17 Der Weg durch den Stein

Die unheimliche Dunkelheit stürmte auf Aurian ein und war selbst für ihre Maguschsicht schwer zu durchdringen. Sie konnte nichts als das Dröhnen und Zischen der Brandung auf den Felsen hören, irgendwo weit unter ihr zu ihrer Linken. Vorsichtig ließ sie sich von dem Geräusch leiten, weg von der Stelle, an der sie den Rand der Klippen vermutete. Shia begleitete sie, aber das war keine Garantie dafür, daß die Magusch nicht im Dunkeln einen falschen Schritt tat und in ihr Verhängnis stürzte.

Als sie spürte, daß der Weg langsam bergan ging, kniete Aurian kurz nieder und betastete den Boden. Als ihre Finger über kurzes, weiches Gras strichen, statt über das zähe, drahtige Dünengras, wußte sie, daß sie den heiligen Hügel erreicht hatte.

Die Magusch fühlte sich beklommen. Sie hatte nie erlebt, daß ihre Nachtsicht sie so im Stich ließ, und trotzdem war sie an diesem Ort vollkommen blind. Nach dem Donnern der Brandung zu urteilen, mußte ein steifer Wind von See wehen – ja, Aurian spürte selbst hier seinen kalten Druck auf ihrer linken Wange. Trotzdem regte sich vor ihrem Gesicht kein Lüftchen. Nun, was hast du erwartet, rief sie sich gereizt zur Ordnung. Du hast schon immer vermutet, daß dies eine der Pforten ist, an denen die Barriere zwischen den Welten dünn und zerbrechlich wird – und genau das brauchst und willst du jetzt. Dieses seltsame Gefühl beweist nur, daß du recht hattest.

»Aurian, ich kann nicht weiter mitkommen.« Shias Gedankenstimme war schroff vor Sorge. »Die Magie – ich habe noch nie etwas Derartiges gespürt. Sie bildet eine Barriere, die ich nicht durchschreiten kann.«

»Keine Angst«, sagte Aurian zu ihrer Freundin. »Wo ich hingehe, könntest du mir sowieso nicht folgen. Bleib einfach hier, wenn du so lieb sein willst, und warte auf meine Rückkehr.«

»Wenn du zurückkehrst«, murmelte die große Katze klagend. »Du brauchst mir nicht zu erzählen, daß dies absoluter Wahnsinn ist.«

»Du hast recht«, erwiderte Aurian energisch, »und ich erzähle dir auch nichts. Ich weiß es selber, aber ich muß es tun, Shia. Auf die eine oder andere Weise muß ich ihn wiedersehen. Sei vorsichtig, meine Freundin – bis bald.« Mit diesen Abschiedsworten verbannte Aurian ihre Gefährten kategorisch aus ihren Gedanken. Gerade jetzt mußte sie ihre gesamte Energie auf die bevorstehende Reise konzentrieren.

Als sie sich anschickte, den steilen Hügel zu erklettern, verwandelte sich das Gefühl der Beklommenheit in Furcht und schließlich in schieres Entsetzen, das mit jedem Schritt schlimmer wurde. Schon bald stellte sie fest, daß sie zitterte. Ihr Herz raste, und ihr Mund wurde trocken. »Es ist nichts als ein billiger Trick, um die Pforte zu bewachen«, sagte die Magusch sich fest. Sie nahm all ihre magischen Kräfte zusammen, um sich mit einem Schild zu beschirmen, und bezwang ihre Angst. Nach und nach bekam sie ihre anfängliche Panik unter Kontrolle, bis sie sie schließlich ganz bezwungen hatte.

Aurian erreichte das große, ebene Plateau, auf dem der Monolith stand, und machte den großen Stein allein mit Hilfe ihres Tastsinns ausfindig. Als ihre Finger die eisige Oberfläche berührten, traf sie das Entsetzen abermals wie ein Peitschenschlag, nur mit hundertfacher Wucht; aber diesmal war sie bereit. Sie riß den Erdenstab aus ihrem Gürtel, hob ihn hoch, als wolle sie einen körperlichen Schlag führen – und schrie laut auf, als ein scharfer, knisternder Energiestrom durch ihre Finger lief. Es war, als hätte der Stab selbst sich gegen sie gewandt und sie verbrannt. Plötzlich fühlte sich das Holz feucht an.

Dann folgte ein kurzes Beben, als wären die Schlangen in ihrer Hand lebendig geworden – und das Artefakt entfiel den Fingern der Magusch und landete auf dem Rasen vor ihren Füßen.

