meinem Handgelenk gestattet mir, ihn hängen zu lassen. Solange er an der Kette hängt, tut er nicht weh. Aber solange ich ihn bei jemandem anwende, ruft er beständig Schmerzen hervor.«

»Das habe ich nicht gewußt.« Richard drehte sich der Magen um. »Das tut mir leid, Herrin Denna. Es tut mir leid, daß Ihr Schmerzen habt, daß Ihr für meine Ausbildung leiden müßt.«

»Schmerzen können ein ganz eigenes Vergnügen mit sich bringen, mein Lieber. Das ist eines der Dinge, die ich dir beibringe. Es ist übrigens Zeit für die nächste Lektion.« Ihr Blick glitt an ihm auf und ab. »Genug geredet.«

Richard kannte diesen Blick in ihren Augen, dieses hastige Luftholen. »Aber, Herrin Denna, Ihr habt gerade gebadet, und ich bin völlig verschwitzt.«

In ihrem Mundwinkel erschien ein verhaltenes Grinsen. »Ich mag deinen Schweiß.«

Sie sah ihm tief in die Augen und schob sich den Strafer zwischen die Zähne.

Die Tage verstrichen in stumpfer Gleichförmigkeit. Die Andacht machte Richard nichts aus, denn dann wurde er nicht ausgebildet, und niemand tat ihm weh. Das Herunterbeten der Worte konnte er jedoch nicht ausstehen, während des gemeinsamen Gesangs mußte er die ganze Zeit an Dennas Zopf denken. Stunde um Stunde immer dasselbe zu singen, auf den Knien, die Stirn auf die Steinplatten gepreßt, war kaum weniger beschwerlich als die Ausbildung. Richard stellte fest, daß er mitten in der Nacht oder am Morgen aufwachte und die Worte herunterleierte. »Führe uns, Meister Rahl. Lehre uns, Meister Rahl. In deinem Licht werden wir gedeihen. Deine Gnade gebe uns Schutz. Deine Weisheit beschämt uns. Wir leben nur, um zu dienen. Unser Leben gehört dir.«

Denna trug kein Rot mehr, statt dessen hatte sie weißes Leder angelegt. Sie erklärte ihm, es sei das Zeichen, daß er gebrochen und zum Gatten erwählt worden sei und daß sie, um ihre Macht über ihn zu demonstrieren, beschlossen hätte, ihn nicht auszubluten. Constance gefiel das überhaupt nicht. Für Richard machte es keinen großen Unterschied. Der Strafer fühlte sich gleich an, ob er dabei blutete oder nicht. Constance war ungefähr die Hälfte der Zeit bei Denna und verschwand gelegentlich, um ein Schoßhündchen abzurichten. Immer häufiger bestand Constance darauf, mit Richard allein gelassen zu werden, doch das ließ Denna nicht zu. Constance legte sich bei seiner Ausbildung mächtig ins Zeug. Je mehr Richard von ihr zu sehen bekam, desto mehr Angst hatte er vor ihr. Denna lächelte ihm zu, wenn sie Constance sagte, sie könne übernehmen.

Eines Tages, nach der Nachmittagsandacht, als Constance gegangen war, um jemand anderes auszubilden, brachte Denna ihn in die kleine Kammer neben ihrem Zimmer. Mit dem Tau hievte sie ihn hoch, bis er kaum noch den Boden berührte.

»Herrin Denna, würdet Ihr mit Eurer gütigen Erlaubnis zustimmen, daß von nun an Constance allein für meine gesamte Ausbildung verantwortlich ist?«

Seine Frage hatte einen unerwarteten Effekt. Sie wurde wütend. Sie starrte ihn an, wurde tiefrot im Gesicht, dann begann sie, mit dem Strafer auf ihn einzudreschen, bohrte ihn in seinen Leib, brüllte ihn an, wie wertlos er sei, wie nichtig und wie sehr sie Gerede leid sei. Denna war kräftig, und sie schlug ihn mit dem Strafer, so hart sie konnte. Es ging endlos so weiter. Richard konnte sich nicht erinnern, sie je so wütend gesehen zu haben, so unerbittlich, so grausam. Bald konnte er sich an nichts mehr erinnern, nicht einmal, wo er war. Er wand sich vor Schmerzen. Er brachte kein Wort hervor, schaffte es nicht, sie anzuflehen, aufzuhören, bekam die meiste Zeit nicht einmal Luft. Sie blieb unnachgiebig hart und ausdauernd. Sie schien immer wütender zu werden. Er sah Blut auf dem Boden, eine Menge Blut. Ihr weißes Leder war über und über damit bespritzt. Sie keuchte vor Anstrengung, vor Wut. Ihr Zopf löste sich.

Denna packte sein Haar und riß ihn nach hinten. Ohne jede Warnung bohrte sie ihm den Strafer härter ins Ohr als jemals zuvor. Immer wieder. Zeit verzerrte sich zu Ewigkeit. Er wußte nicht mehr, wer er war, was passierte. Er versuchte nicht einmal mehr, zu betteln, zu winseln, auszuhalten.

