15. Kapitel

Im Gegensatz zu O’Mara konnte man mit Lioren vernünftig reden, zumindest insofern, daß ihn Gurronsevas davon überzeugen konnte, die beim Räumen der Unterkunft eingesparte Zeit dafür zu nutzen, seinen Lebensmitteltechnikern anständige Anweisungen zu hinterlassen. Doch auch so gingen viele kostbare Minuten verloren, weil Gurronsevas’ Untergebene mehr Zeit darauf verwandten, seine Abreise zu bedauern und ihm alles Gute zu wünschen, als seinen Anweisungen zuzuhören — und das in einem derartigen Ausmaß, daß Gurronsevas völlig bestürzt war, als die Zeit abgelaufen war und er das Hospital verlassen mußte.

Er hatte jedoch keine besonders weite Reise anzutreten.

„Das. das verstehe ich nicht“, protestierte er. „Dies hier ist ein Schiff. Ein kleines, unbemanntes Schiff, dessen Energieversorgung — nach der Stille und der schwachen Beleuchtung zu urteilen — heruntergefahren ist, und das hier ist auch keine Passagierkabine. Wo bin ich überhaupt? Was soll ich hier?“

„Wie Sie jetzt sehen können, befinden Sie sich auf dem Unfalldeck der Rhabwar, eines speziellen Ambulanzschilfs“, klärte Lioren ihn auf, wobei er die Beleuchtung einschaltete, „und Sie sollen hier geduldig und ganz ruhig auf den Abflug warten. Während Sie dies tun, werden die wenigen, die Ihren derzeitigen Aufenthaltsort kennen, mit einem Minimum an moralischen Bedenken behaupten können, Sie befänden sich nicht mehr im Hospital, weil das genaugenommen der Wahrheit entspricht.

Als Tralthaner sind Sie es ja gewohnt, im Stehen zu schlafen, und körperlich werden Sie sich hier wohl fühlen“, fuhr er fort. „Versuchen Sie nicht, das Schiff zu erkunden. Abgesehen von dieser Ebene ist das Schiff für den Betrieb durch Terrestrier oder andere Lebensformen von gleicher oder geringerer Körpergröße bestimmt. Die Offiziere und das medizinische Team der Rhabwar werden sich Ihnen gegenüber sehr viel freundlicher verhalten, wenn Sie den Rumpf und die Ausrüstung nicht beschädigen.

Der Essensspender des Unfalldecks befindet sich dort“, erklärte Lioren weiter, wobei er auf den bezeichneten Gegenstand deutete, „und die Computerkonsole im Personalraum dort drüben ermöglicht es Ihnen, sämtliche Informationen über die Rhabwar abzurufen, die Sie irgendwie gebrauchen könnten. Sehen Sie sich diese Informationen vor dem Abflug ganz genau an! Sollten Sie sich langweilen, können Sie auch die Schulungsund Bildungskanäle anschalten, aber benutzen Sie nicht den Kommunikator, denn offiziell sind Sie ja gar nicht hier. Tun Sie nichts, womit Sie Aufmerksamkeit erregen könnten. Verlassen Sie auf gar keinen Fall das Schiff, auch nicht ganz kurz, und zeigen Sie sich vor allem nicht im Bordtunnel oder Einstiegsgang. Ich werde so oft wie möglich bei Ihnen vorbeischauen.“

„Ach, bitte“, sagte Gurronsevas. „Bin ich so eine Art blinder Passagier? Weiß die Besatzung, daß ich hier bin? Und wie lange muß ich warten?“

Lioren blieb in der Schleusenkammer stehen. „Über Ihre genaue Rolle hier an Bord hat man mir nichts gesagt. Das medizinische Team der Rhabwar weiß, daß Sie hier sind, aber nicht die Schiffsoffiziere. Deshalb dürfen die auch nicht vor dem ersten Sprung in den Hyperraum mitbekommen, daß Sie an Bord sind. Wie lange Sie warten müssen, weiß ich nicht. Nach dem, was mir zu Ohren gekommen ist, etwa fünf Tage, vielleicht aber auch länger. Die Verantwortlichen haben offenbar noch Probleme, sich zu entscheiden. Falls ich in dem Punkt etwas Sicheres erfahre, teile ich Ihnen das sofort mit.“

Bevor Gurronsevas an eine weitere Frage denken konnte, verschwand Lioren im Bordtunnel.

