1 Nächtliche Begegnung

Der Schrei zerriß die Nacht wie eine Breitaxt, die den Schädel eines Ogers spaltet.

Wer im Wald unterwegs war, lernte schnell, augenblicklich hellwach zu sein – sonst erwachte man womöglich gar nicht mehr. Im Handumdrehen war Tanis aufgesprungen und hatte mit einer Geschmeidigkeit, die man durch viele einsame Nachtlager erwirbt, sein Langschwert gezogen. Mit bloßen Füßen trat er Sand über das glimmende Feuer, um dann mit vor sich ausgestrecktem Schwert zu erstarren. Langsam drehte sich Tanis um seine Achse und spähte ins umliegende Unterholz.

Nichts. Obwohl er als Elf auch nachts gut sehen konnte. Die leichte Brise reichte kaum aus, um die Frühlingsblätter an den jungen Ahornbäumen zu bewegen. Vom Weißen Fluß im Norden trug der Wind den Geruch von Schlamm und faulenden Pflanzen heran, doch außer dem Gurgeln des Stroms und dem Knarren der uralten Eichen war nichts zu hören. Beide Monde, der silberne Solinari und der karmesinrote Lunitari, nahmen ab, und für jeden anderen als einen Elfen wäre die Finsternis auf der Lichtung fast undurchdringlich gewesen.

Dann gellte wieder der Schrei durch die Nacht und zerrte an Tanis’ Nerven wie die falsch gestimmte Saite einer Leier. Von Norden, stellte er fest.

Der Halbelf ergriff Bogen und Köcher und rannte so schnell durch die Nacht, daß die Fransen seines Lederhemds flatterten. Die Nachttiere des Waldes – Stinktier, Opossum und Waschbär – drückten sich platt an den Boden, als der Halbelf vorbeikam. Seine Schritte waren leichter als die der Menschen, aber weit schwerer als die seiner elfischen Verwandtschaft, die er vor Wochen in Qualinost verlassen hatte.

An einer Gabelung des Pfads blieb Tanis stehen, weil er nicht wußte, ob er rechts oder links weiterlaufen sollte. Der linke Pfad führte ungefähr nach Nordwesten, wo man nach wenigen Tagen in Haven ankommen würde. Der rechte Pfad endete irgendwann an der Schlucht des Weißen Flusses gegenüber vom Düsterwald. Es gab reichlich Gerüchte über die Wesen – lebendige und weniger lebendige –, die sich in dem abweisenden Wald niedergelassen hatten. Aus erster Hand erfuhr man wenig über den Düsterwald, denn wer sich hineinwagte, kam selten wieder heraus.

In diesem Augenblick ließ ein weiterer Schrei den Halbelfen den linken Pfad entlangjagen. Tanis brach aus dem Unterholz auf eine Lichtung zwischen den Eichen und Ahornbäumen, wo er sah, wie ein Mensch mit deutlicher Befriedigung ein Langschwert in ein haariges Ungetüm stieß. Das Opfer, das eine blutrote Rüstung trug, fiel mit einem Schrei. Die Waffe des Wesens, eine Art Dornenkeule – ein Morgenstern –, rollte ins Unterholz.

»Hobgoblins!« flüsterte der Halbelf. Auf dem fauligen Abfall auf der Lichtung kam er zum Stehen.

Drei von den Monstern lagen reglos da. Drei weitere, die Tanis alle um einen Kopf überragten, umringten fauchend den schlanken Menschen. Sie stießen mit Speeren zu, ließen Peitschen knallen und schwangen ihre Morgensterne. Eines der Ungeheuer sprang vor, wobei das wäßrige Mondlicht des abnehmenden Solinari seine orangerote Haut mit einem silbrigen Glanz überzog.

Der Hobgoblin schwang seine Keule über dem Helm des Menschen. Der Mensch machte einen entschlossenen Schritt zur Seite. Unter der Kappe des Hobgoblins konnte man seine gelbfunkelnden Augen sehen. Der Gestank von Blut, zertrampelten Pflanzen, Matsch und ungewaschenen Hobgoblins hing in der Luft. Die Monster rochen nach Aas und unzähligen Kämpfen. Die geschmeidige Gestalt des Menschen köpfte mit einem Hieb und einem Fluch den angreifenden Hobgoblin, doch im Fallen traf die Faust des Wesens den Menschen noch und zerriß den Riemen, der den Helm hielt. Der Helm verrutschte und enthüllte ein blasses Gesicht und einen dunklen Lockenschopf.