Aurians Ärger raubte ihr jeden Schutz vor dem Grauen der Pforte. Es traf sie wie ein zerstörerischer Blitzschlag, der an ihrem Willen und ihrem Mut nagte und sie vom Gipfel des Hügels wegtrieb, weg von dem Stein. Aber ihre Furcht, den Stab zu verlieren, war größer als jedes Entsetzen, das eine unbekannte Macht hervorzurufen vermochte. Die taumelnde Magusch faßte sich wieder und hob mit einem verzweifelten Versuch, sich wieder unter Kontrolle zu bekommen, abermals ihren zerbrechlichen Schild. Die Anstrengung, sich gegen die Barriere der Furcht wieder hügelaufwärts zu schleppen, war wie der Versuch, sich gegen einen Hurrikan zu stemmen, aber Zoll um Zoll kroch Aurian weiter, bis der Stab wieder in ihrer Reichweite war.

Die Magusch zögerte, obwohl sie mit ihren Fingern das Holz fast schon berühren konnte. Heute nacht hatte sie den Stab zum ersten Mal wieder benutzt, seit sie seine Macht unter der Akademie mißbraucht hatte. Widersetzte sich das Artefakt jetzt ihrem Besitzanspruch? Würde es sie direkt zurückweisen? Sie griff nach dem Stab und hätte beinahe vor Erleichterung geweint, als ein gedämpftes Summen der Macht durch ihre Hand pulsierte. Obwohl es nicht das gewohnte willkommenheißende Aufwallen von Energie war, müßte es eigentlich genügen …

Als Aurian ihre eigene Magie mit der des Stabes verschmelzen ließ, flammte das Artefakt mit einem smaragdenen Leuchten auf und warf den Schatten des Steins quer über das Plateau. Seine Macht beschirmte sie und warf die Furcht auf ihre Quelle zurück. Plötzlich konnte Aurian auch wieder über ihre Nachtsicht gebieten, und die Sterne erschienen, blitzten in dem dunkelblauen Baldachin über ihr auf. »Die erste Runde geht an mich, würde ich sagen«, murmelte die Magusch grimmig. Mit einem Seufzer der Erleichterung erlaubte sie den Flammen, die das dunkle, glatte Holz mit den ineinander gewundenen Schlangen umfaßten, zu ersterben.

»Bist du sicher, daß du weitergehen willst?« klang Shias Stimme plötzlich scharf in den Gedanken der Magusch. »Ist es nicht zu riskant, diese Reise zu wagen, wenn du dir des Stabes nicht sicher bist?«

Aurian schauderte, als sie ihre eigenen tiefsten Befürchtungen von der Stimme der scharfsinnigen Katze ausgedrückt fand. »Ich habe keine Wahl«, erwiderte sie. Dann suchte sie, bevor sie Zeit für weitere Überlegungen hatte, eine Stelle in der Nähe des Steins, wo das Gras weich und eben genug war, um dort ein Nachtlager aufzuschlagen. Den Stab an die Brust gepreßt, legte Aurian sich auf den Rücken und schlang die Hände fest um das glatte, abgegriffene Holz. Sie schloß die Augen, atmete tief durch und zwang sich, sich zu entspannen.

Nach einer Weile spürte die Magusch, wie ihre innere Gestalt sich aus ihrer körperlichen Hülle löste. Sie setzte sich auf und öffnete die Augen. Von dem Sternenhimmel über ihr war keine Spur mehr zu sehen. Statt dessen war der ganze Hügel in ein unheimliches, bernsteinfarbenes Glühen getaucht, das dem Pfeiler selbst zu entströmen schien. Aurian stand auf; den Stab, der ebenfalls seine irdische Gestalt abgelegt hatte, hielt sie immer noch mit beiden Händen umklammert.

Ohne sich noch einmal nach dem Körper umzusehen, den sie zurückgelassen hatte, ging sie zu dem aufragenden Stein hinüber. Er fühlte sich kalt, aber nicht unangenehm an, und die Macht, die von ihm ausging, sandte ein erregendes Kribbeln durch ihre Hand und ihren Arm. Als die Magusch ihren Willen ausstreckte, verschwand der Stein unter ihrer Hand und hinterließ ein dunkles, schmales Tor im Antlitz des Monolithen. Den Stab der Erde an sich gedrückt, trat Aurian hinein, und gleich i danach war das Tor hinter ihr verschwunden, so daß alle Spuren des bernsteinfarbenen Lichtes draußen aus-gelöscht wurden.

Aurian fand sich in einem schmalen Tunnel mit einer 1 niedrigen Decke wieder, die gefährlich tief hing und beinahe ihren Kopf berührte. Die Wände bestanden aus schwarzem Gestein, aber vom Boden, der mit schimmerndem Staub von der Beschaffenheit feiner Asche bedeckt war, kam ein schwaches, silbernes Licht. Mit jedem Schritt wirbelte Aurian die Staubschicht unter ihren Füßen zu kleinen Wölkchen auf, die sich wie eine Haut aus Sternenlicht um ihre Stiefel legten.

