Hakazit

Marquoz erwachte.

Er stöhnte, reckte sich und betrachtete neugierig sein neues Land. Es bot keinen erhebenden Anblick; er befand sich auf einem Hochplateau und konnte viele Kilometer weit sehen. Das Land war schroff, umringt von hochragenden Vulkangipfeln, aus denen hier und dort Rauch quoll. Darunter erstreckte sich eine große Ebene, übersät mit schwarzen Felsen und Steinbrocken und dicken Schichten Vulkanasche. Hier und da ragten kleine Kohlekegel auf, die nicht beruhigend alt oder erloschen aussahen.

Es gab Gras, ja; kränklichgelbes Gras, das hoch und wild wuchs und im Wind schwankte, der um die Vulkansenke tobte. In der Ferne konnte er eine riesige, blaugrüne Wasserfläche sehen, die ein Meer sein mußte. Nur in der Nähe des großen Ozeans gab es Flächen von dunklem Grün, die auf Kultivierung hindeuteten.

Es war eine aktive Landschaft. Da waren Flüsse, viele Flüsse, alle ewig jung, dank dem offensichtlich anhaltenden Vulkanismus. Die Quelle für das viele Wasser war offenkundig; die vorherrschenden Winde bliesen vom Meer herein, wurden eingefangen und an den hohen Vulkanen hinaufgetrieben, viele davon mit Schneekappen, wo sie abkühlten und Regenfälle hervorriefen, die hier im Hinterland herabflossen.

Er bestaunte die Weite seines Blicks; alles sah unfaßbar scharf und klar aus, und er konnte in größerer Entfernung, als er in seinem alten Körper überhaupt hätte sehen können, einzelne Bäume unterscheiden. Sein Gehör schien normal zu sein; er hörte das Rauschen des Windes und tropfendes Wasser nicht anders als früher.

Früher? Es gab Straßen da unten, die nicht schlecht aussahen, aber wenig Anzeichen für Behausungen. Lagen alle Leute im Winterschlaf, er ausgenommen, oder lebten sie einfach alle an der Küste? Tierisch, pflanzlich oder mineralisch?

Nun, jetzt war er auf jeden Fall einer von ihnen. Er wußte das, fühlte sich fremd und ›massiv‹. Er wußte auch, daß er eine Vorstellung von der Rasse gewinnen konnte, wenn er sich selbst betrachtete, aber er zögerte, ein wenig ängstlich dem Gegenüber, das er finden mochte.

In der Nähe segelten große, majestätische, schwarze Vögel; einen Augenblick lang fürchtete er, das könnte seine neue Erscheinungsform sein — aber nein, er hatte keine Flügel, dessen war er sicher.

Langsam, so als könnte der bloße Anblick seines eigenen Körpers ihn zu Stein verwandeln, blickte er an sich hinunter. Sein neuer Körper war ›massiv‹; das war das einzig richtige Wort dafür. Nicht riesig, nein — wenn auch viel größer als sein alter Körper —, aber dick, dicht. Seine Haut war von metallischem Blau und schien dick genug zu sein, Pfeil oder vielleicht sogar Explosivgeschoß aufzuhalten. Sie endete in zwei sehr dicken Beinen, die auf großen, breiten Füßen mit scharfen Krallen ruhten.

Die Krallen sehen aus wie aus härtestem Stahl gemacht, dachte er beiläufig.

Seine alten Arme waren kurz und stumpf gewesen; sie entsprachen jetzt den Beinen und waren so dick und mächtig, daß er nicht erstaunt gewesen wäre, damit Stahlstangen biegen zu können. Da er nur vier Zehen gesehen hatte, wunderte er sich nicht, drei lange, dicke Finger und einen abnorm langen, opponierenden Daumen vorzufinden.

