Auf einem Schiff von Glathriel

Sie hatten Mavra zuerst von Dilla durch Kuansa nach Shamozan gebracht, welches das Land der großen Spinnen war. Sie fürchtete sich nicht vor Spinnen und fand sie reizend und sehr menschlich.

Der Botschafter war sehr freundlich, erklärte ihr aber die Lage ausführlich und sagte abschließend:»Das einzige, was wir im Augenblick tun können, ist, es so leicht wie möglich zu machen. Sie verstehen, wir haben keine Wahl

Sie wollte etwas sagen, aber jemand hinter ihr stach ihr eine Kanüle in die Haut, und alles wurde schwarz.

Man brachte sie in einen medizinischen Komplex mit einer seltsamen Maschine. Der Botschafter erklärte diese Renard und Vistaru, die noch dabei waren. Hosuru hielt sich schon zu Hause auf, um Bericht zu erstatten.

»Im Grunde wird eine Hypnosewirkung verstärkt«, sagte er.»Das wirkt nicht bei vielen Rassen, aber sie ist immer noch Typ 41, wenn auch verändert, und da kann man es anwenden. Die Maschine erzeugt eine Tiefprägung, die nicht verschwindet. Wir wissen, daß es funktioniert, weil wir in Lata mit einem ähnlichen Gerät Daten von ihr erhalten haben und dann jede Erinnerung blockierten, was gehalten hat.«

»Aber was wollen Sie ihr sagen?«fragte Vistaru besorgt.»Sie verändern sie doch nicht?«

»Nur ein wenig. Nur so, daß sie es bequemer hat und sich anpassen kann. Wir können nichts Tiefgreifendes bewirken. Ich glaube, das versteht sie.«

Der Prozeß begann.

»Mavra Tschang«, sagte das sorgfältig programmierte Gerät.»Wenn du erwachst, wirst du deine Erinnerung und Persönlichkeit unverändert finden. Du wirst dich zwar erinnern, daß du ein Mensch bist, es dir aber nicht vorstellen können. Die Art, wie du jetzt bist, wird dir natürlich und normal erscheinen. Du kannst dir nicht vorstellen, anders zu sein, obwohl du weißt, daß du einmal anders gewesen bist, aber du würdest nicht mehr anders sein wollen.«

Das ging eine Weile so, mit der Zuführung von verschiedenen Informationen, Methoden, Fähigkeiten, die sie brauchen würde, um sich durchzusetzen; dann war es vorbei.

Sie erwachte einige Stunden später und fühlte sich erstaunlich besser. Sie versuchte sich zu erinnern, warum ihr zuvor anders zumute gewesen war, aber es fiel ihr schwer.

Sie erinnerte sich, menschlich gewesen zu sein, erinnerte sich daran, tat dies aber auf sonderbare, schiefe Weise. Es kam ihr vor, als hätte sie schon immer vier Beine gehabt. Sie versuchte sich vorzustellen, daß sie aufrecht auf zwei Beinen ging oder mit Händen nach Dingen griff, aber das ging einfach nicht. Es war aus irgendeinem Grund nicht richtig. Was jetzt war, das fand sie richtig.

In irgendeinem Winkel begriff sie, daß man mit ihr etwas gemacht hatte, aber es erschien ihr nicht wichtig, und sie vergaß es rasch.

Doch sie erinnerte sich an die Sterne. Sie wußte, daß sie dort hingehörte, nicht auf irgendeinen Planeten. Sie saß oft auf dem Schiff, das den Golf von Turagm befuhr, manchmal mit Segeln, manchmal mit Dampf, je nach Hexagon, und betrachtete die Sterne.

Sie lachte in sich hinein. Die anderen glaubten, sie wolle durch den Schacht. Oder sie dachten, sie würde sich irgendwo niederlassen und in diesem neuen Dasein alles andere vergessen. Aber die Sterne kamen jede Nacht heraus, und sie würde sie nie vergessen. Das ging über Vernunft und Logik hinaus; es war eine Liebesgeschichte.

Und als die Sonne heraufkam, sah sie eine Küste, grün und schön und warm; Seevögel kreisten, trugen ihre erbeuteten Fische zu Horsten am Ufer.

Renard erschien an Deck, reckte sich und gähnte, dann kam er zu ihr.

»Keine üble Gegend für eine Verbannte«, sagte sie.

Er bückte sich hinunter zu ihr.

»Sehr primitiv. Eine Stammeskultur, nicht viel anders. Sie sind menschlich — was wir als menschlich ansehen. Aber das war nicht unser Ursprungsort. Sie hatten einen Krieg mit den Ambreza; die großen Biber haben sie mit Gas in die Steinzeit zurückbefördert und die Hexagons getauscht, so daß das hier ein nichttechnologisches ist.«

»Paßt mir gut«, sagte sie.»Primitiv heißt, eine kleine Bevölkerung.«Sie sah ihn an, den Kopf auf die Seite gelegt.»Und bald wird Ihre Aufgabe und die von Vistaru erfüllt sein. Man hat ein Gehege für mich gebaut, mit Frischwasserquelle und allem. Einmal im Monat wird ein Schiff Vorräte in kleinen Plastiksäcken bringen, die ich mit den Zähnen öffnen kann, wenn ich sie mit den Vorderbeinen festhalte. Ringsum gibt es nur Feindselige und Wasser, bis auf die Ambreza, und sie sichern die Tore 136 und 41. Die Primitiven müssen das Gehege als tabu betrachten. Kein Risiko für mich und keine Gefahr, daß ich fliehe. Sie und Vistaru können durch das Tor zurück, Sie können berichten, daß alles in Ordnung ist, und dann versuchen, ein neues Leben zu finden oder ein altes fortzusetzen. Die Agitar sind, wie ich höre, so verärgert, daß der Krieg zu Ende geht, und Sie gelten als eine Art Held.«

Er war verletzt.»Mavra — ich —«

»Renard, Sie schulden mir nichts, und ich schulde Ihnen nichts«, fiel sie ihm scharf ins Wort.»Wir sind quitt. Ich brauche Sie nicht mehr, und es wird Zeit für Sie, zu begreifen, daß Sie mich auch nicht brauchen. Gehen Sie nach Hause, Renard!«Sie schrie beinahe, und ihr Blick war noch deutlicher.

Ich bin Mavra Tschang, sagte sie. Ich bin mit fünf Jahren Waise geworden und mit dreizehn wieder. Ich war eine Diebin, die man nicht fassen konnte, ich habe Nikki Zinder von Neu-Pompeii geholt und Sie und sie am Leben erhalten. Und ich war in Gedemondas und habe die Zerstörung des Antriebs miterlebt.

Ich bin Mavra Tschang und werde es schaffen, was auch kommt.

Ich bin Mavra Tschang, Braut nur der Sterne.

Ich bin Mavra Tschang, und ich brauche keinen.

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