»Eine Frau?« rief Tanis staunend aus. Seine Stimme lenkte die beiden übrigen Hobgoblins ab, die herumfuhren, um Tanis anzusehen.

Die Frau warf dem Halbelfen einen wütenden Blick zu und wechselte ihr Schwert von der Rechten in die Linke. Sie rückte sich den Helm zurecht, ohne auf den zerrissenen Riemen zu achten, und führte die Spitze ihrer Waffe in einem sauberen Bogen gegen den kräftigen Arm des einen Hobgoblins. »Werd bloß nicht unverschämt«, fuhr sie ihren Gegner in Gemeinsprache an. »Ich kann dich jederzeit erledigen.«

Das Wesen grunzte und zog sich zurück, während sein Kumpan den Neuankömmling im Schatten betrachtete. Er ließ die Menschenfrau in Ruhe und stürmte auf den Halbelfen los. »Turash koblani! Töte!«

Tanis ging in Kampfposition, als der Hobgoblin, gefolgt von seinem Partner, über die Lichtung rannte. Die Frau stürmte ein paar Schritte hinterher.

»Turash koblani!« Der Hobgoblin hob sein Schwert, an dem Tanis Blut zu sehen glaubte – wahrscheinlich Menschenblut, denn über das eine bloße Bein der Frau, die mit einem erneuten Schrei auf einen Baumstumpf gesprungen war, zog sich ein dunkler Streifen.

Tanis zog seinen Bogen hoch, und mit einer geschmeidigen Bewegung, die den Qualinesti-Elfen zur zweiten Natur geworden war, holte er einen Pfeil aus dem Köcher.

Die Frau hob ihr Schwert, um einen tödlichen Streich gegen den einen Hobgoblin zu führen. »Jetzt geht’s ans Sterben, du Sohn eines Gossenzwergs!« schrie sie spöttisch, doch die Hobgoblins, die Elfen mehr als alles andere haßten, konzentrierten sich nur noch auf den Halbelfen. Halbherzig wehrten sie die Frau mit den Schwertern ab. Sie wichen aus, um diese unangenehme, todbringende Menschenfrau nicht aus dem Blickfeld zu verlieren, dachten jedoch nur noch an den Halbelfen.

»Lauf, Mädchen!« rief Tanis. »Rette dich!«

Sie warf ihm einen fragenden Blick zu und zog spöttisch eine Augenbraue hoch. Dann lachte sie und durchtrennte dem einen Hobgoblin die Kniesehnen, während Tanis dem anderen einen Pfeil in die Brust schoß. Die beiden Monster fielen bellend um. Tanis ließ den Bogen fallen und erledigte den gestürzten Hobgoblin mit einem Schwertstreich. Dann drehte er sich zu der Frau um.

Tanis war auf alles vorbereitet, aber nicht auf das, was kam. Die Frau ließ einen Strom von Beschimpfungen los, bei denen selbst einem Hafenarbeiter aus Kargod das Mark erstarrt wäre. Haß blitzte aus ihren Augen. Tanis hatte noch nie eine so wüste Schimpfkanonade gehört – zumindest nicht aus dem Mund einer Frau. Die braunen Augen weit aufgerissen, blieb er stehen, bis sie ihm mit der flachen Klinge eins überzog, so daß er auf den feuchten Boden fiel. Bei dem unerwarteten Angriff flog sein Langschwert außer Reichweite. Der Halbelf lag rücklings auf seinem Köcher inmitten zerbrochener Pfeile, während sie über ihm stand und mit dem Schwert nach rechts und links schlug und das Dickicht zerhackte. Sie war für eine Menschenfrau nicht ungewöhnlich groß, aber aus diesem Winkel wirkte sie sieben Fuß hoch. Und so stark wie ein Minotaurus.

