10 Ein Versprechen

Obwohl Otik Sandahl das Wirtshaus »Zur Letzten Bleibe« erst ungefähr fünfzehn Jahre führte, hatte sich der Ruf des Hauses schon in ganz Abanasinia verbreitet. Reisende legten Wert darauf, in Solace Station zu machen, um Otiks selbstgebrautes Bier und seine Würzkartoffeln zu kosten. Der Wirt selbst galt als Original. Seine runden Augen und sein ebenso runder Bauch verrieten eine Lebensfreude, die er trotz der harten Arbeit mit seinen Gästen teilen wollte.

Der gegenwärtige Bekanntheitsgrad des Wirtshauses »Zur Letzten Bleibe« war um so bemerkenswerter wegen des schlechten Rufs seiner vorherigen Besitzer. Das waren Hügelzwerge gewesen, ein Ehepaar, dessen sture Art einem alles vergällen konnte, vom Bier bis zu der ohnehin ungastlichen Stimmung, die die Reisenden schon in dem Moment spürten, in dem sie das Haus betraten. Die Küchengerüche hätten selbst die Nase eines Gossenzwergs beleidigt – zumindest beinahe.

Vielleicht lag die Wurzel in ihrer Unzufriedenheit, daß sie so hoch über der Erde wohnen mußten, oder in dem endlosen Ärger darüber, daß ihr Clan aus den Bergen vertrieben worden war. Was auch immer der Grund war, ihre Ehe bestand aus kalten Blicken und offenem Gekeife, obwohl sich der Ruf des Wirtshauses dadurch immer noch weiter verschlechterte.

Eines Tages stand der Mann vor allen anderen Bewohnern von Solace auf, packte ein paar Sachen ein und verließ die Stadt. Keiner vermißte ihn, am allerwenigsten seine Frau, die das Haus Gerüchten zufolge »für einen halben Kenderpfennig« an den nächstbesten Reisenden verscherbelte – nämlich Otik Sandahl. Wo Otik hergekommen war oder wo er hinwollte, war ziemlich unklar. Doch unabhängig von seinen ursprünglichen Plänen, hatte Otik einen Punkt in seinem Leben erreicht, wo er weniger reisen und endlich seßhaft werden wollte. Auf jeden Fall war es ein glücklicher Zufall. Otik hatte seine wahre Berufung gefunden.

Zuallererst ging er daran, das Wirtshaus gründlich zu putzen und den Vallenholzboden sowie die Einrichtung liebevoll auf Hochglanz zu polieren. Dann nahm er sich die Küche vor. Über seine würzigen Bratkartoffeln verriet Otik nur, daß das Rezept zwei Grundzutaten hatte: Kartoffeln und Gewürze. »Wenn dich das nicht satt macht, brauchst du nicht zu zahlen«, sagte Otik gerne. Bald zweifelte keiner mehr an dieser Aussage.

Nicht ganz so berühmt, aber ebenso lecker waren die anderen Gerichte, deren Zubereitung er auf seinen Reisen gelernt hatte – geschmorte Forelle, Entenleberpastete, Rehsuppe und Cranbeerenüberraschung.

Seine Wanderzeit spiegelte sich auch in der Dekoration der Wirtsstube wider. Otik schmückte die Wände mit zahlreichen Mitbringseln, Kuriositäten und allem möglichen Zeug, an dem sein Herz hing. Und diese Sammlung wurde ständig erweitert. Trotz der Proteste seiner Gäste ließ es sich Otik nicht nehmen, sein Wirtshaus jedes Jahr für einen Monat zu schließen – weil er niemand anders zugetraut hätte, es ordentlich weiterzuführen –, um seiner immer noch drängenden Wanderlust nachzugehen.

Otik war fest entschlossen, in seinem Leben so viel wie möglich von Krynn zu sehen, und er kam weit herum. Auf einer groben Karte hinter dem langen Schanktisch, die er von einem Kender gegen die Mahlzeit eingetauscht hatte, waren alle Orte mit einem Kreuzchen markiert, an denen er gewesen war. Otik kam immer mit Andenken zurück – einmal mit einer furchterregenden Minotaurenstreitaxt, ein anderes Mal mit einem feinbestickten Elfenschal.

An seinem ersten Tag in Solace präsentierte er diese Mitbringsel dann mit großem Tamtam seinen Stammgästen und jedem, der zufällig im Gasthaus weilte. Anschließend fügte er die Dinge stolz seiner Dekoration hinzu, machte viel Aufhebens um den besten Ausstellungsplatz und ließ sich dabei ausgiebig von seinen Gästen beraten.

Inzwischen war das Wirtshaus »Zur Letzten Bleibe« zu einem richtigen Museum mit Gegenständen aus den verschiedensten Kulturen von Krynn geworden. Diese Sammlung war einer der Gründe, weshalb Kitiara es liebte, aber auch haßte, im Gasthaus herumzulungern. Dort starrte sie die Sachen an und gab sich Tagträumen hin, woher sie wohl stammten und was sie mitgemacht haben mochten. Aber solche Tagträume führten Kit immer wieder zu der Tatsache zurück, daß sie in Solace festsaß, fernab von allen Abenteuern. Bei diesem Gedanken vergrub sie dann ihren Kopf in den Händen, stöhnte vor Sehnsucht und verließ dann eilig das Gasthaus, in dem sie sich eine gute Woche lang nicht mehr blicken lassen würde.

Doch Kitiara kam stets zurück. Da sie zu jung war, um an Otiks Bier Geschmack zu finden, und zu knapp bei Kasse, um sich seine herzhaften Gerichte leisten zu können, bestellte sie meist nicht viel, sondern saß einfach allein an ihrem Tisch, wo sie stundenlang an einem Glas Birnensaft nippte. Ihr Lieblingsplatz war eine Ecke an der Eingangstür. Dort hatte sie alle Reisenden gleich im Blick, die die lange Wendeltreppe zu dem Haus in den Baumwipfeln hochkamen. Einer von ihnen brachte vielleicht Neuigkeiten über ihren Vater. Einer von ihnen konnte vielleicht das langweilige Leben in Solace erträglicher machen.

Kitiara war viel länger in dem Baumdorf geblieben, als sie nach der Rückkehr von ihren Abenteuern mit Ursa und dem Aufenthalt in Stumpfhausen erwartet hatte – über zwei Jahre. Vergeblich hatte sie auf eine passende Reisegruppe gewartet, der sie sich hätte anschließen können, um wieder fortgehen zu können, Reisende, die etwas Interessanteres ansteuern wollten als das nächste Dorf.

Anfangs hatte es Otik nicht recht gefallen, daß ein so junges Mädchen bei ihm herumhing, doch mit der Zeit gewöhnte er sich an Kit – vor allem, weil seine Versuche, sie hinauszuwerfen, nichts fruchteten. Wenn er Kit zur Vordertür hinauskomplimentierte, schlüpfte sie hinten wieder herein. Wenn er beide Türen im Auge behielt, kletterte sie irgendwo durch ein Fenster herein. Wenn sie dann endlich fort war und er sie ganz vergessen hatte, drehte er sich um und sah sie doch wieder an einem Fenster sitzen.