Er hob die Hände ans Gesicht. Der Hals war dick und offenbar mit Knochen gepanzert, aber es fiel schwer, über seinen Kopf etwas zu sagen, außer, daß er eiförmiger und flacher war als sein früherer, einem menschlichen ähnlicher — allerdings fühlte er sich hart und dick an. Beinahe so, als wäre ich ein Rieseninsekt, dachte er, mit Lederhaut über dem Hautskelett.

Er trat vorsichtig einen Schritt vor und begriff sofort, daß er, wie vorher, einen dicken Stützschwanz besaß, der länger war als sein alter. Er blickte über die Schulter, während er den Schwanz nach vorn bewegte, Steine damit verstreuend, und riß die Augen auf. Auch der Schwanz war dick und gepanzert, aber vom Rücken bis zur Schwanzspitze verliefen Knochengrate; die Spitze war nicht spitz, sondern breit, und am Ende ragten zwei unfaßbar gefährlich aussehende Stacheln heraus, jeder ungefähr einen Meter lang. Er probierte den Schwanz aus wie eine Waffe und begriff, daß er genau das war. Sein alter Schwanz hatte allein zum Sitzen und zur Erhaltung des Gleichgewichts gedient; diesen hier konnte man wie einen dicken Schlagarm benutzen, und die scharfen Spitzen würden jeden Gegner mit hoher Geschwindigkeit durchbohren. Er war gewiß, daß seine neuen Artgenossen damit so übten, wie es manche menschlichen Kulturen und seine eigenen Chugach mit Schwertern taten.

Ich bin gebaut wie eine Kampfmaschine, sagte er sich. Er blickte wieder auf die triste und wilde Landschaft. Wenn jedes Sechseck auf der Schacht-Welt dazu diente, eine Lebensform zu erproben, dann mußte das Land dort unten mehr als gefährlich sein.

Er betrachtete erneut seine Hände und bewegte die Finger. Sein erster Eindruck hatte nicht getrogen. Die Fingernägel waren lange, gefährliche Degenspitzen, die man einziehen konnte.

Die Logik für seine Verwandlung konnte er verstehen. Er hatte von Obie die Versicherung erhalten, daß der Computer auf irgendeine Weise beeinflussen konnte, was aus jedem von ihnen werden sollte, und diese Lebensform war dem gegenüber, was er vorher gewesen war, durchaus nicht so fremdartig. Er sollte hier schließlich nicht leben, sondern von dieser Stelle aus Krieg führen. Die Gestalt war dafür geeignet.

Er versuchte, in seiner Kehle die entflammbaren Gase hervorzubringen, die den Chugach eigen waren, aber da kam nichts. Diese Fähigkeit war verloren, und sie würde ihm fehlen. Schade, dachte er. In einem Land der Vulkane wäre dergleichen passend gewesen.

Die Sonne stand schon hinter den Bergen, dunkle Schatten hüllten die Landschaft ein. Bald würde es ganz dunkel sein, und er stand mitten im Nirgendwo, ohne etwas von seinem neuen Volk zu sehen; keine großen Siedlungen oder kleine Dörfer, ohne Waffe, mit der er sich gegen das verteidigen konnte, was unten auf der dunkelnden Ebene lauern mochte. Er wünschte sich einen Knüppel, aber es gab nicht einmal Bäume, wo man einen hätte abbrechen können.

Er überlegte, ob er bis zum Morgen auf dem kleinen Hochplateau bleiben sollte; das war verlockend, aber er hatte ungeheuren Hunger und wußte nicht einmal, was er überhaupt aß.

Er dachte immer noch nach, als sich etwas ereignete, das er zuletzt erwartet hätte.

Unter ihm flammte in ordentlicher Reihenfolge die Straßenbeleuchtung auf.

Es war erstaunlich, wie die nackte Landschaft von den winzigen Lichtern verwandelt wurde — Tausende, nein, Zehntausende davon, unter ihm beginnend, erstreckten sich ins nahezu Endlose, gewiß bis hin zu dem Meer, das er gesehen hatte. Und noch dazu in allen Farben; klug angeordnet in geometrischen Mustern von grünen, blauen, roten, gelben Farbtönen — alle Farben, die es gab. Es war wunderschön, auch wenn die Landschaft nun einem gigantischen Flughafen glich.

