16. Der Eindringling auf Station K

Krakatau Dome hatte ganz schöne Prügel bezogen, doch die Stadt hatte noch genügend Reserven, um darüber wegzukommen; sie war durchgerüttelt worden, aber mehr nicht.

Endlich schafften wir es, einen Trupp der Tiefsee-Mariner von der Flottenbasis zu veranlassen, sich um die Nuklearzünder in meines Onkels Tresor zu kümmern. Wir selbst eilten zurück zur Station K, um die Auswirkungen des Bebens zu überprüfen.

»Stärke Vier«, stellte Lieutenant Tsuya fest und sah finster drein. »Komisch. Nein, erstaunlich! So weit können wir doch von unserer Vorhersage gar nicht abweichen!«

Lieutenant McKerrow hatte vor Schlafmangel rotgeränderte Augen, denn er hatte die Station K die ganze Zeit über allein gehalten. »Schau doch selbst, Tsuya«, schnappte er. »Ich glaube, wir liegen ziemlich schief mit unserer Vorhersage!«

Aber Lieutenant Tsuya ließ sich so schnell nicht überzeugen. »Hol die Crew von der Geosonde heraus«, bellte er. »Neue Messungen! Instrumente überprüfen, neuen Kartensatz anlegen! Ich will innerhalb von dreißig Minuten eine neue Vorhersage sehen! Ich glaube nämlich nicht, daß dies das von uns vorhergesagte Beben war.«

Schlafen. Ich wollte nur noch schlafen, doch wir hatten jetzt keine Zeit dazu. Lieutenant Tsuya hatte recht, und wir mußten wissen, was jetzt kommen müßte, egal ob wir erschöpft waren oder nicht. Stimmte es, daß die meisten der kürzlichen Beben von Menschen künstlich erzeugt worden waren, so bestand die große Gefahr, daß das von uns vorhergesagte schwere Beben doch noch kommen würde. Das letzte in Stärke Vier war ja nur eine kleine Probe gewesen. Und wenn uns das große traf, machte es nichts aus, ob wir dazu ausgeschlafen waren oder nicht.

Während ich mir die Zahlen der Sonde ansah und sie umrechnete, kam ein Trupp der Tiefesee-Mariner herein. Der kommandierende Captain meldete sich: »Lieutenant Tsuya, wir bringen die Nukleargeräte, die Sie fanden, zur Aufbewahrung hierher. Befehl des Stützpunktkommandanten.«

»Hierher?« wunderte sich der Lieutenant. »Wirklich hierher?« Dann brüllte er: »Schafft sofort die Dinger von hier weg! Glaubt ihr denn, ich hab’ noch nicht genug am Hals, daß ich auch noch ein paar lose Bomben brauchen kann, die hier herumkollern auf meiner Station?«

»Tut mir leid, Lieutenant.« Der Captain schien ein wenig amüsiert zu sein. »Befehl des Kommandanten ... Schließlich«, meinte er versöhnlich, »können Sie doch nicht erwarten, daß er diese Dinger irgendwo in der Kuppel läßt. Sie könnten doch losgehen!«

Wir schauten einander nur an, als etliche Mariner hereinkamen und unter der Last der schweren goldenen Kugeln schwankten.

Selbstverständlich lag mehr als ein Körnchen Wahrheit in dem, was der Captain gesagt hatte. Wir waren tief unten im gewachsenen Fels. Station K wurde vermutlich bei einem schweren Beben sofort und für immer zerstört, wohl aber hauptsächlich ertränkt. Und eine Flut brachte keinen nuklearen Zünder zur Explosion, sehr viel eher schon eine schwere Erschütterung.

Wir setzten unsere Arbeit fort, und als der letzte Mariner mit seiner Last hereinkam, bemerkte ich aus dem Augenwinkel heraus eine Gestalt in schwarzem Talar mit einem Klerikerkragen.

Ich starrte ihn an. »Vater Tide!« schrie ich dann.

»Ja, genau.« Er nickte. »Hallo, Jim. Guten Abend, Lieutenant Tsuya. Sie werden hoffentlich nichts dagegen haben, wenn ich hier so hereinplatze.«

Lieutenant Tsuya sprang auf und schüttelte Vater Tide die Hand, als wolle er sie ihm ausreißen. »Glauben Sie mir, Sir, niemand könnte mir willkommener sein. Verstehen Sie, unsere Vorhersagen .«

»Ich weiß«, unterbrach ihn Vater Tide fast fröhlich. »Natürlich. Ich weiß. Sie haben Stärke Zwölf vorhergesagt, und dann mußten Sie mit Stärke Vier zufrieden sein. Aber Sie bezweifeln, daß dieses Beben jenes war, das Sie vorhergesagt haben, nicht wahr? Und ich denke, Sie haben recht damit. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, helfe ich Ihnen, die Ziffern nachzuprüfen.«

Ich hatte inzwischen meine umgerechneten Zahlen auf die Karte übertragen und Harley Danthorpe hatte seine mikroseismischen Ablesungen vervollständigt. Wir waren für die Arbeit bereit.