Um die Wahrheit zu sagen, war Kit gar nicht schlecht fürs Geschäft. In der richtigen Stimmung, konnte sie bei den besten Kunden Mäuschen spielen. Geduldig hörte sie den Geschichten von ihren Reisen zu, und jedes Gasthaus braucht gute Zuhörer ebenso wie gute Erzähler.

Außerdem hatte Otik im Grunde ein gutes Herz. Er nahm es Kit nicht krumm, daß sie nicht ständig zu Hause sein wollte, denn er wußte, daß sich dort alles um Rosamunds Krankheit drehte. Wenn keine anderen Gäste da waren, fing Otik mitunter sogar selbst ein Gespräch mit Kitiara an. Er erzählte gerne, woher seine Souvenirs kamen, und nahm hin und wieder auch mal eins von der Wand, damit Kit es vorsichtig anfassen konnte. Gespannt lauschte sie Otiks kleinen Geschichten und eignete sich dadurch Kenntnisse über die Welt an, die sie in der Schule nie erworben hätte. Der Wirt behandelte Kit freundlich, so wie er Jahre später auch Tika Waylan behandeln würde, die verwaiste Tochter eines seiner Schankmädchen.

Otik war klar, daß Kitiara nicht mehr lange in seinem Haus herumsitzen würde. Mit ihren sechzehn Jahren legte sie bereits das Linkische des Heranwachsens ab. Ihr Gesicht hatte klare, eckige Formen angenommen. Es verengte sich von hohen Wangenknochen zu einem entschlossenen Kinn. Die untere Hälfte des Gesichts erschien durch volle, rosige Lippen sanfter. Ihre dunklen Augen waren von glänzenden Wimpern umrahmt, deren Mitternachtsschwarz zu ihrem schwarzen Lockenkopf paßte, den sie weiterhin männlich kurz trug.

Da Kit ihr äußeres Erscheinungsbild egal war, trug sie am liebsten enge Tunikas und Beinkleider, in denen sie sich vernünftig bewegen konnte, scheinbar ohne zu merken, daß diese auch ihre natürliche Anmut verstärkten und die schlanke Figur betonten, die sich allmählich verführerisch rundete. Wenn sie jetzt zusammen mit Aurelie über den Markt oder über die Hängebrücken lief, galten die wohlgefälligen Blicke ebenso oft Kit wie ihrer im langläufigen Sinne hübschen Freundin.

Doch jeder Mann, der mit Kit zu flirten begann, erhielt eine kratzbürstige Abfuhr. Soweit sie das beurteilen konnte, wollten die meisten Männer viel mehr, als sie zurückgaben, und das gefiel Kitiara gar nicht, selbst wenn es sich auf ihre Brüder bezog. Die allerdings waren – den Monden sei Dank – mit ihren acht Jahren bereits ganz gut dazu imstande, für sich selbst zu sorgen. Raistlins Zauberausbildung machte gute Fortschritte und nahm den Großteil seiner Zeit in Anspruch. Wenn Caramon nicht die Schule schwänzte, um mit seinem Schwert zu üben, lief er Gilon hinterher.

Als hätte sie ihn mit ihren Gedanken herbeigehext, blickte Kitiara aus der Vordertür, die Otik an diesem warmen Nachmittag weit geöffnet hatte, und sah ihren Bruder gutgelaunt mit einer Horde Jungen auf den Wegen vor dem Wirtshaus herumrennen. Er und ein anderer Junge begannen einen Scheinkampf mit zwei langen Stöcken. Caramon war offensichtlich stärker und gewandter mit dem Stock, doch er ließ sich lachend von seinem Freund besiegen und warf die Hände hoch, um sich zu ergeben. Kit runzelte die Stirn. Der Junge hatte das zu weiche Herz von Gilon geerbt.

Einen Augenblick später tauchte Caramon im Eingang zum Wirtshaus auf.

»He, Kit, krieg’ ich ein Glas Birnensaft oder eine Portion von Otiks feinen Kartoffeln?« fragte er mit einem Grinsen, dem selbst Kit in ihrer augenblicklichen miesen Laune kaum widerstehen konnte.

Doch wie üblich, wenn er versuchte, das Gasthaus zu betreten, sprang Kitiara auf Caramon zu und warf ihn hinaus, bevor Otik überhaupt reagieren konnte.

»Noch mehr Kartoffeln, und du bist so voll, daß du dein Schwert gar nicht mehr hochkriegst. Jetzt aber los, sonst kommst du noch zu spät und verpaßt Raistlin auf seinem Heimweg von Teichgrund.«

Während sie Caramon von der Tür fortscheuchte, sah Kitiara zwei Fremde die Stufen zu Otiks Eingangstür hinaufsteigen. Das war an sich nicht bemerkenswert, doch diese beiden Fremden waren ein so ungleiches Paar, wie Kit es noch nie gesehen hatte. Sie kehrte an ihren Platz zurück und erwartete ihr Eintreten.

Wenige Augenblicke später standen sie in der Tür und sahen sich im Raum um. Einer von ihnen war ein wahrer Riese. Seine Haare hatte er zu einem Dutzend Zöpfe geflochten, die ihm bis auf die Schultern hingen; sein Kopf war gewaltig, doch die winzigen Äuglein lagen tief in fleischigen Augenhöhlen. Sechseinhalb Fuß groß und dreihundert Pfund schwer, schätzte Kitiara. Er trug ein zeltartiges, buntes Gewand, doch ihr Blick ging sofort zu seinen Waffen – ein Krummsäbel, ein Messer und eine kurze, stachelbesetzte Keule –, die alle deutlich sichtbar an dem Gürtel um seinen beträchtlichen Wanst hingen. Auf dem Rücken schleppte er eine große Holzkiste, die er jetzt schwungvoll auf dem Boden absetzte und zur Seite stieß. Er sagte nichts, doch sein Blick wanderte rasch durch den Raum, wobei seine Augen bei Kit kurz, aber ohne Interesse aufleuchteten.

Begleitet wurde er von einem Mann, der noch auffälliger war, denn Kit hätte ihn auf den ersten Blick fast für eine Frau gehalten. Er war groß – allerdings nicht so groß wie der Riese – und schlank, hatte eine Haut wie Alabaster, tiefschwarze Haare und himmelblaue Augen. Er trug eine meerblaue Tunika mit einem schön verzierten Gürtel, der seine schmale Taille umschloß, in dem aber keine Waffen steckten. Das Lederpaket, das er schleppte, warf er müde auf die Kiste. Der ist nicht viel älter als ich, dachte Kitiara, vielleicht zwanzig. Als er zur Theke ging, fiel ihr auf, daß er einen ungewöhnlichen Anhänger mit einem blitzend grünen Stein am Hals hängen hatte. Gleichzeitig mit diesem ungewöhnlichen Schmuckstück fiel Kit zu ihrem Erstaunen ein Duft auf. Er benutzte anscheinend Parfüm oder Öle.

Der Mann hatte eine ausgesprochen würdevolle Haltung, und ihr wurde klar, daß er aus einer hochgestellten Familie stammen mußte. Darüber hinaus strahlte er so viel Vornehmheit und Bildung aus, daß er sich völlig von all den rauhen Kerlen und gewöhnlichen Leuten abhob, die sie gewohnt war. So einen Mann hatte Kit noch nie gesehen. Vor ihrem Gesicht verschwand jedes Restchen schlechter Laune. Ihre Augen waren hellwach und ihr Ausdruck wie gebannt.

