3.


Gleich am Morgen rief Hunt die Gesellschaft an, bei der Beth die Immobilienversicherung abgeschlossen hatte, doch es hatte sich bereits eine Warteschlage der Anrufer gebildet, und er musste vierzig Minuten warten, bis endlich ein Mensch aus Fleisch und Blut das Gespräch entgegennahm. Bis dahin hatte Hunt sich Songs von Whitney Houston, Mariah Carey und Celine Dion anhören müssen, immer wieder, nur unterbrochen von der Ansage: »Ihr Anruf ist uns wichtig! Danke, dass Sie warten!«

Endlich aber meldete sich eine Mitarbeiterin des Kundendienstes mit den Worten: »Mein Name ist Carole. Würden Sie mir bitte Ihre Versicherungsnummer nennen?«

Das tat Hunt, und nach einer kurzen Pause fragte Carole: »Wie kann ich Ihnen behilflich sein?«

Hunt berichtete von dem undichten Hausdach und sagte, es müsse unbedingt jemand herkommen, sofort, und es reparieren, bevor das nächste Unwetter aufzog.

»In Ihrer Wohngegend gibt es mehrere Eigenheimbesitzer, die alle ein ganz ähnliches Problem haben und heute Morgen schon Ansprüche anmelden mussten«, sagte Carole. »Und ich bin mir sicher, dass es noch weitere Personen gibt, die bei anderen Versicherungsträgern sind und ebenso Hilfe benötigen. Es kann daher eine gewisse Zeit dauern, bis wir in der Lage sein werden, jemanden herauszuschicken, der den Schaden begutachtet. In Ihrer Wohngegend haben wir nur eine begrenzte Anzahl qualifizierter Fachkräfte, mit denen wir zusammenarbeiten.«

»Ich verstehe«, erklärte Hunt und versuchte sich ein wenig bei der Frau einzuschmeicheln; doch es passte ihm gar nicht, dass er sich dazu gezwungen zu fühlen glaubte. Als wäre er eben erst auf diese Idee gekommen, fügte er hinzu: »Sie sortieren die Anträge nicht zufälligerweise nach Dringlichkeit, oder? Oder nach der Schwere des Schadens? Denn unser Dach scheint ziemlich in Mitleidenschaft gezogen zu sein. Wir reden hier nicht nur von einer kleinen undichten Stelle. Wir haben überall mehrere ernste Schäden. Ich mache mir Sorgen, das Dach könnte so sehr beschädigt sein, dass eine echte Gefahr für Leib und Leben besteht.«

»Ich werde es notieren, Sir, und ich verspreche Ihnen, dass wir jemanden schicken, sobald wir können.«

An dem Tag kam niemand, und es rief auch niemand an; am nächsten Tag war es nicht anders. Am dritten Tag, einem Mittwoch, arbeitete Hunt gerade in Flowing Well und zersägte einen Baum, der während des Sturms auf den Gehweg gestürzt war, als er einen Anruf erhielt: Innerhalb der nächsten Stunde werde jemand kommen, um sich das Haus anzusehen.

»Wir sind hier fast fertig«, erklärte Edward ihm. »Fahr ruhig schon! Ich übernehme deine Arbeit.« Er grinste. »Und sollte ich zufälligerweise am ersten Tag der Jagdsaison nicht zur Arbeit erscheinen, kannst du dich ja revanchieren.«

Hunt lachte. »Abgemacht.«

Der Mann, der zu ihm kam, um das Dach zu begutachten, wirkte mürrisch und bärbeißig. Ursprünglich hatte Hunt möglichst schnell eine vertrauliche Basis zu diesem Mann aufbauen wollen und locker mit ihm zu plaudern versucht, um so vielleicht ein bisschen auf der Warteliste aufsteigen zu können, aber irgendwie kamen die beiden nicht sonderlich miteinander klar. Hunt war Baumbeschneider, und der Mann war Dachdecker; sie beide verrichteten an der frischen Luft körperliche Arbeit, doch als es dann im Gespräch hart auf hart kam, war Hunt eben doch nur ein heruntergekommener Computerspezialist, ein Bürohengst, der nur so tat, als wäre er ein echter Arbeiter, und der Unterschied zwischen ihnen beiden war unverkennbar und nicht zu überbrücken.