Das Schwert an ihrem Gürtel, den Stab in der Hand, bewegte Aurian sich vorsichtig weiter. Nach einer Weile wurde der Tunnel immer schmaler, bis ein bleiches Licht, das durch einen feinen Riß schien, schließlich das Ende des schmalen Korridors verkündete. Die Magusch drehte sich um und schlüpfte seitlich hindurch; dann trat sie hinaus in eine fremde und vollkommen farblose Welt. Das Licht war gedämpft und schillernd. Weiches, graues Moos bedeckte den Boden, und ein fahler Nebel, der trotz der herrschenden Windstille beängstigend wogte, beschränkte ihre Sicht. Die tiefe Stille um sie herum war finster und bedrohlich.

Aurian umklammerte den Erdenstab noch ein wenig fester und ging weiter. Der Nebel schob sich beiseite und enthüllte ein Stück dunkelgrauen Rasens. Aurian machte erst einen Schritt, dann noch einen – und plötzlich versperrte ihr eine hohe, in dunkle Gewänder gehüllte Gestalt den Weg.

»Du weißt, daß das verboten ist, Magusch.«

»Ich glaube nicht«, widersprach Aurian dem Tod. »Ich habe ein Recht. Ich bin durch eines der Tore der Macht geschritten, und du kannst mich nicht abweisen. Außerdem hältst du jemanden fest, der nicht hierhin gehört.«

»Niemand, der an diesen Ort kommt, glaubt, hierhin zu gehören.«

Aurian bezähmte ihre Ungeduld und unterdrückte ihren Zorn. »Hier geht es nicht darum, was ich glaube oder nicht glaube. Hier geht es um Ungerechtigkeit. Mit welchem Recht behältst du Anvar hier?«

Die Stimme der Geistererscheinung tönte kalt und hart. »Ich bin der Tod. Recht oder Unrecht sind mir gleichgültig, und niemand kann sich mir widersetzen.«

Die Angst krallte sich wie ein lebendiges, wildes Geschöpf an das Herz der Magusch. Um sich Mut zu machen, dachte sie an Anvar, der einsam und allein an diesem schrecklichen Ort gefangen war. Der Tod schwieg jetzt und wartete auf ihre Antwort – oder auf ihren Rückzug. »Das stimmt«, entgegnete Aurian. »Niemand mag dir widerstehen – nicht einmal ein Magusch wäre so töricht, es zu versuchen. Aber ein Magusch darf doch gewiß Fragen stellen?«

»Tollkühne Magusch!« Die Erscheinung lachte laut auf. »Jetzt verstehe ich. Ich muß ihre Unverschämtheit ermutigen oder bis in alle Ewigkeit mit meiner Neugier leben. Nun denn, so sei es. Und was genau möchtest du mich fragen?«

Aurian verbeugte sich vor ihm. »Zwei Dinge, um die Wahrheit zu sagen. Über Anvar weißt du ja bereits Bescheid; die andere Angelegenheit ist ebenfalls von allerhöchster Dringlichkeit – vielleicht für dich genausosehr wie für mich und für die Welt, aus der ich komme. Ich möchte wissen, wie sich dieser Austausch zwischen Forral und Anvar abgespielt hat, und auch, was Vannor zugestoßen ist; wie er hierherkam und wie er wieder weggerissen wurde. War es Eliseth? Hat sie den Kessel der Wiedergeburt benutzt? Benutzt sie ihn immer noch? Wenn du es mir erlaubst, möchte ich einen Blick in den Brunnen der Seelen werfen und herausfinden, was sie zur Zeit tut.«

Der Tod schwieg einen Augenblick lang. »Ich gebe zu, daß die Magusch Eliseth in die Sache verwickelt ist, aber was den Rest betrifft … Du verlangst zuviel, o Magusch«, sagte er schließlich.

»Dies ist doch gewiß eine Situation, die auch dir eine Menge Probleme bereitet«, wagte sich die Magusch zaghaft weiter vor. »Die Leute kommen her, um wiedergeboren zu werden, und werden dann wieder weggerissen, bevor sie überhaupt bis zum Brunnen gekommen sind. Leute, die in die falschen Körper gelangen … Wenn Eliseth nicht aufgehalten wird, wo soll das alles dann enden?«

»Das kann ich nicht leugnen.« Der Tod schien ein wenig von seiner Unbeugsamkeit zu verlieren, und in Aurian keimte ein Funken Hoffnung. »Ich wünschte, der Kessel würde wieder verlorengehen oder sogar für alle Zeit zerstört …«

»Oder in deinen Besitz gelangen?« warf Aurian gelassen ein.

Der Kopf des Geistes schnellte in die Höhe. »In meinen Besitz?«

Aurian nickte. »Das ist die einzige Möglichkeit, wie du deinen wahren Seelenfrieden wiedererlangen könntest. Ansonsten wird der Kessel im Laufe der Jahrhunderte immer wieder auftauchen, und du wirst dich ständig fragen müssen, wo und wann und in wessen Händen er das nächste Mal erscheint.«

»Du würdest mir das schwören?« fragte der Tod. »Wenn ich dir helfe, den Kessel wiederzuerlangen, würdest du ihn mir geben?« Obwohl sie sowohl seinen Zorn als auch sein höhnisches Gelächter schon oft gehört hatte, war dies das erste Mal, daß Aurian echten Eifer in seiner kalten, gefühllosen Stimme hörte.

