3. Kapitel

Das Zimmer war zwar viel kleiner als Gurronsevas’ vorherige Unterkunft in Retlin, gaukelte einem jedoch durch ein schönes und fast dreidimensional wirkendes Bild einer tralthanischen Gebirgslandschaft, das eine ganze Wand einnahm, Geräumigkeit vor. Dagegen waren die Farben, in denen man die übrigen Wände und die Decke gestrichen hatte, mit denen in Gurronsevas’ altem Quartier identisch. Unter der Wand mit dem Bild war in den Boden eine kleine, aber ausreichende Vertiefung zum Eintauchen des Körpers eingelassen, die auf der einen Seite terrassenförmige Stufen zum bequemen Einsteigen aufwies. Außerdem war ein Gerät zur Schwerkraftregulierung vorhanden, so daß Gurronsevas die Gravitationsstärke im Raum zur körperlichen Bewegung oder Entspannung erhöhen konnte, da die im Hospital herrschende normale Anziehungskraft nur wenig mehr als halb so groß wie auf Traltha war. In einer Ecke des Zimmers stand ein Pult mit Kommunikator und einem großen Bildschirm, und die zwei Behälter, ein großer und ein kleiner, die Gurronsevas auf der Tennochlan begleitet hatten, erwarteten ihn bereits im Eingang.

„Damit hatte ich nicht gerechnet, Lieutenant Timmins“, meinte Gurronsevas anerkennend. „Das ist sehr erfreulich. Vielen Dank für die Mühe, die Sie auf sich genommen haben, um das alles so hinzukriegen.“

Timmins lächelte und machte mit der rechten Hand eine wegwerfende Geste. Dann deutete er mit ihr auf das Kommunikationspult.

„Die Geräte funktionieren nach dem üblichen Prinzip“, erklärte er. „Es stehen Ihnen jede Menge medizinische Schulungs- und Informationskanäle zur Verfügung, zu denen auch einer gehört, der Ihnen den detaillierten Grundriß des Hospitals bietet, was Sie noch als sehr hilfreich empfinden werden, und — falls nötig — eine Vorrichtung zum beliebigen Abruf für Studienzwecke aufweist. Um das zu verstehen, was in den Programmen gesagt wird, werden Sie Ihren Mehrkanaltranslator benutzen müssen, der dort auf dem Pult liegt. Bedauerlicherweise sind die Unterhaltungskanäle nicht auf dem neuesten Stand — selbst das terrestrische Material ist alt und nicht besonders gut, und die Mitarbeiter anderer Spezies haben ähnliche Klagen. Im Hospital geht das — von O’Mara nie offiziell dementierte — Gerücht um, der Ausbildungsleiter, Chefarzt Cresk-Sar, habe absichtlich dafür gesorgt, um einen Anreiz für mehr Studien in der Freizeit zu schaffen.“

„Ich verstehe. Dafür habe ich vollstes Verständnis“, sagte Gurronsevas.

Wieder lächelte Timmins. „Ihre Unterkunft hat hier und hier verborgene Stauräume und ist für alle Bilder oder Wandbehänge, die Sie anbringen möchten, mit versenkten Befestigungspunkten ausgestattet, die so funktionieren. Hätten Sie gerne Hilfe beim Auspacken und Ordnen Ihrer persönlichen Gegenstände?“

„Nein danke. Da ich nur sehr wenig besitze, wird das nicht erforderlich sein“, antwortete Gurronsevas und deutete auf die Behälter. „Aber den größeren Behälter würde ich gerne so schnell wie möglich bei mäßiger Kühlung lagern lassen, und zwar an einem Platz, wo er mir rasch zugänglich ist. Den Inhalt brauche ich für meine Arbeit.“

Der Ausdruck, den Timmins weiche, gelbrosa Gesichtszüge angenommen hatten, verriet Gurronsevas’ Vermutung nach wahrscheinlich Neugier, die der Tralthaner jedoch vorerst noch nicht zu stillen beabsichtigte. „Am anderen Ende des Gangs vor Ihrer Unterkunft befindet sich ein Kühlraum“, fuhr der Lieutenant fort. „Wir brauchen keine Zeit damit zu vergeuden, einen G-Schlitten zu holen, der Behälter ist ja nicht besonders schwer.“

Wenige Minuten später befand sich Gurronsevas’ kostbarer Behälter an einem kühlen, sicheren Ort, und Timmins fragte: „Würden Sie sich jetzt gerne ausruhen, Sir? Oder einen Rundgang durch einen Teil des Hospitals machen? Oder möchten Sie lieber unsere Kantine für warmblütige Sauerstoff atmer besuchen?“

