9

Der Posten, der im Innern des G.K.B.-Gebäudes am Eingang Wache hielt, zuckte erschreckt zusammen und griff nach seiner Waffe. Dann ließ er langsam die Hand sinken, als ihm dämmerte, daß nur jemand hinter ihm geniest hatte — das allerdings laut und kräftig. Brion kam näher und wickelte sich fester in seine warme Jacke. »Ich gehe ein bißchen spazieren, bevor ich mir eine Lungenentzündung hole«, erklärte er. Der Posten salutierte verblüfft, warf einen Blick auf den Schirm des Infrarotdetektors und öffnete die Tür, nachdem er das Licht ausgeschaltet hatte. Brion schlüpfte hinaus. Hinter ihm fiel das schwere Portal krachend ins Schloß. Er seufzte zufrieden auf, als er die warme Straße betrat, und knöpfte seine Jacke auf.

Einerseits wollte er sich tatsächlich etwas umsehen — aber andererseits war dies die einzige Methode, um wieder warm zu werden. Weiter am Schreibtisch zu sitzen, war ziemlich sinnlos; die übrigen Angestellten hatten sich schon längst zurückgezogen.

Brion hatte eine halbe Stunde geschlafen und war frisch und munter aufgewacht. Er hatte sämtliche Berichte durchgelesen, bis er sie Wort für Wort auswendig konnte. Jetzt wollte er die Zeit, in der die anderen schliefen, zu einem Erkundungsgang benützen, um die größte Stadt auf Dis besser kennenzulernen.

Als er durch die dunklen Straßen ging, stellte er immer wieder fest, wie sehr sich alles von anderen menschlichen Ansiedlungen unterschied. Der Name dieser Stadt — Hovedstad — bedeutete im Grunde genommen »Hauptort«, wenn man ihn wörtlich übersetzte. Viel mehr als das war sie auch nicht. Nur die Anwesenheit der Menschen von anderen Planeten machte daraus eine Stadt. Fast alle der nun leerstehenden Gebäude trugen Firmenschilder von Bergbaugesellschaften, Handelsniederlassungen und Raumreedereien. In einigen brannte noch immer Licht, das bei Anbruch der Dunkelheit automatisch eingeschaltet wurde. Ab und zu wurde zwischen ihnen ein von Disanern errichtetes Haus sichtbar, das sich von den aus Fertigteilen bestehenden Gebäuden der fremden Gesellschaften eindeutig abhob. Brion untersuchte eines davon, das von dem Leuchtzeichen der Wega-Metalle GmbH schwach erhellt wurde.

Es bestand aus einem einzigen großen Raum, dessen Fußboden die festgestampfte Erde bildete. Fenster oder andere Lüftungsöffnungen schienen nicht vorhanden zu sein. Die Wände waren aus einer Art Gewebe konstruiert, das mit steinhartem Lehm beworfen war. Die Tür stand weit offen. Brion überlegte sich schon, den Raum zu betreten, als er merkte, daß ihm jemand folgte.

Das leise Geräusch war kaum wahrnehmbar, aber Brion hatte es doch zufällig gehört. In der Dunkelheit hinter ihm hielt sich jemand versteckt. Brion suchte an der Mauer Rückendeckung. Der Unbekannte mußte ein Disaner sein. Brion erinnerte sich plötzlich wieder an Mervvs Ermordung.

Ihjel hatte Brion auf seine Begabung hingewiesen und hatte seine empathischen Fähigkeiten systematisch trainiert. In der Dunkelheit ließen sie sich nur schwer anwenden; er durfte sich nicht völlig darauf verlassen. Spürte er wirklich eine Reaktion — oder empfand er nur den Wunsch danach? Weshalb erschien sie ihm so vertraut? Brion hatte plötzlich eine Idee.

»Ulv«, flüsterte er. »Hier ist Brion.« Er duckte sich und war auf einen Angriff vorbereitet.

