Sie ging nicht in ihre Kammer im Turm zurück, sondern machte sich auf die Suche nach Salim, und sie fand den Tuareg genau dort, wo sie ihn vermutet hatte: am Tor, wo er die Vorbereitung der Verteidigung überwachte.
Der Tuareg hatte sich verändert. Er trug noch immer seinen blauschwarzen Mantel, hatte aber nun den Schleier vor das Gesicht gelegt, so daß beinahe nur noch seine Augen sichtbar waren. Und er war bewaffnet. Er trug einen mattschwarzen runden Schild am linken Arm, und in seinem Gürtel steckte ein armlanges Schwert, dessen Klinge auf sonderbare Weise gebogen war. Aus dem Sklaven war endgültig ein Krieger geworden.
Salim unterbrach seine Arbeit, als er sie sah, und kam ihr mit weit ausgreifenden Schritten entgegen. »Du bist bereit?« fragte er. »Dein Pferd ist aufgezäumt. Karl wird dich begleiten. Du kannst ihm vertrauen. Er ist ein tapferer Mann.«
Robin schüttelte den Kopf.
»Du traust ihm nicht?«
Robin wiederholte ihr Kopfschütteln, machte eine weit ausholende Geste und sagte leise: »Ich bleibe.«
»Ich hatte befürchtet, daß du das sagst«, seufzte Salim, versuchte aber - fast zu ihrer Überraschung - nicht, ihr diese Idee auszureden; obwohl sie ihm ansah, daß er wenig begeistert davon war. Statt dessen drehte er sich auf dem Absatz herum und gab einem Mann, der draußen vor dem Tor gewartet hatte, einen Wink. Der Mann schwang sich ohne ein weiteres Zögern auf sein Pferd und galoppierte davon. Robin blickte fragend.
»Bruder Abbé würde nicht auf einen Mann verzichten, der ein Schwert zu führen vermag, nur um dich in Sicherheit zu bringen«, sagte Salim. »Karl reitet vor allem los, um Hilfe zu holen. Ohne dich wird er schneller ankommen. Und auch schneller zurück sein.« Er deutete auf den Hof. »Du solltest jetzt besser gehen. Wir haben viel zu tun, und jeder Moment zählt.«
»Helfen«, krächzte Robin.
»Helfen?« Salim lachte. »Du kannst hier nichts helfen, fürchte ich ... aber meinetwegen bleib hier. Ich würde es auch nicht ertragen, tatenlos in meinem Zimmer zu sitzen und darauf zu warten, daß der Kampf beginnt. Aber bitte stör uns nicht. Unsere Zeit ist wirklich knapp.«
Robin gab sich redliche Mühe, aber natürlich stand sie doch ständig im Weg und mußte unablässig beiseite treten, sich entschuldigen, bis es ihr zu bunt wurde und sie einfach mit zupackte. Salim beobachtete sie stirnrunzelnd und mit einiger Mißbilligung, sagte aber nichts mehr.
Robin ihrerseits beobachtete Salim nicht ganz so offen, dafür aber um so aufmerksamer. Was ihr schon mehrmals aufgefallen war, bestätigte sich. Salim eilte hierhin und dorthin, gab Anweisungen und erteilte Befehle, griff aber kein einziges Mal selbst zu. Ein Sklave?
Die Männer schlossen das Tor, was mit erheblicher Mühe und Anstrengungen verbunden war, denn sie stellten sich nicht besonders geschickt dabei an, was darauf schließen ließ, daß die beiden gewaltigen Torflügel nicht sehr oft geschlossen wurden. Anschließend legten die Männer einen gewaltigen Riegel vor, der mehrere Zentner wiegen mußte. Dieses Tor, dessen war sie sich sicher, würde selbst dem Ansturm einer Armee trotzen.
Salim zeigte sich jedoch wenig begeistert, als er zurückkam. »Das ist vergebene Mühe«, unkte er. »Was nutzt ein starkes Tor, wenn die Mauern schwach sind? Wir werden uns nicht halten können. Das hier ist ein Bauernhof, bei Allah, keine Burg! Ich sage Abbé seit Jahren, daß wir die Befestigungen verstärken müssen, aber nun ist es zu spät.«
»Vielleicht können wir... reden«, sagte Robin schleppend.
»Reden? Mit wem?«
»Gunthar«, antwortete Robin. »Ich kenne... die Wahrheit.«
»Er wird dir nicht zuhören«, sagte Salim. Robin teilte diese Auffassung nicht ganz. Sie hatte Gunthar von Elmstatt nur ein einziges Mal gesehen, aber sie hatte trotzdem den Eindruck gewonnen, daß er im Grunde ein sehr vernünftiger und besonnener Mann war, dem Gewalt nicht fremd war, der sie aber nicht liebte.