»Laß auch Anvar frei, und ich werde schwören.« Sie war außerstande, das Zittern in ihrer Stimme zu verbergen.

Der Tod seufzte. »Aurian, ist dir klar, daß Anvar, selbst wenn ich ihn mit dir gehen ließe, als körperloser Geist zurückkehren würde? Selbst ein Wesen mit deiner Zauberkraft könnte ihn in der Sterblichenwelt weder sehen noch mit ihm sprechen. Ohne den Gral kann er nicht in seinen eigenen Körper zurückkehren – und selbst dann wäre er vielleicht gezwungen, sich mit dem gegenwärtigen Bewohner um den Besitz zu streiten.«

»Aber ich wette, dieses Risiko würde er eingehen«, beharrte Aurian.

»Um bei dir zu sein, meine Geliebte? Ich würde alles riskieren.« Anvar war in untröstlichem Kummer durch die Hügel gewandert und an diesen Ort gekommen, ohne zu wissen, was ihn hierher gezogen hatte. Aber sobald er Aurians Stimme vernommen hatte, war ihm alles klargeworden. Instinktiv hatte er die Nähe seiner Liebsten gespürt – ihre bloße Gegenwart hatte ihn an ihre Seite gerufen.

Aurian sah ihn an, und ihr ganzes Herz lag in ihren Augen. »Was hat dich aufgehalten?« fragte sie trocken. Mit einem heiseren Aufschrei; der all seine vergangenen Ängste und seine gegenwärtige Einsamkeit enthielt, all seine Liebe und sein Glück, schlang Anvar die Arme um sie. Es war nicht leicht, sich im Reich des Todes zu umarmen. Auch wenn er wußte, daß er Aurian im Arm hielt, auch wenn sie direkt vor ihm stand, konnte Anvar nichts spüren. Aber sie einfach hier bei sich zu haben, war dennoch ein wunderbares Gefühl. »Ich wußte nicht, wie ich dich jemals wiederfinden sollte«, flüsterte er in ihr Haar.

»Die Sorge hättest du dir sparen können.« Der sarkastische Tonfall des Todes zerstörte den magischen Augenblick. »Es sieht so aus, als könnte nicht einmal ich euch beide für längere Zeit voneinander fernhalten. Denkt daran, dies ist nicht das erste Mal, daß sich einer von euch auf der Suche nach dem anderen in mein Reich gewagt hat.«

Aurian sah den Tod an, während Anvar ohne eine Spur von Reue nach wie vor den Arm um sie gelegt hatte. »Das stimmt«, sagte sie. »Du mußt unseren Anblick doch mittlerweile gründlich leid sein.«

»Sehr scharfsinnig, Magusch – aber es wird nicht funktionieren«, erwiderte die Geistererscheinung streng und mit wachsendem Ärger. »Im Gegenteil, ich bekomme gar nicht genug von euch zu sehen. Ihr kommt, ihr geht. Ihr schert euch nicht im mindesten um die Heiligkeit meines Amtes und meines Reichs. Ich möchte euch – euch beide – hierher kommen, hier bleiben und durch den Brunnen der Seelen gehen sehen, um wie jedes natürliche Wesen wiedergeboren zu werden. Dann gäbe es vielleicht wieder etwas Frieden und Ordnung in meinem Königreich.«

Nur mit Mühe gelang es dem Tod, sich zu beherrschen, und als er das nächste Mal sprach, hatte seine Stimme wieder einen ruhigen Klang. »Aber dieses allerletzte Mal, meine Kinder, werde ich euch ziehen lassen.« Mit einer tiefen Verbeugung zeigte er auf den Pfad, den sie nehmen sollten. »Da drüben liegt der Brunnen der Seelen, Magusch. Sieh dir an, was du sehen willst, dann nimm deinen Geliebten und ziehe von dannen.« Mit diesen Worten verschwand er.

»Das war aber ein plötzlicher Gesinnungswechsel.« Anvar bedachte die Stelle, an der soeben noch die Geistererscheinung gestanden hatte, mit einem argwöhnischen Blick.

»Mir erschien es ein wenig zu plötzlich, verdammt noch mal.« Auch Aurian runzelte die Stirn. »Soviel Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft sind nicht nur untypisch, sondern auch ein klein wenig zu einfach …«

Anvar verspürte einen Hauch von Unbehagen. »Besser, wir verschwenden keine Zeit mehr«, sagte er hastig.

»Sehen wir uns an, was du sehen willst, und verschwinden wir dann von hier, bevor er seine Meinung ändert.«

»Und seine Falle zuschnappen läßt«, beendete Aurian seinen Gedanken. Als Anvar sie ansah, flammten Mut, Zuversicht und Freude in seinem Herzen auf. »Bei allen Göttern, wie sehr ich dich vermißt habe«, sagte er leise.