Jeder begann zu rechnen - die beiden Lieutenants, Harley Danthorpe, Vater Tide und ich. Schwierig war das nicht, denn jeder von uns kannte das Ergebnis schon im voraus.

Vater Tide war zuerst fertig. Er nickte und wartete.

Dann schaute Lieutenant Tsuya auf. »Ich komme auf Stärke Zehn.«

»Ich habe Stärke Elf bekommen«, meldete sich Harley Danthorpe.

Vater Tide pflichtete ihm bei. »Das heißt also, Gentlemen, wir sind uns darin einig, daß ein schweres Beben noch vor uns liegt, vielleicht in nicht mehr als zwölf bis vierundzwanzig Stunden. Richtig?«

Wir alle nickten.

»Das beweist also, daß das letzte Beben nicht das von Ihnen vorhergesagte war. Und das führt mich zu der Annahme, daß es von Menschen erzeugt wurde, möglicherweise von Stewart Eden und jenen, die mit ihm zusammenarbeiten.«

Lieutenant Tsuya nickte.

Lieutenant McKerrow nickte.

Harley Danthorpe warf mir einen vorsichtigen Seitenblick zu. »So sieht es aus«, sagte er.

Und ich ... Was hätte ich tun oder sagen sollen?

Es war auch nicht nötig, denn in diesem Moment schlug ohne Vorwarnung das zweite Beben zu.

Vielleicht war es etwas leichter als das erste. Die Instrumente zeigten Stärke Vier an, aber nur knapp. Vielleicht war auch nur unsere allernächste Umgebung davon betroffen. Gebäude schwanken und vergrößern somit die Vibrationen eines Bebens. In Station K waren wir tief unten im Muttergestein. Das mahlende, röhrende Schütteln machten mich nur für einen Moment benommen, und niemand von uns verlor seinen festen Stand.

»So, das ist die Bestätigung!« brüllte Lieutenant Tsuya, als er wieder zu Atem gekommen war. »Diese Irren bringen noch die ganze Kuppel auf uns herunter. Vater Tide, ich gehe jetzt zum Stadtrat und fordere die sofortige Evakuierung. Wollen Sie mitkommen?«

»Natürlich«, entgegnete Vater Tide.

Wieder einmal verließen wir unsere Station. McKerrow, übermüdet wie er war, blieb allein zurück. Lieutenant Tsuya, Vater Tide, Harley Danthorpe und ich eilten zur Ratshalle. Jetzt herrschte große Angst in den Straßen von Krakatau Dome. Die Schäden waren noch erstaunlich gering, doch die öffentliche Moral hatte sehr gelitten, öfter als einmal mußten wir umkehren und uns einen anderen Weg suchen, da der kürzeste von verängstigten Menschen versperrt wurde.

Endlich hatten wir die Stadthalle erreicht. Von den Ratsherren war nicht einmal die Hälfte anwesend. Vielleicht hatten die anderen ihre persönliche Evakuierung vorgezogen, als Vorsichtsmaßnahme sozusagen, und möglicherweise waren das vorher die ärgsten Schreier gegen eine allgemeine Evakuierung gewesen. Der Rest benahm sich auch nicht mehr wie ein nüchternes Parlament; jeder Ratsherr versuchte die Kollegen zu überschreien, jeder warf allen übrigen Anschuldigungen an den Kopf, und nicht einer kam ungeschoren davon.

Auch Barnacle Ben Danthorpe war da. »Bill, du bist der Bürgermeister!« schrie er schrill. »Bring mal diese elenden Landratten zum Schweigen, damit wir hören, was die Jungs von der Flotte zu sagen haben!«

Der Bürgermeister stand rosig und schwitzend unter den heiteren, schönen Wandgemälden und murmelte: »Gentlemen, Gentlemen! Das ist eine Krise! Wir müssen Ruhe bewahren!« Aber niemand hörte ihn, weil er ja nur murmelte, während die anderen schrien und kreischten.