Dann hörte sie auf. Sie stand neben ihm, vor Zorn nach Luft ringend. »Ich gehe jetzt essen.« Er spürte, wie der magische Schmerz quälend in ihm emporstieg. Er riß die Augen auf, schnappte nach Luft. »Während ich fort bin, und ich werde mir viel Zeit lassen, überlasse ich dich dem magischen Schmerz. Du kannst weder ohnmächtig werden noch irgend etwas dagegen tun. Sobald du deinem Ärger freien Lauf läßt, wird der Schmerz schlimmer. Und du wirst ihm freien Lauf lassen. Das verspreche ich dir.«

Sie ging zur Wand und hievte das Seil hoch, bis seine Füße den Boden nicht mehr berührten. Richard schrie auf. Seine Arme fühlten sich an, als würden sie ausgerissen.

»Viel Vergnügen.« Damit machte sie auf dem Absatz kehrt und ging.

Richard balancierte auf dem schmalen Grat zwischen geistiger Klarheit und schierem Wahn. Das Leid fraß sich durch seinen Körper und machte es ihm unmöglich, seinen Zorn zu beherrschen, genau wie sie es ihm versprochen hatte. Er schien in den Flammen seiner Qual zu verglühen. Irgendwie war es schlimmer, weil sie nicht dabei war. Noch nie hatte er sich so allein gefühlt, so hilflos. Die Schmerzen waren so groß, daß er nicht einmal weinen konnte, er konnte bloß gequält nach Luft schnappen.

Er hatte keine Vorstellung, wie lange er allein gelassen wurde. Plötzlich sackte er zu Boden und entdeckte Dennas Stiefel rechts und links neben seinem Kopf. Sie stand über ihm. Sie hatte zwar den magischen Schmerz abgestellt, aber seine Arme waren noch immer hilflos auf dem Rücken gefesselt, und das brennende Inferno aus Schmerzen in seinen Schultern war noch nicht erloschen. Er brüllte in die Blutlache am Boden. Sie stand über ihm.

»Ich habe es dir gesagt«, zischte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch, »du bist mein Gemahl — auf Lebenszeit.« Er hörte ihren schweren Atem, ihren Zorn. »Bevor ich zu weit schlimmeren Dingen übergehe und du nicht mehr in der Lage bist zu sprechen, sollst du mir erklären, warum dich Constance an meiner Stelle ausbilden soll.«

Er würgte Blut und versuchte zu sprechen.

»So spricht man nicht mit mir! Auf die Knie! Sofort!«

Er versuchte, auf die Knie zu kommen, aber mit den auf den Rücken gefesselten Armen war das unmöglich. Denna packte ihn am Haar und riß ihn hoch. Taumelnd sackte er gegen sie, sein Gesicht schleifte durch das feuchte Blut auf ihrem Bauch. Sein Blut.

Sie drückte ihm den Strafer an die Stirn und stieß ihn von sich. Das öffnete ihm die Augen. Er schaute zu ihr auf, wollte antworten.

Denna schlug ihm auf den Mund. »Sieh auf den Boden, wenn du mit mir sprichst! Niemand hat dir erlaubt, mich anzusehen!« Richard senkte den Blick auf ihre Stiefel. »Deine Zeit läuft ab! Beantworte meine Frage!«

Richard würgte noch mehr Blut hervor, es lief ihm am Kinn herunter. Er hatte Mühe, sich nicht zu übergeben. »Weil ich weiß, Herrin Denna«, krächzte er heiser, »daß es Euch schmerzt, den Strafer zu halten. Ich weiß, daß es Euch weh tut, mich auszubilden. Ich möchte, daß Herrin Constance es übernimmt, um Euch den Schmerz zu ersparen. Ich weiß, was es heißt, Schmerzen zu haben, das habt Ihr mir beigebracht. Ihr seid bereits genug gequält worden, und Ihr sollt nicht noch mehr leiden. Mir wäre es lieber, wenn Herrin Constance mich bestraft, damit Ihr keine Schmerzen mehr erleidet.«

Er versuchte mit letzter Kraft, sich auf den Knien zu halten. Lange herrschte Stille. Richard starrte auf ihre Stiefel, hüstelte ein wenig, versuchte mit aller Kraft, trotz der Schmerzen in seinen Schultern zu atmen. Die Stille schien nicht enden zu wollen. Er hatte keine Ahnung, was sie ihm als nächstes antun würde.

»Ich verstehe dich nicht, Richard Cypher«, sagte sie endlich ganz leise. Alle Wut war aus ihrer Stimme gewichen. »Die Seelen mögen mich holen, ich verstehe dich nicht.«

Damit trat sie hinter ihn und löste die Vorrichtung, die seine Arme hielt, und verließ die Kammer ohne ein weiteres Wort. Er konnte seine Arme nicht richtig strecken und stürzte aufs Gesicht. Er versuchte nicht mehr, hochzukommen, sondern lag nur da, auf dem blutverschmierten Steinboden, und weinte.

Nach einer Weile hörte er die Glocke, die sie zur Abendandacht rief. Denna kam wieder herein, hockte sich neben ihn, legte den Arm sachte um ihn und half ihm auf.

»Wir dürfen die Andacht nicht verpassen«, erklärte sie mit ruhiger Stimme und hakte die Kette an ihren Gürtel.