»Gibt es noch etwas zu essen?« fragte der Mann, als Otik geschäftig aus der Küche eilte, um sie zu begrüßen.

»Ein spätes Mittag- oder ein frühes Abendessen«, strahlte Otik. »Mir ist es gleich. Setzt Euch, ich werde Euch gern bewirten.«

Da er weit herumgekommen war, war der Wirt vom Äußeren seiner neuen Gäste nicht so überwältigt wie Kitiara. Er schätzte den jungen Mann sehr zutreffend als Edelmann aus Nordergod ein, der von seinem Sklaven begleitet wurde.

»Ich bin Patrick von Gwynned, und das ist mein Diener Stratke«, stellte der Mann sich vor. »Mir wurde überall geraten, ich sollte auf jeden Fall Eure Würzkartoffeln probieren.«

Seine Stimme klang bestimmt, als wäre er es gewohnt, daß man ihm gehorchte. Kit wurde noch neugieriger.

Patricks Bemerkung über seine gewürzten Bratkartoffeln zauberte ein Lächeln auf Otiks Gesicht. »Und Bier dazu?« fragte Otik. »Bier paßt gut – «

»Klares Wasser, bitte«, schnitt Patrick ihm das Wort ab. »Danach vielleicht ein Glas Wein. Ihr habt doch Wein, oder?«

Patrick sagte diesen letzten Satz, derweil er sich in der Gaststube umsah und das Schild über der Theke las, auf dem geschrieben stand: »Gesunde und herzhafte Kost für Freunde und Fremde.«

Otiks Gesicht verfinsterte sich, als der Fremde andeutete, sein Wirtshaus wäre womöglich nicht erste Klasse. »Natürlich haben wir Wein«, sagte er mit einem etwas pikierten Unterton. »Und was hätten die Herren gern zu den Würzkartoffeln?«

»Erst mal nur Kartoffeln«, sagte Patrick freundlich. Er hatte offensichtlich beschlossen, Otiks Kochkünste zunächst zu prüfen, bevor er etwas anderes bestellte.

Etwas beleidigt, aber ohne eine weitere Bemerkung lief Otik nach hinten, um die Bestellung weiterzugeben. Während er das tat, sahen sich die beiden Männer um und wählten einen großen Tisch neben Kitiara.

Sie hatte die beiden gespannt beobachtet, doch jetzt wandte sie die Augen zum Fenster und heuchelte Desinteresse, als sie in ihre Richtung kamen. Dennoch spürte sie, daß der junge Mann ihre Anwesenheit sehr bewußt wahrnahm. Sie, Patrick und der Sklave Stratke waren Otiks einzige Gäste, und in dem normalerweise geräuschvollen Gasthaus herrschte plötzlich ungewöhnliche Stille.

»He, Kitiara! Mir ist langweilig.« Caramon stand wieder auf der Schwelle und rief bettelnd nach seiner Schwester. »Es ist noch zu früh für Raistlin. Können wir nicht zum Beispiel zum Stall runtergehen und die Pferde ansehen?«

»Später«, sagte Kitiara scharf, während sie ihn aus der Tür winkte.

»Du machst aber doch gar nichts«, protestierte der Achtjährige, dessen Augen so flehend blickten, wie es nur ging.

»Später«, sagte Kitiara.

Bei diesem Blick und diesem Tonfall wollte sich Caramon lieber nicht mit Kit anlegen. Schmollend trollte er sich von dannen.

Dabei drehte sich der Fremde mit dem Namen Patrick um und sah Kitiara direkt in die Augen. Ihre Blicke trafen sich. Kit erschauerte, denn in seinen Augen lag eine Glut, die sie seit, ja, seit ihrer Begegnung mit El-Navar nicht mehr gesehen hatte. Verwirrt sah sie zur Seite, ärgerte sich jedoch gleichzeitig darüber. Sie zwang sich, die Augen aufzuschlagen, und stellte fest, daß Patrick sie immer noch ansah. Diesmal hielt Kit seinem festen Blick stand. Schließlich brach er die Spannung, indem er ihr grüßend zunickte.

»Wollt Ihr uns die Ehre erweisen, Euch zu uns zu gesellen?« fragte er. »Mein Diener ist nicht sehr gesprächig, und wir sind schon wochenlang unterwegs.«

»Gut«, sagte Kit, die selbst überrascht war, wie gerne sie sich zu ihnen setzen wollte. Otik, der mit einem Krug Wasser und zwei Kelchen zum Tisch kam, zog erstaunt die Augenbrauen hoch, was ihm einen mörderischen Seitenblick von Kitiara einbrachte.

Als sie an den Tisch trat, stand Patrick auf, verbeugte sich leicht und rückte dann einen Stuhl für sie zurecht. Sein Sklave, der gebieterisch die Arme verschränkt hatte, nahm weder durch ein Wort noch durch eine Geste von ihr Notiz. Aus der Nähe und unter diesen Umständen fand Kit ihn jedoch gar nicht mehr so imponierend.

Otik kehrte in die Küche zurück und kam einen Augenblick später mit zwei Tellern duftender Kartoffeln zurück. Mit offenkundigem Stolz stellte er beide auf den Tisch.

»Eßt Ihr auch etwas?« fragte Patrick Kitiara, die jedoch den Kopf schüttelte, als Otik von der Theke her zu seinen Gästen schaute.

Der junge Edelmann probierte ein paar Bissen von seinem Essen und trank zwischendurch Wasser. Der hünenhafte Sklave zeigte sich weniger vornehm. Geräuschvoll und mit sichtlichem Appetit machte er sich über seinen Teller Kartoffeln her.

»Die sind wirklich gut«, sagte Patrick mit einem entschuldigenden Lächeln zu Kit, als würde er ihr ein großes Geheimnis verraten. »Und Stratke hat eindeutig nichts daran auszusetzen. Ich glaube, ich werde mehr zu essen und zu trinken bestellen. Ich fürchte, ich habe den Wirt durch meine Zurückhaltung schwer gekränkt. Vielleicht besänftigt ihn das. Möchtet Ihr ganz bestimmt nichts?«

»Nein, nein, danke«, sagte Kit, die sich um einen gelassenen Tonfall bemühte. »Und macht Euch keine Sorgen um Otiks Gefühle. Den bringt so leicht nichts auf, höchstens ein Kender, der sich davonmachen will, ohne zu zahlen.«

Während Patrick bei Otik eine Flasche Wein und Rehsuppe für seinen Diener bestellte, verfluchte sich Kitiara, weil sie angesichts des ungezwungenen Charmes des Edelmanns kein Wort herausbrachte.

Eine Zeitlang war das einzige Geräusch am Tisch das Schlürfen und Kauen von Stratke, dessen Blicke zwischen ihnen hin- und hergingen, während er sein Essen genoß.

