»Was mir am elften Jahrhundert wirklich gefällt, ist das köstliche Fischfleisch«, sagte Barney und spießte einen großen Happen auf die Gabel. »Liegt das daran, daß das Meerwasser noch nicht so verseucht ist?«
Der Professor schüttelte den Kopf. »Wahrscheinlich liegt es daran, daß Sie kein Fischfleisch des elften Jahrhunderts essen.«
»Das kaufe ich Ihnen nicht ab. So etwas Köstliches haben wir niemals in unseren Gefriertruhen. Oh, die Wolken lockern sich auf. Wenn es so bleibt, können wir heute den Rest der Heimkehr filmen.«
Sie hatten die Öffnung des Kantinenzeltes hochgeklappt und konnten hinter den Feldern ein Stückchen Meer sehen. Professor Hewett deutete hinüber.
»Die Fische, die es hier gibt, sind die gleichen wie die des zwanzigsten Jahrhunderts. Aber die Trilobiten auf Ihrem Teller gehören einer anderen Rasse und Zeit an. Die Leute haben sie von den WochenendParties auf Catalina mitgebracht.«
»Jetzt weiß ich, was in den nassen Kisten war.« Er betrachtete mißtrauisch das Fleisch auf seinem Teller. »Einen Moment — was ich da esse, hat doch nichts mit Charley Changs Augen und Zähnen zu tun?«
»Nein«, erwiderte der Professor. »Sie vergessen, daß wir eine andere Zeit wählten, als wir beschlossen, die Freizeit unserer Mitarbeiter nach Santa Catalina zu verlegen. Mister Chang war durch einen Irrtum meinerseits in der Devon-Epoche gelandet, als die amphibischen Lebewesen gerade den Siegeszug aufs Festland antraten. Vollkommen harmlose Geschöpfe wie beispielsweise der Lungenfisch. Aber es waren Dinge im Wasser …«
»Augen und Zähne, ich weiß.«
»Deshalb wählte ich für die Wochenendausflüge das Kambrium. Die Badenden wurden nicht gestört, denn im Wasser tummeln sich nur kleine Trilobiten.«
»Schon wieder dieses Wort. Was bedeutet es?«
»Ein ausgestorbenes Gliedertier. Man ordnet es im allgemeinen zwischen die Krustentiere und Frösche ein. Die meisten Arten sind klein, aber das Tier, das Sie auf Ihrem Teller haben, gehört einer verhältnismäßig großen Gattung an. Es handelt sich um eine sechzig Zentimeter lange Holzlaus, die sich vorwiegend im Wasser aufhält.«
Barney legte die Gabel hin und nahm einen langen Schluck Kaffee. »Das war ja ein herrliches Essen«, sagte er. »Aber könnten wir jetzt über die Kolonie in Vinland sprechen? Haben Sie den Ort schon gefunden?«
»Meine Nachrichten sind nicht sonderlich gut.«
»Nach der Trilobitenmahlzeit ist alles gut.«
»Sie müssen wissen, daß ich über diese Periode verhältnismäßig wenig weiß. Aber Dr. Lyn ist Geschichtsexperte, und er kennt alle Sagas über die Entdeckung und Besiedlung Vinlands. Ich habe mich nach seinen Anordnungen gerichtet. Es war nicht leicht, einen geeigneten Platz zu finden, da die Küste von Neufundland und Neuschottland sehr unregelmäßig ist. Aber wir hatten letzten Endes Erfolg. Wir setzten das Motorboot ein und suchten die ganze Gegend gründlich ab.«
»Was haben Sie gefunden?«
»Nichts.«
»Sowas hört man gern«, sagte Barney und schob das Essen noch weiter weg. »Holen Sie bitte Lyn her. Ich möchte Näheres von ihm erfahren.«
»Es stimmt«, sagte Jens Lyn mit finsterer Miene. »Es gibt keine nordischen Siedlungen in Nordamerika. Das ist höchst beunruhigend. Wir haben alle möglichen Punkte vom zehnten bis zum dreizehnten Jahrhundert abgesucht und nichts gefunden.«
»Wie kamen Sie überhaupt darauf, daß sich dort etwas finden ließe?«
Lyns Nasenflügel bebten. »Darf ich Sie daran erinnern, daß seit der Entdeckung der Vinland-Karte kaum noch Zweifel daran bestehen, daß die Nordmänner Amerika erforschten und sich dort ansiedelten? Es ist in den Aufzeichnungen festgehalten, daß im Jahre 1121 Bischof Eirik Gnuppsson eine Mission nach Vinland unternahm. Die Sagas schildern die vielen Reisen dorthin, ebenso die Siedlungen, die angelegt wurden. Nur über den genauen Standort der Siedlungen ist man sich bis heute nicht im klaren, und wir hofften, ihn durch unsere Reisen in die Vergangenheit zu entdecken.«
»Dann haben sich also alle Kapazitäten getäuscht?«
»Hm … ja«, sagte Lyn mit unglücklicher Miene.