„Weder noch“, antwortete Gurronsevas. „Ich werde zurück in meine Unterkunft gehen und mich mit der Anlage des Hospitals vertraut machen. Danach würde ich gern allein den Weg zur Kantine finden. Ich will lieber früher als später lernen, auf — wie drückt Ihre Spezies das noch mal aus? — ach ja. auf meinen eigenen sechs Füßen zu stehen.“ „Verstanden, Sir“, sagte Timmins. „Meinen persönlichen Kommunikationscode haben Sie ja. Rufen Sie mich, falls Sie Hilfe brauchen.“

„Ich danke Ihnen, Lieutenant“, sagte Gurronsevas. „Ich werde zwar Hilfe brauchen, aber hoffentlich nicht allzu oft.“

Timmins hob eine Hand und ging, ohne ein weiteres Wort zu sagen.

Am nächsten Tag war Gurronsevas bereits in der Lage, den Weg zur richtigen Ebene zu finden, ohne jemanden nach der Richtung fragen zu müssen. Doch das lag daran, daß er auf den letzten Streckenabschnitten zwei melfanischen Schwesternschülerinnen folgte, die sich über die Notwendigkeit unterhielten, sich bei der nächsten Mahlzeit zu beeilen, um nicht zu spät zu einer Vorlesung zu kommen. Dennoch war sich Gurronsevas sicher, die Kantine auch ohne passive Führung wiederzufinden.

Auf dem Schild über dem breiten, türlosen Eingang stand in den vier in der Föderation hauptsächlich gesprochenen Sprachen, nämlich in Tralthanisch, Orligianisch, Terrestrisch und Illensanisch: HAUPTKANTINE DER SPEZIES DBDG, DBLF, DBPK, DCNF, DRLH, EGCL, ELNT, FGLI und FROB. SPEZIES GKNM & GLNO AUF EIGENE GEFAHR. Für Kantinenbesucher, deren Sprache nicht vertreten war, wurde dieselbe Auskunft als mündliche Kennzeichnung zur Übersetzung durch den Translator wiederholt. Gurronsevas ging hinein und, beeindruckt von dem Anblick derart vieler unterschiedlicher Spezies auf einem Haufen und von dem gedämpften Lärm der mit bellenden, grunzenden, knurrenden, piepsenden und pfeifenden Stimmen geführten Gespräche, blieb er zunächst einmal wie gelähmt stehen.

Wie lange er dastand und auf den sich weit ausdehnenden, spiegelblank polierten Boden und auf die wie kleine Inseln gruppierten Eßtische, Bänke und Stühle starrte, die nach verschiedenen Größen zusammengestellt waren, um der unglaublichen Vielfalt von Benutzern Platz zu bieten, wußte er nicht. Was er hier sah, übertraf bei weitem alles, was er je zuvor erlebt hatte. Inmitten all der Lebensformen, die ihm vollkommen neu waren, erkannte er Mitglieder der kelgianischen, ianischen, melfanischen, nidianischen, orligianischen, dwerlanischen, etlanischen, terrestrischen und seiner eigenen tralthanischen Spezies. Viele von ihnen saßen an Tischen und benutzten Bestecke, die für ganz andere Lebensformen vorgesehen waren, anscheinend, um sich mit Freunden, die einer anderen Spezies angehörten, unterhalten zu können.

Es gab Wesen, die einem schon aufgrund ihrer auffallenden Körperstärke Angst einjagten, und andere, die derart entsetzlich und widerwärtig aussahen, daß sie in den Bereich der Alpträume gehörten. Eine Lebensform, eine riesige insektenartige Kreatur mit zwei schönen, schillernden Flügelpaaren, besaß einen so zerbrechlich wirkenden Körper, daß ihr Anblick inmitten der anderen sofort ein Gefühl der Besorgnis hervorrief. An den meisten Tischen waren, wenn überhaupt, nur noch wenige Plätze frei.

Daß Platz im Orbit Hospital hoch im Kurs stand, war offensichtlich, und die Wesen, die zusammen arbeiteten, sollten, wann immer es physiologisch möglich war, auch gemeinsam essen — obwohl, wie Gurronsevas aufrichtig hoffte, nicht vom selben Menü.

Er fragte sich gerade, ob es möglich wäre, ein Gericht zuzubereiten, das alle warmblütigen, sauerstoffatmenden Spezies auf Anhieb als schmackhaft empfinden würden, und dachte, daß dies die endgültige Herausforderung für den großen Gurronsevas wäre, als er von hinten in doppelter Folge zwei sanfte Stöße erhielt.