Der Anblick gab ihm aber ebenso sehr Rätsel auf, wie er ihn faszinierte; es hatte Straßen gegeben, gewiß, aber keine Spur von einer solchen Elektronik, wie sie jetzt sichtbar wurde, und auch kein Anzeichen dafür, wo die Energie herkam.

Wie als Antwort auf seine Gedanken spürte er im Boden ein schwaches Grollen, und in der Nähe lockerten sich Steine und stürzten auf die Ebene hinab. Er kannte sich sofort aus — geothermische Energie. Die Leute hier hatten gelernt, ein so aktives Land für sich tätig sein zu lassen.

Auf der rechten Seite gab es einen Pfad, wie er sehen konnte, aber er zögerte, bevor er ihn benutzte. Die Lichter waren elektrisch; das hieß, daß es sich hier um ein hochtechnologisches Sechseck handelte, um ein Land, wo Maschinen denselben Regeln gehorchten, wie er sie von Anfang an gekannt hatte. Das bedeutete Kommunikations-Netze, Computer vielleicht, und — Schußwaffen. Er glaubte, die meisten Projektile verkraften zu können, aber Haut und Knochen würden beispielsweise gegen eine Laserpistole wenig Schutz bieten — vor allem gegen eine solche, wie dieses Volk sie entwickelt haben mochte, um sie gegen seinesgleichen zu verwenden.

Er seufzte und stieg vorsichtig hinunter. Es war nicht schwer voranzukommen, obwohl er sich immer wieder daran erinnern mußte, daß sein Schwanz jetzt länger und dünner und sehr schwer war.

Die Sicht stellte kein Problem dar. Die Chugach sahen nachts miserabel, weil sie unter dem Sand lebten und die meiste Zeit andere Sinne gebrauchten, aber diese neue Lebensform sah bei Tag hervorragend und nachts noch besser.

Man bekam eben die Sinne, die man brauchte, sobald man sie brauchte, entschied er. Günstig.

Als er unten ankam und auf der Ebene dahinlief, hörte er Verkehrsgeräusche, Lastfahrzeuge und schwere Maschinen. Hier tat sich allerhand. Was die Kerle nur machten?

Es dauerte nicht lange, bis er eine Straße erreichte. Die Lichter erhellten sie in geisterhaft blassem Orangerot; kleine, kugelförmige Lampen im Boden, offenbar, um die Straßenbegrenzung anzuzeigen.

Als er an der Straße stehenblieb, näherte sich ein Fahrzeug. Er sah sofort, wozu man die Begrenzungslampen brauchte. Nicht nur war das Ding gigantisch groß, es kam auch mit ungeheurer Geschwindigkeit auf ihn zu. Binnen weniger Sekunden war es heran und vorbeigebraust. Er sah den Fahrer, obwohl der Wahnsinnige den Blick nie von den Begrenzungslichtern abwandte. Das Fahrzeug selbst war ein riesiger Schaufelbagger gewesen, der enorme Mengen Erde fassen und wegbefördern konnte. Übergroße Unterschiede zu ähnlichen Maschinen anderer Rassen bestanden nicht. Der Fahrer hatte ihm aber den ersten richtigen Blick auf seine neue Rasse ermöglicht.

Zentauroid, gewiß, aber zweibeinig, das Gesicht eine knochige Dämonenmaske mit spitzen Hörnern, die Augen Teiche von dunklen, glühendem Rot ohne Pupillen. Sie glichen den Dämonen der Chugach-Mythologie, Wesen, wie sein eigentliches Volk sie in den finsteren Legenden benützt hatte, um Kinder und leichtgläubige Erwachsene zu Tode zu erschrecken.

Er hörte in der Nähe ein Rascheln. Erschrocken fuhr er herum und entdeckte eine kleine Echse, die ihn nervös anstarrte. Das Wesen erstarrte, sah, daß es bemerkt worden war, und blickte ihn hoffnungsvoll an.