Obwohl Tanis nur ein Halbelf war, war er doch Qualinesti genug, um einen Kampf auf Leben und Tod gegen eine Frau zu umgehen – selbst wenn deren Fechtkunst jedem Durchschnittsmann weit überlegen war. Wenn Qualinesti-Frauen im Gebrauch von Schwert und Bogen unterwiesen wurden, war dieses Training mehr zeremonieller als praktischer Art, und kein Qualinesti-Mann würde ernsthaft gegen eine Frau seiner Rasse antreten. Beim Anblick des kampfgestählten Körpers seines menschlichen Quälgeists bekam Tanis jedoch feuchte Hände. Ein Schweißtropfen lief ihm über die Stirn in die rostroten Haare. Der Geruch verfaulten Laubs drang ihm in die Nase.

»Idiot! Einmischer!« schäumte sie und köpfte einen Johannisbeerbusch. Blätter rieselten auf Tanis herab. »Ich hatte die Situation bestens im Griff, Halbelf!«

»Aber…« Tanis’ Rechte fuhr durch die schlüpfrigen Blätter und schloß sich um einen Pfeil. Hauptsache, er hatte überhaupt eine Waffe, wenn dieser Irren doch noch die Nerven durchgingen.

Ihre Klinge, von der noch Hobgoblinblut tropfte, schwang rechts an Tanis’ Kopf vorbei und schnitt ein Gänseblümchen ab. Sicher fand sie ihren Weg zu dem kaum fingerhohen Stengel unter der weißen Bodenblüte. Tanis staunte über ihre Beherrschung.

»Wie kannst du es wagen, mir den Spaß zu verderben?« fauchte sie.

Tanis versuchte es noch einmal. »Spaß? Das waren sechs gegen…«

Die Schwertklinge verharrte über ihm. Tanis hatte den Eindruck, die Frau würde ihm gleich die Waffe in die Rippen stoßen. Er verbiß sich seinen Einwand und erstarrte, weil er sich zur Seite werfen wollte, wenn sie zustoßen würde.

In der Finsternis tastete Tanis nach allem, was er gegen sie verwenden konnte. Seine Elfensicht, die die Wärme wahrnahm, welche von den Dingen abstrahlte, zeigte ihm nur ein halbes Dutzend schnell kalt werdender Hobgoblinleichen, von denen zwei nur wenige Fuß entfernt lagen.

»Acht«, stellte die Frau schließlich richtig. »Es waren acht Hobgoblins gegen mich. Also ungefähr Gleichstand. Die zwei am Fluß hast du nicht mitbekommen.« Zum ersten Mal grinste sie schief, und Tanis merkte, daß der gefährlichste Moment vorbei war.

»Acht Hobgoblins«, wiederholte er schluckend.

»Ich bin kein Anfänger, Halbelf. Ich bin seit über fünf Jahren Söldnerin«, sagte sie.

Wie viele Feinde, fragte sich Tanis, mochten diese seidenweiche Stimme gehört haben, während sie verbluteten?

Aber die Stimme redete weiter, als würde sie ein altes Unrecht wieder aufwärmen. »Und wenn der Tag kommt, Halbelf«, raunzte sie, »an dem ich nicht ohne Beistand eines halbangezogenen Halbmenschen mit acht Hobgoblins fertigwerde, dann setze ich mich gern zur Ruhe!«

Sie hob ihr Schwert zu einem spöttischen Salut, wischte die blutige Klinge an einem Bein seiner fransengesäumten Hosen ab und schob die Waffe dann in eine verschrammte Scheide. Dreist ließ sie ihren Blick über den auf dem Rücken liegenden Halbelfen wandern. Seine spitzen Ohren, das deutlichste Zeichen seiner elfischen Herkunft, waren durch die schulterlangen Haare zu sehen. Ihre dunklen Augen nahmen auch die breiten Schultern und die muskulöse Brust war, die sein Menschenblut verrieten, und ihr Lächeln wurde breiter. Tanis merkte, wie es ihn heiß durchfuhr, doch dann erschauerte er, denn die Feuchtigkeit des Erdbodens durchdrang sein Hemd von hinten.