Der Anblick des Blutes überall auf dem weißen Leder war gräßlich. Sie hatte Spritzer im Gesicht und im Haar. Als sie zur Andacht gingen, wendeten Menschen, die sonst mit ihr sprachen, den Blick ab und machten ihr Platz. Das Knien mit dem Kopf auf dem Boden tat ihm an den Rippen weh und erschwerte das Atmen, vom Gesang ganz zu schweigen. Er wußte nicht, ob er die Worte richtig wählte, doch Denna korrigierte ihn nicht, also machte er einfach weiter. Wie er sich die ganze Zeit aufrecht hielt, ohne umzukippen, wußte er nicht.

Als die Glocke zum zweiten Mal läutete, erhob Denna sich, half ihm aber nicht auf. Constance erschien, ein seltenes Lächeln auf dem Gesicht.

»Hallo, Denna, sieht aus, als hättest du eine Menge Spaß.« Constance verpaßte ihm einen Schlag mit dem Handrücken, aber es gelang ihm, auf den Beinen zu bleiben. »Du warst ein böser Junge, richtig?«

»Ja, Herrin Constance.«

»Sehr böse, wie es scheint. Entzückend.« Ihr hungriger Blick wanderte zu Denna. »Ich habe Zeit, gehen wir und zeigen wir ihm, wozu zwei MordSith zusammen in der Lage sind.«

»Heute abend nicht, Constance.«

»Nein? Was soll das heißen, nein?«

Denna explodierte. »Genau, was ich gesagt habe! Er ist mein Gatte, und ich werde ihn zurückbringen und ihm zeigen, was das heißt! Willst du etwa mitkommen und zusehen, wie ich bei meinem Gatten liege? Willst du etwa auch sehen, was ich tue, wenn ich den Strafer zwischen den Zähnen halte?«

Richard sackte zusammen. Das hatte sie also vor. Wenn sie das heute abend tat, so dreckig, wie es ihm ohnehin schon ging…

Leute in weißen Roben — Missionare hatte Denna sie genannt — starrten bereits zu ihnen herüber. Constance erwiderte wütend ihren Blick, und sie huschten davon. Die Gesichter beider Frauen waren gerötet. Dennas vor Wut, Constances vor Verlegenheit.

»Natürlich nicht, Denna«, sagte sie mit gesenkter Stimme. »Entschuldige. Das wußte ich nicht. Ich werde dich allein lassen.« Sie grinste Richard höhnisch an. »Wie es scheint, hast du schon genug Ärger, mein Kleiner, ich hoffe, du wirst deinen Pflichten gerecht.«

Sie verpaßte ihm mit ihrem Strafer einen Stich in den Magen und ging. Taumelnd versuchte Richard sich mit der Hand zu schützen. Er stöhnte. Denna schob ihm die Hand unter den Arm und stützte ihn. Wütend blickte sie Constance nach, dann ging sie los, in der Erwartung, er würde ihr folgen. Was er auch tat.

Wieder im Zimmer gab sie ihm den Eimer. Er brach fast zusammen bei dem Gedanken, ihre Wanne füllen zu müssen.

Ihre Stimme war ruhig. »Geh und hole einen Eimer heißes Wasser.«

Richard hätte vor Erleichterung sterben können, daß er die Wanne nicht füllen mußte. Leicht verwirrt besorgte er das Wasser. Sie schien wütend zu sein, aber nicht auf ihn. Nachdem er den Eimer abgestellt hatte, wartete er mit gesenktem Blick. Denna zog den Stuhl heran. Er war überrascht, daß er es nicht für sie tun mußte.

»Setz dich.« Sie ging zum Tisch neben ihrem Bett und kam mit einer Birne zurück. Sie betrachtete sie einen Augenblick lang in ihrer Hand, drehte sie hin und her, strich mit dem Daumen über sie, dann hielt sie sie ihm hin. »Das habe ich vom Abendessen mitgebracht. Ich habe aber keinen Hunger. Du hast nichts bekommen, iß du sie.«

Richard betrachtete die Birne in ihrer Hand, die sie ihm hinhielt. »Nein, Herrin Denna. Das ist Eure. Nicht meine.«

»Ich weiß, wem sie gehört, Richard.« Ihre Stimme blieb ruhig. »Tu, was ich sage.«

Er nahm die Birne und aß sie, sogar die Kerne. Denna kniete nieder und machte sich daran, ihn zu waschen. Er hatte keinen Schimmer, was gespielt wurde, aber das Waschen tat weh, auch wenn es kein Vergleich mit dem Strafer war. Er fragte sich, warum sie das tat und wann es wieder Zeit für seine Ausbildung wäre.

Denna schien seine Anspannung zu spüren. »Ich habe Rückenschmerzen.«

»Das tut mir leid, Herrin Denna. Daran ist bestimmt mein Verhalten schuld.«

»Sei still«, sagte sie sanft. »Ich will auf etwas Hartem schlafen, für meinen Rücken. Ich werde auf dem Fußboden schlafen. Da ich auf dem Boden schlafe, wirst du in meinem Bett schlafen müssen, und dort will ich kein Blut.«

Richard war verwirrt. Der Fußboden war gewiß groß genug für beide, außerdem hatte sie ganz bestimmt schon sein Blut in ihrem Bett gehabt. Bislang hatte sie das nie gestört. Er entschied, es sei nicht an ihm, Fragen zu stellen, und so ließ er es.