Der Gezeitenvater schaute sich einmal gründlich um und schritt dann, mutig wie Daniel in der Löwengrube, zum Rednerpult des Ratssaals. Er hob die Stimmgabel des Bürgermeisters vom Boden auf, verbeugte sich vor dem rosigen Stadtvater, schlug einmal an das Podium, um den Stimmgabelton zum Schwingen zu bringen und rief »Ruhe!« Es war wie ein Zauber: der Lärm legte sich, alle Gesichter wandten sich ihm zu.

Höflich verbeugte sich Vater Tide. »Lieutenant Tsuya hat Ihnen etwas zu sagen«, verkündete er mit seiner ruhigen, klaren Stimme. »Bitte, verhalten Sie sich ruhig, solange er spricht.«

Man brauchte den Lieutenant nicht zu drängen. Mit ein paar Sprüngen stand er auf dem Podium und erklärte dem Rat mit wenigen Worten ganz genau die Lage. »Wir wissen nicht, wieviele künstliche Beben noch kommen werden«, sagte er schließlich. »Wir haben Grund zur Annahme, es könnte noch ein halbes Dutzend werden. Eines wissen wir aber: das große Beben steht noch bevor.

Und wenn es kommt, wird es das Ende von Krakatau Dome sein.«

»Danke.« Vater Tide nickte dem Lieutenant höflich zu. »Und jetzt, Gentlemen, ist, so scheint mir, nur noch eines zu tun. Mit Euer Ehren Erlaubnis ...« - damit verbeugte er sich leicht vor dem Bürgermeister - »schlage ich eine Abstimmung vor. Es geht darum, ob sofort mit der Evakuierung aller Menschen aus Krakatau Dome begonnen werden soll. Wer für die Abstimmung ist, hebt bitte die Hand.«

Wie unter Hypnose hoben sich sofort fast sämtliche Hände, sogar die des Bürgermeisters; auch die von Harley Danthorpe und die meine, obwohl wir keine Stimme im Rat hatten.

Eine laute, barsche Stimme rief dazwischen. »Wartet!« schrie Barnacle Ben Danthorpe und lief zum Podium. »Vater Tide, das ist gegen jede Vorschrift! Sie haben hier keine Stimme und keinen Platz!«

»Verzeihung«, murmelte Vater Tide höflich und noch immer ruhig. »Mir schien, eine Abstimmung sei sehr zweckmäßig.«

»Abstimmung?« schniefte Danthorpe. »Ah, natürlich. Warum nicht? Dann stimmen Sie doch ab! Beschließen Sie, Krakatau Dome zu evakuieren! Und dann ist für die nächsten fünfzig Jahre in der ganzen Kuppel nichts mehr einen lausigen Penny wert, weil jeder Investor abgeschreckt wird. Wir sind dann nur noch die Kuppel, die evakuiert wurde. Jeder kauft sich anderswo ein.

Nein, Vater Tide. Mir ist von ganzem Herzen schnuppe, wer Sie sind! Auch von Ihnen lasse ich mir meine Investitionen in Krakatau Dome nicht ruinieren!

Und ihr elenden Landratten - macht schon weiter und stimmt ab! Aber vergeßt nicht, jeder, der jetzt für die Evakuierung stimmt, wird sich danach vor mir zu verantworten haben!«

Eine ganze Weile herrschte Schweigen. Und dann sagte Vater Tide mit seiner ruhigen, klaren Stimme: »Jeder, der für die Evakuierung ist, möge die Hand heben!«

Langsam hoben sich zwei Hände, eine dritte; dann fiel eine zurück, die zweite, dann auch die dritte. Nicht ein einziger Mann stimmte für die Evakuierung.

Vater Tide seufzte. Er legte ruhig die Stimmgabel weg und verbeugte sich vor dem Bürgermeister. »Möge Gott euch gnädig sein«, sagte er.

Das dritte Beben traf uns auf dem Rückweg zur Flottenbasis. »Stärke Vier«, flüsterte Vater Tide, klammerte sich mit der einen Hand an ein Geländer und hielt mit der anderen Lieutenant Tsuya fest.

Der Lieutenant richtete sich hoch auf. Sein Gesicht wirkte gehetzt. »Ja, Stärke Vier«, bestätigte er. »Immer Stärke Vier. Können sie nicht einmal ordentlich zuschlagen und dann Ruhe geben?« Seine Stimme klang dünn und angestrengt. Er war wohl am Ende seiner Nervenkraft.