Der Tralthaner wartete kurz, bis sich die Verwirrung in seinem Kopf gelegt und in Neugier verwandelt hatte. Dann machte er sich daran, die Umgebung genauer zu untersuchen, indem er sich mit größter Vorsicht fortbewegte und die Füße auf nichts setzte, das nicht mindestens so stabil wie der Boden war.

Jede Wand des Raums war von einem großen Sichtfenster durchbrochen. Eins dieser Fenster zeigte eine ausgedehnte Metallfläche ohne besondere Merkmale, bei der es sich wahrscheinlich um die Außenhülle des Hospitals handelte, ein anderes einen Teil des Andockgerüsts, und aus den übrigen beiden sah man nach draußen über die blendend weiße Oberfläche der Deltaflügel der Rhabwar. Von den Wandbereichen um und zwischen den Fenstern ragten Apparaturen in den Raum hinein, deren Verwendungszweck für Gurronsevas selbst dann ein vollkommenes Rätsel dargestellt hätte, wenn sie richtig beleuchtet gewesen wären. In der Mitte des Bodens und der Decke befanden sich die runden Einstiegsöffnungen des Verbindungsschachts, durch den man auf die Ebenen vor und hinter dem Unfalldeck gelangte. Der Schacht war mit einer Leiter für verschiedene Spezies ausgestattet, für einen Tralthaner jedoch zu eng.

Rings um die Computerkonsole, auf die Lioren gedeutet hatte, standen zahlreiche Gegenstände, bei denen es sich offenbar um abgeschaltete medizinische Überwachungsgeräte handelte. Da sich Gurronsevas immer noch zu verwirrt und uninformiert fühlte, um konstruktiv denken zu können, rief er die Hauptdatenbank des Hospitals auf, gab als Sprache der Textdarstellung auf dem Monitor Tralthanisch ein, schaltete die zusätzliche Sprachausgabe an und forderte die verfügbaren Informationen über das AmbulanzschiffRhabwar an.

Auf dem Bildschirm flammte eine Mitteilung auf, die von der Sprachausgabeeinheit mit herablassender Stimme wiederholt wurde. „Die Informationen zu diesem Thema sind ohne Zugriffsbeschränkung abrufbar“, verkündete die Stimme. „Bitte geben Sie genau an, was Sie wissen wollen, oder wählen Sie aus den folgenden Möglichkeiten aus: Philosophie der Schiffskonstruktion. Grundriß des Schiffs. Technische und medizinische Systeme, Subsysteme und Anlagen. Betriebsenergiereserven und Einsatzdauer. Spezialgebiete der Besatzung und des medizinischen Personals. Medizinisches Logbuch der bisherigen Einsätze. Kurze nichttechnische Übersicht.“

Als Gurronsevas den letzten Punkt aus dem Menü auswählte, fühlte er sich wie ein ungebildetes Kind. Doch als die zu diesem Punkt vorhandenen Informationen auf dem Monitor erschienen und gleichzeitig vom Lautsprecher verkündet wurden, verwandelte sich diese Empfindung schnell in Überraschung und Verwunderung; denn die Übersicht begann mit einer Lektion in Geschichte, mit einer illustrierten Erörterung der Entstehung und Entwicklung der Allianz, aus der sich die heutige galaktische Föderation gebildet hatte, und zwar aus einem philosophischen Blickwinkel, der Gurronsevas vollkommen neu war.

Auf dem Bildschirm erschien eine kleine, aber messerscharfe dreidimensionale Darstellung der galaktischen Doppelspirale mit ihren wichtigsten stellaren Merkmalen sowie dem Rand einer Nachbargalaxie, gesehen aus Entfernungen, die nicht mehr zu messen waren. Während Gurronsevas zuhörte, tauchte nahe am Bildschirmrand eine kurze hellgelbe Linie auf, der eine zweite und schließlich eine dritte folgten: sie stellten die Verbindungen zwischen der Erde mitsamt den frühen, von Terrestriern gegründeten Kolonien und den Systemen von Orligia und Nidia dar, bei denen es sich um die ersten extraterrestrischen Kulturen handelte, mit denen die Erde einst Kontakt aufgenommen hatte. Dann kam eine zweite Gruppe von Linien hinzu, die diejenigen Planeten kennzeichneten, die von den Tralthanern besiedelt oder kontaktiert worden waren.