»Und ich dich erst.« Die Magusch nahm seine Hand und umfaßte sie mit festem Griff. »Gehen wir – und unterwegs kannst du mir erzählen, wie du es geschafft hast, dich in diesen Schlamassel hineinzureiten«, fügte sie nüchtern hinzu.

Hand in Hand mit Anvar betrat Aurian den heiligen Wald und verbeugte sich vor den Bäumen, die beiseite traten, um die beiden Magusch durchzulassen. Binnen Sekunden kamen sie an die Lichtung, wo – umfangen von seinem Bett aus weichem, tiefem Moos – der Brunnen der Seelen lag. »Willst du über mich wachen?« fragte die Magusch Anvar leise. »Ich möchte nicht hineinfallen – wer weiß, wo ich landen würde.«

»Oder als was«, ergänzte Anvar sachlich. »Keine Angst, ich werde dich nicht hineinfallen lassen.«

»Und halte unbedingt nach dem Tod Ausschau. Er führt irgend etwas im Schilde. Ich bin mir ganz sicher …« Sie kniete sich ehrerbietig auf den gepolsterten Rand des Teichs und legte den Stab in das Moos neben ihr. Dann senkte sie den Kopf und spähte hinab in die unendliche, sternenübersäte Tiefe. Gewaltige Lichtspeere schossen von der Oberfläche auf und blendeten die Magusch für einen Augenblick. Als ihre Sicht wieder klar wurde, wirbelten die Galaxien in dem Teich herum, drehten und wanden sich in einem Mahlstrom gestreiften Lichtes. Aurian, die sich vor Anstrengung auf die Lippen biß, tauchte einen Finger in den Brunnen der Seelen und konzentrierte ihre Gedanken auf ihre Feindin …

Der geflügelte Priester lag mit verzerrten Gliedern auf dem Boden des Tempelgeländes, und ein langer Speer ragte aus seinem Herzen. Eliseth, die den Gral mit beiden Händen umklammert hielt, kniete über ihm. »Er ist wirklich tot.« Mit einem zufriedenen Lächeln blickte sie zu dem geflügelten Krieger auf, der über ihr stand und sich das Blut von den Händen wischte. »Gute Arbeit, Lord Sonnenfeder. Er kann nicht einmal gewußt haben, was ihn getroffen hat. Nun zum zweiten Teil unseres Plans – wenn du bitte zuerst den Speer herausziehen würdest?« Sie stieß ein kurzes, freudloses Lachen aus. »Ich bezweifle, daß es selbst dem Kessel der Wiedergeburt gelingen würde, ihn mit einem Speer im Herzen lange am Leben zu erhalten …«

Der Geflügelte stellte dem Hohenpriester einen Fuß auf die Brust und riß mit einem grimmigen Ruck den blutigen Speer heraus. »Und bring das verfluchte Ding fort«, zischte Eliseth ihm zu. »Wenn Skua zurückkehrt, wird er keine Erinnerung mehr an das Vorgefallene haben, aber es wäre vielleicht doch nicht so einfach, ihm das zu erklären.«

Hastig goß die Magusch etwas Wasser aus dem Kelch in das klaffende Loch in Skuas Brust und sah zu, wie das verstümmelte Fleisch und die geborstenen Rippen sich wieder zusammenzufügten. Sie hatte sich mittlerweile daran gewöhnt, daß die Magie des Grals nur wenige Minuten für ein solches Werk benötigte, und lehnte sich entspannt zurück, um zuversichtlich den Ausgang des Ganzen zu erwarten. »So«, sagte sie selbstzufrieden. »Skua gehört uns. Jetzt, da ich ihn mit Hilfe des Kessels zurückgeholt habe, kann ich jeden seiner Schritte beherrschen – und er wird niemals etwas davon merken.«

»Er gehörte ohnehin uns«, brummte Sonnenfeder. »Ich begreife nicht, wozu all das notwendig war – ich glaube nicht …«

»Ich habe es dir schon einmal gesagt – überlaßt das Denken mir!« fuhr Eliseth verärgert auf. Die Pest über dieses Unschuldslamm, das kein Gespür für die Feinheiten der Intrige besaß! Dieser dickköpfige Krieger mochte zwar ein genialer Stratege sein, aber er hatte absolut kein Gefühl für die Kunst der Verschwörung!

Als die Magusch Sonnenfeders Stirnrunzeln sah, zügelte sie ihr Temperament. »Ich habe es dir doch schon erklärt«, sagte sie mit mühsamer Beherrschung. »Skua hatte seine eigenen Vorstellungen davon, was die Götter wollten und was sie nicht wollten. Er glaubte langsam wirklich, daß diese Mächte, über die er gebieten konnte, seine eigenen waren – ein Geschenk Yinzes. Des Himmelsvaters, wahrhaftig«, schnaubte sie. »Und in seinem Namen hätte er uns beide zu guter Letzt hintergangen. Nun, das kann uns jetzt nicht mehr passieren!«

Der Himmelsmann schien Zweifel zu haben. »Du glaubst, er hätte mich hintergangen?« fragte er.