»So«, meinte sie, als sie fertig war. »Leg dich ins Bett.«

Sie sah zu, wie er sich hinlegte. Resigniert nahm er den Strafer vom Nachttisch und hielt ihn ihr hin. Sein Arm schmerzte. Hoffentlich verschonte sie ihn heute abend damit.

Denna nahm ihm den Strafer aus der Hand und legte ihn auf den Nachttisch zurück. »Heute abend nicht. Ich hab’ dir doch gesagt, ich habe Rükkenschmerzen.« Sie blies die Lampe aus. »Schlaf jetzt.«

Er hörte, wie sie sich leise fluchend auf den Fußboden legte. Zum Nachdenken war er viel zu erschöpft und kurz darauf eingeschlafen.

Als ihn das Glockenläuten weckte, war Denna bereits auf. Sie hatte das Blut von ihrem weißen Lederanzug gewischt und ihren Zopf zurechtgemacht. Auf dem Weg zur Andacht sprach sie kein Wort. Das Niederknien war schmerzhaft für ihn, und er war froh, als die Andacht vorbei war. Constance sah er nirgends. Er ging hinter Denna her und wollte schon in die Ausbildungszelle abbiegen, doch sie ging weiter, und die Kette spannte sich. Der Schmerz veranlaßte ihn, stehenzubleiben.

»Wir gehen nicht dort entlang«, meinte sie.

»Ja, Herrin Denna.«

Sie ging eine Zeitlang weiter, durch Korridore, die sich endlos hinzuziehen schienen, dann warf sie ihm einen ungeduldigen Blick zu. »Geh neben mir. Wir werden etwas Spazierengehen. Manchmal macht mir das Spaß. Wenn ich Rückenschmerzen habe. Es hilft mir.«

»Ich bin untröstlich, Herrin Denna. Ich hatte gehofft, es ginge Euch heute morgen besser.«

Sie warf ihm einen kurzen Blick zu, sah dann wieder nach vorne. »Nun, tut es nicht. Gehen wir also spazieren.«

Richard hatte sich noch nie so weit von Dennas Quartier entfernt. Mit den Augen machte er kleine Ausflüge in die neue Umgebung. In Abständen gab es ähnliche Plätze wie jenen, an denen sie ihre Andacht verrichteten, zum Himmel und zur Sonne hin offen, mit einem Felsen und einer Glocke in der Mitte. Nicht alle waren mit Sand ausgelegt, auf einigen wuchs Gras, und ein paar besaßen sogar einen Teich, in dessen Mitte der Felsen stand. Fische glitten in Schwärmen durch das kristallklare Wasser. Die Korridore zwischen diesen Plätzen waren manchmal so breit wie Säle, der Fußboden mit gemusterten Fliesen ausgelegt, es gab Säulen und Bögen ringsum, über denen in großer Höhe die Decke schwebte. Fenster ließen Licht hineinströmen, wodurch alles heiter und gelöst wirkte.

Überall waren Leute, die meisten in weiße Umhänge oder in andere helle Farben gekleidet. Niemand schien es eilig zu haben, und es sah aus, als hätten die meisten ein Ziel, wenn auch einige auf Marmorbänken herumsaßen. Richard sah nur wenige Soldaten. Die meisten Menschen gingen an Denna und ihm vorbei, als seien sie unsichtbar, ein paar jedoch lächelten und wechselten einen Gruß mit ihr.

Die Größe des Gebäudes war verblüffend. Hallen und Durchgänge verloren sich am Horizont. In einer Halle standen Statuen nackter Menschen in stolzen Posen. Die Statuen waren aus poliertem Stein gehauen, größtenteils weiß, gelegentlich mit Goldadern durchzogen, und jede war doppelt so groß wie er. Richard entdeckte keine Stelle, die düster, häßlich oder schmutzig gewesen wäre. Alles, was er sah, war wunderschön. Die Schritte der Menschen hallten durch die Säle wie ehrfurchtsvolles Flüstern. Richard fragte sich, wie es möglich war, ein derart riesiges Gebäude zu erdenken, geschweige denn zu bauen. Es mußte Generationen gedauert haben.

Denna führte ihn zu einem weiten offenen Platz. Überall ragten ausgewachsene Bäume aus dem mit Moos bedeckten Boden empor, ein Pfad aus braunen Fliesen schlängelte sich mitten durch den Innenwald. Sie schlenderten den Pfad entlang, und Richard schaute zu den Bäumen hoch. Sie waren wunderschön, auch wenn sie keine Blätter hatten.

Denna beobachtete ihn. »Die Bäume gefallen dir, nicht wahr?«

Er nickte und sah sich um. »Sehr sogar, Herrin Denna«, flüsterte er.