»Ihr müßt Stratke entschuldigen«, sagte Patrick. »Er hat keine guten Manieren, aber viele wertvolle Fähigkeiten. Seine schlechten Eigenschaften sind schlimmstenfalls komisch.«

Bevor er weitersprach, nahm Patrick einen Schluck Wein. »Er kann nicht sprechen, der Arme. Mein Vater hat ihm wegen irgendeines Vergehens die Zunge herausschneiden lassen – den genauen Grund habe ich vergessen. Dann bekam ich ihn als Diener. Er ist sehr treu, ein guter Kämpfer und ein zäher Reisegefährte. Obwohl er nicht reden kann, verstehen wir uns bestens. Ich erzähle Witze, und er lacht darüber.«

Kitiara sah Stratke skeptisch an, doch der Koloß hatte offenbar jedes Wort von Patrick gehört und verstanden, denn er nickte enthusiastisch, während sich ein breites Lächeln über sein Gesicht zog. Das veränderte sein Aussehen völlig, und einen Augenblick lang, bis das Lächeln wieder verschwand, sah er fast aus wie ein zutraulicher Bär.

Auch Patrick lächelte und sah Kitiara dabei offen an. »Ihr kennt unsere Namen. Wie heißt Ihr?«

»Kitiara Uth Matar, Tochter von Gregor Uth Matar.« Kitiara sagte den Namen mit Stolz, obwohl ihr das Blut in den Kopf stieg. Dann lächelte sie verschmitzt wie nie.

»Weit und breit erzählt man von Otiks Kartoffeln und seinem Bier, auch wenn ich Bier nicht mag«, sagte Patrick, der ihr tief in die Augen sah. »Aber niemand hat mir gesagt, wie schön die jungen Mädchen von Solace sind.«

Kitiara hielt den Atem an und wurde noch röter. Noch nie war sie sich der Schmutzflecken auf ihrem Gesicht und ihren Händen so bewußt gewesen. Von den Männern, die Otiks Haus besuchten, hatte Kitiara solche Worte schon oft gehört, aber dann waren sie rauh und halb im Scherz gesagt worden, und sie hatte sie nicht ernst genommen. Sie zermarterte sich den Kopf nach einer Antwort, doch ihr fiel einfach nichts ein.

Vielleicht weil er ihre Verlegenheit spürte, senkte Patrick den Blick und wechselte das Thema.

»Wir sind seit neun Wochen unterwegs. Ich gehe jedes Jahr so auf Wanderschaft. Dieses Jahr hat die Reise länger gedauert, als ich dachte. Jetzt sind wir auf dem Weg zur Küste, wo ein Schiff wartet, das uns nach Hause bringen soll. Gwynned liegt an der Westküste der Insel Nordergod.«

Kit wußte natürlich, wo Nordergod war, doch bei Gwynned war sie sich weniger sicher – bestimmt eine Seereise von mindestens einem Monat. »Was sucht Ihr auf Euren Reisen?« fragte Kit eifrig. »Abenteuer?«

»Nein, nein«, meinte der junge Mann rasch. »Manchmal gibt es zwar ein Abenteuer, aber darauf bin ich gar nicht aus. Mir geht es um…« Zum ersten Mal sah Kit ihn nach den richtigen Worten suchen. »Um Bildung, um Frieden, um…« Wieder zögerte er. »Um Flucht.«

Kitiara überlegte, wovor dieser feine junge Mann wohl fliehen mußte, und wie es wäre, nach Lust und Laune herumzureisen, ohne sich um die Kosten zu scheren.

»Oh, aber Ihr seid auf Abenteuer aus. Das sehe ich«, fuhr Patrick fort, während er mit dem blaßgrünen Anhänger an seinem Hals herumspielte. »Ich habe ja nichts dagegen, aber wozu suchen die Leute das Abenteuer? Gewöhnlich wegen Reichtümern oder Macht. Wo ich herkomme, herrscht mein Vater über riesige Ländereien. Ich bin sein Erbe. Zu gegebener Zeit werde ich Reichtum und Macht besitzen. Damit habe ich es nicht eilig, und in der Zwischenzeit habe ich keinen Bedarf an Abenteuern.«

Bei dieser letzten Bemerkung setzte er sich gerade hin und schob sein Kinn nach vorn, als wollte er Kit trotzen, weil sie anders dachte. Als wenn jemand in seinem Leben ihn dafür tadelte, dachte sie bei sich.

Weil in ihren Augen kein Widerspruch zu lesen war, sah Patrick plötzlich nachdenklich auf seinen Teller.

Während seiner kurzen Redseligkeit war Kits Blick an dem grünen Stein hängengeblieben, der in zartes Silberfiligran eingefaßt war und sich unablässig an seiner Kette drehte. Sie wußte nicht, wie der Stein hieß, doch er war wunderschön. Bestimmt sehr kostbar, dachte sie.

»Ihr bewundert meinen Chrysopras«, sagte Patrick und verriet ihr damit den Namen.

»Er ist sehr schön«, gab Kitiara zu.

»Daß er Euch gefällt, beweist Euren guten Geschmack. Er hat meiner Mutter gehört und davor deren Mutter.«

Einen Augenblick spielte Patrick wieder nachdenklich mit seiner Halskette. Als er sie losließ, blickte er neu belebt auf. Er grinste Kit an, und sie grinste zurück.

»Unsere Reise war dieses Jahr anstrengend, deshalb möchte ich mich vor der letzten Etappe meines Heimwegs ausruhen. Solace scheint ein gastfreundlicher Ort zu sein. Falls wir hierbleiben, könnte ich dann darauf zählen, daß Ihr mir die Sehenswürdigkeiten hier zeigt?«

Stratke grunzte, schob seinen Teller zur Seite und kniff die Augen mit den schweren Lidern wachsam zusammen.

»Stratke findet die Idee auch gut«, sagte Patrick.

Kitiara mußte grinsen. »Woher wißt Ihr, was er sagt?« neckte sie ihn.

»Ich habe doch gesagt, wir verstehen uns«, erklärte Patrick keck. »Das geht mir immer so mit Menschen, die ein starkes Herz haben.« Impulsiv griff er nach Kitiaras Hand.

»Werdet Ihr uns führen?«

Kitiara errötete wieder. In seinem warmen, feuchten Griff kitzelte ihre Hand. Dann zog sie sie zurück und stand vom Tisch auf.

»Wenn Ihr Euch in diesem Flohzirkus einquartieren wollt, bitte sehr.« Dabei warf sie einen Seitenblick auf Otik, der prompt zu protestieren begann und ihr mit dem Finger drohte. Kitiara konnte sich kaum das Lachen verkneifen, während sie fortfuhr. »Und ich weiß nicht, was für Sehenswürdigkeiten Ihr in Solace erwartet«, sagte sie kopfschüttelnd mit gespieltem Ernst zu Patrick. »Aber ich werde Euch führen«, schloß sie sanft.

Ihr gegenüber nickte Stratke strahlend. Kitiara schob ihren Stuhl zurück und ging zur Tür. Ihr war bewußt, daß Patrick ihr nachstarrte. »Wann?« rief er ihr nach.

»Nicht zu früh«, gab sie über die Schulter zurück. Auf dem ganzen Heimweg dachte Kitiara an den jungen Adligen in seiner meerblauen Tunika. Er war ein Mann, der offenbar ein leichtes, privilegiertes Leben geführt hatte – die Art von Mann, die sie normalerweise verabscheute. Womöglich konnte er nicht einmal mit einem Schwert umgehen?

