6.

Er wußte, daß Del und er wieder in Streit geraten würden, sobald er zurück war. Und vielleicht sogar mit Recht - er war nicht irgendwer, sondern einer der beiden Befehlshaber des Heeres, und vielleicht - auch wenn er es nicht wollte - der einzige, der diesen ganzen bunt zusammengewürfelten Haufen zu so etwas wie einer Armee vereinen konnte. Auf jeden Fall war er niemand, der einfach weglaufen konnte, wenn es ihm in den Kram paßte. Aber das war ihm egal. Sein Entschluß, Del und das Heer zu verlassen, stand jetzt fester denn je; nur hatte er sich noch nicht entschieden, in welche Richtung er sich wenden sollte - nach Süden, in das namenlose Land jenseits der Straße von Pa'an, aus dem die Zauberpriester gekommen waren, wie Drask gesagt hatte, oder nach Westen, nach Elay und dem Drachenland, wie Kiina von ihm erwartete.

Es war nicht etwa so, daß Kiinas naiver Wunsch allein der Grund dazu gewesen wäre. Sie war ein Kind, ein dummes, romantisches Kind, und es fiel ihm nicht schwer, in Gedanken nachzuvollziehen, was in ihr vorgegangen war. Sie hatte mitansehen müssen, wie ihre Welt zugrundeging, wie alle, die sie gekannt und geliebt hatte, entweder getötet wurden oder sich auf entsetzliche Weise verwandelten - was lag da näher, als daß sie zu den einzigen ging, von denen sie sich Hilfe erwartete? Skars Pferd schüttelte unruhig den Kopf, und die Bewegung riß ihn in die Wirklichkeit zurück; er spürte plötzlich, wie kalt es noch immer war, trotz der Sonne, die jetzt schon sehr warm vom Himmel schien und sich bemühte, auch den letzten Schnee zu schmelzen. Aber er stand unmittelbar am Fluß, sicherlich nicht durch Zufall unweit der Stelle, zu der er vor Monatsfrist das erste Mal gekommen war. Vom Wasser stieg ein eisiger Hauch empor, und dort, wo die Strahlen der Sonne nicht hinreichten, nistete noch immer Eis in den Schatten. Außerdem wurde er sich fast schmerzlich der Tatsache bewußt, daß man ihn von der Burg aus deutlich sehen konnte, und aus irgendeinem völlig widersinnigen Grund war ihm der Gedanke unangenehm, daß die Männer ihn beobachten konnten, wie er so am Flußufer stand und ins Leere starrte.

Fröstelnd zog er den Mantel enger um die Schultern, ohne daß er dem Wind dadurch auch nur ein wenig von seinem Biß nehmen konnte - der schwarze Mantel eines Hohen Satai war vielleicht sehr schwer, dachte er spöttisch, aber er wärmte kein bißchen -, ließ sein Pferd mit sanftem Schenkeldruck antraben und ritt ein Stückweit am Ufer entlang, ehe er im rechten Winkel davon abwich und sich einen Weg durch das Gewirr von Felsblöcken und Findlingen suchte, das den Fluß säumte.

Er hatte kein bestimmtes Ziel; eigentlich ließ er sein Pferd sich seinen Weg selbst suchen und griff nur dann und wann behutsam ein, wenn es etwa kehrt machen wollte, um in die Wärme des Stalles zurückzukehren. Er wollte einfach nur allein sein, und er war sich dabei durchaus darüber im klaren, daß sein Verhalten nichts anderes als eine Flucht war. Vielleicht vor sich selbst. Schließlich hatte er sich zwei oder drei Meilen von der Burg entfernt. Das Pferd erklomm einen flachen Hügel, so daß er das Ufer und den riesigen, der Burg vorgelagerten Platz gut überblicken konnte. Die doppelt mannshohe Mauer, die ihn einst an drei Seiten gesäumt hatte, war fast vollkommen verschwunden, und das gewaltige Areal, noch vor weniger als einer Woche Lagerplatz für mehr als hunderttausend Flüchtende, war jetzt verwaist; eine gewaltige Ode aus zertrampeltem braunschwarzen Boden, den das einsetzende Tauwetter mehr und mehr in einen Morast verwandelte. Es bereitete ihm immer noch Mühe, sich an den Gedanken zu gewöhnen, daß all diese Menschen in heller Panik vor ihnen geflohen waren, obgleich sie doch kamen, um sie zu befreien. Aber das Netz aus Intrige und Lügen, das die Zauberpriester gewoben hatten, war dicht. Immerhin dicht genug, daß auch er sich darin für eine Weile gefangen hatte. Er ließ das Pferd weitertraben, wieder zum Fluß hinunter und - sah die Spur.