Bevor sich Orligianer, Nidianer, Tralthaner und Terrestrier die Planeten, die jeweils nur der eigenen Spezies zugänglich waren, gegenseitig zugänglich gemacht hatten, mußten erst mehrere Jahrzehnte vergehen. In jenen Tagen, erläuterte die korrekte, ausdruckslose Stimme, neigten die intelligenten Lebensformen noch zu gegenseitigem Mißtrauen und Argwohn, und in einem Fall, nämlich bei den frühen Kontakten zwischen Orligia und der Erde, waren diese Vorbehalte so stark gewesen, daß man sich den ersten und bisher einzigen interstellaren Krieg erklärt hatte. Wie Gurronsevas erst jetzt bemerkte, wurden in der kurzen Übersicht nicht nur die Entfernungen, sondern auch die Zeitspannen stark verkürzt dargestellt.

Das Geflecht aus goldenen Linien breitete sich auf dem Bildschirm schneller aus, als zunächst die Kontakte und dann die Handelsbeziehungen zu den hochentwickelten und in sich gefestigten Zivilisationen von Kelgia,

Illensa, Hudlar, Melf und den ihnen angeschlossenen Kolonien geknüpft wurden. Optisch stellte sich diese Entwicklung nicht geordnet dar. Die Linien schössen nach innen zum Zentrum der Galaxis, schnellten zurück zum Rand, stellten im Zickzack Verbindungen zwischen Zenit und Nadir her und sprangen sogar durch den intergalaktischen Raum zu den Planeten der laner — obwohl es in diesem Fall die laner gewesen waren, die mit den Raumflügen angefangen hatten. Als alle Mitgliedsplaneten der galaktischen Föderation durch die Linien miteinander verbunden waren, sah das Ergebnis eher wie eine Kreuzung aus einem DNS-Molekül und der Kinderzeichnung eines Brombeerstrauchs aus.

Waren die genauen Koordinaten des Zielplaneten bekannt, konnte man durch den Subraum genauso leicht zu einem benachbarten Sonnensystem wie zu einem am anderen Ende der Galaxis fliegen. Doch erst einmal mußte man einen bewohnten Planeten finden, bevor man dessen Koordinaten ins Logbuch eintragen konnte, und das erwies sich als keine leichte Aufgabe.

Ganz allmählich hatte man einige der weißen Flecken auf den Sternkarten vermessen und kartographisch erfaßt, doch die Erfolge waren enttäuschend gewesen. Wenn die Aufklärungsschiffe des Monitorkorps tatsächlich einmal eine Sonne mit Planeten entdeckten, war das schon kein alltäglicher Fund — und noch seltener kam es vor, daß sich unter den Planeten einer befand, auf dem es Leben gab. War dann eine dieser einheimischen Lebensformen auch noch intelligent, brach auf den Planeten der Föderation Jubel aus, der allerdings durch die natürliche Sorge abgeschwächt wurde, aus dieser Entdeckung könnte sich womöglich eine Bedrohung des galaktischen Friedens ergeben. Das war der Moment, in dem man die Kontaktspezialisten des Monitorkorps losschickte, damit sie die schwierige, zeitraubende und oftmals gefährliche Aufgabe verrichteten, eingehende Kontakte herzustellen.

Auf dem Bildschirm erschien eine Reihe von Tabellen mit Einzelheiten über die durchgeführten Vermessungseinsätze und die Zahl der daran beteiligten Schiffe und Besatzungsmitglieder sowie die Summe der Kosten, die zu viele Ziffern aufwies, um noch glaubwürdig zu sein. „In den vergangenen zwanzig Jahren haben die Kontaktspezialisten drei Erstkontaktverfahren eingeleitet, die alle zur Aufnahme der jeweiligen Spezies in die Föderation geführt haben“, fuhr die Stimme fort. „Im gleichen Zeitraum ist das Orbit Hospital im galaktischen Sektor zwölf bis zur vollen Betriebsbereitschaft fertiggestellt worden, und von dort aus hat man ebenfalls Erstkontakte aufgenommen, aus denen sich schließlich die Beitritte von sieben neuen Spezies zur Föderation ergeben haben.“

Gurronsevas mochte es sich nur eingebildet haben, doch als die herablassende Stimme des Datenbankcomputers ihre Ausführungen fortsetzte, schien sich ein Anflug von Stolz in ihren Tonfall einzuschleichen. „In keinem dieser sieben Fälle wurde das dadurch erreicht, daß man langsam und geduldig die gegenseitige Verständigung aufbaute und ausweitete, bis der Austausch komplexer philosophischer und soziologischer Vorstellungen möglich war, sondern indem man einen kranken oder nach einem Unfall im Raum treibenden Alien rettete und medizinisch versorgte.

Durch diese Hilfe hat das Hospital das Wohlwollen der Föderation gegenüber neuentdeckten intelligenten Lebensformen einfacher und direkter demonstriert als durch jeden zeitraubenden Gedankenaustausch.