»Ich weiß«, antwortete eine leise Stimme aus der Dunkelheit. »Sprich nicht weiter. Behalte die eingeschlagene Richtung bei.«

Fragen waren im Augenblick sinnlos, deshalb drehte Brion sich um und ging wortlos weiter. Die Gebäude blieben hinter ihm zurück — er befand sich wieder in der Wüste. Das konnte eine Falle sein — Brion hatte die flüsternde Stimme nicht erkannt -, aber er mußte das Risiko eingehen. Ein dunkler Schatten tauchte aus der Nacht auf, und eine heiße Hand berührte seinen Arm.

»Ich gehe voraus. Bleib dicht hinter mir.« Diesmal waren die Worte lauter, und Brion erkannte die Stimme.

Ulv wartete Brions Antwort nicht ab, sondern ging weiter. Brion folgte ihm auf den Fersen, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Sie hatten einige Dünen zu überwinden, bis sie eine steile Geröllhalde erreichten, die von tiefen Rinnen durchzogen war. Dann kletterten sie eine dieser Rinnen hinab, die sich zu einer Schlucht vertiefte. Als sie eine Biegung hinter sich gebracht hatten, sah Brion einen schwachen Lichtschein, der aus einem Loch in der Lehmwand drang.

Ulv ließ sich auf Hände und Knie nieder und verschwand in dem engen Loch. Brion folgte ihm und versuchte, das Unbehagen, das er dabei empfand, nach Möglichkeit zu unterdrücken. In dieser Lage — auf allen vieren und mit dem Kopf voran — war er äußerst verwundbar.

Der kurze Gang führte in eine wesentlich größere Höhle. Brion hatte eben erst leise Schritte gehört, als er auch schon eine Welle von Haß und Verachtung spürte, die ihm entgegenschlug. Einen Augenblick später hatte er den engen Gang hinter sich gebracht und richtete sich mit gezogener Waffe auf. Während dieser wenigen Sekunden hätte er sterben sollen. Der Disaner über ihm hatte mit einem Steinbeil zu einem vernichtenden Schlag ausgeholt, der Brion den Schädel zerschmettert hätte.

Aber Ulv umklammerte das Handgelenk des anderen und hinderte ihn daran. Keiner der beiden sprach, als sie verbissen miteinander rangen. Brion wich ihnen aus und richtete seine Waffe auf den Unbekannten. Der Disaner starrte ihn wütend an und ließ das Beil fallen, als er erkannte, daß sein Angriff fehlgeschlagen war.

»Warum hast du ihn hergebracht?« fuhr er Ulv an. »Du hättest ihn gleich umbringen sollen!«

»Er ist hier, damit wir uns anhören können, was er zu sagen hat, Gebk. Er ist der Mann, den ich in der Wüste gefunden habe.«

»Gut, wir hören uns an, was er zu sagen hat, und bringen ihn dann um.« Gebk stieß diese Worte mit einem erbarmungslosen Lächeln hervor. Sie waren keineswegs humorvoll gemeint, sondern bitter ernst. Brion erkannte jedoch daraus, daß ihm im Augenblick keine Gefahr drohte. Er steckte die Waffe fort und sah sich in der Höhle um.

Dabei bemerkte er, daß im Hintergrund eine Frau und ein Kind saßen, die sich mit dem Feuer beschäftigten, von dem die Höhle schwach erleuchtet wurde. Die Frau griff nach einer Kelle und füllte drei Tonschalen aus dem Topf, der über der Glut hing. Das Zeug stank entsetzlich, und Brion hätte sich am liebsten die Nase zugehalten, während er es aß. Er gebrauchte seine Finger dazu, wie er es von den anderen sah, und schwieg, während er aß. Er konnte nicht feststellen, ob dieses Schweigen Ritual oder Gewohnheit war. Jedenfalls hatte er auf diese Weise Gelegenheit, sich in aller Ruhe umzusehen.