Im ersten Moment glitt sein Blick einfach darüber hinweg, ohne irgendein Interesse, denn obwohl er hier herausgekommen war, um allein zu sein, war eine Fußspur im Morast nun wirklich nichts Besonderes, in der Nähe eines Heeres, das mehr als vierzigtausend Köpfe zählte.

Aber irgend etwas an dieser Spur irritierte ihn, und etwas in ihm schrie alarmiert auf, ohne daß er das, was ihn so mißtrauisch machte, im ersten Moment bewußt wahrgenommen hätte. Er zügelte sein Pferd, ritt ein kurzes Stück zurück und ließ sich mit einer geschmeidigen Bewegung aus dem Sattel gleiten. Es war eine ganz normale Fußspur, nicht älter als zwei Stunden, die Spur eines nicht allzu großen, nicht allzu schweren Menschen, der vom Flußufer gekommen war und - ja, und was?

Skar starrte verdutzt auf die beiden parallelen Reihen fingertiefer Abdrücke im Boden, die am Fluß begannen und nach zwei, drei Dutzend Metern im Nichts endeten.

Aber das war doch unmöglich! dachte er. Im Laufe einer einzigen Sekunde erwog er ein halbes Dutzend denkbarer und ebensovieler undenkbarer Erklärungen für das, was er da sah, und verwarf jede einzelne davon sofort wieder - angefangen von der, daß der Mann auf seiner eigenen Spur zurückgegangen war bis hin zu der Vorstellung, daß eine Daktyle gekommen und ihn davongetragen hatte. Das eine war so lächerlich wie das andere. Es war einfach nicht möglich, daß eine Spur so abrupt aufhörte! Aber der schwarze Morast, in dem er niedergekniet war, bewies das Gegenteil. Die Spuren waren da, so deutlich, als hätte sie jemand eigens zu dem Zweck hinterlassen, daß er sie fand. Für einen Moment erwog er auch diese Möglichkeit - es mochte eine Falle sein, die für ihn oder irgendeinen anderen Dummkopf aufgestellt worden war, der hierher kam. Aber er verwarf auch diesen Gedanken wieder; niemand - nicht einmal er selbst - hatte vor zwei Stunden gewußt, daß er sich gerade hierher begeben würde, und selbst wenn, dann war es sicherlich einfacher, ihm auf andere Weise eine Falle zu stellen ...

Er richtete sich auf, legte ganz unbewußt die Hand auf das Schwert an seiner Seite und sah sich aufmerksam um. Die Spur führte auf die Felsen zu, durch die er selbst gerade geritten war: ein Labyrinth aus kleinen Schluchten und Abgründen, in dem sich ein ganzes Heer verbergen konnte, aber sie erreichte sie nie, sondern hörte gut zehn Schritte vor dem ersten Fels einfach auf, so abrupt, als hätte sich der, welcher sie verursacht hatte, einfach in Luft aufgelöst. Oder wäre im Boden versunken.

Dann sah er die Bewegung.

Es war nur ein Huschen, das er aus den Augenwinkeln heraus wahrnahm; nicht mehr als das Flackern eines Schattens, von dem er nicht einmal ganz sicher war, ob er es wirklich gesehen hatte oder ob ihm seine überreizten Nerven einfach einen Streich spielten, aber er spürte einfach, daß es keine Täuschung war. Er war nicht allein. Irgend jemand - etwas - war da, ganz in seiner Nähe, und irgend jemand - etwas - belauerte ihn, sehr aufmerksam und voller böser Gedanken. Es war absurd, aber genau das war es, was er empfand.

