4. Kapitel

Eine lange schlaflose Phase, in der Gurronsevas derart konzentriert nachdachte, daß er keine klare Vorstellung davon hatte, wieviel Zeit vergangen war, wurde durch den aufdringlichen Klang und das blinkende Licht des Türmelders unterbrochen. Es war Lieutenant Timmins.

„Entschuldigen Sie bitte die Störung, Sir“, sagte er in forschem Ton. „Ich hoffe doch, Sie haben gut geschlafen. Gibt es einen bestimmten Teil des Hospitals, den Sie besichtigen möchten, oder jemanden, den Sie kennenlernen wollen? Den Versorgungscomputer für Speisen und Getränke zum Beispiel, die verschiedenen Nahrungssynthesizer oder die Diätküchen der einzelnen Abteilungen? Oder die Lebensmitteltechniker, die die Verantwortung für.?“

Gurronsevas hob zwei der oberen Gliedmaßen, die er locker gekreuzt hielt, und bat auf diese Weise wortlos um Ruhe. Timmins mußte diese tralthanische Geste verstanden haben, denn er verstummte sofort.

„Danke, aber im Moment möchte ich nichts von alledem“, antwortete Gurronsevas. „Zwar weiß ich, daß Sie noch andere Pflichten haben müssen, Lieutenant, doch solange es von der Hospitalleitung geduldet wird, würde ich es vorziehen, mit niemand anderem als mit Ihnen in engen persönlichen Kontakt zu treten oder vertrauliche Gespräche zu führen.“

„Natürlich habe ich noch andere Pflichten“, bestätigte Timmins, „aber ich habe auch einen Assistenten, der mir angestrengt das Gefühl zu geben versucht, überflüssig zu sein. Für die nächsten zwei Tage stehe ich Ihnen voll und ganz zur Verfügung, und danach immer dann, wenn es uns beiden zeitlich in den Kram paßt. Was möchten Sie als erstes tun?“

Daß Timmins allmählich ungeduldig wurde, war offensichtlich, doch Gurronsevas rührte sich nicht. „Auch auf die Gefahr hin, mich — hoffentlich zum letzten Mal zu wiederholen und Sie zu ermüden, muß ich Sie an meine vorherige Stellung auf Nidia erinnern“, sagte der Tralthaner. „Das Cromingan-Shesk ist ein riesengroßes Hotel für viele verschiedene Spezies,

und die dortigen Küchen, über die ich die Gesamtaufsicht geführt habe, sind komplexe, mit modernster Technik ausgestattete Einrichtungen, in denen es — wie nicht anders zu erwarten — immer wieder zu äußerst lästigen Funktionsstörungen kommt. Ich bin in der Lage gewesen, die Zahl dieser Ausfälle zu verringern, indem ich mich mit der Grundfunktion der unsichtbaren Trägerkonstruktionen, der verschiedenen Systeme zur Nahrungsaufnahme bei anderen Spezies, der Prozessoren, Backöfen und Zusatzgeräte vertraut gemacht habe, bis hin zum richtigen Gebrauch des kleinsten Schneidwerkzeugs und Löffels. Gleichfalls habe ich mich über die Arbeit der untergeordneten Köche, der Kellner, der Wartungstechniker und derjenigen informiert, die für die Dekoration der Tische verantwortlich gewesen sind, und dabei nicht einmal die Tätigkeit des rangniedrigsten Mitglieds des Reinigungspersonals ausgespart. Ich hatte es mir zur Aufgabe gemacht, genug zu wissen, um sagen zu können, ob und wann ein Fehler aufgetreten war, egal, ob ich dafür eine Begründung oder eine Ausrede bekommen habe.