»Junge, bleiben Sie ruhig«, riet ihm Vater Tide. Versuchsweise ließ er das Geländer los. »Das Schlimmste ist jetzt vorbei. Und ich muß gehen ... Ich fürchte, mehr als wir hier getan haben, können wir nicht tun, Lieutenant. Höchste Zeit, daß ich in meinen Seewagen steige und hinausfahre in die Tiefen. Wissen Sie, das hier ist nicht das Epizenter der Beben. Sie haben ja Ihre eigenen Karten gesehen. Ich möchte so nahe wie möglich an das Epizenter herangehen und Messungen vornehmen ... Und Maßnahmen treffen ... Ich wollte nur, ich könnte das wirklich tun, statt nur Messungen vorzunehmen .«

Dann strich er sich mit der Hand über das Gesicht. »Ich will so viele Flüchtlinge mitnehmen, wie mein Wagen fassen kann. Ich fürchte, es wird eine lange Reise zu einem sicheren Hafen werden, wenn die Kuppel einstürzt .«

Lieutenant Tsuya richtete sich straff auf und salutierte. »Kadett Danthorpe, Sie werden Vater Tide zu seinem Seewagen begleiten. Leben Sie wohl, Sir.«

»Leben Sie wohl«, sagte auch der Jesuit und schüttelte erst dem Lieutenant, dann mir die Hand. Zu mir sagte er noch etwas, das ich im Moment gar nicht voll begriff, doch ich wußte, für Vater Tide war es bedeutsam. Es war eine Generalanweisung für alle Fälle. Er sagte: »Haben Sie Vertrauen.«

Später war dieses Wort für mich sehr viel wert. Ich hätte das Vertrauen gar nicht verlieren dürfen ...

Als wir uns dem Bereich der Flottenbasis näherten, rief Lieutenant Tsuya: »Schauen Sie!«

Wir waren an den Landungsbecken der Flotte angelangt. In der Kuppel befanden sich in kurzen Abständen Sichtluken. Durch sie war zu sehen, daß die Flotte hereinkam.

Dutzende von Tiefsee-Schiffen der Flotte kamen herein, um in Krakatau Dome anzulegen. Was immer auch der Stadtrat und der Bürgermeister beschließen mochten, die Flotte hatte ihre eigenen Befehle und würde sie auch ausführen. Ganze Geschwader, über Radio und Mikrosonar aus ihren Standorten und Übungsgebieten herangeholt, standen bereit. Aber sie reichten nicht annähernd, denn ich erinnerte mich der Ziffern: mehr als eine halbe Million Bürger wäre trotzdem noch in der Falle der Kuppel, wenn das große Beben zuschlug, egal wie nachdrücklich man auch die Evakuierung betreiben würde. Aber diese langen, schlanken Schiffe in ihrer schimmernden Edenit-Panzerung waren ein erhebender Anblick.

Trotzdem - es reichte nicht. Müde und fast hoffnungslos kehrten wir zur Station K zurück, um an weiteren Vorhersagen zu arbeiten.

Im Radio der Kuppel kam Tanzmusik, und dann folgten beruhigende Erklärungen der Stadtverwaltung. Angewidert schaltete Lieutenant Tsuya ab.

Wir hatten eine neue Vorhersage ausgearbeitet, doch das Ergebnis war wie vorher. Die Zeitangaben schwankten um ein paar Stunden, die errechnete Stärke um einige Punkte.

Wir warteten auf das große Beben. Es mußte ja kommen.

Die bisherigen Erschütterungen hatten schon einen Teil unserer Instrumente beschädigt. Das war nicht zu ändern, denn sie mußten ja so ungeheuer empfindlich sein, da sie sonst nichts nützten. Ein Beben der Stärke Vier war schon zuviel für sie. Yeoman Harris hatte schnellstens alle verfügbaren Instrumen-tentechniker zusammengeholt und brachte das Gerät wieder in Ordnung, während wir unsere nächste Vorhersage berechneten.

»Was ist, Harris? Arbeitet alles wieder?« erkundigte sich Tsuya.

Harris kratzte sich den Kopf. »Da bin ich nicht ganz sicher, Lieutenant«, gab er zu. »Alles scheint in Ordnung zu sein, aber ... sehen Sie selbst.«

Lieutenant Tsuya trottete zum Mikroseismographen und musterte ihn. »Lächerlich!« fuhr er auf. »Da stimmt was nicht! Diese Ablesungen .«

Dann schwieg er, schaute noch einmal, runzelte die Brauen und schaute erneut. »McKerrow. Eden. Kommt mal her und sagt mir, was ihr daraus macht.«

Und wir schauten. Stärke und Entfernung waren völlig falsch. Aufgezeichnet war da ein kleines, ständiges, nahes Vibrieren, zu schnell und regelmäßig, als daß es feine Gesteinsbewegung sein konnte, zu stark und mächtig für eine Maschinenbewegung. Es war ungeheuerlich! Solche Vibrationen konnte es gar nicht geben. Und dann die Richtung - sie kam überhaupt nicht in Frage. Denn das Epizenter dieser kleinen Störung lag nicht im Magma oder in den festgestellten Falten, es lag überhaupt nicht tief, sondern höher als die Station K!