Die Höhle war offensichtlich nicht auf natürliche Art entstanden, denn überall an den Wänden waren Spuren von Werkzeugen zu sehen. Die Decke war von einem Netz aus dünnen Wurzeln überzogen, die in dem harten Lehm verschwanden. An einer Stelle waren sie zu einem armdicken Strang miteinander verflochten, an dem vier Vaedes hingen, denn auch Ulv hatte seine abgelegt, bevor er sich setzte. Ihre Zähne mußten sofort zugebissen haben, weil sie an dem Flechtwerk hängengeblieben war — ein weiteres Glied in dem Lebenszyklus der Disaner. Dies schien die Wasserquelle der Vaedes zu sein, von denen die Menschen tranken.

Brion bemerkte, daß man ihn ansah, und lächelte das kleine Mädchen an. Sie war bestimmt nicht älter als sechs Jahre, aber trotzdem bereits in jeder Beziehung eine echte Disanerin. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, als sie Brion anstarrte, ohne sein Lächeln zu erwidern. Er spürte den Haß, der von ihr ausging.

Ulv stellte seine Schale beiseite und rülpste laut. Er wandte sich an Brion. »Ich habe dich in die Stadt gebracht, wie ich es versprochen hatte. Hast du dort getan, was du versprochen hast?«

»Was hat er versprochen?« fragte Gebk.

»Daß er den Krieg verhindern würde? Hast du ihn verhindert?«

»Ich versuche ihn zu verhindern«, sagte Brion. »Aber das ist nicht so einfach. Ich brauche Hilfe dabei. Euer Leben muß geändert werden — von Grund auf. Wenn ihr mir helfen würdet, könnte ich…«

»Soll das die Wahrheit sein?« unterbrach ihn Ulv. »Ich höre immer nur andere Meinungen, aber die Wahrheit bleibt verborgen. Wir haben immer getan, was uns die Magter sagten. Wir bringen ihnen Essen und erhalten dafür Metall und manchmal auch Wasser, wenn wir es brauchen. Wenn wir ihre Befehle ausführen, bringen sie uns nicht um. Vielleicht ist es falsch, daß wir ihnen gehorchen, aber sie geben mir Bronze für meine Werkzeuge. Sie haben uns gesagt, daß sie für uns eine Welt von den Himmelsmenschen erobern wollen, und das ist gut.«

»Wir alle wissen, daß die Himmelsmenschen in jeder Beziehung schlecht und verdorben sind«, warf Gebk ein. »Deshalb ist es nur gut, wenn man sie umbringt.«

Brion starrte die beiden Disaner verblüfft und erschrocken an. »Warum hast du mich dann nicht auch umgebracht, Ulv?« fragte er langsam. »Damals in der Wüste, oder heute, als du Gebk davon abgehalten hast?«

»Ich hätte es tun können. Aber ich wollte eine Frage beantwortet haben. Was ist die Wahrheit? Sollen wir das glauben, was wir immer für wahr gehalten haben? Oder sollten wir dem hier Glauben schenken?«

Er warf Brion ein quadratisches Stück Plastikmaterial zu, das nicht größer als seine Handfläche war. Brion hielt es gegen das Licht und erkannte eine simple Darstellung, die eine Bedienungsanleitung darstellte. Wenn man eine bestimmte Stelle zwischen Daumen und Zeigefinger nahm, wurde genügend Strom erzeugt, um die Aufzeichnung hörbar zu machen. Die übrige Fläche diente als Lautsprecher, indem sie vibrierte.

Obwohl die Stimme dünn und mechanisch klang, waren die Worte deutlich zu verstehen. Es handelte sich dabei um einen Aufruf an die Disaner, den Magter nicht mehr Gehorsam zu leisten. Dann wurde erklärt, daß die Magter einen Krieg begonnen hatten, der nur ein Ende haben konnte — die Zerstörung von Dis. Nur wenn die Magter ausgeschaltet und ihre Waffen entdeckt wurden, bestand noch eine Hoffnung auf Frieden.

»Ist das wahr?« fragte Ulv.

»Ja«, antwortete Brion.