Der Mann hieß Gary Donnell, und seine Firma war die Donnell Roofing. Hunt hatte das Gefühl, Gary sei der Besitzer und zugleich der einzige Angestellte. Pflichtschuldigst führte er den Dachdecker durch das Haus und gab vor zu wissen, was der Mann tat, als er die jetzt wieder getrockneten Flecken an der Decke begutachtete, dann mit einer Taschenlampe in den Hohlraum des Dachbodens leuchtete und die Oberseite des Flachdaches im Santa-Fe-Stil untersuchte. Donnell redete nicht viel, und als Hunt versuchte, ein Gespräch mit ihm anzufangen, erhielt er nur brummige, einsilbige Antworten.

Endlich war die Untersuchung beendet. »Sie brauchen ein ganz neues Dach«, sagte Donnell und formulierte einen Kostenvoranschlag. »Genau das werde ich empfehlen, aber ich weiß nicht, ob Ihre Versicherung da mitspielen wird. Also werden die sich wieder an Sie wenden, und Sie wenden sich dann wieder an mich.«

»Was glauben Sie, wie lange es dauern wird, bis alles repariert ist?«

Desinteressiert zuckte der Dachdecker mit den Schultern. »Keine Ahnung.«

»Was würden Sie schätzen?«

»So was mache ich nicht.« Donnell riss den Durchschlag seines Kostenvoranschlags vom Klemmbrett und reichte ihn Hunt. »Hier. Ich werde eine Kopie an Ihre Versicherung faxen.«

Man hatte Hunt gesagt, jemand von der Versicherung werde sich bei ihm melden, doch als ein Tag vergangen und immer noch nichts passiert war, rief Hunt selbst dort an. Die ganze Mittagspause verbrachte er am Telefon, nur um letztendlich zu erfahren, dass eine Entscheidung noch nicht gefällt worden sei. Ja, der Dachdecker habe ihnen den Kostenvoranschlag gefaxt, und ja, der Fall werde an einen Sachbearbeiter weitergeleitet, aber derzeit gäbe es zu viele Ansprüche, die allesamt abgearbeitet werden mussten. Man werde sich bei ihm melden, sobald es ging.

Am nächsten Tag rief Hunt wieder an.

Dann war Wochenende, und als er am Samstag versuchte, die Versicherung zu erreichen, informierte eine Aufzeichnung ihn, die Büros seien nicht besetzt. Im Falle eines Notfalls könne er nach dem Pfeifton eine Nachricht hinterlassen; man werde sich bei ihm melden.

Hunt hinterließ eine Nachricht.

Niemand meldete sich bei ihm.

Endlich, am Montag, rief eine Mitarbeiterin der Versicherung an, um ihm mitzuteilen, dass sein Antrag auf ein neues Dach abschlägig beschieden worden sei. Die Versicherung war bereit, die Reparatur der undichten Stellen zu bezahlen, mehr aber nicht.

»Das wird beim nächsten Regen sofort wieder undicht«, erklärte Hunt der Frau. »Das ganze Dach ist wie ein Sieb. Es wäre viel sinnvoller und auch viel kostengünstiger, das Ganze jetzt zu machen, als abzuwarten, bis es wieder passiert.«

»Es tut mir leid, Sir. Wir bezahlen lediglich einen tatsächlich erlittenen Schaden und keine Reparaturen für Schäden, die noch nicht eingetreten sind.«

»So etwas nennt man ›vorbeugende Instandhaltung‹.«

»Wie ich bereits sagte, wir kümmern uns um Schäden, die bereits eingetreten sind. Die Instandhaltung Ihres Hauses obliegt Ihnen. Wir werden Ihnen diese Arbeit nicht abnehmen.« Bevor Hunt etwas entgegnen konnte, fuhr sie fort: »Wir werden den betreffenden Dachdeckerbetrieb kontaktieren und erklären, dass Sie einverstanden sind, und dann wird man sich um die Reparatur der Schäden an Ihrem Haus kümmern, sobald es möglich ist. Danke, dass Sie sich für AHI entschieden haben.« Dann war die Leitung tot.