Sekundenlang war Skar unschlüssig, was er tun sollte. Das Klügste wäre sicherlich gewesen, wieder auf das Pferd zu steigen und zur Festung zurückzureiten, um Del und vor allem Bradburn von seiner Entdeckung zu berichten. Bradburn war ein Magier, und das hier war etwas, was zumindest mit Skars Logik nicht mehr zu erklären war. Andererseits...

Er wandte sich um, band die Vorderläufe des Pferdes mit einem der dünnen Lederriemen zusammen, die für diesen Zweck am Sattelgurt hingen, richtete sich wieder auf und ging auf die Felsen zu, aufrecht und ohne irgendwelche Hast. Wer immer dort war, hatte ihn längst gesehen. Wenn er versuchte, sich anzuschleichen, würde er sich nur lächerlich machen. Und wer weiß, versuchte er sich selbst zu beruhigen, vielleicht war es ja nur ein Irgendwer, einer der zahllosen Vertriebenen, die der Krieg wie lebendes Strandgut vor sich hertrieb und der ihn gesehen hatte und jetzt vor Angst beinahe starb.

Aber es war kein Flüchtling.

Es war überhaupt niemand.

Er erreichte die Felsen und blieb stehen, und das Gefühl, beobachtet, von Tausenden unsichtbarer Augen belauert zu werden, wurde übermächtig. Aber da war niemand.

Plötzlich hatte er Angst, eine Angst sehr sonderbarer, düsterer Art, die nichts mit irgendeiner körperlichen Bedrohung gemein hatte, sondern allein durch das Dasein dieses... ihm fehlten selbst in Gedanken die Worte, das Gefühl wirklich zu beschreiben ... Etwas verursacht wurde.

Gebannt sah er sich um.

Er stand zwischen zwei gewaltigen Felsblöcken, ungleichen Teilen eines granitenen Riesenwürfels, der säuberlich wie von einem Axthieb gespalten war, und der Boden war so sauber und glatt, als hätte ihn jemand gefegt. Der Schnee war niemals hierhergekommen. Hier und da waren ein paar Schatten, aber sie waren nicht tief genug, um irgend etwas von nennenswerter Größe verbergen zu können. Trotzdem.

Seine Hand glitt zum Schwert, aber er führte die Bewegung nicht einmal halb zu Ende - wenn es wirklich jemand war, der sich nur vor ihm verbarg, weil er schlichtweg Angst hatte, würde er ihn mit dieser Waffe nur noch mehr einschüchtern; und war es etwas anderes... nun, dann würde sie ihm wahrscheinlich nicht viel nutzen. Rasch, aber ohne Hast, ging er weiter.

Die Schatten des steinernen Labyrinths hüllten ihn ein, je tiefer er in das Gewirr von Felsen und bizarren steinernen Formen eindrang, und das Gefühl, beobachtet zu werden, nahm fast körperliche Intensität an.

Ein Schatten strich über ihn hinweg; ganz kurz nur, aber doch lange genug, ihn erkennen zu lassen, was es war - der Schatten einer niedrig fliegenden, sehr großen Daktyle!

Skar huschte blitzschnell zur Seite, preßte sich in den Schlagschatten der Felswand und blickte mit angehaltenem Atem nach oben. Aber da war nichts. Der Himmel war leer, nur bedeckt mit schweren, niedrig dahintreibenden Wolken, die mit fast unnatürlicher Schnelligkeit aufzogen, und er hörte auch nichts außer dem Rasen seines eigenen Herzens und den heulenden Geräuschen, mit denen sich der Wind an den Graten und Kanten des felsigen Labyrinths brach.

Aber er war sicher, sich nicht getäuscht zu haben. Gebannt blickte er in die Richtung, in die der jagende Schatten verschwunden war. Nicht weit vor ihm erhob sich ein kleines Felsplateau aus dem Gewirr steinerner Nadeln und Buckel, nicht sehr mächtig und nicht sehr steil, aber trotzdem groß und auch hoch genug, einer halbwegs geschickten Daktyle Platz zum Landen und - was wichtiger war - ausreichend Anlauf zum Start zu geben. Skar warf noch einen sichernden Blick nach rechts und links, dann huschte er los. Der Weg war nicht sehr weit, aber schwierig, und zudem mußte er jeden Moment auf einen Angriff gefaßt sein. Daktylen sahen plump aus, aber sie hatten scharfe Sinne, und wenn sie nicht allein gekommen war, würde ihr Reiter auf der Hut sein, so nahe an der Festung.