Aber etwas an ihm hatte sie berührt. Seine Intensität? Seine Verletzlichkeit? Daß sie ihm offensichtlich gefiel? Sie war sich nicht sicher. Kitiara wußte nur, daß sie sich darauf freute, ihn morgen früh wiederzusehen.

So legte sie den ganzen Rückweg zur Hütte grübelnd zurück. Als sie die Tür aufmachte, erwartete sie mehr als das übliche Chaos.

Es roch nach angebranntem Essen. Rosamund heulte im Nebenraum, aber Kit hörte auch, daß ihre Tante begütigend auf sie einredete. Die unverheiratete Schwester ihrer Mutter, ein nervöses Huhn von Frau namens Quivera, lebte derzeit bei ihnen, um sich um Rosamund zu kümmern, die im Moment dauernd halluzinierte. Die Bürde ihrer Mutter wurde Kit so etwas abgenommen, doch Quivera kümmerte sich kaum um das, was sonst im Haushalt noch vonnöten war.

Caramon stand am Herd und hielt ein Blech mit etwas bis zur Unkenntlichkeit Verbranntem.

»Kitiara, ich habe die Kekse verbrennen lassen«, klagte Caramon. »Was sollen wir denn jetzt essen?«

Seufzend machte Kitiara die Tür hinter sich zu.


Es gab nicht viel zu sehen in Solace, doch die Tage mit Patrick und Stratke boten Kitiara eine angenehme Abwechslung. Nachdem sie die wenigen Sehenswürdigkeiten abgeklappert hatten, trafen sie sich morgens einfach so und wanderten ziellos und immer gut gelaunt drauflos.

Sie begleitete die beiden Besucher über die hohen Gehwege, um den Marktplatz, zum Ufer des Krystallmirsees und ritt sogar mit ihnen nach Teichgrund, wo sie ihnen die ausgefallene Schule in dem Hügel zeigte und ein bißchen mit ihren Brüdern prahlte: Raistlin, dem frühreifen Zauberer, und Caramon, dem vielversprechenden Krieger.

Patrick erwies sich als guter Zuhörer, dessen höfische Manieren im Laufe der Woche einem vertraulicheren Umgangston wichen. Hin und wieder streckte er die Hand aus und berührte ihre Wange oder strich durch ihre Locken und murmelte leise: »Kitiara Uth Matar.«

Kit merkte, wie sie sich nach diesen Berührungen sehnte und unter seiner Hand ganz still hielt, doch Patrick wendete sich dann stets ab, als würde ihn seine Geste verlegen machen. Schließlich stellte sich nach kurzem, lastendem Schweigen die zwanglose Kameradschaft wieder ein, wobei der stets einlenkende Stratke die Situation rettete. Er erwies sich als sanfter Riese, und Kit stellte schnell fest, daß er ebenso viel lächelte und lachte, wie er grunzte und stöhnte. Stratke schien alles komisch zu finden, besonders die Worte seines Herrn.

Patrick und Kitiara waren vorsichtig mit den Fragen, die sie einander stellten. Kit enthüllte nur einen kleinen Teil ihrer Vergangenheit. In Solace wußte jeder, daß es Rosamund niemals bessergehen würde und daß Kitiara die Tochter dieser armen Verrückten war und vielleicht selbst einen Hauch Irrsinn in sich trug. Doch Patrick konnte das nicht wissen, und es kümmerte ihn auch nicht. In seiner Gegenwart redete sie lieber über ihren Vater. Sie erklärte ihm, sie wäre die Tochter von Gregor Uth Matar, einem meisterhaften Krieger, der aus einer stolzen, wenn auch weit entfernten Familie stammte.

Von Patrick hörte sie etwas über dessen herrischen Vater, eine Mutter, die er vergötterte, und einen Haufen Verantwortung und Macht, die auf ihn warteten, für die er aber noch nicht recht bereit war.


Am Vorabend der geplanten Abreise von Patrick und Stratke aus Solace wollten die drei ein Mondscheinpicknick am Ufer des Krystallmirsees veranstalten.

Die Nacht war wolkenlos. Beide Monde standen hell am Himmel und tauchten die ganze Welt in Licht und Schatten. Auf einem Hügel am Wasser holten die drei ihr Essen heraus – kaltes Fleisch, Wein, Brot und frisches Obst, das Otik ihnen eingepackt hatte.

Nach dem Essen hatten Kit und Stratke eine Vorstellung angesetzt. Sie griff in ihre Tasche und zog ein eingepacktes Schwert heraus, die wunderbare Waffe aus dem lang zurückliegenden Hinterhalt für Beck Gwatmey, die sie in den letzten zwei Jahren versteckt hatte. Als sie das Schwert auswickelte und vor sich hielt, glänzten Patricks Augen vor Überraschung und Freude über seine Schönheit.

»Das ist herrlich«, rief er aus. »Was hast du damit vor?«

»Nun, zuerst muß ich den Diener schlagen«, neckte Kit. Der große Mann mit den langen Zöpfen hielt sein Schwert mit gespielter Wildheit. Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, stürzten sich Kitiara und Stratke in einen Schaukampf, an dessen Ende Stratke nach viel Gegrunze und Gestöhne Kit zuzwinkerte und zu Boden sank, wobei er sich ans Herz griff.

»Jetzt muß sich der Herr verteidigen«, sagte Kitiara und zeigte mit dem Schwert auf Patrick, so daß es im Mondschein glitzerte.

»Ich doch nicht«, wehrte sich Patrick lachend. »Wie du siehst, trage ich keine Waffen. Das ist Stratkes Aufgabe, auch wenn der Hund versagt hat.«

Stratke, der sich aufgesetzt hatte und auf seine Art eigentümlich gurgelnd lachte, warf Patrick eine von seinen Waffen zu.

Kitiara stellte fest, daß der junge Edelmann das Schwert sehr geschickt auffing. Schwungvoll salutierte sie vor ihm. Patrick zögerte, antwortete dann jedoch genauso. Bald waren sie in die Finten und Tricks des Schwertkampfes vertieft. Patrick runzelte vor Konzentration die Stirn, führte sein Schwert allerdings sehr gut. Kitiara aber war wendiger und eindeutig erfahrener. Nach ein paar Minuten wich sie zurück und erhob lachend beide Hände. »Ich ergebe mich«, sagte sie, während sie ihren Kopf zum Zeichen ihres Besiegtseins neigte. Sie merkte, daß Patrick näher kam, und als sie aufsah, lag sein Blick wie gebannt auf ihr. Aus einem Impuls heraus stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küßte ihn mitten auf den Mund. Diesmal entzog er sich ihr nicht.

Stratke zog sich diplomatisch zum Fuß der Böschung zurück, wo er bald einschlief, doch Patrick und Kitiara saßen noch bis lange nach Mitternacht engumschlungen da, starrten auf den See hinaus und hatten sich viel zu erzählen.

Als der Morgen dämmerte, zog Patrick seine Arme zurück und nahm den Anhänger von seinem Hals, um ihn ihr hinzuhalten.

»Er gehört dir.«

Kit wich zurück, denn sie wußte nicht, was das zu bedeuten hatte. »Nein.«

»Ich würde dich belügen, wenn ich behaupten würde, er wäre wertlos«, sagte Patrick, »aber sein Wert liegt vor allem in den Erinnerungen.«

»Ein Grund mehr, weshalb ich ihn nicht annehmen kann«, sagte Kitiara.