Die Frau über ihm streckte die Hand aus. »Kitiara Uth Matar«, erklärte sie. »Ursprünglich aus Solace, neuerdings findet man mich überall, wo die vielen Herren wohnen, die meine Dienste brauchen.« Spöttisch zog sie eine Augenbraue hoch und trat zurück, streckte ihm jedoch den Arm entgegen. »Los, Halbelf. Steh auf!« Sie wurde ungeduldig. »Angst vor einer Frau?« Ihr Lächeln wurde wieder schurkisch.

Nach kurzem Zögern schlug Tanis in ihre Hand ein, doch im letzten Augenblick neigte sie sich nach vorn und umfaßte kräftig seinen Unterarm mit der rechten Hand. Er hielt ihren Arm seinerseits am Ellbogen fest. Dann trat die Frau zurück und zog den Halbelfen trotz seines Gewichts hoch. »Ich heiße Tanthalas«, sagte er, nachdem er in eine halbsitzende Position gelangt war. »Neuerdings aus Solace.«

»Tanthalas«, wiederholte sie. »Ein Qualinesti-Name.«

»Ich bin dort aufgewachsen. Die meisten Menschen nennen mich Tanis.«

»Also dann, Tanis.«

Er erwiderte ihr Lächeln so hinterhältig wie möglich. Plötzlich wurde sein Griff um ihren Arm fester, und er zog sie zu sich herunter. Kitiara riß überrascht die Augen auf. Sie geriet ins Stolpern, und Tanis machte sich auf den Aufprall ihres Körpers gefaßt. Er würde sie umschmeißen; das hatte sie verdient – er würde sie hinwerfen und sich auf sie setzen wie ein großer Bruder, bis sie um Gnade bat. Der Gedanke machte ihm diebischen Spaß.

Doch nach der ersten Überraschung fing sich Kitiara. Offenbar hatte sie die Absicht ihres Gegners durchschaut und nutzte seinen Schwung jetzt gegen ihn. Ihr rechter Arm war immer noch in Tanis’ Griff gefangen, doch sie sprang einfach über den Halbelfen hinweg.

Tanis weigerte sich, Kitiaras Arm loszulassen. Ihr Überschlag wurde mitten in der Bewegung gestoppt, so daß sie nach Luft schnappend auf dem Rücken landete.

Tanis ließ los, rollte auf die linke Seite, sprang auf und warf sich auf die Frau. Doch sie sah seine Bewegung kommen und ballte vor sich die Faust, während sie den Ellbogen in die Erde stemmte. Dann wartete sie mit ruhigem Blick ab.

Tanis versuchte auszuweichen, aber die Faust erwischte ihn direkt im Magen. Reglos lag er am Boden und rang nach Luft, während Kitiara ihn von sich herunterrollte und sich anmutig wieder erhob. Verärgert nahm sie den Helm ab, um den zerrissenen Riemen zu untersuchen. Dann wischte sie schmierige Blattfetzen von Armen und Beinen.

Sie hob die Hand zum Abschied. Ihr Gesicht war voller Spott. »Halte mich nicht für undankbar, Tanthalas. Wenn du mal wieder eine Jungfrau retten willst, braucht die vielleicht wirklich deine Hilfe.«

Sie sah ihn noch einen Moment an, drehte sich um und marschierte davon. Das Wort »Schwächling« und bellendes Gelächter kam bei ihm an. Sobald sie ihm den Rücken zukehrte, gab der Halbelf seinen gespielten Zusammenbruch auf und kam wieder auf die Füße. Vorsichtig lief er über die nassen Blätter – für Menschenohren praktisch lautlos. Dann sprang er auf Kitiara los, knallte gegen ihre Schulter, schlang die Arme um ihre Taille, stellte ihr ein Bein und riß sie dann zur Seite.

Einen Moment lang umklammerte er Kitiara, atmete ihren Schweißgeruch und einen schweren, moschusartigen Duft ein. Im nächsten Augenblick segelte Tanis über ihren Kopf durch die Luft, drehte sich jedoch dabei wie eine Katze und landete wieder auf den Füßen. Mit einem Grunzen kam er auf dem Boden auf, wobei sein Lederhemd vorn aufriß. Kitiara warf einen Blick auf seine nackte Brust und nickte anerkennend, noch während sie halb in die Hocke ging. Tanis nahm die gleiche Haltung ein. Im Dunkeln umkreisten sie sich, zwei Schatten, die einander gegenüberstanden, von denen jeder auf eine Blöße des anderen wartete. Keiner zog das Schwert.