»Die Maschine ist naß geworden. Harris, an die Arbeit. Die habt ihr verdorben«, sagte Lieutenant Tsuya. »Nein, warten Sie noch. Das Ding ist nicht konstant. In den letzten paar Sekunden hat es sich verändert.«

Wir alle beobachteten angestrengt. Es stimmte! Was immer auch die Ursache dieser Vibrationen sein mochte, sie war nicht auf einen Platz fixiert, sie bewegte sich langsam, jedoch wahrnehmbar. Die Aufzeichnungen veränderten sich unter unseren Blicken. Die Richtung wich allmählich um drei bis vier Grad ab, auch die Höhe schwankte leicht. Dann lag die Störquelle auf der Höhe der Station K, gleich darauf etwas tiefer, und die Entfernungs- und Stärkespur machte deutlich, daß die Ursache sich näherte.

»Was, in aller Welt ...«, rief Lieutenant McKerrow. »Tsuya, sag mal, hast du dein Lieblingsbeben bestellt, weil es zu uns zu Besuch kommt?«

Tsuya schüttelte den Kopf. »Wenn ich nicht verrückt bin, dann weiß ich, was das ist. Der MOLE! Er kommt aus den Tiefen zurück und kreuzt jetzt unter der Kuppel von Krakatau!«

Lange standen wir da und beobachteten die Aufzeichnungen. Es war unglaublich, und ich hätte niemals gedacht, daß sich eine von Menschen geschaffene Maschine durch soliden Fels bewegen könnte. Ich hatte gesehen, wie unsere Geosonden in den Basalt vordringen konnten, und nicht einmal das hätte ich geglaubt; ich hatte das Schiff in diesem Abwasserbecken gesehen und es nicht geglaubt.

Doch nun mußte ich glauben. Nichts sonst konnte das erklären, was wir hier sahen. Im Gestein unter uns bohrte sich eine Maschine durch, die vielleicht meinen Onkel, Bob Eskow und noch ein paar andere an Bord hatte, und diese Maschine schwamm so sicher durch festes Gestein, wie ein Hering durch das seichte Gewässer der See schwimmt.

Die Tür ging auf, Harley Danthorpe kam herein. Er sah blaß und verhärmt aus, und das verstand ich nicht ganz. »Kadett Danthorpe meldet sich zum Dienst zurück«, sagte er mit einem fast tragischen Versuch, schneidig zu tun.

»Schon gut«, murmelte Lieutenant Tsuya geistesabwesend, dann schaute er auf. »Danthorpe! Was ist mit Ihnen los?« bellte er.

Harley quollen fast die Augen aus den Höhlen. Er starrte entsetzt etwas hinter uns an. Er deutete und versuchte zu sprechen, doch er gurgelte nur. »Der . Fels .«

Wir drehten uns um und schauten total verblüfft drein. Der Schreibstift des Mikroseismographen kratzte wie irr ungeheure Vibrationen auf das Papier, viel stärkere als aufzuzeichnen ihm je zugedacht worden war. Dann öffnete sich in der Mauer ein Spalt, und Wasser stürzte herein.

Ein Erdbeben?

Nein, ein Erdbeben war es nicht. Das hier war sehr viel merkwürdiger. Denn aus diesem Spalt kam ein mahlendes, reißendes Geräusch und das hohe Sirren schnellaufender Maschinen.

Und durch den Spalt schob sich eine schimmernde Edenit-Nase.

Dahinter wurden ortholytische Spiralbohrelemente sichtbar; sie drehten sich mit unglaublicher Geschwindigkeit.

Dann ratterte es, Staub und Splitter flogen herum ...

Und in den tiefstgelegenen Raum der Station K schob sich wie ein Frettchen in einen Kaninchenbau der lange, mechanische Körper eines MOLEs, jenes gestohlenen MOLEs, in den ich Bob Eskow im Sammelbecken hatte klettern sehen und der seither die Beben verursacht hatte, die Krakatau Dome und damit uns durchschüttelten .

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