»Seien Sie nicht traurig, Doktor«, sagte Barney und hielt der Kellnerin seine leere Tasse hin. »Sie können ein Buch darüber schreiben, dann sind Sie die neue Kapazität. Wichtiger ist folgendes — wie machen wir jetzt weiter? Schließlich steht in unserem Drehbuch, daß die Wikinger Nordamerika entdecken und dort ihre erste Siedlung gründen. Wir hatten die Absicht gehabt, unseren Stab zu den Wikingersiedlungen zu bringen und dort die letzten Aufnahmen zu machen. Und nun lassen uns die Kerle im Stich. Was sollen wir tun?«
Jens Lyn kaute einen Moment lang an seinem Knöchel, dann sah er auf. »Wir könnten an die Westküste Norwegens gehen. Dort sind Siedlungen der Nordmänner, und die Landschaft hat Ähnlichkeit mit Neufundland.«
»Können wir dort auch Indianer als Komparsen anstellen? Wir brauchen sie für die großen Kampfszenen.«
»Nein. Was sollten Indianer in Norwegen suchen?«
»Dann fällt der Plan ins Wasser«, sagte Barney. »Fragen wir einmal Ottar, was er dazu meint.« Er sah sich im Zelt um und entdeckte den Wikinger, der sich gerade durch eine dampfende Portion von Trilobiten arbeitete. »Holen Sie ihn bitte her. Sagen Sie ihm, daß er Essen auch später noch nachfassen kann.«
»Du brauchst Ottar?« fragte der Wikinger und ließ sich neben ihm auf die Bank fallen.
»Was weißt du von Vinland?« erkundigte sich Barney.
»Nichts.«
»Du hast noch nie davon gehört?«
»Natürlich habe ich gehört. Der Skald macht Lieder darüber, und ich habe mit Leif Eriksson über seine Reise gesprochen. Aber ich habe nichts gesehen, deshalb weiß ich nichts. Ein Jahr, dann gehe ich nach Island und dann nach Vinland. Ich werde sehr reich.«
»Wodurch? Gold? Silber?«
»Holz«, sagte Ottar und sah ihn verächtlich an, daß er so etwas Primitives nicht wußte.
»Für die Grönland-Siedlungen«, erklärte Jens Lyn. »Sie haben zu wenig Holz, insbesondere zu wenig harte Hölzer für den Schiffsbau. Eine Ladung Hartholz, die in Grönland abgeliefert wird, würde ein Vermögen einbringen.«
»Da haben wir ja die Lösung«, sagte Barney und stand auf. »Sobald wir hier mit den Aufnahmen fertig sind, bezahlen wir Ottar, und er bricht nach Vinland auf. Wir machen einen Zeitsprung nach vorn und treffen ihn in Vinland wieder. Wir filmen den Aufbruch und dann die Landung. Sie bauen ein paar Hütten auf, die wir anstelle einer Wikingersiedlung aufnehmen, und dann zahlen wir den dort ansässigen Stämmen eine Kleinigkeit, damit sie das Zeug niederbrennen. Wenn wir das im Kasten haben, ist der Film fertig.«
»Gute Idee«, sagte Ottar. »Viel Holz in Vinland.«
Jens Lyn wollte protestieren, doch dann zuckte er mit den Schultern. »Was habe ich schon zu sagen? Wenn er so dumm ist und euch den Film ermöglicht — bitte. Es gibt keine Saga über einen Ottar, der nach Vinland reiste, aber da ich auch für die anderen Sagas keinen Beweis gefunden habe, schweige ich lieber.«
»Muß jetzt weiteressen«, sagte Ottar.
Barney verließ das Zelt. Seine Sekretärin erwartete ihn mit einem Stoß Akten. »Ich wollte Sie nicht stören, solange Sie aßen«, sagte sie.