Hunt war fuchsteufelswild und ernstlich versucht, erneut anzurufen, mit dem Abteilungsleiter dieser Frau zu sprechen und eine Beschwerde vorzubringen, doch unter den gegebenen Umständen hielt er es für besser, damit zu warten, bis alle Reparaturen abgeschlossen und sämtliche Rechnungen bezahlt wären. Nur für alle Fälle.

Glücklicherweise regnete es in den nächsten zwei Wochen nicht, denn genau so lange brauchte Gary Donnell, um wieder aufzutauchen. Wie Hunt schon vermutet hatte, war Donnell Roofing ein Ein-Mann-Betrieb, und der Dachdecker brauchte zwei Tage, um eine Arbeit abzuschließen, die eigentlich nur wenige Stunden hätten dauern dürfen. Als er fertig war, hinterließ er draußen ein gewaltiges Durcheinander: Im Vorgarten lagen Nägel, in Beths Garten abgerissene Streifen Teerpappe, und die Veranda und der Eingang hatten zahllose schwarze Flecken abbekommen.

An diesem Abend kamen Joel, Stacy und Lilly zum Essen, und ehe die Sonne untergegangen war, führte Hunt Joel auf das Dach, damit der sich alles anschauen konnte. Selbst für den ungeübten Hunt sah die Arbeit amateurhaft aus. Über jede undichte Stelle des Daches war lediglich ein Stück Teerpappe geklebt und mit unsauber verschmiertem Teer befestigt worden. Joel beugte sich hinunter und begutachtete den ersten Flicken. »Meinst du wirklich, das wird halten?«

»Ich hoffe es zumindest.«

»Noch zweimal Regen, dann wird das wieder undicht sein, würde ich sagen.«

»Na, danke auch.«

»Hat der Dachdecker das überhaupt schon überprüft? Oder du selbst? Hast du mal mit dem Gartenschlauch draufgehalten oder so was?«

»Um ehrlich zu sein«, gab Hunt zu, »hatte ich Angst davor. Ich weiß, dass der Kerl gepfuscht hat, aber das ist alles, was ich bekommen habe, und ich möchte es nicht unnötig strapazieren. Ich will, dass es so lange hält wie irgend möglich.«

»Vier Grück«, rief Joel einen nachgeahmten Sprachfehler, mit dem er sich wirklich so anhörte, als wäre er geradewegs den »Jetsons« entsprungen.

»Scooby-Doo!«, rief Hunt und deutete mit jener völlig übertriebenen Gestik auf seinen Freund, die sie als Kinder immer benutzt hatten.

»Nahe dran, aber nicht ganz. Astro.«

»Aber dass es ein Hund war, wusste ich.«

»Gehen wir ins Haus, dann wird getrunken.«

»Klingt nach 'nem guten Plan!«

Nach dem Essen, während die Frauen und Lilly in der Küche waren und sich unterhielten - oder den Abwasch machten, den Nachtisch vorbereiteten oder was immer sie dort taten -, setzten Hunt und Joel sich auf die Veranda, schauten zu den Sternen hinauf und suchten nach der Raumstation, die - so hatten es zumindest die Nachrichten behauptet - gerade im Augenblick über den Südstaaten zu sehen sein müsse. Und wieder einmal, wie so oft in den letzten Tagen, kam das Gespräch auf Versicherungen.

Joel beugte sich vor, hob ein dreieckiges Stückchen Dachpappe vom Betonboden der Veranda auf und schleuderte es auf den Hinterhof. »Hattest du das mitgekriegt, vor ein paar Jahren, als entweder Wal-Mart oder The Store Lebensversicherungen auf ihre Angestellten abgeschlossen haben? Immer, wenn ein Angestellter gestorben ist, hat die Firma das Sterbegeld eingesackt.«

»Du verarschst mich!«

»So wahr ich hier sitze, es ist die Wahrheit.«

»Das ist ja wie Sklaverei.«

Joel nickte. »Muss so zu der Zeit gewesen sein, als Tennessee Ernie Ford gestorben ist.«

Die Vorstellung jagte Hunt einen kalten Schauer über den Rücken. Dass jemand für einen anderen eine Lebensversicherung abschließen sollte, ohne dass dieser andere etwas davon wusste, war beleidigend und entsetzlich zugleich. Nicht nur, dass es moralisch schlichtweg abscheulich war, es war auch eine unverschämte Verletzung der Privatsphäre. Was würde als Nächstes kommen? Leute, die Versicherungen für ahnungslose Obdachlose abschlossen? Firmen, die Wetten darauf abschlossen, welcher bekannte Verbrecher ins Gras beißen würde, und dafür gute Gewinne zahlten?

