19

Ista trat in den Vorhof und betrachtete erstaunt das Pferd, das Liss für sie ausgesucht hatte. Es war groß, von schimmerndem Weiß und mit einer samtigen grauen Nase. Mähne und Schweif glichen seidenen Bannern — Ferda wäre gewiss in poetische Schwärmereien verfallen. Das Fell war sorgfältig vom Schmutz des Stalles gereinigt. Nur noch einige schwache, gelbliche Spuren waren geblieben, die Ista unwillkürlich an die Flecken auf dy Cabons weißen Roben erinnerten. Die großen, dunklen Augen des Tieren schimmerten feucht und wirkten gutmütig. Es schnaubte und stubste Ista an.

»Was ist das für ein Pferd?«, fragte sie, als Liss es zur Trittbank führte.

»Es heißt Feder. Ich hatte das am besten ausgebildete Tier aus dem Stall für Euch verlangt, und man hat mich förmlich angefleht, dieses hier zu nehmen. Seit Lord Illvin krank ist, steht es nur noch faul im Stall herum, frisst und setzt Fett an.«

»Also ist es Lord Illvins persönliches Reittier?«, fragte Ista und schwang ein Bein über den breiten Rücken. Das Pferd stand vollkommen still, während sie behutsam ihre gepolsterten Knie gegen seine Flanken legte und nach den Steigbügeln tastete. »Aber es ist doch gewiss kein Streitross?«

»Nein, dafür hat er einen anderen Hengst — ein jähzorniges, rot gezeichnetes Biest, an das sich sonst niemand herantraut.«

Liss sprang auf ihr Botenpferd. Es tänzelte unwillig und schien geneigt, sie abzuwerfen. Doch unter ihrem festen Griff beruhigte es sich rasch. »Es hat bereits einige Stallknechte angegriffen. Sie haben mir ihre Verletzungen gezeigt. Sehr beeindruckend.«

Foix hob die Hand und ließ sie fallen, und er und Pejar ritten durchs Tor voran. Liss und Ista folgten; dahinter kam das halbe Dutzend der verbleibenden Ritter der Tochter. Sie formierten sich zu einer Reihe und stiegen die enge Serpentinenstraße am Ort vorbei nach unten. Als sie an der Stadtmauer vorüber waren, wandten sie sich der Straße nach Tolnoxo zu, auf der Ista vor so vielen ereignisreichen Tagen angekommen war. Foix legte ein zügiges, aber nicht zu schnelles Tempo vor; dann ging es im Schritt die Hänge hinauf, und auf ebenem Gelände fielen sie in leichten Galopp. Feder reagierte auf die leichtesten Bewegungen von Zügel oder Fersen. Es war beinahe so, als könne Ista es allein mit den Gedanken lenken. Sein Trab war ein ausgreifendes, sanftes Wogen, sein Galopp wie das Wippen einer Sänfte. Seine Bewegungen waren behutsam und geschmeidig, trotz seiner Größe. Aber Lord Illvin brauchte gewiss ein großes Pferd.

Sie ritten durch ein feuchtes Waldgebiet am Fluss und scheuchten einen Schwarm großer, summender Pferdebremsen auf. Als sie sich gierig auf Feders seidigen Flanken niederließen, verzog Ista das Gesicht und schlug nach denen, die sie erreichen konnte. Sie knackten widerwärtig und hinterließen blutige Schlieren auf ihrer Handfläche. Liss’ Palomino scheute und kreischte. Foix blickte über die Schulter. Nur Ista sah das violette Licht, das von seiner Hand aufflackerte, doch die abscheulichen Bremsen lösten sich von Liss’ Reittier — nur um sich auf Istas Pferd zu stürzen. Doch ehe sie sich beschweren konnte, gelangte die Reiterschar wieder ins Sonnenlicht und ließ die Bremsen hinter sich.

Sie machten sich an den langen Anstieg an der steileren Seite des Tales. Am Dorf mit dem Olivenhain hielten sie erneut und tränkten die Pferde. Inzwischen hatten sie sich ungefähr fünf Meilen von Porifors entfernt. Zum Glück war dieses schattige Plätzchen frei von Blut saugenden Insekten. Pejar machte sich auf und fragte die Dorfbewohner nach dem gesuchten Wagen. Ista stand neben Foix im Schatten eines großen Olivenbaums und streckte sich, während die schweißnassen Pferde neben ihnen aus dem Fluss tranken.

»Spielt Ihr immer noch mit Fliegen herum?«, fragte sie leise. »Ich habe Euer Kunststückchen gesehen. Versucht bitte keine weiteren, andernfalls müsste ich dem Geistlichen davon erzählen.«

Er errötete. »Es war eine gute Tat. Außerdem wollte ich Liss einen Gefallen tun.«

»Hm.« Ista zögerte. »Wenn Ihr meinen Rat hören wollt: Benutzt keine Zauberei, um Liss den Hof zu machen. Gebt insbesondere nicht der Versuchung nach, auf diese Weise unmittelbar ihre Gunst zu erwirken.«

Seinem verlegenen Grinsen nach zu urteilen, wusste er genau, worauf Ista anspielte: Es war nicht das erste Mal, dass ihm der Gedanke an eine Art Liebeszauber in den Sinn kam.

