Epilog

Als Sham erwachte, befand sie sich in ihrem Zimmer in der Feste. Mit geschlossenen Augen lauschte sie, wie Jenli mit jemandem zankte. Dann schloss sich eine Tür, und das Streitgespräch wurde gedämpft. Sham döste wieder ein.

»Shamera«, zischte Kerim leise, und ihr Bett neigte sich unter seinem Gewicht.

Mühsam rang sie sich dazu durch, die Lider zu öffnen.

»Ich habe dafür gesorgt, dass Dickon deine Zofe ablenkt, damit ich mich hereinschleichen kann, um mit dir zu reden. Seit wir dich zurückgebracht haben, gebärdet sie sich schlimmer als eine Katze mit Jungen. Obwohl«, fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu, »ich glaube, dass sie über den Zustand deines Kleides noch aufgebrachter war.«

Sham setzte als Erwiderung zu einem Grinsen an, hielt sich jedoch zurück, als sie spürte, wie ihre Lippen aufzuplatzen begannen.

»Ich habe das Gefühl«, sagte sie vorsichtig, um keinen weiteren Schaden zu verursachen, »ich brauche einen Apfel.«

Er sah sie verdutzt an. »Einen Apfel?«

»M-hm«, bestätigte sie nickend. »Bratet ihr aus dem Osten eure Schweine nicht mit einem Apfel im Maul?«

Kerim musterte sie und lachte. »Abgesehen von den Händen sind deine Verletzungen wenig schlimmer als ein Sonnenbrand, und Dickon meint, sogar dort werden keinen Narben zurückbleiben.«

Die Außentür öffnete sich einen Spalt und wurde jäh wieder geschlossen.

»Ich muss dich etwas fragen, bevor Halvok mit dir redet. Ich möchte nicht, dass du seinem Vorschlag zustimmst, bevor du dir meinen angehört hast«, erklärte Kerim hastig. »Wir haben nicht viel Zeit. Ich weiß nicht, wie lange Dickon die gute Jenli noch beschäftigen kann. Ich möchte, dass du in Erwägung ziehst, Maurs Posten zu übernehmen. Ich …«, begann er leise, dann zögerte er und verfiel in einen sachlicheren Tonfall. »Wir brauchen dich – erst heute ist mir zu Ohren gekommen, dass an den heißen Quellen außerhalb von Landsend merkwürdige Dinge vor sich gehen. Natürlich gibt es keinen König, wir müssten also den Titel ändern.«

Sham achtete darauf, keinerlei Regung in ihren Zügen zuzulassen, vorwiegend aus dem Grund, dass jedes Zucken in ihrem Gesicht schmerzte. »Du willst, dass ich deine Magierin werde?«

Er nickte. »Ich habe mit Fykall gesprochen, und er ist einverstanden, dir Altis’ Segen zu erteilen. Du hättest also sowohl das als auch die Unterstützung des Staates.«

»Eine Machtposition«, meinte Sham langsam und wusste nicht recht, was sie von Altis’ Segen halten sollte.

Kerim lehnte sich gegen das Kopfteil ihres Bettes zurück. Als er sprach, hätte seine Stimme Eis zum Schmelzen bringen können. »Ich vertraue dir.«

Um Zeit zu haben, darüber nachzudenken, was dieser Tonfall bedeuten mochte, fragte sie: »Und wie lautet Halvoks Angebot?«

»Der Magierrat ist damit einverstanden, dich in den Rang eines Meisters zu erheben.«

Sham zuckte mit den Schultern. »Das ist eine reine Formalität.«

Er nickte. »Das hat er auch gesagt. Außerdem konnte er für dich einen Posten beim ae’Magi aushandeln.« Seine Zunge stolperte über den für ihn fremdartigen Begriff.

Beeindruckt meinte Shamera: »Das ist eine ziemliche Ehre.«

»Es würde dir ermöglichen, mit anderen Magiern zusammenzuarbeiten. Du hättest Zugang zu den Bibliotheken des Erzmagiers.« Seine Stimme wurde sanfter, und er lehnte sich näher. »Du wärst dort sicher: keine aufgebrachten Menschenmengen, keine Dämonen.«

Er kannte sie bereits zu gut. Sham betrachtete ihn einen Augenblick lang mit schief gelegtem Kopf, dann beugte sie sich vor und berührte mit ihren Lippen die seinen. Berücksichtigte man die Blasen an ihrem Mund, wurde es ein ziemlich beachtlicher Kuss – was sie voll und ganz Kerim zuschrieb.

Schließlich löste sie sich von ihm, zog einen Mundwinkel hoch und antwortete in dem unüberhörbaren Akzent seiner Mätresse. »Keine aufgebrachten Menschenmengen? Keine Dämonen? Wie unsagbar langweilig.«

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