»Ein Grund mehr, warum du es tun solltest«, erklärte Patrick fest. Er legte ihr das Amulett um den Hals.

Kitiara machte den Mund auf, um erneut zu widersprechen, doch Patrick wollte nichts davon hören. »Wir machen einen Tausch«, sagte er leise. »Etwas von dir gegen etwas von mir.«

»Aber ich habe nichts«, fing Kit an, zögerte dann jedoch. Ihre Augen fielen auf Becks Schwert. Es war das einzig wirklich Wertvolle, was sie besaß.

»Nimm das«, beschloß sie spontan, obwohl es wirklich ihr kostbarster Besitz war.

»Das ist zu schön, und wie du gesehen hast – trotz deiner großzügigen ›Niederlage‹ –, habe ich für ein Schwert wenig Verwendung.«

»Ich finde, es ist ein fairer Tausch«, sagte Kit entschlossen. »Stratke findet das auch«, fügte sie hinzu und zeigte zum Fuß des Hügels, wo der Diener zufrieden vor sich hin schnarchte.

Patrick mußte lachen. Er nahm ihre Hände in die seinen und sah ihr in die Augen. »Kitiara Uth Matar«, murmelte er träumerisch, »ich möchte, daß du mit Stratke und mir nach Gwynned kommst.«

Ohne lange nachzudenken, sagte Kitiara auf der Stelle ja.

»Ich lauf gleich los und packe meine Sachen«, versprach ihm Kit, »und schleiche mich davon.«

Bei diesen Worten runzelte Patrick die Stirn. »Was ist mit deinen Eltern?« fragte er ehrlich besorgt.

»Ich hab’ dir doch gesagt, er ist mein Stiefvater, nicht mein Vater, und meine Mutter ist viel zu krank, als daß sie begreifen würde, was draußen passiert. Die halbe Zeit weiß sie nicht einmal, ob es mich gibt oder nicht.«

Er legte ihr die Hände auf die Schultern. »Ich will nicht, daß du fortläufst, ohne ihnen Bescheid zu sagen«, beharrte er. »Ich will, daß du sie um Erlaubnis bittest, mit mir fortzugehen…«

Ihre Augen verrieten, daß sie nichts begriff.

»Und mich zu heiraten.«

Kitiara riß vor Staunen weit die Augen auf, Staunen und noch etwas anderes. Sie konnte einen Schauer des Abscheus nicht unterdrücken. Mit Patrick und Stratke unterwegs zu sein, würde Spaß und Abenteuer bedeuten, aber das letzte, was sie jemals wollte, war heiraten, selbst wenn sie sich so zu jemandem hingezogen fühlte wie zu Patrick. Bilder von Rosamund, von Aurelies Mutter, von Frauen, die nur noch im Haus lebten und deren Leben völlig von Männern abhängig war, überschwemmten sie.

»Kitiara«, meinte Patrick rasch. »Ich will gar nicht, daß du jetzt ja oder nein sagst, und ich verspreche dir, daß ich dich nie unter Druck setzen werde. Es ist eine lange Reise nach Nordergod, mindestens vier Wochen. Da hast du reichlich Zeit, über mein Angebot nachzudenken. Nimm dir diese Zeit und mehr, wenn du willst.«

»Aber«, fing Kitiara an, die nach den richtigen Worten suchte, »ich weiß nicht, ob ich überhaupt jemals heiraten will. Am allerwenigsten jetzt. Es gibt noch so viel…«

Kit sah den schönen jungen Mann an, der neben ihr saß, und war verwirrt. Niemand hatte sie je mit solcher Rücksicht und Höflichkeit behandelt wie er. Niemand hatte in ihr je solche Gefühle geweckt wie er, jetzt, wo er ihr tief und verständnisvoll in die Augen sah.

»Mach dir jetzt keine Gedanken darüber«, tröstete Patrick hastig. »Wir haben uns schließlich gerade erst kennengelernt, aber wir werden noch viel voneinander erfahren. Wenn du mit in mein Land kommst, wird man dich wie eine Königin behandeln. Du bekommst alles, was du willst. Du wirst Essen und Kleider bekommen und Sklaven, die deine Befehle ausführen. Das gefällt dir vielleicht.«

Doch, dachte Kitiara bei sich, das könnte ihr gefallen. »Wieso ich?« fragte sie.

Stratke war aufgestanden und gab grunzende Laute von sich, während er sich streckte und den Hügel hinaufblickte. Über dem Horizont war die Sonne aufgegangen, die alles in Rosa und Orange tauchte.

Patrick seufzte tief. »Weil«, sagte er sehnsüchtig, »weil ich glaube, ich liebe dich.«

Kitiara fiel auf, daß Stratkes Geräusche aufgehört hatten. Er beobachtete sie genau. Bis sie ihren Mund aufmachte, wußte sie noch nicht, wie ihre Antwort ausfallen würde. »Na gut«, sagte sie, ohne genau zu wissen, was sie damit meinte.


Kitiara war etwas irritiert, weil ausgerechnet Gilon von allen am traurigsten darüber wirkte, daß sie vielleicht für immer fortging (auch wenn sie das »für immer« herunterspielte). So laut, daß Patrick und Stratke es mitbekamen, riet sie Gilon, ihr noch mindestens so lange den Dachboden freizuhalten, bis er hörte, daß sie sich in Nordergod gut eingelebt hatte.

»Ich hoffe, du wirst glücklich werden, Kit«, sagte Gilon, als sie ein paar Sachen zusammenpackte, um aufzubrechen. »Aber wenn nicht, dann hoffe ich, daß du zurückkommst, denn wir werden dich vermissen.«

Caramon und Raistlin war davon nichts anzumerken. So früh am Morgen lag Caramon noch verschlafen in seinem Bett, ein einziges Knäuel mit seiner Bettdecke. »Tschüß«, murmelte er, bevor er sich herumrollte.

Raistlin war natürlich schon auf und in ein dickes, zerlesenes Buch vertieft. Er saß auf einem Hocker in der hinteren Ecke des großen Zimmers. Als Kit ihm zum Abschied einen flüchtigen Kuß auf die Wange drückte, sah er hoch und schaute zuerst sie, dann Patrick und Stratke an, die respektvoll an der Tür warteten. Dann war er wieder bei Kit.

»Du kommst zurück«, sagte er und senkte seine Augen wieder auf das Buch.

Na ja, dachte sie, er und Caramon sind bloß Kinder. Was habe ich erwartet, eine Abschiedsrede?

»Du mußt dich von deiner Mutter verabschieden.« Gilon bestand darauf.

Kitiara wand sich. »Sie wird nicht einmal verstehen, was ich sage.«

Gilon zuckte mit seinen großen Schultern und ging hinaus, um dort zu warten. Patrick und Stratke winkte er mit sich. Patrick warf Kitiara noch einen erwartungsvollen Blick zu, als er hinter sich die Tür zumachte.

Rosamund schlief nicht. Sie lag halb ansprechbar auf ihrem zerwühlten Bett und starrte die Decke an. Quivera, die jetzt einkaufen war, hatte ihr anscheinend die Haare gebürstet, so daß sie wie ein weißer Heiligenschein auf dem Kissen um ihren Kopf lagen. Leise atmete Rosamund durch ihre geöffneten Lippen, die rosa und geschwollen wie Blütenblätter aussahen.

