Duke und Ray tauchen auf
Auf der Südostseite der Riverside-Deponie inmitten eines stinkenden Müllgebirgszuges trafen sie auf vier Streifenwagen, zwei Fahrzeuge der Gerichtsmedizin und einen Krankenwagen. Sie standen fein säuberlich in einer Reihe nebeneinander wie zur Besichtigung auf einem Schulfest. Dan hielt neben dem ersten Streifenwagen.
»Hier?«, fragte Bonnie.
»Wir haben sie hier gefunden, weil wir hier nach ihnen gesucht haben. Wir wussten sogar, wo genau auf der Deponie sie höchstwahrscheinlich liegen würden.«
Er öffnete ihr die Tür und gemeinsam schritten sie über zerquetschte Cornflakes-Packungen, aufgerissene Windeln und fauliges Gemüse. Ein brennender Gestank stieg von der nahen Müllverbrennungsanlage auf und verdichtete den ohnehin kaum zu ertragenden mittäglichen Smog. Detective Mesic hustete.
Keiner sprach. Es gab nichts zu sagen. Dan führte Bonnie durch die Reihe von Polizisten, Fotografen und Gerichtsmedizinern, die um eine bestimmte Stelle herumstanden. Und da lagen sie einträchtig nebeneinander: Duke und Ray. So wie man einst im Wilden Westen erlegte Revolverhelden in offenen Särgen für Schaulustige ausstellte.
Nur dass Duke und Ray nicht in Särgen lagen. Sie lagen in aufgeschlitzten, blutgetränkten Matratzen. In den Matratzen, auf denen David Hinsey und Maria Carranza gestorben waren. Duke und Ray waren nackt und aufgedunsen und von Maden übersät. Beiden war die Brust geöffnet worden. Duke war entmannt worden. Zwischen seinen Beinen hing eine Traube fetter, grünlich glänzender Schmeißfliegen.
Bonnie stand da und starrte lange Zeit auf ihre Familie hinab. Dan hatte die Arme gefaltet und wartete geduldig.
»Du hast mir damals erzählt, du hättest erst die Matratzen auf die Deponie gebracht und wärst dann nach Hause gefahren«, sagte er schließlich. »Aber weil du dir über den gesamten Tagesablauf so unsicher warst, hab ich das noch mal überprüft. Demnach hast du die Matratzen erst um vier Uhr siebenundvierzig hier abgeliefert, kurz bevor die Deponie zumachte. Um drei Uhr zwei hast du Esmeralda angerufen. Zu diesem Zeitpunkt waren Ray und Duke wahrscheinlich schon tot. Du musstest nur noch die Matratzen aufschlitzen, ihre Körper hineinlegen, die Matratzen wieder notdürftig zunähen und sie hier wegwerfen. Wir hatten Glück, dass noch kein Bulldozer sie für immer begraben hatte.«
Bonnie betrachtete Dukes deformiertes, geschwollenes Gesicht, dann sah sie auf Ray, aber die beiden sahen nicht einmal mehr aus wie ihr Mann und ihr Sohn. »Es war Itzpapalotl«, sagte sie leise. »Ich habe sie um Hilfe gebeten, wollte von ihr einen Ausweg wissen. Sie kam und hat mich frei gemacht – frei wie ein Schmetterling.«