Deshalb hat man erst vor kurzem den Schwerpunkt in der Erstkontaktpolitik verlagert.“

So, wie man nur eine Methode kannte, durch den Hyperraum zu reisen, gab es auch nur ein Verfahren, ein Notsignal zu senden, wenn ein Schiff durch einen Unfall oder eine Fehlfunktion im Normalraum zwischen den Sternen gestrandet war. Der mit festem Leitstrahl arbeitende Sübraumfülnk war keine zuverlässige interstellare Kommunikationsmethode, da er durch die Strahlung von dazwischenliegenden Sternkörpern Störungen und Verzerrungen ausgesetzt war und überdies Unmengen von Schiffsenergie benötigte — Energie, die ein in Not geratenes Schiff zumeist gar nicht mehr aufbringen konnte. Doch eine relativ simple „Notsignalbake“ brauchte keine Nachrichten zu übermitteln — sie war einfach ein nuklearbetriebenes Gerät, das ein Peilsignal sendete, einen Hilferuf im Subraum, der immer wieder sämtliche verwendbaren Funkfrequenzen durchlief, bis er einige Tage oder Stunden später verstummte.

Da sämtliche Schiffe der Föderation vor dem Abflug Einzelheiten über Kurs und Passagiere einreichen mußten, war die Position des Notsignals normalerweise ein guter Hinweis auf die physiologische Klassifikation der Spezies, die in Schwierigkeiten geraten war. Dann wurde ein Ambulanzschiff mit der entsprechenden Mannschaft und Ausrüstung zur Lebenserhaltung an Bord von seinem Heimatplaneten geschickt. Aber es hatte Fälle gegeben, und zwar viel mehr als allgemein angenommen, in denen für die Föderation unbekannte Wesen in ein Unglück verwickelt waren und dringend Hilfe benötigten — Hilfe, die die Ambulanzschiffe mitsamt ihren Besatzungen nicht zu leisten vermochten.

Nur wenn das betreffende Bergungsschiff groß genug war und über ausreichende Energiereserven verfügte, um die Hyperraumantriebshülle zu vergrößern und das verunglückte Schiff darin einzuschließen, oder aber die Unfallopfer unversehrt befreit werden und in eine für sie passende Umweltbedingung auf dem Föderationsschiff geschafft werden konnten, transportierte man sie ins Orbit Hospital im galaktischen Sektor zwölf. Folge davon war, daß viele bisher unbekannte Lebensformen, die über eine hohe Intelligenz und eine fortgeschrittene Technik verfügten, starben und allenfalls noch als interessante Studienobjekte für die Pathologie dienten.

Ein weiterer Umstand, den man berücksichtigen mußte, war, daß es die Föderation wann immer möglich vorzog, mit raumfahrenden Lebensformen in Kontakt zu treten. Spezies, die zwar intelligent, aber nicht raumfahrend waren, warfen möglicherweise zusätzliche Probleme auf, weil man sich nie sicher sein konnte, ob man ihre zukünftige Entwicklung durch einen umfassenden Kontakt förderte oder nur behinderte, ob man ihnen technisch unter die Arme griff oder einen vernichtenden Minderwertigkeitskomplex bereitete, wenn die großen, fremdartigen Raumschiffe wie aus heiterem Himmel auf ihren Planeten herabfielen.

Lange Zeit hatte man nach einer Lösung für diese Probleme gesucht und sie in den vergangenen Jahren schließlich auch gefunden.

Man hatte entschieden, ein Schiff zu bauen und auszurüsten, das nur auf diejenigen Notsignale reagieren sollte, deren Positionen sich nicht mit den von den Föderationsschiffen eingereichten Flugplänen deckten — ein ganz besonderes Ambulanzschiff, das den Hilferufen von Lebensformen folgte, die der Föderation bislang unbekannt waren.