»Vielleicht sind diese Worte wahr«, gab Gebk zu, »aber wir können nichts tun. Ich war mit meinem Bruder zusammen, als diese Wortdinger aus dem Himmel fielen, und er hörte sich eines an und ging damit zu den Magter, um sie danach zu fragen. Sie brachten ihn um, wie er es sich hätte denken können. Die Magter töten uns, wenn sie erfahren, daß wir die Worte hören.«

»Und die Worte sagen uns, daß wir sterben müssen, wenn wir auf die Magter hören!« rief Ulv aus. Auf seinem Gesicht war deutlich die Verwirrung zu erkennen, die er empfand, während er die beiden Gesichtspunkte miteinander in Einklang zu bringen versuchte. Bis vor kurzer Zeit hatte sein Weltbild noch Ähnlichkeit mit einer Schwarz-Weiß-Zeichnung gehabt, in der es keine Zwischentöne gab.

»Es gibt aber einen Weg, wie ihr den Krieg verhindern könnt, ohne euch selbst oder den Magter zu schaden«, sagte Brion, der die beiden Männer unbedingt für sich gewinnen wollte.

»Welchen?« erkundigte sich Ulv.

»Es braucht nicht zu einem Krieg zu kommen, wenn jemand die Magter zur Vernunft bringen könnte. Sie stürzen euch alle ins Unglück. Ihr könntet mir sagen, wie man mit den Magter spricht, wie ich sie verstehen könnte…«

»Niemand kann mit den Magter sprechen«, unterbrach ihn die Frau, die bisher schweigend zugehört hatte. »Wenn man anderer Meinung als sie ist, bringen sie einen um, wie sie Gebks Bruder getötet haben. Deshalb sind sie leicht zu verstehen. So sind sie eben. Sie verändern sich nie.«

»Mor hat recht«, stimmte Ulv zu. »Mit den Magter kann man nicht sprechen. Gibt es sonst noch eine Möglichkeit?«

Brion sah die beiden Eingeborenen nachdenklich an und veränderte seine Haltung leicht. Dabei näherte sich seine rechte Hand unmerklich dem Griff der Waffe. »Die Magter verfügen über Waffen, mit denen sie Nyjord zerstören wollen — das ist der nächste Planet, ein Stern an eurem Himmel. Wenn ich die Bomben finde, werde ich sie fortschaffen lassen, damit es keinen Krieg gibt.«

»Du willst den Teufeln im Himmel gegen unser eigenes Volk beistehen!« rief Gebk empört und wollte aufspringen. Ulv zog ihn zu sich herab, aber auch seine Stimme war kalt und unfreundlich geworden.

»Du verlangst zuviel. Du mußt jetzt gehen.«

»Wollt ihr mir nicht trotzdem helfen? Wollt ihr nicht auch den Krieg verhindern?« fragte Brion. Er erkannte, daß er zu weit gegangen war, aber trotzdem wollte er die beiden Männer noch einmal auf den Grund seines Kommens hinweisen.

»Du verlangst zuviel«, wiederholte Ulv. »Geh jetzt. Wir werden darüber nachdenken.«

»Werde ich dich wiedersehen? Wie kann ich mich mit dir in Verbindung setzen?«

»Wir werden dich finden, wenn wir mit dir sprechen wollen«, antwortete Ulv. Wenn sie der Meinung waren, daß er, Brion, gelogen hatte, würde er sie nie wieder zu Gesicht bekommen. Dagegen ließ sich nichts tun.

»Ich habe darüber nachgedacht«, sagte Gebk und erhob sich. »Du lügst, denn alle Himmelsmenschen lügen. Wenn ich dir noch einmal begegne, werde ich dich umbringen.« Er bückte sich und verschwand in dem engen Gang.

Brion erreichte das G.K.B.-Gebäude erst gegen Morgen; der Wachtposten am Tor war inzwischen abgelöst worden. Er öffnete es erst, als Faussel im Schlafanzug herunter gekommen war und Brion identifiziert hatte. Faussel gähnte verschlafen und wollte sich anscheinend beschweren, aber Brion unterbrach ihn und gab ihm den Befehl, so schnell wie möglich vollständig angezogen in seinem Büro zu erscheinen. Die Klimaanlage funktionierte wieder, und Brion fluchte über den Übereifrigen, der sie angestellt hatte. Diesmal drehte er sie nicht nur ab, sondern entfernte auch einige wichtige Teile, ohne die sie nicht arbeitete.