Trotzdem fuhr Salim fort: »Es gibt eine Zeit zum Reden, und es gibt eine Zeit zum Kämpfen. Ich fürchte, die Zeit des Redens ist vorbei.« Er seufzte. »Du hättest mit Karl gehen sollen. Nun ist es zu spät.«
Er legte die Hand auf das Schwert. »Keine Angst. Niemand wird dir etwas tun. Dafür werde ich sorgen.«
Sie hatte keine Angst - wieso nahm eigentlich jeder an, daß das so war? Nur weil sie eine Frau war? Der Gedanke an die bevorstehende Schlacht erschien ihr so weit weg, daß er sie gar nicht berührte. Es war... abstrakt. Ein Wort, das für sie praktisch keine Bedeutung hatte. Sie war ein einfacher Mensch, geboren und aufgewachsen in einer einfachen Welt, die vom Wechsel der Jahreszeiten und der täglichen Sorge um eine warme Mahlzeit und genügend Feuerholz bestimmt wurde. Kriege, Schlachten und Intrigen, Politik... das waren Worte, die einfach nicht zu ihrem Leben gehörten und sie auch nicht wirklich berühren konnten. Sie kam sich vor wie in einem Traum. Einem bösen Traum, aber trotzdem ein Traum.
Salim nahm sie beim Arm und führte sie aus dem Halbdunkel des Torgewölbes wieder in den hellen Sonnenschein auf dem Hof hinaus.
»Und... nun?« fragte sie.
»Nun?« Salim hob die Schultern. »Nun warten wir.«
Das Heer traf fast auf die Minute pünktlich zu dem Zeitpunkt ein, den Abbé vorausgesagt hatte. Der Ausguck auf dem Turm meldete ihn schon frühzeitig, von dem Heereszug selbst aber war noch lange Zeit nichts zu sehen. Obwohl die Angreifer wissen mußten, daß ihre Ankunft längst kein Geheimnis mehr war, nutzten sie die Wälder als Deckung, um sich der Komturei so weit wie möglich ungesehen zu nähern. Der Tag war so heiß geworden wie die vorhergehenden, aber der ausgiebige Regen der Nacht hatte den Boden aufgeweicht, so daß es keine verräterische Staubwolke gab, und - zumindest für Robins ungeübtes Auge - auch keine anderen, verräterischen Zeichen.
Trotzdem verzog Salim abfällig das Gesicht, als die ersten Reihen aus dem Wald heraustraten, etwas weniger als eine Meile von der Komturei entfernt. Robin, einige weitere Männer und er hatten hinter den schmalen Scharten über dem Tor Aufstellung genommen, nachdem sie sich hartnäckig geweigert hatte, in die Turmkammer zu gehen und dort wie ein verängstigtes Kind darauf zu warten, daß etwas geschah, und sie hatten nicht lange warten müssen. Robin zählte auf Anhieb gut ein Dutzend Reiter, dann ein zweites, und dann gab sie auf. Ihre Zahl schien kein Ende zu nehmen. Hatte Abbé nicht von einem Heer von hundert Mann geredet? Nach ihrem Dafürhalten konnten es genausogut tausend sein. Der Waldrand war schwarz vor Gestalten, und ihre Zahl wuchs noch immer.
Salim zeigte sich weniger beeindruckt als sie. »Was für Dummköpfe!« sagte er verächtlich. »Eine Reiterarmee, um eine Burg zu stürmen!« Er schüttelte ein paarmal den Kopf, dann ging er mit schnellen Schritten zur anderen Seite des großen, das gesamte Tor überspannenden Raumes und beugte sich aus dem Fenster.
»Schickt mehr Männer zum Pferdestall!« rief er hinaus. »Verstärkt die Wände, und seid auf der Hut! Sie werden dort angreifen! Und jemand soll Abbé und die anderen rufen!« Er drehte sich herum, lehnte sich gegen die Wand neben dem Fenster und fügte etwas leiser hinzu: »Ich fürchte, sie werden ihr Mittagsgebet heute ein wenig abkürzen müssen.«
Robin warf noch einen unsicheren Blick zu Gunthars Heer hinaus. Die Männer kamen im Moment nicht näher, sondern schienen sich am Waldrand zu sammeln.
»Woher... weißt du... das?« fragte sie mühsam.
»Daß sie den Pferdestall angreifen werden?« Salim hob die Schultern. »Ich würde es tun. Es ist der schwächste Punkt. Die Wände sind dünn und das Dach so flach, daß ein geschickter Mann ohne Mühe hinüberklettern kann... Falls sie uns nicht kurzerhand den ganzen Hof über dem Kopf anzünden«, fügte er nach kurzem Zögern und leiser hinzu.