Aber er hatte Glück. Unbehelligt erreichte er den Fuß des kleinen Felsbuckels, verhielt einen Moment, um Atem zu schöpfen, und machte sich dann an den Aufstieg.

Er war nicht sehr lang und auch nicht sehr anstrengend, aber Skar brauchte fast fünf Minuten, das knappe Dutzend Manneslängen zu überwinden, denn er bemühte sich, nicht das geringste Geräusch zu verursachen.

Die Daktyle hockte kaum eine Armeslänge vor ihm, als er die Felskante erreichte, ein großes, sehr altes Tier, dessen ledrige Schwingen von Grind und Narben zerfressen waren, aber sie blickte nicht in seine Richtung, und ihre kleinen trüben Augen waren halb geschlossen, als döse sie vor sich hin. Nicht weit von ihr entfernt stand eine hoch aufgerichtete, sehr schlanke Gestalt in einer schimmernden schwarzen Rüstung.

Skar schauderte. Es gehörte nicht viel Phantasie dazu, zu erraten, wen er vor sich hatte, und er hatte die Errish in den bizarren schwarzen Chitinpanzern ja schon gesehen, aber diese hier - sie stand noch dazu so, daß er sie gegen das Licht betrachtete und eigentlich nur einen harten schwarzen Umriß erkannte - sah wirklich wie ein riesiges zweibeiniges Insekt aus. Der Anblick hatte etwas Unwirkliches.

Skar schüttelte den Gedanken ab und zog sich ein winziges Stück weiter auf das Felsplateau hinauf, ohne die Errish und ihr schreckliches Reittier dabei auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Er war sich sicher, daß er einer der beiden Drachenreiterinnen gegenüberstand, die Kiina verfolgt hatten. Trotzdem wollte er sie nicht töten. Es war sehr viel wichtiger, sie lebend in die Hände zu bekommen; schon, um zu erfahren, warum sie überhaupt hier war.

Aber er bezweifelte, daß es ihm gelingen würde.

Lautlos schob er sich vollends auf das Plateau hinauf, stemmte sich unendlich vorsichtig in die Hocke hoch und tastete nach dem Tschekal. Die Daktyle und ihre Reiterin rührten sich noch immer nicht.

Sein eigenes Glück wurde ihm fast selbst unheimlich. Er hatte kein Geräusch verursacht, aber er war lange genug Krieger, um zu wissen, daß die Errish seine Nähe einfach spüren mußte; und wenn schon nicht sie, dann ihr riesiger Drachenvogel. Aber keiner der beiden regte sich auch nur.

Und dann - Es ging ganz schnell; lautlos; und der Schrecken, den er hätte empfinden sollen, kam nicht. In der einen Sekunde hatte die Errish noch reglos dagestanden und zu Drasks Burg hinaufgeblickt, dann drehte sie sich herum, und der Daij-Djan starrte ihn an. Die Sternenbestie, dieses kleine, böse, tötende Ding, das zu seinem Fluch geworden war. Es war wieder da, war - auch das begriff er voller Schrecken, aber ohne die mindeste Spur von Angst - vielleicht niemals weggewesen, sondern ihm immer gefolgt, auf Schritt und Tritt an seiner Seite gewesen wie ein mörderischer schwarzer Cherubim, und er glotzte ihn an, obwohl er keine Augen hatte, grinste höhnisch aus seinem flachen, völlig konturlosen Nicht-Gesicht zu ihm hoch und hob schließlich eine dürre Klauenhand, wie zu einem absurden Gruß.

Dann verschwand er, so lautlos und schnell wie ein Spuk. Aber Skar starrte noch lange auf die Stelle, an der er gestanden hatte.

Er war da! Das war alles, was er denken konnte. Er war da, er war immer dagewesen, und er spürte seine Nähe auch jetzt noch, wie einen unsichtbaren dräuenden Schatten.