Bevor ich versuche, irgendwem in meiner Abteilung Anweisungen zu geben, will ich das räumliche Ausmaß meines Verantwortungsbereichs und die praktischen Schwierigkeiten kennen, die sich wahrscheinlich ergeben werden, damit die Kluft zwischen der Unwissenheit meiner Untergebenen und meiner eigenen möglichst gering ist“, fuhr Gurronsevas fort. „Mit diesem Lernprozeß sollte ich sofort anfangen.“

Während Gurronsevas’ Ausführungen hatte sich Timmins’ Mund zwar geöffnet, doch für ein Lächeln schien die Lippenstellung nicht ganz richtig zu sein. Schließlich entgegnete der Lieutenant: „Dann werden Sie sich ausgiebig durch das Wartungstunnelnetz bewegen müssen. Dort kann es stellenweise allerdings recht schmutzig, unangenehm und gefährlich sein. Sind Sie sich auch wirklich sicher, daß Sie genau das wollen?“ „Ganz sicher sogar“, bekräftigte Gurronsevas. „Dann können wir uns unterwegs weiter unterhalten“, schlug der Lieutenant vor. „Aber zumindest am Anfang wäre es besser, wenn ich rede und Sie zuhören würden. In der Wand am Ende des Gangs vor Ihrer Unterkunft befindet sich eine Einstiegsluke für das Wartungspersonal.“

Laut Timmins war der Plan der Wartungstunnel und — Stationen zwischen den Ebenen des Hospitals, den Gurronsevas vor seiner Ankunft so eifrig studiert hatte, zur Information von Interessierten erstellt worden, bei denen es sich nicht um Fachleute handelte; entsprechend waren die Zeichnungen stark vereinfacht, sahen viel zu hübsch aus und waren schon seit Jahren überholt. Daß der Terrestrier nicht übertrieben hatte, bestätigte sich schon bald; denn kaum waren sie durch die Luke für das Wartungspersonal gestiegen, sah sich Gurronsevas einer nach unten führenden Treppe gegenüber, die dem Plan zufolge gar nicht hätte existieren dürfen.

„Die Stufen sind zwar stabil genug, um Ihr Gewicht zu tragen, aber steigen Sie trotzdem langsam hinunter“, riet Timmins. „Wenn es Ihnen lieber ist, können wir auch an einer anderen Stelle einsteigen, wo es eine Rampe gibt. Manche Tralthaner haben mit Treppen so ihre Schwierigkeiten.“

„Treppen habe ich schon im Hotel benutzt“, fiel ihm Gurronsevas ins Wort. „Aber bitten Sie mich nicht darum, auf Leitern zu steigen.“

„Das werde ich schon nicht tun“, beruhigte ihn der Lieutenant. „Aber Sie gehen zuerst. Das ist keine Höflichkeit, sondern ich will es nur nicht riskieren, daß mir ein Tralthaner auf den Kopf fällt, der eine viertel Tonne wiegt. Wie ist Ihr Sehvermögen?“

„Sehr gut“, antwortete Gurronsevas.

„Aber sehen Sie auch gut genug, um deutlich die Farben zu erkennen, die durch Veränderungen in der Tunnelbeleuchtung feinen Abstufungen unterworfen und recht gedämpft sind?“ hakte Timmins hartnäckig nach. „Oder leiden Sie an Klaustrophobie?“

Indem er sich bemühte, seine Ungeduld zu verbergen, antwortete Gurronsevas: „Ich bin mit bloßem Auge in der Lage, den Frischegrad einer ganzen Reihe häufig verzehrter Früchte und Gemüsesorten bis auf wenige Stunden genau bestimmen zu können. Und Platzangst habe ich auch nicht.“