»Warum gefallen sie dir?«

Richard überlegte einen Augenblick. »Sie scheinen ein Teil meiner Vergangenheit zu sein. Ich kann mich schwach erinnern, einmal ein Führer gewesen zu sein. Ein Waldführer, glaube ich. Aber viel weiß ich nicht mehr davon, Herrin Denna. Nur, daß ich die Wälder mag.«

»Wenn man gebrochen wird, vergißt man Dinge aus der Zeit davor«, sagte sie ruhig. »Je länger ich dich ausbilde, desto mehr wirst du die Vergangenheit vergessen, abgesehen von gezielten Fragen, die ich dir stelle. Bald wirst du dich an gar nichts mehr erinnern.«

»Ja, Herrin Denna. Herrin Denna, was ist dies für ein Ort?«

»Er wird Palast des Volkes genannt. Es ist der Sitz der Macht in D’Hara. Das Zuhause von Darken Rahl.«

Diesmal aßen sie an einem anderen Ort zu Mittag. Sie ließ ihn auf einem Stuhl sitzen, warum, wußte er nicht. Die Nachmittagsandacht verrichteten sie an einem der Orte, wo es Wasser statt Sand gab, und anschließend spazierten sie noch ein wenig durch endlose Hallen, bis sie schließlich zum Abendessen wieder in die vertraute Umgebung kamen. Das Laufen hatte ihm gutgetan. Seine Muskeln hatten die Bewegung nötig gehabt.

Als sie nach der Abendandacht wieder in der kleinen Kammer neben ihrem Zimmer waren, band ihm Denna die Arme mit der Fesselvorrichtung auf den Rücken und hievte ihn hoch, aber nicht so weit, daß das Gewicht nicht mehr auf den Füßen ruhte. Auch so kehrte der Schmerz in seine geschundenen Schultern zurück, aber er zuckte nur wenig zusammen.

»Geht es Eurem Rücken besser, Herrin Denna? Hat Euch das Laufen gutgetan?«

»Es ist nichts, was ich nicht aushalten könnte.«

Sie umkreiste ihn langsam, den Blick auf den Boden gerichtet. Endlich blieb sie vor ihm stehen, rollte den Strafer eine Weile in den Fingern hin und her, betrachtete ihn.

Sie hielt den Blick gesenkt. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Sag mir, daß du mich häßlich findest.«

Er sah sie an, bis sie schließlich den Blick hob. »Nein. Das wäre eine Lüge.«

Ein trauriges Lächeln spielte um ihre Lippen. »Das war ein Fehler, mein Lieber. Du hast einen direkten Befehl mißachtet, und du hast die Anrede vergessen.«

»Ich weiß, Herrin Denna.«

Sie schloß die Augen, aber dann gewann ihre Stimme wieder ein wenig ihrer Kraft zurück. »Du machst mir nichts als Ärger. Ich weiß nicht, warum Meister Rahl mir deine Ausbildung aufgehalst hat. Du hast dir zwei Stunden verdient.«

Sie verabreichte ihm seine zwei Stunden. Nicht ganz so schlimm wie gewöhnlich, aber schlimm genug, daß er vor Schmerzen winselte. Danach teilte sie ihm mit, daß ihr Rücken noch immer schmerzte. Sie schlief wieder auf dem Fußboden und ließ ihn im Bett schlafen.

In den nächsten Tagen kehrte man zur üblichen Routine zurück. Die Ausbildung war nicht ganz so lang und anstrengend wie zuvor, außer wenn Constance dabei war. Denna behielt sie scharf im Auge und gab mehr Anweisungen als zuvor. Constance gefiel das nicht, manchmal sah sie Denna wütend an. War Constance gröber, als Denna es wünschte, wurde sie beim nächsten Mal nicht eingeladen. Allmählich wurde sein Kopf klarer, und er begann, sich an Dinge zu erinnern, Dinge aus der Vergangenheit. Wenn Denna Rückenschmerzen hatte, unternahmen sie gelegentlich lange Spaziergänge und sahen sich die verschiedenen befremdlich schönen Orte an.

Eines Tages nach der Nachmittagsandacht fragte Constance, ob sie mitkommen könne. Denna willigte lächelnd ein. Constance bat, die Ausbildung übernehmen zu dürfen, und erhielt die Erlaubnis. Sie war gröber als gewöhnlich und quälte Richard ausgiebig, bis ihm die Tränen über die Wangen flössen. Richard hoffte, Denna würde dem ein Ende machen, sein Durchhaltevermögen hing an einem seidenen Faden. Denna war gerade aufgestanden, als ein Mann die Kammer betrat.

»Herrin Denna, Meister Rahl wünscht Euch zu sehen.«

»Wann?«

»Sofort.«

Denna seufzte. »Constance, würdest du die Ausbildung zu Ende bringen?«

Richard bekam entsetzliche Angst, wagte aber kein Wort zu sagen.

»Seine Zeit ist fast um, bring ihn einfach in mein Quartier und laß ihn dort. Ich bin sicher, es wird nicht lange dauern.«

»Mit Vergnügen, Denna. Du kannst auf mich zählen.«

Denna wollte gehen. Constance grinste ihn aus nächster Nähe niederträchtig an. Sie packte seinen Gürtel und riß ihn auf. Richard bekam keine Luft.