Als Faussel hereinkam, gähnte er noch immer — anscheinend war sein Blutzuckerspiegel morgens besonders niedrig. »Bevor Sie auf die Nase fallen, holen Sie sich eine Tasse Kaffee«, sagte Brion. »Oder besser zwei. Ich trinke auch eine.«

»Das ist nicht nötig«, antwortete Faussel steif. »Ich kann in der Kantine anrufen, wenn Sie welchen möchten.«

Brion hatte ganz vergessen, daß die Angestellten nicht gut auf ihn zu sprechen waren. »Schön, wie Sie wollen«, sagte er und verfiel wieder in seine Rolle als Sklaventreiber. »Aber wenn Sie noch einmal gähnen, werde ich einen Verweis in Ihre Personalpapiere eintragen. Ist das klar? Ich möchte von Ihnen etwas über unsere Beziehungen zu den Disanern hören. Wie stehen sie zu uns?«

Faussel unterdrückte nur mühsam ein Gähnen. »Ich glaube, daß sie die G.K.B.-Leute als Trottel ansehen, Sir. Sie hassen alle Fremden, denn die Erinnerung an die Zeit, als sie von allen verlassen wurden, ist noch immer lebendig. Nach den Grundsätzen ihrer einfachen Logik müßten wir sie ebenfalls hassen, oder fortgehen. Wir bleiben aber. Und geben ihnen Essen, Wasser, Medikamente und Werkzeuge. Deshalb finden sie sich mit unserer Gegenwart ab. Wahrscheinlich betrachten sie uns als harmlose Idioten, die bleiben dürfen, solange sie keine Schwierigkeiten machen.« Er kämpfte gegen ein Gähnen an, deshalb drehte Brion sich um und gab ihm Gelegenheit dazu.

»Besteht eine Verbindung mit dem Kommandanten der Blockadeflotte?« erkundigte Brion sich dann.

»Wir haben eine Direktverbindung, die automatisch verschlüsselt wird. Ich werde Sie mit ihm verbinden.« Faussel wählte eine Nummer. Auf dem Bildschirm erschienen schwarze und weiße Flecke.

»Danke, Faussel, ich brauche Sie nicht mehr«, sagte Brion. »Wie heißt übrigens der Kommandant?«

»Professor Krafft — ein Physiker. Da es auf Nyjord keine Militärs gibt, leitete er die Entwicklung der Bomben und Energiewaffen. Jetzt ist er für den Einsatz verantwortlich.« Faussel gähnte ausgiebig, als er zur Tür ging.

Der Professor-Kommandant wirkte mit seinen weißen Haaren und dem faltigen Gesicht sehr alt. Sein Bild auf dem Schirm war zunächst noch etwas undeutlich, wurde aber klarer, als die automatische Verschlüsselung sich selbsttätig abstimmte.

»Sie müssen Brion Brandd sein«, begann er. »Ich möchte Ihnen vor allem sagen, wie tief mich der Tod Ihres Freundes Ihjel getroffen hat. Ich bin sicher, daß Sie einen guten Freund in ihm verloren haben.«

»Ja… ja, selbstverständlich«, stotterte Brion, der sich kaum noch an den ersten Zusammenstoß erinnern konnte, weil ihn jetzt das Schicksal eines Planeten beschäftigte. »Sehr freundlich von Ihnen, daß Sie es erwähnen. Aber ich wollte Sie eigentlich um ein paar Auskünfte bitten.«

»Bitte, jederzeit. Ich stehe zu Ihrer Verfügung.« Professor Krafft wartete geduldig, bis Brion seine Gedanken wieder gesammelt hatte.