»Tanis, so langsam gehst du mir auf die Nerven«, sagte Kitiara. Ihre Worte klangen gleichmütig, doch ihr zäher Körper war angespannt.

Was für eine wundervolle Frau, dachte Tanis unwillkürlich, doch zugleich überblickte er noch einmal die toten Hobgoblins. So sehr er Kitiara bewunderte, er fragte sich, ob sie überhaupt jemand zähmen könnte.

»Bist du so schwach, daß du einen schon von hinten angreifen mußt?« zog ihn Kitiara auf. »Würde sich ein mutiger Mann nicht von vorne an mich heranwagen?« Sie sprang auf ihn los, doch der Halbelf wich zurück. Wieder umkreisten sie sich langsam. Tanis konnte hören, wie sie ihre Atmung beherrschte, ihr inneres Gleichgewicht suchte und fand. Seine Elfensicht war in dem schwachen Licht ein Vorteil für ihn, doch Kitiara schien sich nicht an der Dunkelheit zu stören. Ihre Augen leuchteten. Tanis konnte den Blick nicht von ihr wenden. Ihre höhnischen Bemerkungen ließ er über sich ergehen. Halbelf und Frau umkreisten sich weiter. Kitiaras Fuß blieb an einem Ast hängen, doch sie fing sich rasch. Ihre Worte verrieten keine Spur von Erschöpfung. »Ich muß dir sagen, Tanis, daß ich eigentlich immer bekomme, was – oder wen – ich will.« Ihr Blick sprach Bände.

In diesem Augenblick kam Kitiara genau vor einen der toten Hobgoblins zu stehen. Tanis machte einen Scheinangriff, den Kitiara kontern wollte, doch sie stolperte über den ausgestreckten Arm des Hobgoblins und fing sich diesmal zu langsam. Blitzschnell stellte Tanis ihr ein Bein und ließ sich auf sie fallen.

Kitiara landete mit voller Wucht auf dem Boden. Sie stöhnte auf, doch sie schrie nicht. Als sie nach ihrem Schwert griff, verdrehte Tanis ihr die Hände und drückte die Handgelenke in Schulterhöhe auf den Boden. Er schlang seine Beine um ihre, und die stolze Frau, die ihm weiter Flüche ins Gesicht schleuderte, war bezwungen.

Dann starrte Tanis Kitiara an. Mit einem Mal wurde er sich der Rundungen des Körpers unter ihm bewußt. Als sie ihn anblitzte, wich ihr wütender Gesichtsausdruck langsam einer belustigten Miene.

»Nun?« sagte sie und zog eine Braue hoch.

»Nun«, gab er zurück. Er ließ etwas locker.

Ihr durchtriebenes Lächeln fesselte ihn. »Da wären wir.«

Tanis sog ihren Geruch tief ein. Spöttisch zog Kitiara die Brauen hoch und starrte betont auf die Muskeln, die durch Tanis’ zerrissenes Hemd zu sehen waren. Sie blickte ihn herausfordernd an. Tanis murmelte einen alten Elfenfluch; Kitiaras Lächeln wurde breiter. Was konnte schon Gutes aus einer Verbindung zwischen Mensch und Elf erwachsen? Er wußte doch Bescheid.

Plötzlich wünschte Tanis, er hätte diese Kitiara Uth Matar nach einem versteckten Dolch durchsucht. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr.


Später in der Nacht, während Tanis auf Kitiaras Lager schlief, huschte die Kämpferin davon und griff nach ihrem Gepäck, das zwischen Decke und Feuer lag. Nachdem sie sich noch einmal vergewissert hatte, daß der Halbelf schlief, langte Kitiara mit der Hand in den Beutel und schob Kleidung und Proviant beiseite, während sie nach der Scheinnaht des falschen Bodens tastete. Fast ohne zu atmen zog sie das steife Tuch zur Seite und spähte in den Beutel. Violettes Licht strömte in die Lichtung. Sie ließ die Finger über die Quelle dieses Lichts gleiten. »… acht, neun«, murmelte sie. »Alle da.« Sie seufzte und lächelte wie in süßer Befriedigung, doch ihre Augen funkelten.

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