Robin sah wieder nach draußen. Nun, nachdem sie ihren ersten Schrecken überwunden hatte, sah sie, daß Abbés Einschätzung von Gunthars Kräften durchaus realistisch gewesen war. Es mußten an die hundert Berittene sein, die sich am Waldrand versammelt hatten - eine Zahl, die leicht auszusprechen, aber furchteinflößend anzusehen war. Die Männer waren noch zu weit entfernt, um ihre Bewaffnung zu erkennen, aber es war eine gewaltige Streitmacht; jedenfalls in Robins Augen.
Sie sah sich unsicher um. Auf dem staubigen Dachboden hatte sich ungefähr ein Dutzend Männer versammelt, Köche, Stallburschen, Knechte und einfache Handlanger. Die Anspannung stand ihnen ins Gesicht geschrieben, aber sie hatten sich auch auf eine erstaunliche Weise verändert: Alle waren bewaffnet, und Robin sah recht wenige Anzeichen echter Furcht. Die Männer wußten, was auf sie zukam, und sie waren sich auch des Ernstes der Lage bewußt, aber sie waren weit davon entfernt, in Panik zu geraten.
Salim trat neben sie. Er sagte nichts, sondern blickte schweigend und mit großer Konzentration zu Gunthars Männern hin. Sie hatten mittlerweile eine lockere Formation angenommen und näherten sich der Komturei in einer doppelten, weit auseinandergezogenen Reihe. Als sie näher kamen, erkannte Robin Gunthar von Elmstatt und seinen Sohn, die an der Spitze des Heereszugs ritten.
Sie erkannte aber auch noch mehr: Nur vielleicht zwanzig der gut hundert Reiter trugen Rüstungen und Waffen eines Ritters. Der weitaus größere Teil der Truppe unterschied sich kaum von den Männern, die Salim und sie umgaben. Sie waren mit Spießen und Schwertern ausgestattet, manche aber auch nur mit Keulen oder Messern. Einige wenige trugen Schilde und Helme - offenbar hatte Jeromé recht gehabt, als er behauptet hatte, daß Gunthar über kein Heer verfugte. Elmstatt hatte nichts anderes getan als Abbé auch: Er hatte einfach jeden Mann auf seiner Burg mit Waffen ausgerüstet und auf ein Pferd gesetzt.
Sie mußten ungefähr zehn Minuten warten, bis Bruder Abbé kam. Er trug jetzt wieder Kettenhemd und Rock, und jede Spur von Müdigkeit oder gar Schwäche war aus seinem Gesicht verschwunden. Zu Robins Überraschung kam er allein.
Ohne ein Wort zu sagen, trat er an das Fenster neben Salim und stieß die Läden auf. Goldenes Sonnenlicht floß in Strömen auf den Dachboden und ließ den Staub tanzen. Robin blinzelte.
»Gunthar!« rief Abbé. Er hatte sich so weit nach vorne gebeugt, daß fast sein gesamter Oberkörper aus dem Fenster hing; ein leichtes Ziel für einen Bogen-, oder Armbrustschützen, worüber er sich aber keinerlei Sorgen zu machen schien.
»Gunthar von Elmstatt!« rief er noch einmal, als er keine Antwort bekam. »Ich will mit Euch reden!«
Robin hatte nicht wirklich damit gerechnet, aber tatsächlich lösten sich Gunthar und einen winzigen Moment darauf auch sein Sohn Gernot aus der Front der Reiter, die einen Steinwurf vor dem Tor angehalten hatte, und kamen näher. Beide trugen Helme mit geschlossenen Visieren, die sie allerdings hochklappten, als sie näher kamen.
»Es gibt nichts mehr zu reden!« sagte Gunthar, nachdem er sein Pferd fünf Meter vor dem Tor gezügelt hatte. »Es sei denn, Ihr wollt Eure Kapitulation überbringen.«
»Ich bitte Euch!« antwortete Abbé. »Es muß nicht zum Schlimmsten kommen. Wir...«
»Legt Eure Waffen nieder und kommt heraus«, unterbrach ihn Gunthar. Aus seiner Stimme sprach eine Unversöhnlichkeit, die Robin schaudern ließ. »Wenn Ihr und die übrigen Ritter kampflos aufgebt, bürge ich für Sicherheit und Leben aller anderen in der Komturei. Ihr habt vollkommen recht, Bruder Abbé: Es müssen nicht noch mehr Unschuldige sterben. Die Entscheidung liegt bei Euch!«
»Ich flehe Euch an, Gunthar!« antwortete Abbé. »Ihr wißt, daß ich das nicht kann. Es ist alles ganz anders, als es den Anschein hat! Ihr müßt uns einfach Zeit geben, um die Wahrheit ans Licht zu bringen!«
»Zeit?« Gunthar lachte böse. »Wozu? Um Euch eine Ausrede zurechtzulegen? Ich habe genug von Euren Lügen, und ich weiß, was ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe! Ergebt Euch, oder sterbt!«
»Ich mache Euch einen anderen Vorschlag. Meine Brüder und ich sind bereit, uns weltlicher Gerechtigkeit zu unterwerfen!«
Gunthar legte den Kopf schräg. Er schwieg.