»Constance!« Denna war wieder hereingekommen. »Ich möchte nicht, daß du das tust.«

Constance war einen Augenblick lang unbedacht. »Wenn du nicht da bist, habe ich die Verantwortung für ihn, und ich tue, was mir gefällt.«

Denna baute sich vor Constance auf. »Er ist mein Gatte, und ich habe gesagt, daß ich das nicht möchte. Ich will auch nicht, daß du ihm den Strafer ins Ohr steckst.«

»Ich werde tun, was mir…«

»Das wirst du nicht.« Denna biß die Zähne zusammen und blickte auf die kleinere Frau herab. »Ich habe die Bestrafung auf mich genommen, nachdem wir Rastin getötet hatten. Ich. Nicht wir beide, sondern ich allein. Ich habe das nie vorher erwähnt, aber jetzt muß ich es. Du weißt, was sie mit mir gemacht haben. Trotzdem habe ich nie verraten, daß du etwas damit zu tun hattest. Er ist mein Gatte, und ich bin seine Mord-Sith, nicht du. Ich allein. Entweder respektierst du meine Wünsche, oder wir bekommen Ärger miteinander.«

»Na schön«, schnaubte sie. »Also schön, ich werde deine Wünsche respektieren.«

Denna funkelte sie immer noch wütend an. »Das will ich auch hoffen, Schwester Constance.«

Danach gab Constance alles, was sie hatte, auch wenn sie den Strafer größtenteils dort ließ, wo Denna ihn haben wollte. Richard wußte, es ging länger als geplant. Als sie ihn in Dennas Unterkunft zurückbrachte, prügelte sie ihn noch eine gute Stunde, dann hakte sie die Kette über das Fußbord des Bettes und befahl ihm stehenzubleiben, bis Denna zurückkam.

Constance schob ihr Gesicht in Anbetracht ihrer Größe, so gut es ging, ganz dicht vor seins und griff ihm zwischen die Schenkel.

»Paß gut für mich darauf auf«, spottete sie. »Du wirst sie nicht mehr lange haben. Ich habe Grund zu der Annahme, daß Meister Rahl dich mir in Kürze überschreiben wird, und wenn er das tut, werde ich deine Anatomie umbauen.« Ihr Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen. »Und ich glaube kaum, daß dir das gefallen wird.«

Sein Zorn blitzte auf und löste den magischen Schmerz aus. Es warf ihn auf die Knie. Constance verließ lachend das Zimmer. Es gelang ihm, seinen Zorn zu beherrschen, aber der Schmerz ließ erst nach, als er wieder stand.

Warmes Sonnenlicht fiel durch das Fenster. Hoffentlich kehrte Denna bald zurück. Die Sonne ging unter. Die Zeit des Abendessens kam und ging vorüber. Noch immer kam Denna nicht zurück. Richard fing an, sich Sorgen zu machen. Er hatte so eine Ahnung, daß etwas nicht stimmte. Er hörte, wie die Glocke zur Abendandacht schlug, konnte aber nicht hin, da er ans Bett gekettet war. Er überlegte, ob er an Ort und Stelle niederknien sollte, stellte jedoch fest, daß auch das nicht ging; man hatte ihm befohlen, stehenzubleiben. Vielleicht sollte er wenigstens die Lobpreisungen anstimmen, andererseits war niemand da, der ihn hören konnte, es spielte also keine Rolle. Draußen vor dem Fenster war es schon lange dunkel, aber glücklicherweise brannten die Lampen, und er brauchte nicht im Dunkeln zu stehen. Zwei Glockenschläge verkündeten das Ende der Abendandacht. Denna war immer noch nicht zurück. Die Zeit für seine Ausbildung kam und ging. Immer noch keine Denna. Richard war voller Sorge.

Endlich hörte er, wie die Tür aufgedrückt wurde. Denna hielt den Kopf gesenkt, wirkte steif. Der Zopf hatte sich gelockert, das Haar war durcheinander. Sie schloß schwerfällig die Tür. Ihr Gesicht war aschfahl, ihre Augen feucht. Sie sah ihn nicht an.

»Richard«, sagte sie leise. »Fülle das Bad für mich. Bitte. Ich brauche ein Bad, ich komme mir im Augenblick sehr schmutzig vor.«

»Natürlich, Herrin Denna.«

Er schleppte die Wanne herein und lief so schnell er konnte, um sie zu füllen. Er glaubte nicht, daß er jemals schneller gewesen war. Sie stand da und sah zu, wie er Eimer um Eimer heranschleppte. Als er fertig war, blieb er keuchend stehen und wartete.

Mit zitternden Fingern machte sie sich daran, die Lederkluft aufzuknöpfen. »Hilfst du mir? Ich glaube, allein schaffe ich das nicht.«

Er machte ihr die Knöpfe auf, während sie bebend vor ihm stand. Er mußte sich überwinden, ihr das Leder vom Rücken zu schälen, da sich gleichzeitig ein Teil ihrer Haut ablöste. Sein Herz pochte. Denna war vom Halsansatz bis zu den Knöcheln mit Striemen bedeckt. Richard bekam es mit der Angst zu tun, und ihre Qualen taten ihm in der Seele weh. Tränen traten ihm in die Augen. Die Kraft erwachte in ihm mit Gebrüll. Er ignorierte sie.

»Herrin Denna, wer hat Euch das angetan?« wollte er wissen.

»Meister Rahl. Nicht, daß ich es nicht verdient hätte.«

Er nahm ihre Hände und half ihr in die Wanne. Mit einem kleinen Aufstöhnen ließ sie sich langsam in das heiße Wasser gleiten und blieb steif sitzen.