Ista fuhr noch leiser fort: »Denn wenn Ihr das tut, und Liss erfährt davon, wird sie nicht nur das Vertrauen in Euch verlieren, sondern auch in ihren eigenen Verstand. Sie wäre nie mehr sicher, ob ein Gedanke oder ein Gefühl wirklich von ihr selbst käme. Sie würde immer wieder innehalten, würde grübeln, würde jede Empfindung in Frage stellen. Ein solcher Weg führt in den Wahnsinn. Da wäre es gnädiger und hätte mehr mit Liebe zu tun, würdet Ihr Liss mit einem Kriegshammer beide Beine brechen.«

Sein Grinsen gefror. »Wie Ihr befehlt. Majestät.«

»Das sage ich nicht als Eure Königin. Nicht einmal als Heilige. Ich spreche als Frau zu Euch, die diese Straße schon einmal bis zu ihrem Ende gegangen ist, und die nun zurückkommt, um vor den Gefahren zu warnen. Wenn Ihr nur noch halb so viel Verstand besitzt wie Ihr am Anfang der Reise — und wenn Ihr tatsächlich Liebe wollt und nicht nur Befriedigung —, werdet Ihr mir als Mann zuhören.«

Seine knappe Verbeugung war diesmal sichtlich nachdenklicher, sein Grinsen wie fortgewischt.

Pejar kam zurück und berichtete, dass ein Wagen und ein Gespann tatsächlich früher am Tag im Olivenhain Halt gemacht hatten. Er hatte lange genug im Schatten verweilt, um beide Paare Pferde auszuspannen und zum Wasser zu führen.

Es war nicht einmal eine halbe Stunde her, dass der Wagen wieder aufgebrochen war. Foix blickte zufrieden und kürzte ihre eigene Rast ab.

Nach weiteren vier Meilen im Trab erreichten sie den höchsten Punkt eines langen Anstieges. Endlich sahen sie ihre Jagdbeute vor sich über die Straße holpern. Das Segeltuchdach wirkte klein aus der Entfernung, doch hell zeichnete sich im Sonnenlicht das Wappen der Garnison von Porifors ab. Foix winkte seinen Trupp voran. Sie hatten den Wagen fast schon erreicht, als jemand dort auf sie aufmerksam wurde. Der unsichtbare Kutscher trieb das Gespann an, doch die Zugpferde, behindert durch die Last, waren den schnelleren Tieren der Verfolger nicht gewachsen.

Männer aus Foix’ Schar galoppierten an beiden Seiten des dahinpolternden Gefährts vorbei, beugten sich zur Seite und griffen nach den Zügeln der Führpferde. Als Ista ihr Tier an dem Wagen vorbeilenkte und zügelte, hörte sie schon Cattilaras lautstark schimpfende Stimme. Der Wagen kam zum Stehen.

Cattilara trug ein elegantes Reisekleid aus Grau und Gold. Sie hockte auf dem Kutschbock und beschimpfte den eingeschüchterten Goram, der sich mit fast geschlossenen Augen duckte und die Zügel des Gespanns mit verkrampften, zitternden Händen umklammert hielt. Ista kniff die Augen zusammen, um das Licht der wirklichen Welt abzuhalten. Sie versuchte, ihr inneres Auge zu höchster Aufmerksamkeit zu bringen, nicht mehr die Geister wahrzunehmen, wie sie der Materie innewohnten, sondern die Geister allein. War das die Art, wie die Götter die Welt sahen? Zu Istas Erleichterung hatte Cattilaras Dämon sich nicht ausgebreitet und die Vorherrschaft an sich gerissen, sondern er war wieder fest zusammengerollt. Ein weiterer Dienstbote, eine der jüngeren Damen von Cattilara sowie Arhys’ Page saßen geduckt hinten im Wagen.

Zwei nahezu erloschene Schemen lagen dabei, Seite an Seite. Leinwand und Holz versperrten Istas körperliche Sicht, doch gerade das machte es ihr leichter, zu erkennen, was sie eigentlich sehen wollte. Eine dünne Linie aus weißem Feuer trieb träge zwischen den beiden Körpern; darunter, noch viel schwerer wahrzunehmen, war ein Netz aus violettem Leuchten, das in drei Strängen verlief: Der Kanal, durch den der Zauber floss.

Ista spannte kurz die Finger, und Feder hielt und stand gehorsam auf der Stelle. Ista ließ die Zügel auf seinen Widerrist fallen und streckte die Hände aus, ließ ihren Geist der körperlichen Bewegung folgen. Und dann, zum ersten Mal, floss sie über den Körper hinaus. Bastard, hilf mir. Sei verflucht … Sie versuchte nicht — wagte es nicht — die Umhüllungen zu unterbrechen, die den Zauber des Dämons anzeigten; stattdessen lenkte sie die Seelensubstanz. Das weiße Band von Illvin zu Arhys loderte auf wie ein Strohdach, das in dunkler Nacht Feuer fängt.