Kit schaute ihre Mutter kalt an und redete dann so leise wie möglich mit ihr. Auf Gilons Drängen hin hatte sie einen Brief geschrieben, falls doch einmal eine Zeit kommen würde, in der Rosamund wieder bei klarem Verstand war. Den rollte Kit jetzt zusammen und band ihn mit einem von Rosamunds Haarbändern zu. Dann legte sie ihn neben ihre Mutter.

Liebe Mutter,

ich habe einen jungen Edelmann kennengelernt, der mich heiraten will. Wir gehen nach Nordergod, nach Gwynned, wo seine Familie herrscht. Ich werde reich sein und werde dir und Gilon und den Zwillingen Geld schicken können.

Viele Grüße, Kit.

Kit wußte, daß das eine armselige Botschaft war, doch mehr konnte sie für diese Frau nicht erübrigen, die ihren Vater hinausgeekelt hatte und wegen deren Schwäche die Hütte für Kitiara zu einem Gefängnis geworden war.

Als Kit noch eine Minute am Bett stand, glaubte sie, in den grauen Augen ihrer Mutter ein blasses Licht flackern zu sehen. Sonst jedoch nichts.

Als Kitiara sich dann zum Gehen umdrehte, streckte Rosamund plötzlich die Hand aus und umklammerte Kits Handgelenk mit überraschend festem Griff. Sie bewegte die Lippen, doch es kamen keine Worte heraus. Ihre Augen standen offen, sahen jedoch ins Leere. Nach ein paar Minuten löste Kitiara die Finger ihrer Mutter und legte deren Hand sanft wieder aufs Bett.

Draußen warteten Patrick und Stratke bei den Pferden. Gilon hatte Cinnamon für Kitiara gesattelt. Daneben stand geduldig ein Packesel, der Patricks große Kiste auf dem Rücken hatte. Stratke, der seine Waffen zur Schau trug, marschierte wichtigtuerisch herum, zurrte hier noch etwas fest und packte da noch etwas um. Sein Publikum bestand hauptsächlich aus Caramon, der doch noch aufgewacht war und jetzt andächtig diesen Berg von Mann anstarrte.

Feierlich schüttelte Patrick erst Gilon, dann Caramon die Hand, bevor er aufstieg. Kitiara nickte ihrem Stiefvater zu und fuhr Caramon durchs Haar, bevor sie Cinnamon bestieg. Als sie sich umdrehte, sah sie Caramon heftig winken. Die Sonne glitzerte auf seinen goldenen Haaren. Hinter ihm stand Raistlin unbewegt wie eine Statue in der Tür.

Kitiara hatte noch eines vor, ehe sie ging. Sie bat Patrick und Stratke, am Marktplatz zu warten, während sie Cinnamon zu Aurelie trieb. Ihre Freundin weinte, als sie die Neuigkeit hörte, faßte sich jedoch schnell wieder.

»Ein Edelmann! Wenn ich das meiner Mutter erzähle! Ich habe ihr immer gesagt, daß sie dich unterschätzt«, neckte Aurelie. »Sieht er gut aus?«

Kitiara merkte, wie sie rot wurde, als sie bejahend nickte. »Ich habe das Gefühl, das wäre eine Art von Abenteuer, das sogar dir gefallen würde«, zog sie ihrerseits die Freundin auf. Die beiden jungen Frauen umarmten sich. »Du kannst mir zu den Alwits von Gwynned schreiben«, rief Kit ihr noch zu, als sie zu ihrem Pferd hinunterstieg.

Am späten Vormittag befanden sie sich auf einer der Straßen, die von Solace aus durch flaches Ackerland nach Norden führten. Sie mußten zuerst nach Norden und dann etwas nach Osten, um die Gipfel des Kharolisgebirges zu umgehen und die Bucht zu erreichen, wo Patricks Schiff wartete.

Zuerst war Kit etwas schwindelig angesichts der sich überschlagenden Ereignisse, doch am späten Nachmittag hatte sie sich an das Reisen gewöhnt und fand immer mehr Spaß daran. Die drei waren gute Gefährten. Und darüber hinaus war sie endlich Solace und seinem nervtötenden Trott entkommen. Und sie ritten nach Norden – die Richtung, die ihr Vater zuletzt eingeschlagen haben sollte.

Nachdem sie durch Getreidefelder gezogen waren, erreichten sie sanft gewellte grüne Hügel, dann steileres Gelände, als sie auf ihrem Weg zur Küste die hinteren Ausläufer der Kharolisberge passierten. Hier gab es kaum Ortschaften und den wenigen wich Patrick aus, weil er sagte, er hätte genug vom Reisen und wollte unbedingt nach Hause. Von anderen Weggenossen hörten sie von einem zweiköpfigen Troll, der die Gegend in Schrecken versetzte, doch sie sahen nichts von dieser Bestie.

Ein bis zwei Stunden bevor sie ihr Nachtlager aufschlugen, überließ Stratke Patrick und Kit jeden Tag sich selbst, um dann mit einem Hasen oder anderem Wild zurückzukehren, das er zum Abendessen zubereitete. Er war ein erstaunlich guter Koch. Nach dem Essen saßen sie und Patrick normalerweise Arm und Arm da und unterhielten sich, wobei ihnen Stratke als aufmerksamer Zuhörer willkommen war.

Unter dem sternenübersäten Himmel fragte sich Kitiara oft, ob sich der leidenschaftliche Kuß, den sie und Patrick an jenem Abend am Krystallmirsee ausgetauscht hatten, wiederholen würde, doch seltsamerweise kam es nicht dazu. Stratke entfernte sich nie weit von ihnen. Und wie ihr Vater konnte Patrick sie mit seinen Geschichten in den Schlaf lullen. Mehr als einmal wachte sie morgens auf, ohne sich erinnern zu können, wie sie eingeschlafen war.

Fünf Tage nach ihrem Aufbruch aus Solace näherten sie sich der Bucht, wo Patricks Schaluppe wartete. Von einem hohen Felsen erhaschten sie einen ersten Blick auf die Straße von Schallmeer. Kitiara hatte noch nie so viel Wasser gesehen – blau mit weißen Schaumkronen und so weit die Augen sehen konnten.

Sie folgten der Küste einen weiteren Tag lang nach Westen, ehe sie den Rand der Bucht erreichten, wo sie das Schiff, die »Silberhecht«, vor der Küste vor Anker liegen sahen. Die Segel an den drei Masten waren eingerollt. Stratke zog eine große Messingpfeife aus einer der Taschen und blies darauf einen langen, hohen Ton, um ihr Kommen anzukündigen. Bunte Flaggen, die auf dem Vorderdeck geschwenkt wurden, zeigten, daß man sie bemerkt hatte.