»Zieht mit Euren Männern ab, und ich schwöre bei Gott, daß es so ist«, fuhr Abbé fort. »Wir werden einen Boten an den Hof des Kaisers schicken, damit er einen Inspekteur sendet, der die ganze Angelegenheit hochoffiziell untersucht. Und ganz gleich, wie dieses Urteil ausfällt, wir werden uns ihm beugen!«
»Oh, selbstverständlich«, sagte Gunthar höhnisch. »Ein Bote zum Hof des Königs! Es dauert zwei Wochen, bis er dort ist, weitere zwei Wochen, bis die hohen Herren entschieden haben, was zu tun ist, und noch einmal zwei, bis der Inspekteur zurück ist - wenn er überhaupt kommt. Und am Ende mischt sich irgendein Kirchenfürst ein, um uns darüber zu belehren, daß dies keine Angelegenheit irdischer Gerechtigkeit ist.« Er schüttelte heftig den Kopf. »Ich habe oft genug erlebt, wie wenig der Kirche an Recht und Ordnung gelegen ist, wenn es um unsereins geht. Nein, ich fürchte, soviel Zeit bleibt uns nicht. Ihr dagegen, Abbé, habt alle Zeit, die Ihr braucht.«
Er drehte sich halb im Sattel um und hob den Arm. Zwei Reiter lösten sich aus dem Heer und kamen in raschem Tempo näher. Einer davon gehörte zu Gunthars Männern. Der andere lag mit auf den Rücken gebundenen Händen über dem Hals des Pferdes. Seine Beine waren unter dem Leib des Tieres zusammengebunden, damit er nicht aus dem Sattel fiel. Er trug ein einfaches graues Gewand, und sein Gesicht war blutüberströmt. Robin wußte trotzdem sofort, wer er war.
Gunthar wartete, bis die beiden Reiter neben ihm angelangt waren. Dann zog er einen Dolch aus dem Gürtel, durchtrennte mit zwei raschen Schnitten die Fesseln des Verwundeten und stieß den Mann aus dem Sattel.
»Ich meine nur, falls Ihr auf die Verstärkung wartet, nach der Ihr geschickt habt«, fuhr Gunthar fort. »Sie wird nicht kommen. Nehmt den Umstand, daß wir Euren Mann am Leben gelassen haben, als Zeichen unseres guten Willens.«
»Karl«, murmelte Salim. »Dieser Narr hat sich ergreifen lassen!«
»Dürfen wir den Verletzten hereinholen?« fragte Abbé.
»Das dürft Ihr«, antwortete Gunthar. »Und ich gewähre Euch eine weitere halbe Stunde. Danach erwarte ich Euch und die anderen fünf vor dem Tor. Ohne Waffen. Wenn nicht, greifen wir an.« Damit riß er sein Pferd herum und sprengte los.
»Das wäre eine gute Gelegenheit«, sagte Salim. Robin sah hoch und registrierte überrascht, daß der Tuareg seinen Schild gegen einen fast mannslangen Bogen eingetauscht hatte, auf dessen Sehne bereits ein Pfeil lag. Ein zweiter steckte griffbereit in seinem Gürtel.
Abbé schüttelte fast erschrocken den Kopf. »Wir sind keine Mörder!«
»Er hat uns den Fehdehandschuh hingeworfen, nicht wir ihm«, erinnerte Salim. »Und es wäre eine günstige Gelegenheit.«
»Nein!« sagte Abbé scharf. »Wir sind Soldaten Gottes, keine Assassinen! Wir schießen unseren Feinden nicht in den Rücken!«
»Das werde ich mir merken«, sagte Salim. »Und wer weiß, eines Tages glaube ich es ja vielleicht sogar.«
Abbé funkelte ihn an, aber der Zornausbruch, auf den nicht nur Robin wartete, blieb aus. Statt dessen drehte er sich mit einer abrupten Bewegung herum und fuhr dann den am nächsten stehenden Mann an: »Geht hinunter und holt Karl herein! Er ist verwundet!«
Der Mann entfernte sich hastig. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen hatte er in diesem Moment mehr Angst vor Abbé als vor dem feindlichen Heer draußen.
Robin spähte mit klopfendem Herzen durch den Fensterladen. Der Verletzte hatte sich mittlerweile auf Hände und Knie erhoben und versuchte, auf das geschlossene Tor zuzukriechen. Sein Gesicht glänzte rot, und auch sein Gewand war zerrissen und wies zahlreiche Schmutz- und Blutflecke auf. Aber immerhin war er am Leben. So schrecklich sein Anblick auch war, so empfand Robin dennoch eine tiefe Erleichterung. Wäre sie zusammen mit ihm aufgebrochen, wie Abbé und Salim es für sie geplant hatten, dann wäre auch sie Gunthars Häschern in die Hände gefallen. Und sie hätten sie bestimmt nicht am Leben gelassen ...