»Weshalb nicht? Nach dem heutigen Mittagessen wird meine Verdauung ohnehin nie wieder die gleiche sein. Wissen Sie, was Trilobiten sind?«
»Natürlich. Große glitschige Dinger, die wir auf Catalina mit Netzen fangen. Ein herrliches Vergnügen. Nachts braten wir sie meist am Spieß …«
»Furchtbar! Was wollten Sie übrigens von mir?«
»Es geht um die Stempelkarten. Sehen Sie, wir alle haben das Wochenende — das heißt Samstag und Sonntag — auf Catalina verbracht. Bis auf Sie natürlich. Sie gönnen sich keinen Tag Pause.«
»Ich gönne mir eine lange Pause, wenn der Film im Kasten ist. Aber ich weiß immer noch nicht, was Sie bedrückt.«
»Einige der Taucher würden gern länger als nur zwei Tage auf Catalina bleiben und dafür das nächste Wochenende durcharbeiten. Ich habe keinen Überblick mehr.«
»Begleiten Sie mich zu Ottars Haus, mir kann die Bewegung nicht schaden. Wir gehen am Strand entlang.« Barney dachte schweigend eine Zeitlang nach. »Wir machen es folgendermaßen: Wir kümmern uns nicht mehr um die Wocheneinteilung, sondern numerieren die Tage einfach durch. Jeder, der fünf Tage gearbeitet hat, bekommt zwei Tage frei. Jeder, der zehn Tage durchhält, darf vier Tage lang feiern. Da wir sowohl hier wie auf Catalina Stempelkarten benutzen, kann gar nichts schiefgehen. Wichtig für mich ist lediglich, daß die Wochenendausflüge mit der Zeitmaschine nicht länger als fünf Minuten dauern und ich daher ständig alle Arbeitskräfte zur Verfügung habe. Also, Betty — Sie führen die Bücher, wie ich es eben vorschlug, und ich lege sie dann L. M. vor.«
Sie waren fast an der Landzunge, hinter der Ottars Haus lag, als der Jeep mit dröhnender Hupe hinter ihnen anhielt.
»Das kann nur etwas Unangenehmes sein«, stöhnte Barney. Dallas beugte sich aus dem Jeep.
»Irgendein Schiff kommt in die Bucht«, sagte Dallas. »Man sucht überall nach Ihnen. Die Leute wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen.«
»Na, nun hast du mich ja gefunden. Sind es wieder feindliche Wikinger?«
»Weiß ich nicht«, sagte Dallas und kaute an einem Streichholz.
»Ich wußte doch, daß es etwas Unangenehmes war«, knurrte Barney und kletterte in den Jeep. »Sie gehen zurück zum Lager, Betty. Es könnte sein, daß es zu Kämpfen kommt.«
Sie sahen das Schiff, als sie um die Landzunge kamen. Das breite Segel bauschte sich im Wind. Die Leute von der Filmgesellschaft waren auf dem Hügel hinter dem Haus geblieben, aber die Einheimischen rannten winkend und schreiend zum Strand hinunter.
»Das gibt Blut«, murmelte Barney. »Und mein Kameramann ist schon wieder zur Stelle, um alles in Technicolor festzuhalten. Gehen wir nach unten. Vielleicht kann ich diesmal rechtzeitig eingreifen.«
Gino hatte seine Kamera zum Strand geschleppt, wo er das Begrüßungskomitee und das landende Schiff filmen konnte. Es war offensichtlich, daß die Dinge günstiger standen, als Barney befürchtet hatte, denn die Nordmänner lachten und winkten, und sie hatten keine Waffen bei sich. Ottar stand knietief im Wasser und brüllte laut. Als das Schiff sich dem Ufer näherte, wurde das Segel eingezogen. Knirschend schürfte die Schiffsunterseite über den Kies. Ein großer Mann mit einem langen Bart sprang dicht neben Ottar ins Wasser. Sie schrien einander Begrüßungsworte zu und umarmten sich heftig.
»Filmen Sie das!« rief Barney Gino zu.
Die Filmleute kamen langsam zum Strand, als deutlich wurde, daß ihnen keinerlei Gefahr drohte. Das Gesinde rollte Bierfässer ins Freie. Barney trat zu Jens Lyn, und gemeinsam sahen sie zu, wie Ottar und der Neuankömmling einander mit Freudenrufen auf den Bizeps boxten.
»Was soll das alles?« fragte Barney.