»Herrin Denna, warum sollte er Euch so etwas antun?«

Sie zuckte zusammen, als er mit dem Seifenlappen ihren Rücken berührte. »Constance hat ihm erzählt, ich sei zu nachsichtig mit dir. Ich verdiene, was man mir angetan hat. Ich habe deine Ausbildung vernachlässigt. Ich bin eine Mord-Sith. Ich hätte es besser machen müssen. Ich habe lediglich bekommen, was ich verdiene.«

»Das habt Ihr nicht verdient, Herrin Denna. Ich hätte die Bestrafung auf mich nehmen müssen. Nicht Ihr.«

Sie hielt sich mit zitternden Händen am Rand der Wanne fest, während er sie wusch. Sachte wischte er ihr den Schweiß aus dem blassen Gesicht. Die ganze Zeit, während er arbeitete, starrte sie geradeaus. Ein paar Tränen kullerten ihr über die Wange.

Ihre Lippen bebten. »Morgen wird Meister Rahl dich empfangen.« Seine Hand hielt beim Waschen einen Augenblick inne. »Tut mir leid, Richard. Du wirst seine Fragen beantworten.«

Er sah ihr ins Gesicht, doch sie erwiderte seinen Blick nicht. »Ja, Herrin Denna.« Er spülte sie mit der Hand ab. »Laßt mich Euch abtrocknen.« Er tat es, so sanft er nur konnte. »Möchtet Ihr sitzen, Herrin Denna?«

Sie lächelte verlegen. »Nein, im Augenblick nicht.« Sie drehte steif den Kopf. »Dorthin. Ich lege mich aufs Bett.« Sie ergriff seine Hand. »Das Zittern hört einfach nicht auf. Wieso kann ich nicht aufhören zu zittern?«

»Weil Ihr Schmerzen habt, Herrin Denna.«

»Man hat mir schon viel Schlimmeres angetan als das. Das hier war nur eine kleine Erinnerung an das, was ich bin. Trotzdem, ich kann nicht aufhören zu zittern.«

Sie legte sich bäuchlings aufs Bett, den Blick auf ihn gerichtet. Vor lauter Sorge begann Richards Verstand wieder zu arbeiten.

»Herrin Denna, ist mein Rucksack noch hier?«

»Im Schrank. Warum?«

»Bleibt nur still liegen, Herrin Denna, und laßt mich nur machen, vorausgesetzt, ich weiß noch, wie es geht.«

Er holte seinen Rucksack aus dem Schrank, legte ihn auf den Tisch und begann, darin herumzukramen. Denna beobachtete ihn, ihr Gesicht lag seitlich auf dem Rücken ihrer Hände. Er fand das gesuchte Päckchen und legte es geöffnet auf den Tisch. Er holte eine blecherne Schale hervor, zog das Messer aus seinem Gürtel und legte es ebenfalls auf den Tisch. Dann stand er auf und nahm eine Dose mit Salbe aus dem Schrank. Er hatte gesehen, wie sie sich damit eingerieben hatte. Genau das brauchte er jetzt.

»Darf ich das benutzen, Herrin Denna?«

»Wozu?«

»Bitte.«

»Also gut.«

Richard nahm den ganzen Stapel sorgsam geschichteter, getrockneter Aumblätter, legte sie in die Blechschale, wählte ein paar weitere Kräuter aus, die er vom Geruch her kannte, nicht aber dem Namen nach, und schüttelte sie zu dem Aumblättern. Mit dem Messergriff zerstößelte er alles zu Pulver. Er nahm die Salbe und verrührte sie mit dem Pulver in der Schale. Er trug die Schale zum Bett und setzte sich neben sie.

»Liegt einfach still«, sagte er zu ihr.

»Die Anrede, Richard, die Anrede. Wirst du es nie lernen?«

»Entschuldigung, Herrin Denna«, lächelte er. »Ihr könnt mich später bestrafen. Jetzt liegt erst mal still. Wenn ich mit Euch fertig bin, werdet Ihr Euch kräftig genug fühlen, mich die ganze Nacht lang zu strafen. Das verspreche ich Euch.«

Er verteilte die Salbe vorsichtig auf die Striemen und verrieb sie dabei. Denna stöhnte. Sie schloß die Augen, während er sich um sie bemühte. Als er bei ihren Fersen angelangt war, war sie fast eingeschlafen. Er strich ihr übers Haar, während die Aumsalbe einzog, »Wie fühlt Ihr Euch jetzt, Herrin Denna?« flüsterte er.