»Ich weiß, daß er dich hintergangen hätte, du Idiot. Er hat bereits versucht, mich davon zu überzeugen, daß er allein mit allem fertig würde und daß wir dich als Kommandant der Syntagma nicht benötigten.« Eliseth sah den Krieger verschlagen an. »Und wenn er sich mit mir gegen dich verbünden wollte, ist es so gut wie sicher, daß er mit dir Pläne gegen mich geschmiedet hat.«

»Nein, Lady – davon war nie die Rede …« Aber Sonnenfeder konnte ihr nicht recht in die Augen sehen, und Eliseth wußte mit boshaftem Triumph, daß ihre Worte ins Schwarze getroffen hatten und daß sie sich tatsächlich nicht in Skua geirrt hatte.

Sonnenfeder machte ein finsteres Gesicht und scharrte mit den Füßen – genau wie ein kleiner Junge, den man bei einem Streich erwischt hatte, dachte die Magusch. »Und was ist mit mir?« fragte er verdrossen. »Was, wenn du zu dem Schluß kommst, daß ich eine Gefahr für deine Pläne bedeute? Hast du mir dasselbe furchtbare Schicksal zugedacht wie ihm?«

»Dir?« sagte Eliseth abschätzig. Sie wandte sich ab und blickte wieder zu Skua hinab, der sich mit einem Stöhnen zu regen begann. »Du wirst mich nicht hintergehen, Sonnenfeder. Dazu bist du viel zu klug – und du hast gerade eine kleine Demonstration dessen gesehen, was dir widerfahren wird, wenn du es doch versuchen solltest.«

Aurian, die die Szene durch die klare, glasige Oberfläche des Brunnens beobachtete, sah, wie der Hohepriester die Augen öffnete. Sie erinnerte sich an Skua – ein boshaftes, ehrgeiziges, verräterisches Wesen. Obwohl diese Entwicklungen Böses verhießen und Aurian sie mit schwerer Sorge betrachtete, empfand sie doch eine gehässige Schadenfreude darüber, daß dieser abscheuliche, perfide, selbstsüchtige Kerl es mit einer Nemesis wie Eliseth zu tun bekommen hatte …

»Aaaah …« Skua öffnete die Augen. »Im Namen Yinzes, was ist mit mir passiert?«

»Pst, Hohepriester«, besänftigte Eliseth ihn. »Du warst krank – ich habe dich oft davor gewarnt, dich zu überanstrengen.« Sie legte ihm eine Hand auf den Arm. »Wir müssen besser auf dich achtgeben – du bist zu wertvoll für uns, als daß wir dir erlauben dürften, deine Gesundheit auf diese Weise zu gefährden.«

»Mir geht es gut, wirklich – hilf mir nur auf. Das heißt, wenn du so freundlich sein würdest, Lady?«

»Ich tue es.« Sonnenfeder hielt Skua seinen muskulösen Arm hin und zog ihn hoch.

»Und nun, Hohepriester, mußt du dich ausruhen«, beharrte die Wettermagusch, während sie den Rest des Wassers im Gral kreisen ließ. »Du wirst später noch genug Zeit haben, um mir zu erzählen, wie das Treffen zwischen deinem Kurier und der Königinregentin der Khazalim ausgefallen ist …«

»Was?« Aurian ächzte erschrocken. »Was im Namen aller Götter hat Sara denn mit diesem Vipernnest zu tun?«

»Sara?« Anvar beugte sich über die Schulter der Magusch, um in den Teich zu bücken. »Sie ist selber eine Viper der schlimmsten Sorte; sie paßt gut zu denen da. Was sagen s …«

»So, habe ich euch endlich! Und diesmal werdet ihr wiedergeboren!«

Aurian warf einen Blick auf die dunkle, turmhohe Gestalt der Geistererscheinung und spürte dann, wie Anvar gegen sie taumelte, so daß sie das Gleichgewicht verlor und in den Brunnen zu fallen drohte.