»Cherk?«tönte es mit hoher, quietschender Stimme.

»Da verstehst du soviel wie ich«, sagte er. Das Wesen schien sich damit zufriedenzugeben und huschte davon. Von dieser Sorte war also nichts zu befürchten.

Er wandte sich wieder der Straße zu und versuchte zu entscheiden, was er tun sollte. Am liebsten wäre ihm gewesen, wenn man ihn bemerkt und mitgenommen hätte, aber bei der Geschwindigkeit, die man hier bevorzugte, war das recht unsicher. Der Blick des Fahrers verriet genug. Es brachte nichts ein, von einem Lastfahrzeug überrollt zu werden, bevor er auch nur guten Tag gesagt hatte.

Er begann, entlang der Straße weiterzugehen, in der Richtung, die von den Bergen wegführte. Das mochte ein Fehler sein, wie er wußte, da der Fahrer genau in die andere Richtung gefahren war. Allerdings gab es wenig Hinweise darauf, wo diese Leute tagsüber blieben oder weshalb sie trotz des bei Tage scharfen Sehvermögens Nachtwesen waren.

Ein zweites Fahrzeug dröhnte an ihm vorbei, diesmal aus der anderen Richtung, kein Bagger, sondern ein riesiger Lastwagen, gefüllt mit Kies oder Sand oder Asche. Dieser Fahrer bemerkte ihn ebenfalls nicht.

Er blieb stehen. Asche! Natürlich! Die gigantischen Vulkane brachen wohl oft aus, aber die träge, klumpige Spritzlava, die er gesehen hatte, deutete darauf hin, daß sie für die Bewohner auf den Ebenen vermutlich nicht gefährlich waren. Das Problem mußte die Asche sein — Schichten davon, manchmal meterdick. Selbst wenn die Ausbrüche nur alle ein, zwei Jahre stattfanden, würde man immer wieder neu aufbauen müssen. Nach einiger Zeit hatten die Einheimischen sich diese Mühe wahrscheinlich nicht mehr gemacht, sondern dauerhafte Bauwerke unter dem Boden errichtet, im solidesten Grundgestein, das sie finden konnten. Mit hochentwickelter Technologie war das nicht schwer. Nur in Meeresnähe, von den Vulkanen am weitesten entfernt, vermutlich mit einer ausgezeichneten, unregelmäßigen Küste vulkanischen Ursprungs, die Tiefwasserhäfen bot, würden sie über dem Boden leben.

Er fragte sich beiläufig, wie sie mit seismischen Beben zurechtkamen, entschied aber, daß sie sehr viel Zeit gehabt hatten, sich darauf einzurichten. Es mochte durchaus gerade einen Ausbruch gegeben haben — sie würden die Asche abtransportieren, abräumen und neu aufbauen. Das konnte auch durchaus ihr Haupt-Exportgut sein, weil Vulkanasche der mineralreichste Humus war, den es gab. Mineralarme und verbrauchte Sechsecke würden für ständige Belieferung bezahlen, was verlangt wurde.

Er begann sich wohler zu fühlen. Noch bevor er einen dieser Leute getroffen oder mit ihm gesprochen hatte, war ihm, als seien ihm die Bewohner schon vertraut.

Er war noch in solche Überlegungen vertieft, als fünf kleine, schlittenartige Luftkissenfahrzeuge auf ihn zufegten. Auf jedem saß ein einzelner Fahrer, ein Dämonenprinz der Chugach-Legende, und alle hielten unmittelbar vor ihm. Er war beinahe umzingelt. Er starrte in ihre Gesichter und spürte, wie sich Kindheitsängste regten. Er unterdrückte sie, so gut er konnte, und nahm seinen ganzen Mut zusammen.

Alle fünf trugen amtlich aussehende, lederähnliche Jacken und Halfter. Leer. Die Pistolen waren alle gezückt und auf ihn gerichtet.