Mühsam, unendlich mühsam, mit Bewegungen, die ihm selbst wie die eines alten schwachen Mannes vorkamen und trotzdem seine letzte Kraft erforderten, wandte er sich um und blickte die Daktyle an. Sie hockte noch immer reglos da, den Kopf ein wenig gesenkt und auf die Seite gelegt und die Augen halb geschlossen, aber sie schlief nicht. Sie war tot. So tot wie die in zerborstenes schwarzes Chitin gehüllte Gestalt, die reglos in dem schmalen Sattel auf ihrem Rücken hing.

Beide mußten schon lange tot sein, Stunden, vielleicht einen Tag. Der gewaltige Blutfleck unter dem Körper des Drachenvogels war eingetrocknet und so dunkel, daß er ihn erst bemerkte, als der glattgeschliffene Fels unter seinen Füßen plötzlich rau wurde, und in der entsetzlichen Wunde in der Kehle der Daktyle hatten sich schon Maden eingenistet. Skar war plötzlich froh, die Verletzungen der Errish nicht sehen zu können. Ihr Panzer war dunkel von eingetrocknetem Blut und zerschmettert, wie von einem gewaltigen Hammer getroffen. Aber Skar wußte auch so, wie es darunter aussah. Er kannte die fürchterlichen Wunden, die der Daij-Djan schlug.

Mehr um seine außer Rand und Band zu geratende Phantasie abzulenken, denn aus irgendeinem anderen Grund trat er näher an die Tote heran und zwang sich, sie genauer anzusehen. Ihre rechte Hand hielt noch immer den Scanner, den sie in ihrer allerletzten Sekunde gezogen haben mußte, und eine dünne, schnurgerade Brandspur auf dem Felsen neben ihr bewies, daß sie die Waffe auch benutzt hatte.

Aber auch ihre andere Hand war nicht leer. Sie umklammerte etwas Kleines, Glitzerndes.

Zögernd streckte Skar den Arm aus, zwang sich, seinen Widerwillen zu ignorieren, und löste ihre erstarrten Finger; eine Aufgabe, die seine ganze Kraft erforderte.

Darunter kam eine fingerlange Phiole aus klarem Glas zum Vorschein, in der wenige Tropfen einer wasserklaren Flüssigkeit glänzten. Ein dünnes Geflecht aus Kupfer umgab sie wie ein Netz, wohl, um sie vor dem Zerbrechen zu schützen, und der Verschluß sah sehr kompliziert aus und stellte wohl die feinste Metallarbeit dar, die Skar jemals gesehen hatte.

Sehr vorsichtig nahm er die Phiole aus den Fingern der Toten, wog sie einen Moment unschlüssig in der Hand und verbarg sie dann in einer Tasche seines Gürtels.

Einen Moment lang überlegte er, ob er die Tote mitnehmen sollte, um ihr ein ehrenhaftes Begräbnis zu geben, verwarf den Gedanken aber fast sofort wieder. Es war einfach unmöglich, einen mehr als zentnerschweren Körper durch dieses Labyrinth von Felsen und Schluchten zu tragen, und mit einem Male wollte er es auch gar nicht mehr. Plötzlich war er von keinem anderen Wunsch so erfüllt als dem, so schnell wie nur möglich von diesem entsetzlichen Ort zu verschwinden.

Trotzdem zögerte er noch einmal, nachdem er sich umgewandt hatte und wieder zum Rand des Felsens gegangen war. Sein Blick huschte über die nachtschwarzen Schatten unter ihm, und für die Dauer eines Lidschlages glaubte er noch einmal, die Sternenbestie zu sehen.

Natürlich war sie nicht wirklich da. Diesmal war es nur ein Schatten. Aber Skar spürte ihre Nähe.

»Wer bist du?« flüsterte er. »Komm heraus und zeige dich, du Ungeheuer! Was willst du von mir?!«

Aber die Stille schwieg. Nur das verzerrte Echo seiner eigenen, schrill gewordenen Stimme antwortete ihm. In Skars Ohren klang es wie ein höhnisches Gelächter.

Und vielleicht war es das auch.

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