»Ich wollte Lig-magte aufsuchen und hielte es für besser, wenn ich einen offiziellen Grund dafür hätte«, sagte Brion schließlich. »Stehen Sie in Verbindung mit ihm?«

Krafft schüttelte den Kopf. »Nein, wir haben keine eigentliche Verbindung zu ihm. Ich habe ihm einen Sender-Empfänger bringen lassen, aber er will nur auf einen Funkspruch antworten, in dem unsere Kapitulation angekündigt wird.«

»Na, da kann er lange warten«, murmelte Brion vor sich hin.

»Keineswegs — jedenfalls bestand die Aussicht darauf. Sie sind sich doch darüber im klaren, Brandd, daß die Entscheidung über die Anwendung der Bomben nicht einstimmig war. Viele von uns — mich eingeschlossen — stimmten für eine bedingungslose Kapitulation. Wir unterlagen nur knapp.«

Brion zuckte unmerklich mit den Schultern und überging dieses Thema. »Wie viele Ihrer Leute sind noch auf Dis? Oder kann ich mich an Sie um Hilfe wenden? Falls ich die Bomben oder die Abschußrampe finde, möchte ich sie durch einen Überraschungsangriff ausschalten.«

»Unsere Leute haben Hovedstad verlassen. Aber wir halten einige Stoßtrupps bereit, die sofort landen können, wenn es sich als nötig erweist. Die Disaner müssen ihre Waffen gut versteckt halten, weil wir stark genug sind, um erfolgreich anzugreifen.«

Krafft zögerte einen Augenblick. »Dann gibt es noch eine andere Gruppe, von der Sie wissen müssen; Sie brauchen alle Tatsachen. Einige unserer Leute sind in der Wüste außerhalb von Hovedstad. Sie werden nicht offiziell unterstützt. Die Gruppe besteht aus jungen Leuten, die versuchen, die Waffen durch Gewalt ausfindig zu machen.«

Das war bisher die beste Nachricht. Brion beherrschte sich und sprach mit ruhiger Stimme weiter. »Können Sie mir sagen, wie ich mit diesen Leuten in Verbindung treten kann?«

Krafft lächelte leicht. »Ich werde Ihnen die Frequenz geben, auf der Sie sie erreichen können. Sie nennen sich Nyjord Army. Wenn Sie mit ihnen sprechen, können Sie mir einen Gefallen tun. Unsere Techniker haben festgestellt, daß die Abschußrampe früher als erwartet in Betrieb genommen werden kann. Geben Sie also bitte weiter, daß die Entscheidung um einen Tag vorverlegt werden mußte. Wir haben nur noch zwei Tage Zeit. Tut mir leid, daß Ihre Arbeit dadurch erschwert wird.«

Brion wagte nicht daran zu denken, was dieser geänderte Termin bedeuten konnte. »Haben Sie die Disaner schon davon in Kenntnis gesetzt?«

»Nein.« Krafft schüttelte den Kopf. »Die Entscheidung wurde erst vor wenigen Minuten getroffen. Wir werden sie Lig-magte über Funk mitteilen.«

»Können Sie das noch verhindern, damit ich die Nachricht persönlich überbringen kann?«

»Ja, aber…« Krafft dachte nach. »Aber das würde Ihren sicheren Tod bedeuten. Die Magter zögern keine Sekunde, wenn sie einen von uns umbringen wollen. Mir wäre ein Funkspruch lieber.«

»Ist mein Leben nicht meine Sache?«

Zum erstenmal schien Professor Krafft erregt. »Ja, natürlich, Sie können tun, was Sie für richtig halten.« Er drehte sich um und wandte sich an den im Hintergrund sichtbaren Funker. »Der Spruch geht nicht hinaus.« Dann sprach er wieder mit Brion.

»Jetzt tragen Sie die Verantwortung. Viel Glück und Erfolg. Ende.«

»Ende«, sagte Brion, und der Bildschirm wurde dunkel.

»Faussel!« rief er in die Gegensprechanlage hinein. »Besorgen Sie mir den besten und schnellsten Sandwagen, den wir haben, einen Fahrer, der sich in dieser Gegend auskennt, und zwei Männer, die mit einem Gewehr umgehen können und Befehle ordentlich ausführen. Wir werden endlich einmal etwas unternehmen!«

Загрузка...