Seltsamerweise wurde ihm wohler dabei. Er war bemerkt worden — wahrscheinlich von einem der Lastwagenfahrer — und stand jetzt der Ortspolizei gegenüber.

Brazil hatte ihm erklärt, daß er die Landessprache automatisch beherrschen würde, so daß er nicht zögerte. Er streckte langsam die Hände aus, mit den Innenflächen nach außen, um zu zeigen, daß er keine Waffe trug.

»Na schön, ihr habt mich erwischt«, sagte er lässig. »Ich bin ein Neuzugang, so nennt ihr das, glaube ich. Der neue Mann hier. Bringt mich zu eurem Führer oder meinem Führer oder dergleichen.«

Sie blieben einen Augenblick auf ihren seltsamen, kleinen Schlitten sitzen und starrten ihn mit ausdruckslosen Dämonengesichtern an, die Pistolen im Anschlag. Schließlich zischte einer, der mehr Knöpfe an der Jacke hatte als die anderen, mit leiser, bösartiger Stimme:»Gut! Los! Geh schon!«

»Wie Sie wollen«, sagte Marquoz entgegenkommend und setzte sich in Bewegung. Sie folgten ihm wortlos, ohne die Pistolen einzustecken.


* * *

Sie gingen einige Kilometer weit. Marquoz hatte Hunger und Durst, aber seine Bewacher boten weder Rast noch Nahrung noch Gespräch. Dieser Kultur gegenüber war er seiner Sache nicht mehr so sicher wie vorher, aber er wußte, daß er diese fünf nicht mochte.

Seine erste Vermutung darüber, wo die Leute seien, erwies sich jedoch als richtig. Sie erreichten eine Kreuzung, und er konnte dort kreuzförmige Platten sehen. Als sie näher kamen, sank eine der Platten hinunter und bildete eine abwärts führende Rampe unter der anderen Straße. Er hoffte nur, daß alles gut automatisiert war, so, wie die Leute hier rasten.

Die Straßen der Oberfläche gab es unten in erneuter Ausführung, obwohl er ziemlich weit bergab gehen mußte, bevor sie die Wohnetagen erreichten. Dort gab es indessen an jedem Tunnelweg Fließbänder. Er fuhr darauf weiter, während seine Eskorte auf der Straße blieb. Er wußte allerdings, daß Augen und Waffen auf ihn gerichtet blieben. Immerhin war das einfacher; er stand still, und die Arbeit wurde von Maschinen verrichtet. So hatten die Götter es nach seiner Meinung auch vorgesehen.

Plötzlich verschwanden die Mauern, und er sah sich auf einer Brücke über einer riesigen Höhle, einer der größten, die er je gesehen hatte. Unter ihm lag eine Stadt, eine erstaunlich schöne Stadt, leuchtend durch die vielen farbigen Lichter. Tausende von Leuten fuhren auf dem verzweigten Netz von Fließbändern unter ihm. Ab und zu erreichten Marquoz und seine Begleiter eine Plattform mit Nebengleis, wo ein Lastwagen ent- oder belud, was nach großen Förderwerken aussah. Es gab keine Schächte; die großen Würfel schienen einfach auf- und abzuschweben. Vermutlich Magnetkraft, dachte er.

Er war stehengeblieben, um sich das anzusehen, was seine Bewacher ärgerte.

»Weiter!«zischte ihn der Anführer an.

Er trat wieder auf das Gleitband und fuhr weiter.

»Verzeihung«, sagte er. »Das war eben sehr schön — und ganz unerwartet.«Das schien zu besänftigen und zu erfreuen; danach wirkten sie nicht ganz so bissig. Besonders helle konnten sie nicht sein, wie ihm schien. Sie waren ein paar Meter weitergefahren, bevor sie begriffen hatten, daß er stehengeblieben war. Mit etwas mehr Erfahrung im Umgang mit ihnen hätte er leicht entwischen können.