„Dann ist ja alles in bester Ordnung“, meinte Timmins. Mit leicht entschuldigendem Unterton fuhr er fort: „Aber sehen Sie nach oben und achten Sie auf das, was sich um Sie herum befindet. In sämtlichen Verbindungsgängen, Tunneln, Wartungsschächten und Schutznischen sieht es nämlich genauso wie hier aus. Das heißt, an den Wänden und Decken ziehen sich Kabelbäume und Rohrleitungen entlang, die ausnahmslos mit unterschiedlichen Farben gekennzeichnet sind. Dadurch sind die Wartungstechniker in der Lage — ähnlich wie Sie beim Frischgemüse — auf einen Blick zu sagen, welche Kabel Starkstrom führen und welche die weniger gefährlichen Kommunikationsleitungen beherbergen, oder in welchen Rohren sich Sauerstoff, Chlor, Methan oder organische Abfallstoffe befinden. Die Gefahr der Verseuchung von Stationen durch die Atmosphäre einer artfremden Spezies ist immer gegenwärtig, und man sollte es nicht zulassen, daß sich eine solche Umweltkatastrophe ereignet, nur weil jemand mit einem Sehfehler die falschen Rohre zusammengesteckt hat.

Normalerweise müßte ich mich nicht nach der Sehschärfe oder nach einer eventuell vorhandenen Klaustrophobie erkundigen, weil O’Maras psychologische Durchleuchtung jedes Wesen mit diesen Gebrechen vor der Zulassung zur Ausbildung aussondern würde“, setzte er seine Ausführungen fort. „Da Sie jedoch kein Auszubildender sind, ist mir Ihre psychologische Akte nicht zugänglich gewesen. Schnell! Gehen Sie in die Nische rechts vor Ihnen hinein!“

Die letzten paar Sekunden lang hatte Gurronsevas einen hohen Heulton wahrgenommen, der ständig lauter geworden war. Er spürte, wie ihn Timmins’ kleine, weiche Hände an der Seite des Unterkörpers auf eine Weise voranschoben, die ein anderer Tralthaner als Intimität betrachtet hätte, doch der Lieutenant drängte ihn lediglich, sich schneller in die Nische zu begeben, bevor er sich selbst neben ihm hineinzwängte.

Ein G-Schlitten, der so hoch mit Vorräten und Ausrüstung beladen war, daß zwischen der Ladung und der Tunneldecke nur noch wenige Zentimeter Luft zu blieben schienen, zog heulend an ihnen vorbei. Über den Lärm der Warnsirene hinweg brüllte der terrestrische Fahrer: „Morgen,

Lieutenant!“ Timmins hob eine Hand zum Gruß, sagte aber nichts, da sich der Fahrer mittlerweile außer Hörweite befand. Jetzt kannte Gurronsevas den Zweck der Nischen. „Wir könnten eine Menge Zeit sparen, wenn wir einen G-Schlitten benutzen würden, anstatt zu Fuß zu gehen“, schlug er vor. „Ich bin mitten in der Innenstadt von Retlin herumgefahren, wo ganz entsetzlicher Verkehr herrscht, und man schätzte mich als ausgezeichneten Fahrer.“

Timmins schüttelte den Kopf „Um sich hier mit einem G-Schlitten zu bewegen, reichen Ihre Fahrkünste noch lange nicht. Falls Sie wirklich vorhaben, viel Zeit in den Wartungstunneln zu verbringen, werde ich für Sie einen speziellen Fahrunterricht in einem leeren Laderaum mit Wänden arrangieren, die bei der leichtesten Berührung einstürzen, damit Sie nicht das Hospitalgebäude beschädigen oder sich selbst verletzen. Doch der Hauptgrund, im Moment keinen G-Schlitten zu benutzen, ist der, daß wir uns mit ihm zu schnell fortbewegen würden. Dann könnten Sie an den Punkten, die wir aufsuchen oder an denen wir vorbeikommen, nichts Nützliches sehen oder lernen.“

„Ich verstehe“, räumte Gurronsevas kleinlaut ein.