„Blockier hier nicht den Eingang, du Blödian!“ ermahnte ihn eine Kelgianerin mit silbernem Fell in der ungehörigen Art ihrer Spezies, während sie sich an ihm vorbeidrängte. Auf Gurronsevas’ anderer Seite fügte ihre Begleiterin hinzu: „Wenn du noch lange dastehst und vor dich hin träumst, verhungerst du noch.“

Als er weiter in den Saal hineinging, merkte Gurronsevas auf einmal, daß er Hunger hatte, doch noch stärker war seine Neugier auf die schöne, riesige, insektenartige Lebensform, die über einem für melfanische ELNTs bestuhlten Tisch in der Nähe schwebte und im Flug ihre Mahlzeit einnahm. Seitlich unter ihr war ein Platz frei.

Als er an den Tisch kam, sah Gurronsevas, daß es sich bei dem Wesen tatsächlich um ein riesiges, enorm zerbrechlich wirkendes Fluginsekt handelte, das jedoch im Verhältnis zu den anderen Kantinenbesuchern relativ klein war. An seinem röhrenförmigen Körper mit Ektoskelett befanden sich sechs bleistiftdünne Beine, vier noch feiner gebaute Greiforgane und zwei breite, schimmernde Flügelpaare, mit denen es langsam schlagend ein kurzes Stück über dem Tisch schwebte, während es eine lange, fadenartige Substanz, die Gurronsevas sofort als terrestrische Spaghetti erkannte, zu einem fortlaufenden Strang zusammenflocht, bevor es diesen grazil in den Mund beförderte.

Aus nächster Nähe war das zarte Geschöpf nach seinem Dafürhalten noch schöner. Für einen Moment wurde der Schwebeflug des Insekts unruhiger, und aus einer unbekannten Körperöffnung drang eine Folge von melodischen, rollenden Schnalzlauten, die wie eine musikalische Untermalung der Übersetzung klangen.

„Ja, vielen Dank, mein Freund“, sagte das Wesen. „Ich bin Prilicla. Sie müssen Gurronsevas sein.“

„Und Sie sind offenbar ein Telepath“, antwortete Gurronsevas erstaunt.

„Nein, mein Freund“, widersprach Prilicla, „ich bin Cinrussker. Unsere Spezies verfügt über Fähigkeiten, durch die wir emotionale Ausstrahlungen wahrnehmen können. Doch dabei handelt es sich eher um Empathie als um Telepathie. Sie haben Emotionen ausgestrahlt, die typisch für jemanden sind, der gerade eine völlig neue Erfahrung macht, dabei aber auch das Unbehagen verspürt, das solche durch starke Neugier überlagerten Gefühle normalerweise begleitet. Außerdem nehme ich bei Ihnen noch andere, schwache Emotionen wahr, durch die diese deutlicheren Anzeichen erhärtet werden. Durch diese Hinweise und das Vorwissen, daß man die baldige Ankunft eines Tralthaners erwartet hat, der die Leitung der Diätetikabteilung übernehmen soll, ist es mir lediglich möglich gewesen, eine höchstwahrscheinlich zutreffende Vermutung anzustellen.“

„Trotzdem bin ich beeindruckt“, sagte Gurronsevas. Die Warmherzigkeit und Freundlichkeit, die von dem kleinen Wesen ausgingen, waren beinahe greifbar. „Darf ich Ihnen Gesellschaft leisten?“

„Sie sind viel zu freundlich, verdammt noch mal!“ beklagte sich lauthals ein großer Orligianer, der dem freien Platz gegenübersaß. Er war schon älter, und das borstige graue Fell verdeckte die Gurte des Translators fast vollständig. Zudem saß er nicht besonders bequem auf der Kante des melfanischen Stützgestells, das am Tisch stand. Das alles mochte zu seinem Mangel an Höflichkeit beigetragen haben. „Ich bin übrigens Yaroch-Kar, Fremder“, stellte er sich in freundlicherem Tonfall vor. „Nehmen Sie einfach rasch Platz, bevor es jemand anders tut. Wie Sie nämlich bald feststellen werden, leiden höfliche Leute hier schnell unter schwerer Unterernährung.“

Weiter unten am Tisch stieß ein Terrestrier die Laute aus, die Gurronsevas als Lachen zu erkennen gelernt hatte, und der Orligianer fuhr fort: „Der Automat für die Bestellung und Auslieferung des Essens funktioniert nach dem üblichen Prinzip. Geben Sie einfach Ihre Biologische Klassifikation ein, und schon werden die vorhandenen Gerichte auf dem Display aufgelistet. Da wir hier im Hospital eine Menge Tralthaner haben, ist die Auswahl gut, auch wenn man sich über Qualität und Geschmack der Gerichte streiten kann.“

Gurronsevas entgegnete nichts und korrigierte seinen ersten Eindruck von diesem anfangs so unhöflich auftretenden Orligianer; offenbar bemühte sich dieses Wesen lediglich darum, ihm behilflich zu sein.