Sie wälzte sich zur Seite und riß verwundert die Augen auf. »Die Schmerzen sind weg. Wie hast du das gemacht? Wie hast du die Schmerzen wegbekommen?«

Richard lächelte zufrieden. »Das habe ich von einem alten Freund gelernt. Er heißt…« Er runzelte die Stirn. »Ich kann mich nicht an seinen Namen erinnern. Aber er ist ein alter Freund, und er hat es mir beigebracht. Ich bin so erleichtert, Herrin Denna. Ich sehe es nicht gerne, wenn Ihr Schmerzen habt.«

Sie berührte seine Wange zart mit den Fingerspitzen. »Menschen wie dich gibt es nicht viele, Richard Cypher. Ich hatte noch nie einen Gatten wie dich. Die Seelen mögen mich holen, ich habe noch nie jemanden wie dich kennengelernt. Den, der mir das angetan hat, was ich dir angetan habe, den habe ich umgebracht, und du hilfst mir statt dessen.«

»Wir alle können nur sein, wer wir sind, nicht mehr und nicht weniger, Herrin Denna.« Er betrachtete seine Hände. »Mir gefällt nicht, was Meister Rahl Euch angetan hat.«

»Du weißt nicht, was es heißt, Mord-Sith zu sein, mein Lieber. Wir werden sehr sorgfältig als junge Mädchen ausgewählt. Als Mord-Sith werden nur die gütigsten und warmherzigsten ausgewählt, die man finden kann. Es heißt, tiefste Grausamkeit entsteht aus tiefster Fürsorge. Ganz D’Hara wird abgesucht, und jedes Jahr werden nur ungefähr ein halbes Dutzend erwählt. Eine Mord-Sith wird dreimal gebrochen.«

Er riß die Augen auf. »Dreimal?« hauchte er ungläubig.

Denna nickte. »Beim ersten Mal ist es so, wie ich dich gebrochen habe. Damit wird der Geist gebrochen. Das zweite Mal dient dazu, unser Mitgefühl zu brechen. Um das zu erreichen, müssen wir mit ansehen, wie unser Ausbilder unsere Mutter bricht, sie zu seinem Hündchen macht und zu Tode quält. Beim dritten Mal wird die Angst gebrochen, die wir davor haben, anderen weh zu tun, damit wir Spaß dabei empfinden, anderen Schmerzen zu bereiten. Um das zu erreichen, müssen wir unter der Anleitung unserer Ausbilder unseren Vater brechen und zu unserem Hündchen machen und ihm so lange Schmerzen zufügen, bis er stirbt.«

Tränen liefen Richard die Wangen herab. »Das hat man Euch alles angetan?«

»Was ich dir angetan habe, um dich zu brechen, ist nichts im Vergleich dazu, was erforderlich ist, um uns das zweite oder dritte Mal zu brechen. Je warmherziger ein Mädchen ist, desto besser wird sie als Mord-Sith, gleichzeitig wird es aber schwieriger, sie beim zweiten oder dritten Mal zu brechen. Meister Rahl hält mich für etwas Besonderes, weil sie es sehr schwer hatten, mich beim zweiten Mal zu brechen. Meine Mutter hat sehr lange gelebt und versucht, mich davon abzubringen, die Hoffnung aufzugeben, aber das hat alles nur erschwert. Für uns beide. Das dritte Brechen ist gescheitert, man hatte schon aufgegeben, und ich sollte getötet werden. Meister Rahl jedoch meinte, wenn ich trotzdem gebrochen werden könnte, wäre ich etwas Besonderes, also hat er meine Ausbildung selbst übernommen. Er war es, der mich das dritte Mal gebrochen hat. Am Tag, als ich meinen Vater tötete, nahm er mich zu sich ins Bett als Belohnung. Seitdem bin ich unfruchtbar.«

Richard bekam kein Wort an dem Kloß in seiner Kehle vorbei.

Mit zitternden Fingern wischte er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Ich will nicht, daß Euch jemand weh tut. Niemals mehr, Herrin Denna.«

»Es gilt als Ehre«, flüsterte Denna unter Tränen, »wenn Meister Rahl sich die Zeit nimmt, jemanden so Geringes wie mich mit seinem eigenen Strafer zu foltern.«

Richard war wie betäubt. »Hoffentlich bringt er mich morgen um, damit ich nicht noch mehr dieser qualvollen Dinge hören muß, Herrin Denna.«

Ihre feuchten Augen glänzten im Schein der Lampe. »Ich habe dir Dinge angetan, die ich noch keinem anderen zugemutet habe, und doch bist du der erste, der sich darum bemüht, mir den Schmerz zu nehmen.« Sie setzte sich auf und nahm die Schale zur Hand. »Es ist noch etwas übrig. Ich möchte dir etwas auf die Stellen streichen, wo Constance das getan hat, was ich ihr verboten hatte.«

Denna strich die Aumsalbe auf die Striemen an seinen Schultern, dann auf Brust und Bauch und arbeitete sich hoch bis zum Hals. Ihre Blicke trafen sich. Ihre Hand zögerte. Im Raum war es totenstill. Denna beugte sich vor und gab ihm einen zarten Kuß. Sie legte ihm die Hand mit der Salbe in den Nacken und küßte ihn ein zweites Mal.

Dann legte sie sich zurück aufs Bett und drückte seine Hand mit beiden Händen auf ihren Bauch. »Komm zu mir, mein Geliebter. Ich will dich haben. Jetzt sofort.«

Richard nickte und wollte nach dem Strafer auf dem Nachttisch greifen. Denna berührte sein Handgelenk.

»Heute nacht will ich dich ohne den Strafer. Bitte zeig mir, wie es ohne Schmerzen ist, ja?«

Sie legte ihm eine Hand um den Hals und zog ihn sachte auf sich.

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