Als sie sich dem Schiff näherten, riefen die Seeleute, die sich über die Reling beugten, ein kräftiges Hoch auf Patrick aus. Er ist jedenfalls ein beliebter Herr, befand Kitiara. Ihr fiel auf, daß viele Männer auch Stratkes Namen riefen. Bewegungen unter Deck an den Seiten des Schiffs erregten ihre Aufmerksamkeit. Auch Minotauren, die ihre gehörnten Köpfe durch einige der Luken zur Küste hin streckten, beobachteten die Ankunft der Reisenden. Diese halb tierischen Sklaven würden sich bei Flaute in die Ruder legen. Schon hatten ein paar Leute ein Beiboot heruntergelassen, um an Land zu rudern und Patrick und die anderen abzuholen. Kit bemerkte eine Barkasse am Strand, mit der man die Pferde zum Schiff bringen würde.

Als sie schließlich an Bord kletterten, fiel Kit auch eine Gruppe elegant gekleideter Männer und Frauen auf, die auf einer Seite des Decks saßen. Es waren die einzigen, die die Neuankömmlinge nicht begrüßten, obwohl ihre Mienen andeuteten, daß sie über die bevorstehende Abfahrt erleichtert waren.

»Wir nehmen ein paar Passagiere mit«, erklärte Patrick Kitiara. »Das senkt die Kosten und stärkt die guten Beziehungen zwischen dem Land meines Vaters und den umliegenden Ländereien.«

In diesem Augenblick kam ein Mann auf sie zu, der sich geschickt dem Schwanken des Schiffs anpaßte. Er trug mit Litzen verzierte Lederkleidung und eine engsitzende, gestreifte Kappe. Sein Gesicht war von einer ausgeprägten Hakennase und einem fröhlichen Grinsen gezeichnet. Der sieht aus wie einer, auf den man im Kampf zählen kann, dachte Kit, doch sie registrierte auch, daß er keine Waffen trug. Statt dessen hingen ein Kompaß und ein Sehglas an seinem Gürtel. Es war offenbar der Kapitän der »Silberhecht«.

»Seid gegrüßt, Patrick und Stratke«, strahlte er, während er ihnen abwechselnd kräftig die Hand schüttelte. Dann erst hatte er Augen für Kitiara. »Und wer ist diese hübsche junge Dame?«

»Kitiara Uth Matar«, erklärte sie und trat vor, um ihm die Hand zu reichen.

»Meine Verlobte«, ergänzte Patrick sofort, ohne das Stirnrunzeln zu beachten, das Kit ihm zuwarf.

Anstatt ihr die Hand zu schütteln, beugte sich der Kapitän tief über ihr Handgelenk und küßte es.

Ein Ausdruck des Befremdens malte sich auf Kits Gesicht. Die Manieren des Kapitäns waren so gut wie die seines Herrn, obwohl Kitiara den Eindruck hatte, daß sich hinter dem samtenen Äußeren ein stahlharter Kerl verbarg.

»La Cava«, sagte er selbstbewußt, als er sich aufrichtete. »Zu Euren Diensten, Madame.« Seine Augen verrieten, daß ihm jetzt, etwas verspätet etwas einfiel. »Uth Matar?« fragte er.

Kitiara nickte eifrig. »Vielleicht habt Ihr von meinem Vater gehört«, meinte sie rasch. »Gregor Uth Matar. Er ist weit und breit bekannt…«

»Als?« fragte La Cava, der ihre Hand losließ, ihr aber weiter ins Gesicht sah.

»Als?« wiederholte Kitiara verwirrt.

»Nun, bekannt als was?« fragte La Cava ganz selbstverständlich.

»Oh«, sagte Kit betreten. »Als großer Glücksritter. Ein unvergleichbarer Kämpfer. Ein rechtschaffender und ehrenhafter Mann.«

»Ja, natürlich«, sagte La Cava. Er überlegte noch einen Moment, bevor sein Gesicht zu einer höflichen Maske wurde. »Nein«, erklärte er, »ich habe noch nicht von ihm gehört.«

Patrick zog La Cava beiseite und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Kapitän nickte und rief: »Lurie!«

Ein großer, knochiger Mann mit vernarbter Haut kam eilig zum Kapitän gelaufen. Sein Gesichtsausdruck war unterwürfig. Er war nur mit einer kurzen Lederhose bekleidet und gehörte offenbar zu den Maats.

»Lurie«, befahl Patrick, »führ meine Verlobte in meine Privatkajüte, und bring mich und Stratke gleich im Raum gegenüber unter. Hol die Truhe meiner Mutter heraus, und sorg dafür, daß Kitiara alles hat, was sie braucht – Öle, Parfüms und die besten Kleider.«

Beim Zuhören senkte Lurie wie ein Vogel den Kopf und warf scharfe, neugierige Blicke in ihre Richtung. Als Patrick fertig war, streckte Lurie seinen mageren Arm nach Kit aus. »Folgt mir, meine Süße.«

Kitiara wollte Einwände erheben – sie brauchte wirklich nicht verwöhnt zu werden –, doch Patrick berührte sanft ihren Arm und sagte: »Geh jetzt. Ich komme dann zum Abendessen zu dir.«

Kit zuckte grinsend mit den Schultern. Sie wußte, daß mehrere Dutzend Augenpaare ihr hinterhersahen, während sie von Lurie nach unten geleitet wurde. Da kam sie sich wirklich schon wie eine Königin vor.


Ihre Kabine lag an dem Gang unterm Deck. Durch die großen Bullaugen sah man das Meer. Ein bequem aussehendes Bett, eine Kommode und ein kleiner Schreibtisch waren an der Wand der Kabine festgemacht. Lurie beobachtete Kit nervös, während sie herumlief und verschiedene Gegenstände berührte. Es war, als müßte sie sich vergewissern, daß sie echt waren, daß das hier kein Traum war. Als sie sich schließlich umdrehte, um den Maat zu entlassen, hob dieser vielsagend die Hand, bückte sich und zog eine Truhe unter dem Bett hervor.

Lurie ließ das Schloß aufschnappen, und Kit konnte sehen, daß die Truhe sorgfältig mit aller Art feiner Kleidung vollgepackt worden war. Lurie schien genau zu wissen, was er wollte. Er griff hinein und zog ein gelbes Seidenkleid mit tiefem Ausschnitt und langen, bauschigen Ärmeln heraus.

»Sehr hübsch«, sagte er grinsend mit einem Augenzwinkern. »Hübsches Kleid für süßes Mädchen.«

Kit riß ihm das Kleid aus der Hand, konnte jedoch ein Lächeln nicht unterdrücken. Irgendwie war alles etwas lächerlich, besonders Lurie mit seinem gekrümmten Hals und dem Vogelgetue. So ein Kleid hatte sie noch nie gesehen, geschweige denn getragen. Doch als sie es in den Händen hielt und den weichen Stoff fühlte, schwelgte Kit in diesem Luxus.

»Probiert es an«, meinte Lurie.

Kit hielt es sich an und stellte fest, daß es passen würde, als wäre es für sie gemacht. Lurie, der neugierig zuschaute, lächelte ihr ermutigend zu. Er machte die Tür eines eingebauten Wandschranks auf und zeigte ihr einen großen Spiegel.

Langsam näherte sie sich dem Spiegel. Die Person dort schien nicht mehr sie selbst zu sein, sondern eine Prinzessin. Im Spiegel konnte sie sehen, wie Lurie rückwärts den Raum verließ und noch einen letzten Blick auf die Verlobte seines Herrn warf.

»Hißt die Segel!«

Als die Segel im Wind knatterten, setzte sich die Schaluppe in Gang.

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