»Ihr wollt ihn tatsächlich hereinholen?« fragte Salim in diesem Moment. Die Frage galt Abbé, der sie nur mit einem zornigen Blick beantwortete, aber der Tuareg fuhr fort: »Es könnte sich als schwerer Fehler erweisen, das Tor zu öffnen. Eine bessere Gelegenheit, den Hof zu stürmen, werden sie kaum finden.«
»Schweig!« donnerte Abbé. »Gunthar von Elmstatt ist ein Ehrenmann!«
»Er vielleicht«, murrte Salim, wurde aber von einem noch zornigeren Blick Abbés schließlich ganz zum Verstummen gebracht.
Betretenes Schweigen kehrte ein, und plötzlich lag eine Auseinandersetzung zwischen Salim und Abbé in der Luft, die vielleicht schon lange fällig war, nun aber zum ungünstigsten aller nur denkbaren Momente auszubrechen drohte. Und wieder war es der Tempelritter, der sich am Ende herumdrehte und die Konfrontation abbrach, nicht Salim. Robin hatte tausend Fragen im Kopf, die sie stellen wollte, sobald sie wieder richtig sprechen konnte, aber die nach Abbés und Salims wirklichem Verhältnis zueinander stand nun ganz oben. Vielleicht hatte Bruder Abbé ja mehr als nur ein Geheimnis, dachte sie. Und vielleicht war sie ja nicht die einzige, die davon wußte.
Einige lange Minuten vergingen, dann hörten sie ein dumpfes Poltern, das durch den Boden unter ihren Füßen zu dringen schien. Abbé beugte sich vor und sah gebannt aus dem Fenster, und auch Robin nahm ihren Beobachtungsplatz hinter dem Fensterladen wieder ein.
Karl war noch einen oder zwei Meter weiter gekrochen, dann entkräftet wieder zu Boden gesunken. Das Rumpeln und Poltern, das sie hörte, war das Geräusch des Riegels, der zurückgeschoben wurde, um das gerade erst mühsam verschlossene Tor wieder zu öffnen. Zwei Männer erschienen in ihrem Blickfeld, die sich rasch dem Verwundeten näherten und ihn hochhoben.
Es blieb bei dem Versuch. Ein ganzer Trupp von Gunthars Reitern setzte sich jäh in Bewegung, und ein ganzer Hagel von Pfeilen senkte sich auf die drei Männer vor dem Tor nieder. Die meisten waren schlecht gezielt und kamen ihnen nicht einmal nahe, aber zumindest zwei der heimtückischen Geschosse trafen: Ein Pfeil durchbohrte Karls Hals und tötete ihn auf der Stelle, der zweite traf einen der beiden Männer, die ihm zur Hilfe geeilt waren, in den Arm und schmetterte ihn zu Boden. Der Mann schrie gellend auf, taumelte auf die Füße und verschwand aus Robins Blickfeld, als er sich dem Tor näherte.
Salim fluchte, riß seinen Bogen hoch und ließ den ersten Pfeil fliegen, beinahe ohne zu zielen. Einer der heranpreschenden Ritter warf die Arme hoch und kippte aus dem Sattel, und Salim ließ seinen zweiten Pfeil fliegen, noch bevor der Getroffenen den Boden berührte.
»Zurück!« schrie Abbé. »Weg von den Fenstern!«
Er selbst kam seiner eigenen Warnung beinahe zu spät nach. Er duckte sich und entging einem Pfeil, der durch das Fenster hereinzischte, um Haaresbreite, aber ein zweites Geschoß, das fast im gleichen Moment herangeflogen kam, traf seine Schulter. Der Pfeil zerbrach, ohne sein Kettenhemd zu durchdringen, aber die schiere Wucht des Aufpralls warf den Tempelritter zu Boden. Eine Serie dumpfer Schläge traf die Wände, und zwei oder drei Pfeile bohrten sich in die vorgelegten Läden. Dann waren die Reiter heran, und die Bogenschützen stellten ihr Feuer ein, um nicht ihre eigenen Kameraden zu gefährden.
»Die Läden!« befahl Salim. »Schnell!«
Noch während sich Abbé aufsetzte und benommen nach seiner Schulter tastete, ließen die Männer ihre Waffen sinken und begannen in aller Hast schwere, zusätzliche Läden von innen an den Fenstern zu befestigen. Sie gingen dabei vorsichtig zu Werke, um nicht im letzten Moment doch noch von einem Pfeil getroffen zu werden, trotzdem aber mit einem Geschick, welches Robin verriet, daß sie das nicht zum ersten Mal taten.