Arhys’ sonore Stimme erklang aus dem Wagen, gereizt, wie die eines Mannes, der eben aus dem Schlaf erwacht: »Was bedeutet das? Illvin …?«

Cattilara verstummte abrupt, rief keine Beschimpfungen mehr, sondern atmete scharf ein und sank zusammen. Keuchend funkelte sie Ista an.

Bewegung wurde aus dem Wagen laut — ein Knarren, schwere Schritte auf den Planken. Arhys schob den Kopf hinaus und blickte sich um. »Bei der Hölle des Bastards! Wo sind wir?« Ein genauerer Blick auf die vertraute Landschaft beantwortete diese Frage offenbar zu seiner Zufriedenheit, dann ungehalten richtete er den Blick auf seine schluchzende Frau. »Cattilara, was hast du getan?«

Auf der anderen Seite des Wagens atmete der angespannte Foix erleichtert auf und schickte einen kurzen, dankbaren Gruß in Istas Richtung. Der malvenfarbene Schimmer, der abwartend in seiner Handfläche verharrt hatte, erstarb.

Cattilara wandte sich auf ihrem Sitz um und umschlang in einer Geste eindringlichen Flehens die Oberschenkel ihres Mannes. Goram duckte sich aus dem Weg. »Arhys, Arhys, nein! Sag diesen Leuten, sie sollen fortgehen! Lass Goram weiterfahren! Wir müssen fliehen! Sie ist böse, sie ist auf deinen Tod aus!«

Abwesend strich er ihr übers Haar. Sein unruhiger Blick fiel auf Ista und wurde grimmig. »Majestät? Was bedeutet das?«

»Was ist das Letzte, an das Ihr Euch erinnert?«

Er runzelte die Stirn. »Cattilara ließ mir eine dringende Botschaft überbringen, sie sofort auf dem Hof vor den Ställen der Garnison aufzusuchen. Ich ging hin und fand dort diesen Wagen vorbereitet, dann … dann nichts mehr.«

»Eure Frau hat sich in den Kopf gesetzt, Euch fortzubringen und anderswo als in Porifors nach Heilung für Euch zu suchen. In welchem Maße ihr Dämon sie dazu ermuntert hat, weiß ich nicht, aber bestimmt hat er sie dabei unterstützt. Ich nehme an, Illvin wurde in erster Linie als Wegzehrung für Euch mitgenommen.«

Arhys zuckte zusammen. »Meinen Posten verlassen? Porifors verlassen? Jetzt

Cattilara schreckte vor der Härte in seiner Stimme zurück. Wieder brach sie zu seinen Füßen zusammen, in Tränen aufgelöst, doch dieses eine Mal ließ er sich nicht davon erweichen. Als er ihr Gesicht umfasste und zu sich emporhob, konnte Ista seine Anspannung erkennen: Wie straff gespannte Schnüre standen die Sehnen unter seiner bleichen Haut hervor.

»Cattilara. Denk nach. Diese Desertion entehrt meine Treue und die Eide, die ich geschworen habe. Dem Herzog von Caribastos, Königin Iselle und dem Prinzgemahl Bergon — meinen eigenen Männern. Das geht nicht!«

»Es geht doch. Angenommen, du würdest an irgendeiner … hm, anderen Krankheit leiden. Dann müsste auch ein anderer für dich übernehmen. Du bist krank. Ein anderer Offizier muss deinen Platz einnehmen.«

»Der Einzige, dem ich zutrauen würde, in dieser unsicheren Lage so rasch mein Kommando zu übernehmen, ist Illvin.« Er zögerte. »Wäre Illvin«, verbesserte er sich.

»Nein, nein, nein …!« In einem Anfall von Wut und Hilflosigkeit schlug sie heftig mit den Fäusten auf ihn ein.

Ista musterte die pulsierenden Leinen aus Licht. Kann ich das? Sie war nicht sicher. Ich kann es versuchen … Ruhig faltete sie ihre körperliche Hände im Schoß und streckte die Hände ihres Geistes aus. Wieder ließ sie die einfassenden Kanäle des Dämons unberührt, verengte nur den Fluss der Seelensubstanz zwischen Illvin und Arhys, bis er beinahe zum Stehen kam.

Arhys brach in die Knie. Erschrocken öffnete er den Mund.

»Wenn Ihr Euren Mann aufrecht und auf den Beinen wollt«, ließ Ista Cattilara wissen, »müsst Ihr jetzt selbst dafür sorgen. Es wird keine Lebenskraft mehr gestohlen.«

»Nein!«, schrie Cattilara, als Arhys halb über ihr zusammenbrach. Goram griff nach ihm, damit der schwere Körper nicht vom Kutschbock rutschte. Entsetzt blickte Cattilara in Arhys’ bleiches, verwirrtes Antlitz. Das Seelenfeuer brodelte in ihrem Körper empor und sammelte sich bei ihrem Herzen.