„Gut, damit wären wir schon mal einen Schritt weiter“, stellte der Lieutenant zufrieden fest. „Doch jetzt ein kleiner Test. Was können Sie mir aufgrund Ihrer bisherigen Beobachtungen und der wenigen Eindrücke, die Sie gesammelt haben, über den Tunnelabschnitt erzählen, den wir gerade betreten haben?“

Gurronsevas’ Schulbesuch lag zwar sehr viele Jahre zurück, doch damals wie heute war er stets angestrengt bemüht, seine Lehrer zu beeindrucken. „Ein paar Sekunden lang habe ich von der Tunneldecke her ein dumpfes Poltern und Schlurfen und die gedämpften Stimmen von Mitgliedern anderer Spezies wahrgenommen, die für den Translator zu zahlreich und zu schwach gewesen sind“, antwortete er. „Das führt mich zu der Annahme, daß wir uns unter einem der Hauptkorridore hindurchbewegen. In der Luft liegt ein schwacher Geruch, den ich nicht bestimmen kann und der in größerer Intensität vermutlich unangenehm wäre. Wie ich außerdem bemerke, sind zwar die Farbmarkierungen, die die Strom- und Kommunikationsleitungen über unseren Köpfen wie auch die Rohre mit Wasser und mit dem von den warmblütigen Sauerstoffatmern benötigten Sauerstoff-Stickstoff-Gemisch kennzeichnen, die gleichen geblieben, aber es sind auch mehrere dicke Rohre mit der Kennzeichnung für Wasser hinzugekommen, sowie einige dünnere Leitungen mit einer Farbmarkierung, über die Sie mir nichts erzählt haben. Ich habe eine Frage.“

„Wer so gut geantwortet hat, verdient es, ebenfalls eine gute Antwort zu erhalten“, meinte Timmins lächelnd. „Fragen Sie.“

„Keiner der Mechanismen und keins der Geräte, an denen wir vorbeigekommen sind, hat ein Erkennungszeichen gehabt“, sagte Gurronsevas. „Wird von Ihnen und Ihrem Wartungspersonal verlangt, die Funktion all dieser Mechanismen auf einen Blick zu erkennen und sich einzuprägen?“

„Du meine Güte, nein.!“ widersprach Timmins, als sie plötzlich von der Sirene eines herannahenden Fahrzeugs, das von einem Kelgianer mit silbernem Fell gefahren wurde, der keinen Ton sagte, gezwungen wurden, in der nächsten Wandvertiefung Schutz zu suchen. Als sie wieder aus der Nische hervorkamen, fuhr Timmins fort: „Nicht einmal ein Diagnostiker besitzt ein dermaßen gutes Gedächtnis. Rechts von Ihnen steht ein rot-blauweiß gekennzeichneter Kasten, in den drei der dicken Wasserrohre hineinführen. Auf der Außenseite befindet sich eine große Inspektionsluke, in die ein kleiner aufklappbarer Deckel eingebaut ist. Öffnen Sie den Deckel und drücken Sie auf den darunter befindlichen Knopf.“

Gurronsevas tat wie befohlen und war überrascht, als eine neue Stimme zu ihnen zu sprechen begann. Die Originalsprache konnte er zwar nicht erkennen, doch die Übersetzung kam deutlich durch seinen Translator.

„Ich bin eine Reservepumpe und diene dem Zweck, die Hauptstation für Chalder mit der lebensnotwendigen Umgebungsflüssigkeit aufzufüllen. Diese Flüssigkeit enthält von den Wasseratmern der physiologischen Klassifikation AUGL bevorzugte Spurenelemente, die sie für die Trinkwasserversorgung anderer warmblütiger Spezies ungeeignet machen, auch wenn die Spurenelemente nicht giftig sind. Ich funktioniere automatisch.

Die große Inspektionsluke wird geöffnet, indem Sie Ihren Generalschlüssel in den mit einem roten Kreis markierten Schlitz stecken und ihn in Pfeilrichtung um neunzig Grad drehen. Zur Reparatur oder dem Austausch von Einzelteilen ziehen Sie Wartungsanleitungsband drei, Abschnitt eins drei zwei zu Rate. Vergessen Sie nicht, den Deckel wieder zu schließen, bevor Sie gehen.