Unter ihnen begann das Tor unter einer Serie dumpfer, heftiger Schläge zu erbeben, aber nur für einen Moment, dann erscholl ein triumphierendes Gebrüll, und das unverkennbare Ächzen schwerer Scharniere. Es war den Verteidigern nicht gelungen, den Riegel wieder vorzulegen. Die Angreifer hatten das Tor aufgestoßen, und unter ihnen ertönte das harte Trommeln zahlreicher Pferdehufe, die durch das Torgewölbe galoppierten.
Abbé stand endlich wieder auf den Beinen, massierte mit schmerzverzerrtem Gesicht seine Schulter und eilte dann auf die andere Seite des Dachbodens. »Jetzt!« schrie er.
Robin konnte nicht sagen, wem der Befehl galt, aber nur einen Moment später erscholl ein schweres, eisernes Rumpeln, und dann schien das gesamte Gebäude unter ihren Füßen zu erzittern. Ein Chor überraschter Schreie wurde laut, und irgend etwas Schweres bohrte sich tief unter ihnen mit einem gewaltigen Knirschen in die Erde.
Robin war mit einem Sprung neben Abbé und Salim am Fenster. Sie erblickte ein knappes Dutzend Reiter, das bis in die Mitte des Hofes gesprengt war und seine Tiere nun abrupt zum Stehen brachte. Aus den umliegenden Gebäuden stürmte eine mindestens doppelt so große Anzahl von Abbés Männern heran. Sie waren ausnahmslos mit langen, gefährlich aussehenden Spießen bewaffnet, und nicht einer von Abbés Brüdern war unter ihnen.
Die Reiter hatten keine Chance. Sie wehrten sich nach Kräften, aber die Angreifer waren einfach in der Überzahl und stießen sie mit ihren langen Speeren einen nach dem anderen aus dem Sattel, ohne deren Waffen ihrerseits auch nur nahe zu kommen. Es ging unglaublich schnell, und vielleicht war es bei aller Grausamkeit trotzdem das, was Robin am meisten schockierte. Die Reiter stürzten nacheinander aus den Sätteln, ohne daß sie im Grunde auch nur die Gelegenheit gehabt hätten, sich zu verteidigen, und nach weniger als einer Minute war ein Dutzend Menschenleben ausgelöscht. Es erschienen keine weiteren Reiter auf dem Hof, obwohl das Tor weit offen stand.
Salim eilte wieder zur anderen Seite und sah durch einen Spalt in den Läden hinaus. »Sie haben sich geteilt«, sagte er.. »Jedenfalls kann ich nur noch die Hälfte von ihnen sehen.«
»Das war klar«, knurrte Abbé. »Also gut - alles raus hier, bevor sie auf die Idee kommen, Feuer zu legen oder durch die Decke zu brechen. Salim, du bringst Robin in den Turm, und keine Widerrede diesmal.«
Salim sah nicht so aus, als wollte er widersprechen, und Robin wäre nicht einmal dazu gekommen, wenn sie es gekonnt hätte. Denn auf einen Wink Salims hin ergriffen zwei Männer sie bei den Armen und schleiften sie kurzerhand auf die Treppe zu. Wären die beiden Knechte nicht so eifrig gewesen, Salims Befehl nachzukommen, dann wäre sie freiwillig zwischen ihnen hergelaufen, so schnell sie nur konnte.
Die Furcht, die sie die ganze Zeit über vermißt hatte, war nun da, schlagartig und zehnmal schlimmer, als sie es jemals für möglich gehalten hätte. Bisher war alles - selbst der beeindruckende Aufmarsch von Gunthars Armee - kaum mehr als ein spannendes Abenteuer für sie gewesen, eine jener aufregender Geschichten, wie Jan sie zu erzählen gewußt hatte. Doch das grauenhafte Gemetzel, dessen Zeuge sie soeben geworden war, hatte alles geändert. Die Szenen, die sie im Dorf mit angesehen hatte, waren ungleich schlimmer gewesen. Was ihr selbst angetan worden war, war schlimmer gewesen, und doch war es gerade diese beiläufige, fast gnädige Art, Menschenleben auszulöschen, die aus dem Spiel plötzlich und unwiderruflich gräßlichen Ernst gemacht hatte. Sie wollte nicht wissen, was weiter geschah. Sie wollte nur weg und genau das tun, wofür sie sich vor einer Minute noch selbst in Gedanken verachtet hatte: sich wie ein verängstigtes Kind in ihrem Bett verkriechen und die Decke über den Kopf ziehen, bis alles vorbei war, so oder so.
Doch so gnädig war das Schicksal nicht mit ihr.
Die beiden Männer zerrten sie die Treppe hinunter und auf den Hof hinaus, und Robin keuchte vor Entsetzen, als sie sah, daß er sich in ein Schlachtfeld verwandelt hatte. Herrenlose Pferde rannten in wilder Panik umher. Diejenigen von Gunthars Männern, die noch am Leben waren - drei oder vier von fast einem Dutzend, wie Robin entsetzt erkannte - wurden gerade gefesselt und roh davongezerrt, und überall waren schreiende Männer, hastige Bewegung, Blut. Nur wenige Schritte neben ihr brach einer von Abbés Soldaten schreiend zusammen, von einem Pfeil getroffen, der scheinbar aus dem Nichts zu kommen schien, und Salim sprang mit einem Wutschrei neben sie und riß seinen Schild dann in die Höhe, um ein weiteres, womöglich besser gezieltes Geschoß abzuwehren.