Ja!, dachte Ista. Du kannst es. Tu es, Mädchen!

Dann, mit einem Wehlaut und einem Aufwogen von Weiß, fiel Cattilara in Ohnmacht. Das ungezügelte Feuer schoss aus ihrem Herzen empor, leckte unregelmäßig über die Ufer des Zaubers, die von den Kräften des Dämons abgegrenzt wurden. Ista streckte ein weiteres Mal ihre unsichtbare Hand aus. Der Fluss beruhigte sich, wurde gleichmäßiger. Nicht zu heftig, damit er seine Quelle nicht gänzlich austrocknen ließ; nicht zu langsam, damit er seinen Zweck erfüllen konnte. Genau … so. Ihr inneres Auge prüfte noch einmal die Kraftlinien. Noch immer sickerte ein schwaches Rinnsal von Illvin herüber, gerade genug, um die Verbindung aufrechtzuerhalten. Sie wagte es nicht, das feine Gespinst des Dämons anzutasten. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie dessen Bindungen überhaupt brechen konnte, selbst wenn sie es versuchte. Arhys blinzelte, bewegte prüfend den Kiefer und erhob sich unsicher, eine Hand auf Gorams Schulter gestützt.

»Ich danke euch«, murmelte Foix in die wohltuende Stille.

»In meiner ersten Trauer pflegte auch ich gelegentlich auf diese Weise zu zetern«, flüsterte Ista ihm zu. Die Erinnerung daran bereitete ihr Unbehagen. »Warum, in der fünf Götter Namen, hat mich nie jemand zum Schweigen gebracht und dafür gesorgt, dass die anderen nicht mehr unter meinem Schmerz zu leiden hatten? Das werde ich wohl nie erfahren.«

Aus dem Innern des Wagens fragte eine krächzende Stimme: »Bei den Dämonen des Bastards, was ist jetzt denn los?«

Erleichterung huschte über Arhys’ Gesicht. »Illvin! Hier draußen!«

Das Tappen bloßer Füße war zu hören; dann wankte Illvin heraus und stand blinzelnd im hellen Morgenlicht. Er trug nur ein leinenes Nachtgewand und sah aus wie ein Mann, denn man nach einer Nacht ausgelassener Feierns zu früh geweckt hatte. Mit einer abgemagerten Hand griff er nach dem Rahmen des Verdecks, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

Sein Blick fiel auf Ista, und seine Miene hellte sich auf. »Du dicker fetter Dummkopf!«, rief er entzückt. Mit einiger Verspätung schloss Ista, dass diese merkwürdige Begrüßung dem Pferd galt, das die Ohren aufstellte und schnaubte. Es blähte die grauen Nüstern und hätte sich beinahe — aber nur beinahe! — von der Stelle fortbewegt, auf der seine Reiterin es hatte halten lassen. »Majestät«, fuhr Illvin fort und nickte ihr zu. »Feder hat Euch zu Eurer Zufriedenheit getragen, nehme ich an?«

»Er ist ein vollendeter Kavalier«, versicherte ihm Ista. »Und ich halte ihn für sehr wohlgeformt.«

Illvin schaute auf Catti hinunter, die zusammengesunken an Gorams eingezogener Schulter lehnte. »Was bedeutet das? Ist alles in Ordnung mit ihr?«

»Im Augenblick ja«, versicherte Ista ihm und auch Arhys, der seine Frau mit noch größerer Sorge betrachtete. »Ich, äh … habe dafür gesorgt, dass sie eine Weile die Plätze mit Euch tauscht.«

»Ich wusste gar nicht, dass Ihr dazu imstande seid«, bemerkte Illvin bedächtig.

»Ich ebenso wenig, ehe ich es vor einigen Augenblicken versucht habe. Der Zauber des Dämons ist nicht gebrochen. Er ist nur … umverteilt.«

Arhys’ Gesicht war starr vor Unbehagen. Trotzdem kniete er sich hin und nahm Cattilara auf die Arme. Illvin betastete seine rechte Schulter und runzelte die Stirn, als er den roten Fleck erblickte, der sich langsam auf Cattilaras Schulter ausbreitete. Er lehnte sich zur Seite und ließ seinen beladenen Bruder gebückt nach hinten in den Wagen gehen. Ista übergab Liss ihre Zügel und stieg aus dem Sattel direkt auf den Kutschbock. Illvin streckte eine Hand aus und half ihr herüber.

»Wir müssen uns unterhalten«, sagte sie ihm.

Er nickte. »Goram«, setzte er hinzu. Sein Knecht blickte auf, und Erleichterung spiegelte sich auf seinem Gesicht. »Wende den Wagen und bring uns nach Porifors zurück.«

»Jawohl, Herr«, erwiderte Goram glücklich.