Ich bin eine Reservepumpe und diene.“, ging es wieder von vorne los, aber Gurronsevas schloß den Deckel und brachte die Pumpe auf diese Weise zum Schweigen.

„Eine mündliche Selbsterklärung, die von jedem, der einen Translator besitzt, verstanden werden kann“, stellte er mit Bewunderung fest. „Das hätte ich wissen müssen.“

Timmins lächelte nur. „Wir kommen jetzt in die illensanischen Ebenen. Der Geruch und die neue Farbmarkierung, die Sie entdeckt haben, zeigen das Vorhandensein von Chlor an. Doch bevor wir weitergehen, benötigen wir Schutzanzüge. Biegen Sie deshalb in den nächsten Eingang zur Linken ein. In dem dahinter befindlichen Raum brauchen Sie sich wenigstens keine Sorgen um den Verkehr zu machen.“

Wie Gurronsevas auf einen Blick erkannte, handelte es sich um einen Raum, in dem Schutzanzüge für die verschiedensten Spezies gelagert waren. Die durchsichtigen Türen der Schränke, die ringsum an den Wänden aufgestellt waren, gaben den Blick auf den Inhalt frei, und auf Wunsch konnte man sich bei jedem Anzug von mündlichen Selbsterklärungen spezielle Anweisungen zum richtigen Anpassen erteilen lassen. Timmins nahm einen Anzug für sich selbst heraus und zog ihn schnell an, bevor er Gurronsevas zu einem der Schränke für Tralthaner führte.

„Mit Ihren sechs Beinen werden Sie es zuerst schwierig finden, in das Ding hineinzukommen, darum werde ich Ihnen lieber helfen“, sagte der Lieutenant. „Der Anzug stellt eine Kombination aus einem leichtgewichtigen Schutz vor der jeweiligen Umgebung und einem Mehrzweckoverall dar. An meinem befindet sich eine Kapuze, die sich luftdicht versiegeln läßt, falls es zu einem Notfall kommen sollte, der die Verseuchung von Ebenen oder Stationen anderer Spezies zur Folge hat, wie zum Beispiel durch die Funktionsstörung einer größeren Luke in der Trennwand zwischen den Bereichen von Sauerstoff- und Chloratmern oder zwischen der heißen Ebene der Telfi und irgendeiner anderen Station. Ihr Anzug ist mit Behältern ausgerüstet, die Sie für kurze Zeit mit Luft versorgen, mit Kühl- und Trockenelementen, um die Körperausdünstungen einzudämmen und vor Hitzschlag zu schützen, und mit einem Signalgeber, damit Sie Hilfe rufen können, falls Sie in Schwierigkeiten geraten.

Benutzen Sie den Signalgeber nur, wenn Sie nicht zu einem Kommunikator gelangen können und sich wirklich in einer ernsten Notlage befinden oder wenn Sie sich ganz sicher sind, daß Sie die Probleme nicht selbst beheben können“, setzte Timmins seine Erläuterungen fort. „Sollte eine komplette Rettungsmannschaft samt medizinischer Unterstützung ausrücken und feststellen, daß Sie sich bloß verirrt oder sich einsam gefühlt haben, wird man Sie zur Rechenschaft ziehen und Sie werden zum Gespött der anderen.“

„Was auch berechtigt wäre“, pflichtete ihm Gurronsevas bei.