Die Pfeile regneten aus dem Torhaus auf sie herab. Robin duckte sich hastig hinter Salims hochgerissenen Schild, sah aber trotzdem, warum nur diese wenigen Reiter auf den Hof gekommen waren: Ein gewaltiges Fallgitter hatte sich vor das innere Tor gesenkt und sperrte den Rest von Gunthars Truppen aus, so daß der Innenhof der Komturei zu einer tödlichen Falle für ihre Kameraden geworden war. Daß Abbé auf Gunthars Ehrenhaftigkeit gezählt hatte, hatte nicht bedeutet, daß er nicht auf eine Heimtücke vorbereitet gewesen wäre.
Salim drückte Robins Kopf herunter und zerrte sie im Zickzack auf den Turm zu. Ein Pfeil traf seinen Schild und brachte ihn aus dem Tritt, hatte aber nicht mehr genug Wucht, ihn zu Boden zu schleudern. Die heimtückischen Geschosse waren nicht gezielt, begriff Robin. Gunthars Männer schossen in ihrer Wut einfach auf alles, was sich bewegte, und sie waren gottlob keine besonders guten Schützen. Fast unbehelligt erreichten sie den Turm, und Salim beförderte sie so schwungvoll durch die Tür, daß sie das Gleichgewicht verlor und drinnen ungeschickt gegen die Wand torkelte.
»Nach oben!« befahl er. »Ich ...«
Ein dumpfes Krachen und ein ganzer Chor erschrockener Stimmen schnitt ihm das Wort ab. Salim fuhr blitzartig herum, und Robin sah eine gewaltige Staubwolke aus Türen und Fenstern des Pferdestalles dringen. Für einen Moment war ihr, als ob das gesamte Gebäude zitterte, und sie hätte sich nicht gewundert, wäre es vor ihren Augen zusammengebrochen. Statt dessen flogen die Türen des Stalles auf, und zahlreiche Pferde sprengten auf den Hof. Fast im gleichen Moment erschien eine geduckte Gestalt auf dem Dach des Pferdestalls.
Ein Pfeil zischte vorbei und ließ ihn rücklings vom Dach kippen, aber schon im nächsten Moment erschienen drei, vier, fünf weitere Angreifer auf dem niedrigen Dach. Abbés Bogenschützen forderten auch von ihnen ihren Tribut, aber ihre Zahl war einfach zu gewaltig. Mindestens ein halbes Dutzend erreichte den diesseitigen Rand des Daches und sprang, ohne zu zögern, in die Tiefe, und über ihnen tauchte bereits die nächste Welle Bewaffneter auf. Salims düstere Prophezeiung schien sich zu erfüllen. Gunthar hatte den Schwachpunkt der Verteidigungsanlage ausgenutzt, und das offensichtlich schneller, als der Tuareg befürchtet hatte. Wahrscheinlich war der Angriff seiner Reiter auf das Tor nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver gewesen.
»Nach oben!« brüllte Salim. »Ich halte sie auf!«
Robin starrte noch einen Herzschlag lang an ihm vorbei auf den Hof - gerade lange genug, um zu sehen, wie die Türen des Haupthauses aufflogen und eine Handvoll Gestalten in Rot und Weiß ausspien, die sich unverzüglich auf die eingedrungenen Angreifer warfen - dann fuhr sie herum und raste wie von Furien gehetzt die Treppe hinauf. Unter ihr begann der Hof vom Klirren der Waffen und den Schreien der Verwundeten und Sterbenden widerzuhallen, und diese grauenvollen Geräusche wurden nicht leiser, als sie weiter nach oben kam. Die Apokalypse war losgebrochen. Sie konnte die Augen vor dem entsetzlichen Geschehen ringsum verschließen, aber nicht die Ohren, und vielleicht würde sie die Schreie der Sterbenden niemals wieder vergessen können.
Auf halbem Wege nach oben verließen sie die Kräfte. Sie taumelte noch zwei oder drei Stufen weiter, griff mit zitternden Händen nach dem Geländer und sank schließlich kraftlos auf die Treppenstufen hinab. Ihr Herz schien in ihrer Brust zerspringen zu wollen, und ihr Atem schmeckte plötzlich bitter, nach Metall und Übelkeit. In ihren Ohren rauschte das Blut, aber auch dieser Laut vermochte den Kampflärm nicht zu übertönen, der immer näher kam.
