Die Hauptschwierigkeit des Jägers während der kommenden Monate, wenn auch nicht seine einzige, hatte ihre Wurzel in der Persönlichkeit des Spezialisten, der Bob übernahm. Er war ein intolerantes und taktloses Individuum, das großen Wert auf berufliche Kompetenz legte, eine hohe Meinung — die glücklicherweise gerechtfertigt war — von seinem eigenen Können hatte und überhaupt kein Verständnis dafür aufbringen konnte, daß der Detektiv so dumm gewesen sein konnte, für eine so lange Zeit bei einem einzigen Gastgeber einer neuen, unbekannten Spezies zu bleiben. Da der Jäger dafür keine Entschuldigung hatte und sich selbst wegen dieser Kurzsichtigkeit ständig Vorwürfe machte, war diese Haltung des Experten der Heilung seiner verletzten Selbstachtung nicht gerade förderlich. Der Umstand, daß Bob seinen neuen Symbionten nicht mochte, daraus auch kein Geheimnis machte und allen verkündete, daß er sich auf die Zeit freue, wenn er wieder mit dem Jäger leben konnte, tröstete diesen zwar ein wenig, doch nicht sehr. Glücklicherweise hatte das keinerlei Einfluß auf die Einstellung des Spezialisten, der den jungen Mann lediglich als ein interessantes Studienobjekt betrachtete, nicht als persönlichen Freund. Als er einmal nahe daran kam, etwas, das der Jäger getan hatte, zu billigen, wurde das mehr als deutlich.
Die beiden Aliens standen in direktem Kontakt miteinander, wobei ihre Vielzweck-›Zellen‹ als Nerven funktionieren und Gedanken weitaus schneller transmittieren konnten, als es bei einer sprachlichen Verständigung möglich gewesen wäre. Der Jäger befand sich im Sessel im Kellerraum der Bibliothek; Bob saß in dem Sessel, um die Kommunikation zu ermöglichen, und hielt beide Arme reglos auf den Lehnen.
„Ich muß zugeben“, sagte der Xenobiologe, „daß deine Dummheit wenigstens ein gutes Resultat hervorgebracht hat. Durch das, was du diesem Exemplar angeta n hast, ist es mir gelungen, innerhalb weniger Monate erheblich mehr über seine Spezies festzustellen, als ich im Lauf einer mehrjährigen Forschung herausfinden könnte. Es ist durchaus möglich, daß es mir gelingen wird, in zwei oder drei Jahren entsprechende Techniken zu entwickeln, die es uns erlauben, ständig mit diesen Wesen zu leben.“
„Dann wird Bob also wieder völlig geheilt werden? Du erwartest, daß du ihn jahrelang studieren kannst?“
„Natürlich. Habe ich das nicht deutlich genug gesagt? Du läßt dich ständig von klaren, zusammenhängenden Gedankengängen ablenken.“
„Warum hast du mir das nicht schon früher gesagt?“
„Weil es nicht wichtig ist“, sagte Xeno, wie Bob ihn genannt hatte.
„Mir ist es aber wichtig“, sagte der Jäger. „Du sprichst wie einer dieser irrealen Wissenschaftler in den Romanen, die Bob liest. Weißt du, was ein Freund ist?“
„Selbstverständlich. Ich habe selbst eine Anzahl von Freunden; aber die Herstellung einer nahen Verbindung zu einem Mitglied dieser Spezies war ziemlich voreilig. Auf jeden Fall wird es mehrere Jahre dauern, bis ich dir erlauben kann, deine Symbiose mit diesem Exemplar fortzusetzen. Falls du vorhaben solltest, auf der Erde zu bleiben, solltest du dich daran gewöhnen, mit anderen menschlichen Wesen zu leben. Ich kann dir die Genehmigung dazu geben, aber du wirst auf keinen Fall länger als ein halbes Erdenjahr mit einem Individuum zusammenleben. Ich hoffe, du wirst dich auf diejenigen beschränken, die durch deine Inkomp etenz bereits von uns wissen.“
„Das wäre auf jeden Fall besser, als ständig in dieser Bibliothek zu leben, selbst wenn wir jetzt regelmäßig Nahrung bekommen — du mußt zugeben, daß es ein Fortschritt ist gegenüber den Asseln und den Krümeln von den Sandwiches der Bibliothekarinnen.“
„Es ist angenehmer, muß ich zugeben. Ich hoffe aber, daß du nicht diese höchst subjektive Einstellung entwickelst, die die Menschen „Geschmack“
nennen. Nahrung ist Brennstoff; so lange sie in ausreichender Menge zur Ve rfügung steht, gibt es keinerlei Grund zur Klage.“
Der Jäger brach den Kontakt ab, und Xeno informierte Bob, daß die Konversation beendet sei — der Alien hatte in Verbindung mit seiner Arbeit in der Bibliothek englisch gelernt —, und der Detektiv hatte während der nächsten Tage keine weiteren Kontakte mit dem Spezialisten.
Er verbrachte einige Zeit mit Maeta, deren Verletzungen inzwischen völlig ausgeheilt waren, und berichtete ihr von seinem Gespräch mit Xeno.
„Dann wird Bob also wirklich wieder ganz gesund?“ fragte sie. „Er sieht so viel glücklicher aus, und diese Schwächeanfälle und die Gelenkschmerzen sind völlig abgeklungen, aber ich war bis jetzt nicht sicher, ob Xeno die Ursachen dafür erkannt hat.“
„Die kannte er von Anfang an“, gab der Jäger zu.
„Das Problem lag darin, daß es durch mein Verschulden zu so großen Schäden gekommen war und er lange Zeit nicht sicher war, ob er sie würde reparieren können. Ich glaubte, dir das schon einmal gesagt zu haben.“
„Das hast du“, sagte das Mädchen, „doch ich hoffte, du hättest es vergessen. Du hast die ganze Zeit deswegen ein sehr schlechtes Gewissen gehabt, und es war doch wirklich nicht deine Schuld.
Du hättest doch nichts anderes tun kö nnen.“
„Zu Anfang nicht“, stimmte der Jäger zu, „später jedoch hätte ich zu einem anderen Gastgeber übergehen können. Schließlich gab es Bobs Eltern und den Arzt, die von mir wußten.“
„Hättest du so viele gebraucht? Wäre es nicht ausreichend gewesen, wenn du zwischen zwei Menschen hin und her gewechselt hättest?“
„Wahrscheinlich, aber ich bin nicht sicher. Ich könnte Xeno einmal danach fragen. Aber jetzt ist es ja ohnehin nur noch eine akademische Frage, nicht wahr?“
„Nicht ganz“, sagte Maeta. „Stelle es bitte fest — und finde auch heraus, wann dieser fischblütige Molekülmanipulator mit Bob fertig sein wird, wenn du schon dabei bist. Ich denke, ich kann Bobs Hand so lange halten, bis ihr beide diese Fragen geklärt habt. Und jetzt kannst du die Biochemielektionen rekapitulieren, die Xeno dir aufgegeben hat. Ich muß noch ein paar Bücherlisten zusammenstellen.“