»Wie ich schon sagte, es ist ja schon ein paar Jahre her, und Wal-Mart oder The Store, oder wer immer das gemacht hatte, hat deshalb mächtig Ärger bekommen. Aber die Versicherung, die die Policen erstellt hat, wurde natürlich nicht belangt. Ich vermute, die Begründung dafür muss gewesen sein, die Todesopfer als ›unwissende Beteiligte‹ zu betrachten. Aber weißt du, was ich letztlich gelesen habe? Dass irgendeine Versicherung - es kann sogar gut genau dieselbe gewesen sein - brutalen Gangstern Lebensversicherungen angeboten hat, die im Fall des Unfalltodes ausbezahlt würden. Wir reden hier von Leuten, die keine andere Versicherungsgesellschaft jemals angenommen hätte! Aber dieses Unternehmen hat es denen ermöglicht, eine Lebensversicherung abzuschließen, sodass ihre Ehefrauen noch Geld einsacken konnten, wenn die Kerle ins Gras gebissen hatten. Der Haken dabei war jedoch, dass die Begünstigten nur die Hälfte des Geldes bekommen haben. Die andere Hälfte ging gleich wieder zurück an die Versicherung selbst. Auf diese Weise haben die nicht nur die Beiträge bekommen, sondern konnten wenigstens die Hälfte behalten, wenn sie schon zahlen mussten. Ich glaube, irgendwann ist denen so etwas von höchster Stelle, wahrscheinlich vom Justizministerium, offiziell untersagt worden, aber an die genauen Einzelheiten kann ich mich nicht erinnern.«

Versicherungsgesellschaften, die Mörder zu einer Kunden-Zielgruppe machten? Hunt dachte an berechtigte Ansprüche, wie seine eigenen, die dann abgewiesen wurden, um solche ausgefuchsten Betrügereien zu finanzieren, bei denen es nur darum ging, den Profit der Versicherung zu maximieren! Zorn loderte in ihm auf.

Joel musste das Gleiche gedacht haben. »Wir sollten denen den Laden anstecken! Dann können sie die Versicherungsansprüche für ihren eigenen Kram geltend machen ... für Autos, Gebäude, was weiß ich ...«

»Nachtisch ist fertig«, rief Beth aus dem Esszimmerfenster. »Kommt wieder rein!«

Hunt und Joel wuchteten sich aus den Stühlen und machten sich auf den Weg in die Küche, holten dort ihre Kaffeetassen und die Teller mit dem Kuchen ab und gingen damit ins Wohnzimmer. Ihre Ehefrauen gesellten sich bald zu ihnen, doch Lilly blieb in der Küche, aß den Kuchen in der Essecke und schaute Iron Chef auf Beths Küchenfernseher.

Hunt schaltete den Fernseher im Wohnzimmer ein und zappte auf eine Satelliten-Radiostation, die gerade ruhigen Jazz brachte.

Beth deutete in Richtung Küche. »Lilly ist wundervoll«, sagte sie. »So ein liebes Kind.«

Hunt nickte beipflichtend. »Jou.«

»Und? Wollt ihr beide auch Kinder?«, fragte Stacy. Sie schaute ihn an, dann zu Beth hinüber, und dann wieder zu ihm - und Hunt bemerkte, dass er auf diese Frage keine Antwort wusste. Natürlich hatte er schon darüber nachgedacht, aber nicht eingehend genug, um eine Meinung parat zu haben. Und mit Beth hatte er über das Thema noch nie gesprochen. Langfristig würden sie wohl gerne ein Kind haben, aber jetzt bestimmt noch nicht, nicht in nächster Zukunft, ehe sie nicht genug Zeit füreinander gehabt hatten, ganz alleine.