Sie hörte Schritte, sah hoch und registrierte mit einem Gefühl unendlicher Erleichterung, daß es Salim war, der unter ihr die Treppe heraufstürmte. Sie gab sich Mühe, das Blut auf dem Schwert in seiner Hand nicht zu sehen.
»Alles in Ordnung?« fragte er, als er sie erreicht hatte und stehenblieb.
Robin machte eine Bewegung, von der sie selbst nicht einmal ganz sicher war, ob sie nun ein Nicken, ein Kopfschütteln oder eine Mischung aus beidem darstellte. Sie wollte antworten, brachte aber nur ein unverständliches Krächzen zustande.
»Streng dich nicht an.« Salim schob das Schwert unter seinen Gürtel und streckte die Hand aus, um ihr in die Höhe zu helfen. »Schnell. Ich muß zurück. So, wie es aussieht, brauchen sie jeden Mann. Ich fürchte, unser guter Bruder Abbé hat seinen Gegner gründlich unterschätzt.«
Robin stützte sich schwer auf seinen Arm, mußte aber trotzdem mit der anderen Hand am Treppengeländer Halt suchen, um sich weiter nach oben zu quälen. Sie konnte Salims Ungeduld spüren, aber er beherrschte sich. Vielleicht hatte er erkannt, daß sie einfach am Ende ihrer Kräfte war - nicht nur körperlich.
Gottlob führte Salim sie nicht hinauf bis ins oberste Stockwerk, sondern in eine Kammer, die sich auf halber Höhe des Turms befand, und die er - sie war sicher - ziemlich willkürlich aussuchte. Sie war größer als das Zimmer, das sie bisher gehabt hatte, aber bis auf einen Stapel prall gefüllter, nach Kleie riechender Säcke an der Wand neben einem kleinen Guckloch vollkommen leer. Trotzdem drehte sich Salim einmal im Kreis und sah sich sehr aufmerksam um, bevor er ihr mit einem Kopfnicken zu verstehen gab, daß alles in Ordnung sei; fast als fürchte er, daß sich jemand in den Schatten versteckt hätte.
Was für ein unsinniger Gedanke.
»Es ist nicht besonders bequem, aber für den Moment muß es reichen«, sagte er. »Auf jeden Fall bist du hier sicher, bis ich zurück bin.«
Sicher? Vor wem? Trotz ihres schmerzenden Halses wollte Robin diese Frage laut aussprechen, aber Salim hatte sich bereits wieder herumgedreht und zog die Tür hinter sich zu. »Und leg den Riegel vor!« rief er von draußen. »Falls es einen gibt.«
Die Tür hatte tatsächlich einen Riegel, der sogar äußerst massiv aussah, und Robin streckte ganz automatisch die Hand aus, um Salims Aufforderung Folge zu leisten. Aber dann ließ sie den Arm wieder sinken, ohne die Bewegung zu Ende geführt zu haben.
Wozu? dachte sie bitter. Solange Abbé und die anderen die Angreifer daran hinderten, den Turm zu stürmen, war sie hier oben in Sicherheit. Und wenn die Verteidiger fielen, dann war es sowieso um sie geschehen. Vielleicht mußte es so sein. Vielleicht sollte sie einfach hinuntergehen, auf den Hof hinaustreten und sich Gernot und Otto ausliefern, auch wenn das ihren sicheren Tod bedeutete.
Statt dessen wandte sie sich um und trat ans Guckloch.
Das Zimmer lag auf der nach Osten gewandten Seite des Turms, so daß sie nur einen kleinen Teil des Hofes überblicken konnte. Zumindest auf diesem Teil des Innenhofes wurde nicht mehr gekämpft. Sie sah eine reglose Gestalt, konnte aber nicht sagen, zu welcher Seite sie gehörte, und es spielte im Grunde auch keine Rolle. Sie hörte noch immer Waffenlärm, Schreie, das panische Wiehern von Pferden und regelmäßig dumpfe, krachende Schläge. Obwohl Gunthars Männer den Hof zweifellos schon längst eingenommen hatten, versuchten sie wohl auf der anderen Seite noch immer, das Fallgitter aufzubrechen, und Robin wußte nun, daß Salim recht gehabt hatte, als er behauptete, daß es eine Zeit des Redens und eine Zeit des Kämpfens gebe. Worte waren sinnlos geworden. Selbst wenn sie ihrem Impuls nachgegeben und sich Gernot geopfert hätte, hätte es nichts geändert. Salim hatte mit seinen Worten nicht übertrieben, sondern der Wahrheit noch geschmeichelt. Der Krieg war ein wildes Tier, und dieses Tier hatte sich jetzt von seiner Kette losgerissen und würde nicht eher aufhören zu wüten, bis sein Blutdurst gestillt war.
Und obwohl sie ganz genau wußte, daß es nicht stimmte, wurde sie die ganze Zeit über den gräßlichen Gedanken nicht los, daß es ganz allein ihre Schuld war.