Ista duckte sich und trat hinter Arhys und Illvin in den Wagen. Foix rief seinen Männern Befehle zu, damit sie beim Wenden des Gespanns Hilfe leisten konnten. Arhys bettete Cattilara auf die Liege, die er eben erst verlassen hatte. Nach dem hellen Licht draußen war es dämmrig und muffig unter der Segeltuchplane, doch Istas Augen gewöhnten sich rasch daran. Der Diener, Cattilaras Dame und der Page drängten sich furchtsam im hinteren Teil des Wagens zusammen, zwischen drei oder vier kleinen Truhen. Die Ausrüstung wirkte bescheiden für die Reise, obwohl ohne Zweifel auch das Schmuckkästchen der Gräfin irgendwo zwischen dem Gepäck ruhte.

Arhys schickte den Diener und die Frau nach vorn, damit sie neben Goram Platz nahmen. Der Page ließ sich in seiner Nähe nieder, die Augen groß vor Sorge. Arhys strich dem Jungen beruhigend durchs Haar. Dann setzte er sich zu seiner Frau, die Beine überkreuzt, neben der Kopfseite ihrer Liege. Illvin half Ista auf die Liege gegenüber. Sie fühlte, wie der Schorf unter ihren Verbänden aufplatzte, als sie die Knie beugte. Illvin wollte sich mit überkreuzten Beinen ihr gegenüber niederlassen, erkannte dann aber, wie ungeeignet sein knappes Nachthemd für diese Stellung war.

Arhys blickte finster auf seine Frau. »Ich kann nicht glauben, dass sie ernsthaft geglaubt hat, ich würde Porifors im Stich lassen.«

»Das hat sie gewiss nicht geglaubt«, meinte Ista. »Daher ihre Täuschung.« Sie zögerte. »Es ist bitter, wenn das ganze Leben von den Entscheidungen anderer abhängt und man nichts tun kann, um irgendetwas zu ändern.«

Der Wagen vollendete seine Wende und setzte sich im Schritttempo wieder in Bewegung. Auch bei dieser Geschwindigkeit würde das Gespann erschöpft sein, wenn sie die zehn Meilen zur Burg ein zweites Mal zurückgelegt hatten.

Arhys berührte Cattilara an der Schulter. Deutlich zeichnete sich dort ein dunkler roter Fleck ab, der von dem Blut herrührte, das langsam darunter hervorsickerte. »Das geht so nicht.«

»So muss es gehen, bis wir zurück in Porifors sind«, sagte Illvin unbehaglich, streckte Arme und Hände und spannte die Schultern, als müsse er sich erst wieder in einem Körper zurechtfinden, der ihm fremd geworden war. Er erprobte die Stärke seines Griffs und runzelte die Stirn.

»Ich kann nur hoffen, dass die Garnison nach meinem Verschwinden nicht in Aufruhr geraten ist«, sagte Arhys.

»Sobald wir eintreffen«, sagte Ista, »müssen wir ein weiteres Mal versuchen, Cattilaras Dämon zu befragen. Er weiß bestimmt, was in Jokona vor sich geht. Und wichtiger noch, wer ihn entsendet hat.« Sie wiederholte vor Illvin den Bericht des Offiziers über die plötzliche Wandlung von Sordso dem Säufer.

»Sehr merkwürdig«, grübelte Illvin. »Sordso hat sich vorher nie als Familienmensch gezeigt.«

»Können wir diese Kreatur überhaupt befragen, Majestät?«, wollte Arhys wissen. Er schaute immer noch auf Cattilara hinunter. »Beim letzten Mal war unser Erfolg mehr als bescheiden.«

Ista schüttelte den Kopf. Sie teilte die Zweifel. »Beim letzten Mal konnte ich nicht auf den Rat von dy Cabon zurückgreifen. Und nicht auf die Unterstützung von Foix dy Gura. Vielleicht können wir den einen Dämon auf den anderen ansetzen und so etwas Gutes bewirken … überhaupt etwas bewirken. Ich werde mich mit dem Geistlichen beraten, sobald wir zurück sind.«

»Ich werde mich mit meinem Bruder beraten, solange ich kann«, kündigte Arhys an.

»Und ich halte eine Mahlzeit für angeraten«, meinte Illvin. »Haben wir in diesem Wagen was zu essen?«

Arhys ließ den Pagen suchen. Der Junge durchwühlte die Vorräte und brachte einen Laib Brot zum Vorschein, ein Säckchen mit ledrigen, getrockneten Aprikosen und einen Schlauch Wasser. Illvin machte es sich bequem und kaute bedächtig, während Arhys ausführlich die Berichte seiner Kundschafter wiedergab.

»Von der Straße nach Norden haben wir gar nichts gehört«, bemerkte Illvin, nachdem Arhys mit seiner raschen Aufzählung fertig war.