»Sie sind alte Freunde und freuen sich über das Wiedersehen.«
»Das sehe ich auch. Wer ist der Rotbart?«
»Ottar nannte ihn Thorhall, es könnte also Thorhall Gamlisson von Island sein. Sie haben gemeinsam schon viele Raubzüge unternommen, und Ottar sprach immer sehr freundlich von ihm.«
»Und was schreit er jetzt?«
»Thorhall sagt, er sei froh, daß Ottar sein Schiff gekauft habe, da er jetzt nach Norwegen zurückkehren wolle und dafür Ottars Langboot benutzen könne. Er bittet Ottar, ihm die andere Hälfte des Preises jetzt zu zahlen.«
Ottar sagte ein einziges, scharfes Wort.
»Das kenne ich«, sagte Barney. »Ich habe es während der fünf Wochen oft genug gehört.«
Das Geschrei wurde lauter und nahm einen häßlichen Klang an. »Ottar meint, daß Thorhall böse Geister im Kopf hätte, weil er — Ottar — niemals ein Schiff gekauft hätte. Thorhall erwidert, daß Ottar vor einem Vierteljahr noch ganz anders gesungen hätte, als er Gast in seinem Hause gewesen sei und das Schiff kaufte. Ottar ist jetzt überzeugt von Thorhalls Besessenheit, da er die Insel seit einem Jahr nicht verlassen hat, und er schlägt vor, ein Loch in Thorhalls Kopf zu hacken, damit die bösen Geister hinaus können. Thorhall sagt, daß er ihm schon zeigen würde, wessen Kopf zerschmettert würde …«
Etwas klickte in Barneys Gehirn, und er trat vor. »Halt!« rief er, aber sie beachteten ihn überhaupt nicht. Er versuchte es mit Altnordisch: »Nemit stadar!« Das Ergebnis war das gleiche. »Gib ein paar Schüsse in die Luft ab!« rief er Dallas zu. »Sie dürfen nicht erst zu kämpfen beginnen.«
Tex zielte auf den Kies, und die Kugeln prallten ab und jagten pfeifend ins Wasser. Die beiden Wikinger drehten sich um. Einen Moment lang hatten sie ihre persönlichen Differenzen vergessen. Barney lief zu ihnen hinüber.
»Ottar, hör zu, ich glaube, ich weiß, wie das alles zustandekam.«
Ottar knurrte nur und ballte eine seiner Schmiedehammerfäuste. »Niemand nennt Ottar einen …«
»Es ist nicht so schlimm, wie es klingt — nur eine Meinungsverschiedenheit.« Er zerrte an Ottars Arm, brachte ihn aber keinen Millimeter vom Fleck. »Doktor, bringen Sie Thorhall ins Haus und setzen Sie ihm ein paar Biere vor, während ich mit Ottar rede.«
Dallas feuerte noch ein paar Schüsse ab. Endlich trennten sich die beiden Kampfhähne, und Jens Lyn drängte Thorhall in Richtung des Hauses. »Könntest du mit deinem eigenen Schiff nach Vinland segeln?« fragte Barney.
Der immer noch wütende Ottar blinzelte und schüttelte einen Moment lang den Kopf, bis ihm klar wurde, worüber Barney sprach.
»Schiff?« fragte er. »Was ist mit dem Schiff?«
Barney wiederholte seine Frage. Diesmal verneinte Ottar.
»Dumme Frage. Langboote für Überfälle an Flüssen und am Meerufer. Nicht gut auf Ozean. Für Ozean braucht man knorr. Das hier ist knorr.«
Die Unterschiede waren deutlich, jetzt da Barney beide Schiffe verglich. Während das Drachenkopfboot lang und schmal wirkte, stand das knorr hoch aus dem Wasser und war sehr breit.
»Könntest du mit dem Schiff da nach Vinland segeln?« fragte Barney.
»Sicher«, erwiderte Ottar und schüttelte die Faust hinter Thorhall her.
»Warum kaufst du es dann Thorhall nicht ab?«
»Du auch!« brüllte Ottar.