Beth fand eine geschickte Lösung für das Problem. »Im Moment denken wir noch nicht daran. Vielleicht irgendwann mal, aber nicht jetzt.«

Sie drückte Hunts Oberschenkel, und er war froh, wieder einmal feststellen zu können, dass sie wirklich auf einer Wellenlänge lagen.

Genau anders herum war es bei Eileen und ihm gewesen. Selbst wenn sie beide gerade gut miteinander ausgekommen waren, hatten sie doch nur sehr selten ähnlich gedacht.

Gegen seinen Willen dachte Hunt in letzter Zeit immer häufiger an seine Exfrau. Es lag daran, vermutete er, dass er Eileen kürzlich an der Bushaltestelle gesehen hatte. Er wusste immer noch nicht, warum sie nach Tucson zurückgekehrt war, und manchmal fragte er sich, was sie wohl gerade tat, wohin sie ging, und ob sie mit jemandem zusammen war. Eigentlich war es ihm egal, und er hatte nicht das Bedürfnis, Eileen jemals wiederzusehen, doch er erzählte Beth dennoch nichts davon, und deswegen fühlte er sich ein wenig schuldig.

Ihm wurde klar, dass ihre Beziehung noch in den Kinderschuhen steckte - auch wenn er Beth jetzt seit mehr als einem Jahr kannte, sie fast genauso lange zusammen wohnten und mittlerweile verheiratet waren. Es gab noch viele Dinge, die sie nicht vom anderen wussten.

Zum Beispiel, ob sie Kinder wollten.

Von der anderen Seite des Couchtisches grinste Joel sie an. »Eine kluge Entscheidung«, sagte er. »Habt erst mal ordentlich Spaß. Die Kinder kommen später. Weil später euer Sexualleben ... na ja, drücken wir es mal gnädig aus: Es wird nie wieder das Gleiche sein.«

Stacy versetzte ihm einen Rippenstoß.

»Aua!«

»Das hast du verdient!«

»Das hab ich gehört«, krähte Lilly aus der Küche herüber. »Nicht die Kinder verderben!«

Alle lachten.

Kurz nach neun Uhr machten die McCains sich wieder auf den Weg. Lilly, die auf dem Sofa eingeschlafen war, mussten sie wecken und fast zum Auto tragen. Hinter ihnen schloss Hunt die Tür ab; dann gingen Beth und er in die Küche und kümmerten sich um den Abwasch.

Beth stellte die Reste vom Kuchen in den Kühlschrank, und Hunt spülte die Teller vor und sortierte sie gerade in die Spülmaschine, als Courtney in die Küche gesaust kam und sich mit einem immensen Katzenbuckel auf die Arbeitsplatte kauerte. Eine Sekunde später war aus dem Gästezimmer ein heftiges Knallen zu hören: ein lautes Schnalzen, fast, als würde eine Peitsche geschwungen. Hunt hörte es, Beth hörte es, doch keiner von ihnen sagte ein Wort, und keiner blickte den anderen an. Stattdessen taten sie beide so, als wäre nichts geschehen.

Wenn wir jemals ein Kind haben, dachte Hunt, und wir dann immer noch hier wohnen, wird dieses Gästezimmer als Kinderzimmer dienen müssen.

Er verdrängte den Gedanken sofort.

Noch einmal war das laute Knallen zu hören, dann herrschte Stille im Zimmer.

Wieder öffnete Hunt die Spülmaschine und räumte die Gläser ein, die Beth vorgespült hatte. Während er eine Salatschüssel entgegennahm, die Beth ihm reichte, schaute er aus dem Küchenfenster, doch er sah nur sein eigenes Spiegelbild vor der undurchdringlichen Schwärze der Nacht. Sein Spiegelbild wirkte halb durchscheinend, fast wie ein Geist, und Hunt wandte den Blick ab. Was er dort sah, gefiel ihm nicht.

»Das war ein schöner Abend«, sagte Beth und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

»Fand ich auch.«

Eileen hatte ihn nie so spontan geküsst, nachdem sie geheiratet hatten, nur in der Zeit davor, auf dem College, ging es Hunt durch den Kopf.

Alles war jetzt anders. Und er war viel glücklicher.

Er war glücklicher, aber war er glücklich?

Ja, beantwortete er die Frage selbst. Alles in allem war er glücklich.

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