»Ja. Am meisten beunruhigt bin ich wegen der beiden Gruppen, die bisher nicht zurückgekehrt sind und auch keinen Boten geschickt haben. Ich wollte gerade eine weitere Patrouille hinter ihnen her schicken, als meine morgendlichen Pflichten so unvermittelt unterbrochen wurden.« Verärgert blickte Arhys zu seiner bewusstlosen Frau hinüber. »Oder selbst nachsehen.«

»Bitte, tu das nicht«, sagte Illvin und rieb sich die Schulter.

»Unter den gegebenen Umständen wäre es vielleicht nicht angeraten.« Er blickte Cattilara noch besorgter an, so es überhaupt möglich war. Sie sah schrecklich hilflos aus, wie sie zusammengekrümmt auf der Seite lag. Ohne den Anflug von Arglist in ihrem Gesicht kam ihre bemerkenswerte natürliche Schönheit wieder zum Vorschein.

Arhys schaute auf und rang sich für Ista ein kurzes Lächeln ab. »Seid ohne Sorge, Majestät. Selbst wenn irgendeine Streitmacht ungesehen aus dieser Richtung vorrückt, so gibt es wenig, was sie gegen Porifors ausrichten kann. Die Mauern sind fest, die Besatzung steht zu uns, und es ist so gut wie unmöglich, auf diesem Gelände Belagerungsmaschinen in Stellung zu bringen. Außerdem ruht die Festung auf massivem Fels und kann nicht unterminiert werden. Wir würden Unterstützung aus Oby erhalten, bevor unsere Angreifer auch nur die Zeit finden, ihr Lager aufzuschlagen.«

»Wenn Oby nicht gleichzeitig angegriffen wird«, murmelte lllvin vor sich hin.

Arhys blickte beiseite. »Ich habe mich in den letzten Tagen ausführlich mit dem Notar des Tempels unterhalten und mit seiner Hilfe meinen letzten Willen niedergeschrieben. All meine anderen Papiere sind dem Majordomus der Burg anvertraut. Ich habe dich zu meinem Testamentsvollstrecker ernannt, und zum Mitvormund für die kleine Liviana.«

»Arhys«, sagte lllvin, und seine Stimme klang zweifelnd. »Es ist keinesfalls sicher, dass ich lebendig aus dieser Sache hervorgehe …«

Sein Bruder nickte. »Ich weiß. Dann wird Livianas Großvater ihr alleiniger Schirmherr, und der Verwalter all ihrer Dy-Lutez-Güter. Auf jeden Fall möchte ich Catti mitsamt ihres Wittums wieder unter die Verantwortung von Lord dy Oby stellen. Immerhin haben wir ja auch keine gemeinsamen Kinder.«

»Cattilara hätte an meiner Vormundschaft so wenig Interesse, wie ich daran habe, sie auszuüben«, bemerkte lllvin. »Also danke ich dir in unser beider Namen.«

Arhys nickte. »Wenn … wenn du es nicht in Livianas Namen übernehmen kannst, geht der militärische Oberbefehl über Porifors wieder an den Herzog von Caribastos, damit der ihn jemandem übertragen kann, den er für geeignet hält. Ich habe ein Schreiben aufgesetzt, um ihm anzukündigen … nun, dass ich krank bin, und dass er sich nach einem Nachfolger umsehen sollte, für den Fall der Fälle.«

»Du kommst jeder Verpflichtung nach. Egal wie abscheulich sie ist.« lllvin lächelte düster. »Stets hast du versucht, für uns alle die Rolle eines Vaters zu übernehmen. Kann es einen Zweifel geben, welcher Gott auf dich wartet? Aber lass ihn noch ein wenig länger warten.« Er warf Ista einen Seitenblick zu.

Aber ihn erwartet kein Gott, dachte Ista. Das ist es, was Verdammnis bedeutet.

Arhys zuckte die Achseln. »Die Tage nagen an mir wie die Ratten an einem Leichnam. Ich fühle es immer deutlicher. Ich bin schon länger hier als vorgesehen, viel länger. Majestät …« Der Blick, der sie traf, war unangenehm durchdringend. »Könnt Ihr mich lösen? Ist das der Grund, aus dem Ihr hierhin gestolpert seid?«

Ista zögerte. »Ich weiß selbst kaum, was ich tun kann und was nicht. Wenn ich ein Wunder herabrufen könnte, wäre das nicht meine erste Wahl. Obwohl es in der Natur der Wunder liegt, dass ihr menschlicher Vermittler sie nicht beeinflussen kann. Man kann sie nur zulassen oder ganz ablehnen. Allein die Zauberei der Dämonen können wir nach unserem Willen beugen. Aber niemand beugt einen Gott …«

»Und doch«, meinte Illvin nachdenklich. »Der Bastard ist selbst zur Hälfte ein Dämon, sagt man. Ich denke, sein Wesen entspricht nicht ganz dem der übrigen göttlichen Familie. Vielleicht gilt das auch für seine Wunder?«

Ista runzelte verwirrt die Stirn. »Ich weiß es nicht. In meinem Traum schien er so weit jenseits meines Verständnisses zu sein wie seine Mutter in der Vision, die ich vor fast zwanzig Jahren hatte. Jedenfalls habe ich bisher nur die Stärke der Energien umverteilt, die zwischen euch dreien fließen. Ich habe nicht versucht, die Bindung des Zaubers zu lösen, oder den Dämon gegen den Willen seiner Meisterin dazu zu zwingen. Obwohl deutlich geworden ist, dass er alles aufgeben und fliehen würde, wenn er könnte.«

»Versucht es jetzt«, sagte Arhys.