„Bei Neulingen wie Ihnen kommt es manchmal vor, daß man sich vom bloßen Anblick der anderen Gerichte oder vielleicht auch der Tischnachbarn selbst derart belästigt fühlt, daß einem der Appetit vergeht“, setzte der Orligianer seine Ausführungen fort. „Sollte das bei Ihnen der Fall sein, behalten Sie einfach ein Auge auf Ihrem Teller und schließen Sie die übrigen. Dadurch wird sich hier niemand beleidigt fühlen. Falls Sie allerdings wirklich derjenige sein sollten, der für die Qualität der Hospitalkost — besser gesagt: für deren Mangel daran — verantwortlich ist, dann würden Sie sich das Leben leichter machen, wenn Sie diesen Umstand so lange wie möglich für sich behielten.“

„Herzlichen Dank für die Auskunft und die guten Ratschläge“, sagte Gurronsevas, „doch bedauerlicherweise kann ich sie nicht alle annehmen.“

„Sie sind schon wieder zu höflich“, wandte der Orligianer ein und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Essen zu.

Als Gurronsevas an den Tisch herantrat, wobei er darauf achtete, die Beine zu spreizen und es nicht darauf ankommen zu lassen, den melfanischen Stuhl zu verbiegen, indem er sich mit der Unterseite des Körpers darauf abstützte, hörte er wieder die rollenden Schnalzlaute Priliclas.

„Da ich sowohl Ihren Hunger als auch Ihre Neugier auf meine Essensmethode spüre, bitte ich Sie, den ersten Trieb zu befriedigen, während ich den zweiten stille.“

Gurronsevas gab seine Bestellung über die Tastatur ein; nach seiner Auffassung mochte Prilicla zwar kein Telepath sein, doch verfügte dieses spinnenartige, zierliche Wesen über derart feine empathische Fähigkeiten, daß es kaum einen Unterschied machte.

„Ich finde, das Essen während des Flugs fördert die Verdauung“, fuhr der Cinrussker fort und beantwortete damit die erste unausgesprochene Frage. „Außerdem trägt die von den Flügeln aufgewirbelte Luft zum Abkühlen der Suppe meiner terrestrischen Freunde bei, falls sie zum schnellen Auslöffeln zu heiß sein sollte. Bei der fadenartigen Substanz, die ich zusammenflechte und zu mir nehme, handelt es sich natürlich um das terrestrische Hauptnahrungsmittel namens Spaghetti, das bei den DBDGs vom Wartungspersonal äußerst beliebt ist. Wie Sie wissen, sind die hiesigen Spaghetti synthetisch hergestellt und haben einen recht faden Geschmack, der durch eine Soße aufgewogen wird, die mir manchmal ins Gesicht spritzt, wenn sie zu reichlich bemessen worden ist, oder diejenigen bekleckert, die mir zu nahe sitzen. Gibt es sonst noch etwas, das Sie gerne wissen möchten, mein Freund?“

„Beruflich finde ich das äußerst interessant“, entgegnete Gurronsevas und vergaß in seiner Aufregung ganz, den Mund zu benutzen, der nicht mit Kauen beschäftigt war. „Essen Sie noch andere Arten von nichtcinrusskischen Nahrungsmitteln? Oder kennen Sie im Hospital sonst noch jemanden, der Nahrungsmittel anderer Spezies verzehrt? Sitzt hier eventuell sogar jemand am Tisch, auf den das zutrifft?“

Yaroch-Kar legte sein Besteck beiseite und antwortete: „Diagnostiker machen das manchmal, wenn sie ein Schulungsband im Kopf gespeichert haben, das von einer besonders willensstarken Persönlichkeit einer anderen Spezies stammt. Die setzt dem Diagnostiker dann so zu, daß er nicht mehr weiß, wer er eigentlich ist. Abgesehen davon haben das noch ein paar andere Mitarbeiter getan, entweder als Mutprobe oder bei einer geheimen Zeremonie zur Aufnahme in eine Abteilung. Ich meine, stellen Sie sich mal einen Orligianer wie mich vor, der, sagen wir mal, eine Portion melfanische Greeps essen will und ihnen erst einmal in der Schüssel herum mit der Gabel nachjagen muß. Was mich angeht, so bin ich ausgesprochen froh, daß dieser Brauch nicht weit verbreitet ist.“