Es gab aber zahllose Arten von Uniformen. Jede Menge Uniformen und Symbole, die wohl Rangabzeichen darstellten. Eigentlich komisch. Das Ganze sah aus wie die Karikatur eines Militärstaates, für jemand mit seinen Talenten, seiner Vergangenheit und Erfahrung geradezu ideal.

Sie erreichten endlich den Ort, wo sie hinwollten, einen großen Aufzug mit Anschlußstraße.

»Einsteigen!«befahl der Anführer. »Unten wirst du erwartet.«

Er nickte zerstreut und stieg ein. Es ging schnell hinab; die Fahrt war faszinierend. Die Rückseite des Würfels war durchsichtig und gestattete ihm freien Blick auf die Stadt. Abwesend registrierte er das kleine Gerät in einer Ecke der Decke, bei dem es sich um eine Art Kamera handeln mußte. Er hatte sie überall bemerkt. Ganz gewiß eine Diktatur, entschied er. Er fragte sich, wovor die Kerle solche Angst hatten.

Die Aussicht verdunkelte sich plötzlich, als der Würfel aufsetzte. Die Tür glitt zur Seite, und er sah ein einzelnes Wesen, das ihn mit den seltsam glühenden Augen anstarrte. Die Jacke des einköpfigen Empfangskomitees wies etwas mehr Dekoration auf; Marquoz war an einen Höhergestellten weitergereicht worden, obschon er nicht allzu bedeutend sein konnte. Er sah keine nervösen Garden, keine versteckten Polizisten oder Schläger. Er war enttäuscht; es hatte ihm gefallen, für einen bedeutenden Feind der Republik gehalten zu werden, oder was das hier auch immer sein mochte.

»Ich bin Commander Zhart, Bezirk Zweihunderteinundneunzig«, sagte das Wesen zischend.

Marquoz verbeugte sich knapp und verließ langsam den Würfel.

»Ich bin Marquoz, früher Chugach, ein Neuzugang in diesem Land und auf dieser Welt«, erwiderte er. »Freut mich, jemand kennenzulernen, der wenigstens mit mir redet«, fügte er hinzu.

»Kommen Sie mit!«rügte der Commander und ging davon.

»Wo bin ich eigentlich?«fragte er beiläufig.

»In Hakazit«, erwiderte Zhart. »Genauer, in Harmony City.«

»Hakazit«, wiederholte er. So sah sein Gehirn die Lautfolge; in Wahrheit wären die ausgestoßenen Laute für Mensch und Chugach gleichermaßen unmöglich gewesen. »Nun, das ist ein sehr faszinierendes und schönes Land hier, Commander. Ich freue mich auf ein neues Leben bei Ihnen.«

Der Commander war erfreut.

»Ich muß sagen, daß Sie für einen Neuzugang bemerkenswert ruhig und beherrscht sind«, stellte er fest. »Unser letzter Neuzugang vor etwa dreißig Jahren war ein nervöses Wrack.«

»Ach, das läßt sich ganz natürlich erklären«, sagte Marquoz. »Ich habe einen großen Teil meines Lebens in fremden Kulturen unter fremden Leuten verbracht. Das Neue und Fremdartige regt mehr an.«

»Eine lobenswerte, wenn auch erstaunliche Ansicht«, rühmte Zhart. »Sie sind ein höchst ungewöhnliches Wesen, Marquoz. Sagen Sie, was hat Sie zu den anderen Welten und Wesen geführt? Was haben Sie früher gemacht? Sind Sie Verkäufer gewesen?«

Marquoz lachte leise.

»Du meine Güte, nein! Wirklich nicht. Ich war Spion.«

Commander Zhart blieb wie angewurzelt stehen, so daß Marquoz ihm beinahe auf den Schwanz getreten wäre. Er schaute sich nach dem neuen Hakazit mit ernster Miene um und versuchte, sich darüber klarzuwerden, ob er auf den Arm genommen wurde.

Marquoz lachte immer noch in sich hinein.

»Verkäufer, also wirklich!«schnaubte er.

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