Ista und Illvin widersprachen gleichzeitig. Sie sahen einander an.

»Selbst wenn Ihr es nicht tun könnt, muss ich es wissen«, drängte Arhys.

»Aber … Ich kann es nur versuchen, indem ich es tue. Und dann weiß ich nicht, wie ich es wieder rückgängig machen könnte.«

»Ich habe nicht gesagt, dass Ihr es wieder rückgängig machen sollt.«

»Ich hätte Angst, Euch der Verdammnis auszuliefern.«

»Mehr als jetzt?«

Voller Unbehagen blickte Ista zur Seite. Sie las eine Erschöpfung in seinem Gesicht, die bis in die Tiefe seiner Seele reichte. Als wäre er mit jeder Stunde eher bereit, alle Mühen hinter sich zu lassen, auch wenn es das Vergehen im Nichts bedeutete. »Aber was ist, wenn das nicht die Aufgabe ist, für die ich hierher geschickt wurde? Was ist, wenn ich mit meinen Überlegungen Unrecht habe — ein weiteres Mal? Ginge es darum, Euch zu heilen, wäre ich mit Begeisterung dabei. Aber ich habe wenig Lust, einen weiteren dy Lutez zu ermorden.«

»Ihr habt es schon einmal getan.«

»Ja, aber nicht durch Zauberei, sondern durch Ertränken. Das würde bei Euch nicht gehen. Ihr habt während der letzten fünf Minuten nicht einmal Luft geholt.«

»Oh. Ja.« Er wirkte verlegen und atmete ein.

Illvins Augen waren groß geworden. »Was ist das denn für eine Geschichte?«

Ista blickte zu ihm hinüber, biss die Zähne zusammen und erklärte: »Arvol dy Lutez starb nicht unter der Folter im Zangre. Ias und ich haben ihn versehentlich ertränkt, als wir drei gemeinsam versuchten, ein Wunder zu Chalions Rettung herabzurufen. Die Anklage des Verrats war gänzlich erfunden.« Nun. Mit zunehmender Übung ging es immer schneller.

Illvins Mund blieb noch einen Augenblick offen. Schließlich sagte er: »Ich … Ich war immer schon der Ansicht, dass diese Anklage seltsam angegangen wurde.«

»Das Ritual scheiterte, weil Arvol der Mut verließ.« Ista hielt inne; dann platzte es aus ihr heraus: »Und doch hätte ich vielleicht noch alles retten können, hätte ich nur ein Wunder der Heilung gewirkt. Sogar dann noch, als er tot zu unseren Füßen lag. Die Mutter, die Göttin der Heilung selbst, stand zu meiner Rechten, gleich hinter einer … einer seltsamen Biegung der Wahrnehmung. Doch meine Seele war so angefüllt mit Wut und Furcht und Kummer, dass kein Platz mehr blieb für den Eintritt eines Gottes.« Sie blickte wieder zur Seite und auf Illvin. »Wenn ich ihn geliebt hätte, statt ihn zu hassen. Oder wenn … ich weiß es nicht.«

Illvin räusperte sich. »Die meisten Leute schaffen es überhaupt nie, ein Wunder zu wirken. Eine solche Nachlässigkeit dürfte kein Grund für Vorwürfe sein.«

»In meinem Fall schon. Ich war auserwählt.« Sie grübelte, während der Wagen quietschend über die Straße rollte. Nun bin ich wieder auserwählt. Doch wozu? Sie blickte zu Arhys. »Ich frage mich, ob unsere Leben anders verlaufen wären, hätte Euer Vater Euch tatsächlich an den Hof geholt. Vielleicht haben wir den falschen dy Lutez in das Fass gesteckt.« Oh, das war ein Gedanke. »Wie war er mit zwanzig, Illvin?«

»Ganz so wie jetzt«, gab Illvin zurück. »Vielleicht nicht so formvollendet und erfahren. Und nicht so breitschultrig.« Bei der Erinnerung blitzte ein Lächeln auf. »Nicht so vernünftig.«

»Nicht so tot«, knurrte Arhys und blickte missmutig auf seine Hände. Er streckte seine Finger, ballte sie wieder zur Faust. Prüfte er sie auf Taubheit? Auf fortschreitende Taubheit?