»Einen Moment! Wenn ich einen Teil des Geldes spendiere, könntest du dir das Schiff dann leisten?«
»Kostet viele Mark.«
»Eine Jacht ist eben ein teures Hobby. Könntest du das Schiff kaufen?«
»Vielleicht.«
»Dann sind wir uns also einig. Wenn er sagt, daß du vor ein paar Monaten eine Anzahlung geleistet hast, dann muß es stimmen. Du sollst mich nicht schlagen! Ich gebe dir das Geld, und der Professor bringt dich zurück nach Island, wo du den Handel mit Thorhall machen kannst.«
»Was redest du?«
Barney wandte sich an Jens Lyn, der die Unterhaltung mitverfolgt hatte. »Sie wissen, worauf ich hinauswill, nicht wahr, Jens? Wir kamen heute morgen überein, daß Ottar nach Vinland segeln sollte. Er sagt mir jetzt, daß er für die Reise ein anderes Schiff braucht. Thorhall behauptet, daß er vor ein paar Monaten dieses Schiff kaufte. Es muß stimmen. Wir müssen die Sache in Ordnung bringen, bevor sie noch komplizierter wird. Gehen Sie zum Professor — Sie können Dallas als Beschützer mitnehmen — und erklären Sie ihm alles. Dann bringen Sie die ganze Gruppe zurück nach Island und kaufen das Schiff. Das dürfte nicht länger als eine halbe Stunde dauern. Nehmen Sie vom Buchhalter ein paar Mark mit. Ach ja, und erkundigen Sie sich vorher bei Thorhall, wieviel Ottar ihm bezahlt hat.«
»Was Sie da sagen, ist paradox«, stotterte Jens. »Ich glaube nicht, daß es möglich ist …«
»Was Sie glauben, ist egal. Sie werden von mir bezahlt, also tun Sie, was ich sage. Ich versorge Thorhall inzwischen mit Flüssigkeit, dann ist er bei Ihrer Rückkehr in besserer Stimmung.«
Der Jeep fuhr los, und Barney ging zum Haus, um die lustlose Party in Gang zu bringen. Die Nordmänner waren in zwei Gruppen getrennt, und man tauschte düstere Blicke aus. Getrunken wurde wenig. Gino kam mit einer Flasche, die er aus seiner Kameratasche geholt hatte.
»Brauchen Sie einen Schluck, Barney?« fragte er. »Echter Grappa aus der Alten Welt. Ich mag das hiesige Gebräu nicht.«
»Ihr Zeug schmeckt auch nicht besser«, erwiderte Barney. »Aber versuchen Sie es mit Thorhall, vielleicht hat er einen besseren Magen als ich.«
Gino zog den Maiskorken aus der Flasche, nahm einen tiefen Schluck und sagte dann in passablem Altnordisch zu Thorhall: »Drekkit! Ok verid velkomnir til Orkneyja.«[13]
Der Rotbart akzeptierte die Flasche, nahm einen Schluck, hustete, und nahm noch einen Schluck.
Der Jeep kehrte schneller zurück, als Barney gedacht hatte, aber es war Zeit genug geblieben, um das Gelage in Schwung zu bringen. Allerdings entstand eine deutliche Kühle, als Ottar zu ihnen trat. Thorhall stand schnell auf und lehnte sich an die Wand, aber Ottar strahlte vor Vergnügen. Er hieb Thorhall auf die Schulter, und im nächsten Moment waren alle Schwierigkeiten gelöst.
»Wie ging es?« fragte Barney Jens Lyn, der vorsichtig aus dem Jeep kletterte. Er hatte einen drei Tage alten Bart und dunkle Ringe unter den Augen.
»Thorhall fanden wir sofort«, sagte er heiser. »Wir wurden herzlich empfangen und konnten das Schiff ohne weiteres kaufen. Aber es ging nicht ohne ein Gelage ab. Es dauerte den ganzen Tag und die ganze Nacht durch, und die Kerle wurden nicht müde. Nach zwei Tagen schlief Ottar endlich am Tisch ein, und wir konnten ihn in den Jeep verfrachten und zurückkehren. Da — er säuft immer noch. Wie macht er das nur?« Jens schauderte.
»Guter Lebenswandel und viel frische Luft.«
Das Geschrei und die nordischen Flüche wurden lauter, aber Ottar zeigte keinerlei Zeichen von Ermüdung. »Sieht so aus, als hätte unser Hauptdarsteller heute keine Lust zum Arbeiten. Gut, dann können wir eine Konferenz einberufen. Wir müssen Einzelheiten für die restlichen Aufnahmen festlegen. Zuerst filmen wir auf diesem Schiff — wie heißt es gleich wieder?«
»Knorr! Nominativ, hér er knorrur, Akkusativ, um knorr …«
»Halt! Ich erzähle Ihnen auch nicht, wie man Filme dreht. Wir haben noch viel Arbeit vor uns. Aber ich glaube, daß wir jetzt über dem Berg sind.«
Eine Möwe kreischte laut, und Barney klopfte schnell auf das fleckige Holz des knorrs.