Timmins lächelte und fuhr fort: „Die Anzüge schützen auch vor Schnitt- und Schürfwunden durch vorspringende Metallteile und vor Schmutz. Anders als auf den medizinischen Ebenen und in Ihren Küchen im Cromingan-Shesk brauchen wir hier nämlich nicht in blitzsauberen Verhältnissen zu arbeiten. In den Geräten bauen sich statische Ladungen auf, die Staub anziehen, und der verbindet sich mit den Schmiermitteln, die überall eingesetzt werden, zu einem äußerst schmutzigen Gemisch, das nur schwer wieder abzubekommen ist, besonders für Lebensformen, die ein Fell haben. Bis auf die transparenten Anzüge, die die Kelgianer tragen, deren Fell zur wortlosen Verständigung sichtbar bleiben muß, haben alle Anzüge eine einheitliche Farbe, nämlich das Monitorkorpsgrün. Vor dem Anziehen werden die medizinischen oder abteilungsinternen Rangabzeichen außen am Anzug angebracht. Überprüfen Sie jetzt Ihre Helmdichtung. Sitzt alles bequem?“

„Sehr bequem sogar, danke“, antwortete Gurronsevas. „Aber ich habe eine Frage zur Wasserpumpe für die AUGL-Hauptstation, die vorhin gesprochen hat. Über die Schwierigkeit, den Geschmack von Gerichten für Wasserarmer zu verbessern, habe ich bisher noch gar nicht nachgedacht. Sobald ich einige Kennmisse über die Anlage der Wartungsebenen und das Nahrungsvertriebssystem gesammelt habe, würde ich das Problem gern mit den Chaldern besprechen. Können Sie das für mich arrangieren?“

„Das ist wohl eher eine medizinische Angelegenheit“, antwortete Timmins nach einiger Überlegung. „Es wäre ratsam, wenn Sie Schwester Hredlichli, die die Aufsicht über die AUGL-Station führt, um Erlaubnis bitten und sich bei ihr nach den günstigsten Besuchszeiten erkundigen.“

„Gut, dann werde ich das so machen“, sagte Gurronsevas. „Doch Sie klingen etwas unschlüssig. Kann es sein, daß ich auf Probleme stoßen werde?“

„Oberschwester Hredlichli genießt den zweifelhaften Ruf, nur ein kleines bißchen weniger ungenießbar als O’Mara zu sein“, antwortete der Lieutenant. „Doch bevor ich Ihnen die Haupteinheit des Nahrungssynthesizers unter der Kantine zeige, befestigen Sie jetzt diese Binde für Auszubildende an einem Ihrer Vorderglieder, wo sie leicht zu sehen ist.“

Das war schon das zweite Mal, daß man ihn aufforderte, das erniedrigende Abzeichen eines Auszubildenden zu tragen, empörte sich Gurronsevas im stillen, doch die verärgerte Antwort, die er dem ungeduldigen Chefpsychologen gegeben hatte, wäre bei diesem freundlichen Lieutenant mit den guten Manieren kaum angebracht gewesen. Während er noch nach Gründen suchte, das Tragen der Binde abzulehnen — oder handelte es sich womöglich um Ausreden? — , meldete sich Timmins erneut zu Wort.

„Mir selbst ist ja bekannt, daß Sie kein Auszubildender, sondern ein Fachmann mit beachtlicher langjähriger Berufserfahrung sind, und schon bald werden das auch alle anderen im Hospital wissen. Dennoch sind die Mitarbeiter auf den Wartungsebenen ständig in Eile, und es kommt leicht zu Unfällen. Wie einige von uns fahren, haben Sie ja mit eigenen Augen sehen können, und es gibt noch viele andere Situationen, in denen Sie gefährdet wären. Ist es deshalb nicht ganz einfach vernünftig, diejenigen, die über mehr Erfahrung verfugen, wissen zu lassen, daß Sie keine haben, damit sie sich Ihnen gegenüber nachsichtiger verhalten? Schließlich braucht dieses Hospital sehr viel dringender einen neuen Chefdiätisten als einen weiteren Patienten.“

Für einen langen Augenblick stritt Gurronsevas mit sich selbst, wobei er sich vor sich selbst schämte, weil er nicht mit Sicherheit wußte, ob er seinen Verstand einsetzte oder moralischer Feigheit erlag.

„Na gut, wenn es für mich dabei wirklich ums Überleben geht, dann her mit dem Ding“, willigte er schließlich widerstrebend ein.

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