»Als ich noch jung und schön war, am Hof zu Cardegoss …« Als Arhys nicht einmal das erste Mal verheiratet gewesen war. Als noch alle Möglichkeiten offen standen. Hätte sie dann vielleicht tatsächlich einen dy Lutez zum Liebhaber genommen und die Verleumdung zur Wahrheit gemacht? Doch Fonsas düsterer Fluch hatte alle keimenden Hoffnungen an diesem Hof zunichte gemacht — in was für einen Schrecken hätte er diesen süßen Traum verwandelt, zu was für Katastrophen Arhys’ jugendliche Begabung geführt? War es ein falscher Trost oder stimmte es tatsächlich, wenn sie Arhys gegenüber andeutete, dass Arvol ihn zur eigenen Sicherheit fern gehalten hatte? Sie unterdrückte ein Schnauben. »Es wäre trotzdem zu spät gewesen.«

Arhys blickte sie blinzelnd an und verstand die Andeutung nicht. Illvin aber ließ ein schmerzliches Lachen hören. »Wenn Ihr Euch schon verpasste Gelegenheiten ausmalt, dann stellt Euch doch vor, Ihr hättet ihn getroffen, bevor Ihr Ias geheiratet habt«, empfahl er und warf ihr einen merkwürdigen Blick zu. »Für mich führen alle verpassten Gelegenheiten zum selben Ergebnis.«

Der Wagen hüpfte und schaukelte, während er um eine Straßenkehre bog. Ista spähte hinaus und stellte fest, dass sie das ummauerte Dorf wieder erreicht hatten. Sie hielten ein weiteres Mal am Olivenhain, um die Pferde zu tränken. Die Sonne hatte inzwischen den höchsten Stand erreicht, und es war sehr heiß geworden.

Ista kletterte für einen Augenblick hinaus, streckte die Beine, die immer besser heilten, und besorgte sich etwas zu trinken. Liss führte immer noch Lord Illvins weißes Pferd hinter sich her und tränkte es am Fluss. Illvin schaute ihm sehnsüchtig nach und verschwand dann unvermittelt im Wagen. Stimmen drangen unter der Plane hervor — ein Streit zwischen Illvin, Goram und dem Diener. Kurz darauf kam Illvin wieder zum Vorschein und grinste zufrieden. Er trug Gorams Lederhosen unter seinem leichten Leinengewand und die Stiefel des Dieners an den Füßen. Die Hose wurde nur vom Gürtel an der Taille gehalten und reichte ihm kaum bis zu den Waden, doch die Stiefel schlossen die Lücke.

Illvin forderte sein Pferd zurück und grinste immer noch, als er aufstieg. In seinem Gesicht stand deutlich die Freude über einen Körper zu lesen, der wieder auf eigenen Beinen stehen und sich nach Belieben durch das helle Tageslicht bewegen konnte. Eine Freude, die vielleicht umso intensiver war, weil es sich um einen gestohlenen Augenblick von unbestimmter Dauer handelte.

Mit Liss’ Hilfe verlängerte er die Steigbügel, bedankte sich, ließ sich im Sattel nieder und grüßte Ista fröhlich.

Erleichtert stellte Ista fest, dass Goram eine schlecht sitzende Leinenhose gefunden hatte, vermutlich aus den unzureichenden Beständen des Wagens. Der unglückliche Dienstbote allerdings musste barfuß bleiben. Die Ritter der Tochter halfen dabei, die Leinenplane des Wagens an den Seiten halb heraufzurollen, denn die Hitze des Tages machte die Stickigkeit im Wageninnern schwerer erträglich als den aufgewirbelten Straßenstaub, auch wenn Ista einräumen musste, dass Lord Arhys das eine vermutlich ebenso wenig bemerken würde wie das andere.

Sie brachen wieder auf. Foix befahl vier seiner Männer vor und zwei hinter dem schwerfälligen Wagen. Illvin und Liss ritten zu beiden Seiten mit, nah genug für eine Unterhaltung.

Einige Meilen vom Dorf entfernt erreichten sie den Kamm der Anhöhe, bogen nach rechts den Hang entlang ab und begannen ihren Abstieg in das breite Tal, das Porifors beschützte. Sie umrundeten eine Baumgruppe, als Foix plötzlich eine Hand emporriss. Die kleine Reisegruppe hielt.

Illvin richtete sich in den Steigbügeln auf. Seine Augen wurden groß. Ista und Arhys kletterten zur Vorderseite des Wagens und schauten hinaus. Arhys fletschte die Zähne, aber nur Ista atmete zischend ein. Rau wie eine Raspel kratzte die Luft durch ihre Kehle.

Ein langer Zug berittener Krieger bog unmittelbar vor ihnen nach einem Ritt quer durchs Gelände auf die Straße ein. Die weißen Pelikane von Jokona glänzten auf meergrünen Wappenröcken. Ihre Rüstungen funkelten. Eine lange Reihe von Speerspitzen blitzte im hellen Licht; vor dem Hintergrund der abfallenden Landschaft funkelten sie wie Juwelen, die auf dem Gewand eines Höflings aufgezogen waren.

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