Als sich Gurronsevas immer stärker auf die Darstellungen auf dem Monitor konzentrierte, schienen sich vor seinem geistigen Auge und auf dem verdunkelten Urif alldeck mehr und mehr Bilder zerstörter Schiffe und durchs All treibender Trümmermassen aufzutürmen und die toten oder kaum noch lebenden Körper anzuhäufen, die sie enthielten. Manchmal mußten die arg mitgenommenen Lebewesen mit größter Vorsicht aus den Trümmern gezogen werden, weil sie einer Spezies angehörten, die der Föderation unbekannt war, und Aliens, die aufgrund ihrer Verletzungen unter starken Schmerzen litten und geistig verwirrt waren, konnten auf die fremden und furchterregenden Ungeheuer, die sie zu retten versuchten, gewalttätig reagieren. Doch es hatte auch andere Fälle gegeben, in denen das in Not geratene Schiff keine Beschädigungen aufwies und es die Besatzung war, die dringend Hilfe benötigte. Dann mußte sich der kommandierende Offizier der Rhabwar, ein Experte für Technik fremder Spezies, einen Weg in das Alienschiff hineinbahnen, um dessen fremdartigen und womöglich lebensgefährlichen technischen Rätseln auf die Spur zu kommen, bevor die verletzten oder kranken Besatzungsmitglieder, die vielleicht ebenfalls gewalttätig auf die Annäherung ihrer Retter reagierten, behandelt werden konnten.

Von derartigen Fällen war das Logbuch voll.

Es stand auch die umfassende Schilderung eines Einsatzes darin, den die Rhabwar auf den Notruf eines Schiffs hin unternommen hatte, in dem sich die blinden Aliens und ihre mit normaler Sehkraft ausgestatteten und ungeheuer gewalttätigen Gehirnpartner, die sogenannten „Beschützer der Ungeborenen“, befunden hatten. Zudem war von dem gewaltigen Gruppenwesen mit unbekanntem Namen und Herkunftsort die Rede, dessen kilometerlanges Kolonisierungsschiff im interstellaren Raum auseinandergefallen war. Um die in alle Richtungen verstreuten Einzelteile wieder zusammenzusetzen und auf den ursprünglichen Zielplaneten zu transportieren, waren sowohl eine großangelegte militärische Operation als auch ein größerer chirurgischer Eingriff erforderlich gewesen. Und dann hatte es noch die Dwerlaner, die laner, die Duwetz und noch viele andere gegeben.

Gurronsevas wußte zu wenig über Medizin, um alle klinischen Einzelheiten zu verstehen, aber das spielte jetzt keine Rolle mehr. Von den Informationen und unglaublichen Ereignissen, die sich vor ihm auf dem Bildschirm ausbreiteten, wurde er derart gefangengenommen, daß er sich nicht die Mühe gemacht hätte, etwas zu sich zu nehmen, wenn der Essensspender von der Computerkonsole aus weniger bequem zu erreichen gewesen wäre. Allmählich machte er sich wegen der Gefahren, die ihm beim nächsten Einsatz der Rhabwar womöglich bevorstanden, Sorgen, doch in gewisser Weise bedauerte er es fast, daß ihm die Voraussetzungen fehlten, aktiv daran teilzunehmen, insbesondere als ihm die Besatzungsliste des Schiffs verriet, daß er zwei Mitglieder des medizinischen Teams bereits gut kannte, nämlich Prilicla und Murchison.

Die Bilder von Wrackteilen fremder Raumschiffe und den unbekannten Spezies angehörenden Insassen verschwanden vom Schirm und wurden durch eine schematische Darstellung des Ambulanzschiffs ersetzt. Nun begann die Stimme, die Aufteilung des Schiffsdecks, die Unterkünfte für Besatzung und Unfallopfer und die Hauptsysteme zu beschreiben, wobei die entsprechenden Bereiche graphisch hervorgehoben wurden. Da die Erklärungen, die auf Gurronsevas einstürmten, bald nur noch nichtssagende Lichter und Geräusche waren, machte er ihnen durch einen Tastendruck ein Ende. Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren, war müde und hungrig, und sein Kopf war zu voll von seltsamen und außergewöhnlichen Informationen, als daß er hätte schlafen können. Vielleicht war es die schiere Erschöpfung, die derart phantastische Vorstellungen in seinem Gehirn aufkommen ließ, doch als er sich einiges von dem ins Gedächtnis zurückrief, was der Chefpsychologe und andere ihm gegenüber gesagt und getan hatten, und insbesondere das, was hätte getan werden müssen und nicht geschehen war, riefen die eigenen Gedanken in ihm Angst, Unsicherheit, noch größere Verwirrung und sogar ein wenig Hoffnung hervor.

Bei der Rhabwar handelte es sich tatsächlich um ein ganz besonderes Ambulanzschiff, und schon bald sollte es zu einem der höchst ungewöhnlichen und wahrscheinlich gefährlichsten Einsätze aufbrechen, für die es gebaut worden war. Doch wozu sonst sollte O’Mara einen in Ungnade gefallenen Chefdiätisten an Bord dieses Schiffes schicken, wenn er nicht vorhatte, ihm eine erneute Chance zu geben?

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