Gurronsevas konnte nicht glauben, was er da hörte. „Sie meinen, hier werden lebende Tiere serviert?“

„Na ja, ich habe übertrieben, aber nur ein bißchen“, korrigierte sich Yaroch-Kar. „Das Greep-Gericht lebt eigentlich nicht, sondern bewegt sich nur. Ansonsten handelt es sich um dieselbe nahezu geschmacklose, synthetisch hergestellte Pampe, die wir alle essen. Die Masse, aus der die Greeps geformt werden, wird mit ungiftigen chemischen Präparaten behandelt, die es ermöglichen, jedem Stück eine schwache elektrische Ladung zu geben. Die eine Hälfte wird positiv und die andere negativ aufgeladen, und das Ganze wird dann erst in der Ausgabeöffnung gemischt. Für die wenigen Augenblicke, bevor sich die Ladungen gegenseitig neutralisiert haben, stellt sich ein realistischer und ziemlich ekelhafter optischer Effekt ein.“

„Faszinierend!“ staunte Gurronsevas, wobei ihm nicht entging, daß dieser Yaroch-Kar, was die Hospitalküche betraf, ungewöhnlich gut unterrichtet war. Vielleicht hielt er sich für einen Feinschmecker, und deshalb wollte Gurronsevas dieses Gespräch unbedingt fortsetzen. „Im Cromingan-Shesk mußten wir lebende Greeps importieren, was sie zu einer seltenen und kostspieligen Delikatesse gemacht hat. Aber ist es nicht theoretisch möglich, eine Mahlzeit zuzubereiten, die für den Stoffwechsel sämtlicher warmblütiger Sauerstoffatmer geeignet ist und zugleich ihren Appetit anregt und stillt? Ein Gericht, das eine Kombination des Aussehens und Geschmacks von, sagen wir mal, den crelletinischen Weintrieben der Kelgianer, den melfanischen Sumpfnüssen und natürlich Greeps, dem orligianischen Skarkshi, dem nallajimischen Vogelfutter, dem terrestrischen Steak und auch den Spaghetti und unserem eigenen. Ist irgendwas nicht in Ordnung?“

Mit Ausnahme des in der Luft schwebenden Priliclas gaben alle Wesen am Tisch laute und unübersetzbare Würgegeräusche von sich.

Der Terrestrier riß sich als erster wieder zusammen und antwortete Gurronsevas: „Nicht in Ordnung? Schon bei der bloßen Vorstellung sind wir nahe daran, alles wieder von uns zu geben.“

Prilicla gab einen kurzen, rollenden Laut von sich, den der Translator nicht übersetzte, und meinte dann: „Ich kann keine Anzeichen für emotionale Anspannungen oder akute Verdauungsprobleme feststellen, Freund Gurronsevas. Die mündlich geäußerten Reaktionen unserer Tischgenossen sind übertrieben, um eine humoristische Wirkung zu erzielen. Machen Sie sich keine Sorgen.“

„Dann bin ich ja beruhigt“, seufzte Gurronsevas erleichtert und wandte seine Aufmerksamkeit ganz dem Cinrussker zu. „Fördert das Zusammenflechten der einzelnen Spaghetti zu einem Strang ebenfalls Ihre Verdauung?“

„Nein, mein Freund“, antwortete Prilicla. „Das mache ich nur zu meinem Vergnügen.“

„Ich kann mich noch daran erinnern“, mischte sich Yaroch-Kar ein, „daß ich, als ich ganz jung war — was schon eine Ewigkeit her ist—, getadelt worden bin, weil ich mit meinem Essen gespielt habe.“

„An so etwas kann ich mich auch erinnern“, bestätigte Prilicla. „Aber jetzt, wo ich groß und stark geworden bin, kann ich endlich tun und lassen, was ich will.“

Einen Moment lang starrte Gurronsevas den dünnen, einer Eierschale ähnelnden Körper, die spinnenartigen Beine und die unglaublich zerbrechlich wirkenden Flügel erstaunt an. Dann fiel er selbst mit Tönen, die das Lachen eines Tralthaners darstellten, in die unübersetzbaren Laute der anderen ein.

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