Die Magusch konnte in letzter Sekunde eine Hand in das Moos am Rand des Teichs bohren. Dann klammerte sie sich mit aller Kraft fest und gab Anvar einen Sekundenbruchteil Zeit, um wieder auf die Beine zu kommen und sich zu einer Seite zu werden. Dann nahm Aurian aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Der Erdenstab, der sich durch die Erschütterung gelöst hatte, rollte in den Teich. Verzweifelt versuchte sie ihn mit ihrer freien Hand aufzufangen. Sie bekam den Stab genau in dem Augenblick zu fassen, als er in den Brunnen klatschte, und sie schlang ihre Finger fest um den letzten Zoll des schlangenförmigen Stabes. Aber der Brunnen hielt den Stab ebenfalls fest und saugte ihn immer tiefer in sich hinein. Aurian, die sich bedenklich tief über das Wasser beugte, ließ nicht los, auch wenn sie glaubte, ihr Arm würde aus dem Gelenk gerissen. Sie wollte verdammt sein, wenn sie das Artefakt so einfach aufgab. Sobald es im Brunnen der Seelen verschwand, konnte es in einer von Millionen Welten auftauchen und wäre ihr für alle Zeit verloren.

Anvar war, wie sie am Rande ihres Bewußtseins registrierte, mittlerweile wieder auf den Beinen und stellte sich der dunklen, schauerlichen Gestalt des Todes in den Weg, so daß der Magusch jetzt zwischen seiner Geliebten und der Geistererscheinung stand. Aurian konnte jedoch keine Aufmerksamkeit für die beiden erübrigen – ihr ganzes Wesen konzentrierte sich darauf, den Erdenstab festzuhalten, und als sie wieder in den Teich blickte, geschahen zwei Dinge, und zwar so dicht beieinander, daß sie nachher nicht sagen konnte, welches sich zuerst ereignet hatte.

Unter der gekräuselten Oberfläche des Teichs begann sich der Umriß des Stabes zu verändern. Die beiden geschnitzten Schlangen – ihre Kiefer umfingen immer noch den großen, grünen Stein, der die Macht des Artefaktes barg – nahmen plötzlich grelle Farben an; die eine Schlange erschien in einem Muster aus Rot und Silber, die andere in einem Wirbel aus Grün und Gold. Eine der beiden regte sich – ein Zucken des Schwanzes, mehr nicht –, dann begann die andere, sich zu krümmen und von dem hölzernen Schaft zu lösen. Aurian sah mit offenem Mund zu. Der Brunnen der Seelen hatte die Schlangen der Hohen Magie zum Leben erweckt!

Eine nach der anderen wanden die Schlangen sich über das Holz und ließen von dem Stab ab; die rote Schlange trug in ihrem Kiefer noch immer den grünen Kristall. Schließlich hielt die Magusch nur noch einen schlichten Stock aus leblosem Holz in Händen, der so mühelos aus dem Wasser glitt, daß Aurian um ein Haar das Gleichgewicht verloren hätte. Der Stein, der die Macht des Stabes in sich barg, steckte noch im Maul der Schlange, die mit ihrem Gefährten weit hinaus in die Mitte des Teichs geschwommen war, wo Aurian sie nicht erreichen konnte. Seite an Seite reckten die beiden Schlangen nun ihre Köpfe hoch und trotzten der Magusch; in ihrem kalten Blick stand ein höhnisches Glitzern. Zweifellos war dies ein weiterer Test – wenn die Magusch sich den Stein nicht zurückholen konnte, hatte sie den Erdenstab für immer verloren.

Aurian war so entsetzt, daß sie die andere Gefahr beinahe übersah. Aber irgendein Instinkt warnte sie, so daß sie schließlich den Blick von den lebendigen Schlangen abwandte und wieder in den Teich starrte, der noch immer eine Vision ihrer Nemesis zeigte. Eliseth, die die verwirrten Blicke der beiden Himmelsleute unbeachtet ließ, starrte in den Gral, und in ihrem silbernen Blick flammten Zorn und Haß auf. »Aurian«, sagte sie, und ihre Stimme klang hart vor Verachtung. »Du bist also endlich zurückgekehrt. Aber du kommst zu spät!«

Aurian schnappte nach Luft. Der Stab! Er hatte sich durch das Medium des Brunnens nach seinem Bruder, dem Gral, ausgestreckt. Und anscheinend zeigte das Wasser im Kelch Eliseth das Bild ihrer Feindin genauso deutlich, wie die Magusch das ihre im Teich Zwischen den Welten sehen konnte. Aurian stöhnte innerlich. Gerade jetzt, wo sie ihren ganzen Verstand und ihren Willen auf die Rückeroberung des Stabes konzentrieren mußte, war dies wahrhaftig eine Ablenkung, auf die sie hätte verzichten können. Sie sah Eliseth an, und ihr Blick war wie Eis und Stahl. »Vielleicht zu spät, um deine Possen zu verhindern«, sagte sie schneidend, »aber nicht zu spät, um ihnen ein Ende zu machen!«

Eliseth warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Da braucht es schon mehr als deine leeren Drohungen, um das fertigzubringen! Aber bitte, meinetwegen kannst du es gern versuchen! Als wir uns das erste Mal trafen, habe ich dich bestraft, weil du mir getrotzt hast, und ich freue mich darauf, es wieder zu tun – ich warte jetzt schon eine ganze Ewigkeit darauf, dich endgültig zu zerquetschen.« Ihre Augen blitzten auf. »Deine Zeit ist abgelaufen, Aurian – du bist zu weichherzig, um zu überleben. Deine jämmerliche Zuneigung zu den Sterblichen wird dich schwächen und endgültig zerstören, wenn du es wagst, dich mir in den Weg zu stellen!« Schnell wie eine Peitschenschnur machte Eliseth eine Bewegung mit dem Gral, den sie in Händen hielt – und plötzlich konnte Aurian das Bild ihrer Feindin nicht mehr sehen. Eine Eisschicht hatte sich über die Oberfläche des Brunnens der Seelen gelegt und breitete sich in Sekundenschnelle vom Mittelpunkt zum Rand hin aus.

Als das Eis sich um die Schlangen zu schließen begann, schossen die Tiere auf den Rand des Teichs zu; sie kamen der tödlichen Eisschicht, die sie zu verschlingen und ihre Körper in einem kalten, kristallinen Grab zu fangen drohte, nur um wenige Millimeter zuvor. Aurian, deren Gedanken sich überschlugen, streckte die Arme nach den gefährdeten Geschöpfen aus, soweit ihr das möglich war. Die scharfe Kälte, die von der Oberfläche des Wassers ausging, verbrannte ihre Hände mit einem grausamen Schmerz, aber sie hielt aus, bis die Schlangen sie erreicht hatten.

Die beiden magischen Geschöpfe bäumten sich, auf und versuchten Aurian zu erreichen, aber die Magusch zog sich ein kleines Stück zurück – so daß sie gerade eben außer Reichweite der Schlangen war. »Zuerst gebt ihr mir den Stein«, befahl sie streng. Mit einem wilden Zischen ließ die rote Schlange den kostbaren Kristall in Aurians ausgestreckte Hand fallen. Als diese abermals die Arme ausstreckte, wand jede Schlange sich schnell um eines ihrer Handgelenke, und die Magusch sprang auf und brachte die beiden Geschöpfe in Sicherheit. Die Macht des Stabes umschlang sie und durchströmte – ausgehend von dem Kristall in ihrer Hand – ihren ganzen Körper. Von den Schlangen der Hohen Magie ging eine Woge noch größerer Macht aus, eine Woge ekstatischen Jubels, die Aurian beinahe zu Boden geworfen hätte, als sie ihre von den Schlangen umwundenen Arme hoch über ihren Kopf hob und einen Triumphschrei ausstieß.

Die Schlangen zischten warnend. Aurian fuhr herum. Hinter ihr stand die turmhohe Gestalt des Todes über Anvar, der sich vor Schmerz auf dem Boden zusammenkrümmte; sein Mund war zu einem stummen Schrei verzerrt. »Eine gequälte Seele«, zischte die Geistererscheinung. »Ein unerfreulicher Anblick, nicht wahr?«

Ein kaltes, Übelkeit erregendes Gefühl der Panik schlug über Aurian zusammen. Langsam ließ sie die Arme sinken. »Laß ihn los«, sagte sie tonlos. »Anvar hat dir nichts getan.«

»Da irrst du dich. Ihr beide habt mir mehr als genug angetan. Ich habe es satt, mich mit deinen widerspenstigen Liebhabern herumzuplagen, Magusch. Du wirst in den Brunnen steigen. Ihr alle beide. Sofort.«

Aurian bückte sich, um den leblosen Schaft des Erdenstabes aufzuheben. Obwohl er nicht den geringsten Schutz gegen den Tod bot, fühlte sie sich besser, wenn sie irgendeine Waffe in der Hand hielt. »Wenn du das tust, lasse ich die Schlangen der Hohen Magie los«, drohte Aurian, die sich vor lauter Verzweiflung an jeden Strohhalm klammerte. »Ich habe sie abermals erobert, sie sind zu mir gekommen, und du kannst mich nicht daran hindern, sie mit zurück in meine eigene Welt zu nehmen.«

»Du wirst tun, was du tun mußt – es ändert nichts. Du wirst in deinen eigenen Körper zurückkehren, aus dem du gekommen bist. Anvar wird wiedergeboren werden.« Der Tod zuckte die Achseln. »Nehmt Abschied voneinander. Es kann Ewigkeiten dauern, bis ihr euch in irgendeiner Welt wiederseht.« Mit diesen Worten packte die Geistererscheinung Anvar und hob ihn mit einer Hand auf die Füße. Ein einziger Stoß des Todes genügte, und Anvar taumelte an den Rand des Brunnens der Seelen. »Aurian …«, schrie er verzweifelt und streckte noch im Fallen einen Arm nach ihr aus.

»Nein!« rief Aurian. Und bevor Anvar im Wasser versunken war, schoß sie nach vorn und packte seine ausgestreckte Hand. Dann schloß sich das Wasser auch über Aurians Kopf, und gemeinsam wirbelten die beiden Magusch tiefer und tiefer der sternenübersäten Unendlichkeit entgegen.

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