11. Januar 2376
Der Asteroid
Unser ständig mißtrauischer Dr. Horkkk glaubte noch einige Tage lang, der Roboter hätte uns angelogen und wollte uns die Position der Heimatwelt der Erhabenen absichtlich nicht preisgeben. Wir anderen, allen voran Pilazinool, sind anderer Meinung.
Pilazinool ist der intuitiven Ansicht, der Roboter sei gar nicht dazu in der Lage zu lügen. Er behauptete, er hätte nicht angeboten, nach der Heimatsonne seiner Herren Ausschau zu halten, wenn er nicht wirklich beabsichtigt hätte, sie uns zu zeigen. Und die Verzweiflung und Verwirrung des Roboters, als er diesen Stern nicht hatte finden können, waren unmißverständlich gewesen. Dihn Ruuu war nicht dazu konstruiert, viel Gefühl zu zeigen. Aber er war erschüttert gewesen, als er in die Gruft zurückkehrte.
Wohin ist der Stern verschwunden?
Vielleicht liegt Saul mit seiner Supernova-Theorie richtig. Bisher hat niemand eine bessere Vermutung geäußert. Wenn es stimmt, dann ist das eine ziemlich niederschmetternde Neuigkeit für uns, da es damit so gut wie aussichtslos geworden ist, den Zentralplaneten des Imperiums der Erhabenen zu finden und dort Ausgrabungen durchzuführen. Eine Welt, die von einer Supernova gebraten wurde, ist nachher im allgemeinen kaum noch von Nutzen für die Archäologie.
Nach seiner bestürzenden Entdeckung hat der Roboter anderthalb Tage an seinen Instrumenten verbracht. Er ignorierte uns vollkommen. Er stand an der Rückwand der Gruft, spielte an Skalen herum und tastete in einer verzweifelten Suche nach Informationen alle Datenterminals ab. Ich glaube, er suchte nach von anderen Geschöpfen seiner Art ausgesandten und aufgezeichneten Nachrichten, die möglicherweise während seiner Hunderte von Millionen Jahren dauernden Hibernation hier eintrafen — irgend etwas, das die unerklärliche Katastrophe erklären konnte, die über die Erhabenen hereinbrach. Aber offenbar hatte er dabei nicht viel Erfolg.
Während dieser Zeit hielten wir uns von ihm fern. Vielleicht kann selbst ein Roboter Kummer empfinden. Und Dihn Ruuu hatte offensichtlich seine Schöpfer verloren, seinen ganzen Lebenszweck. Er hatte Zurückgezogenheit verdient, um einen Weg zu finden, mit den Veränderungen zurechtzukommen, denen das Universum unterworfen worden war.
Dann kam Dihn Ruuu zu uns. Leroy Chang sah den Roboter geduldig neben der Fähre stehen, und wir stiegen aus. Er konsultierte die Übersetzungsmaschine, die er bei sich hatte, betrachtete eine ganze Zeitlang die fließenden Hieroglyphen und sprach dann schließlich zu uns: „Besitzen Sie den Sternflug? Die Möglichkeit, schneller als das Licht zu sein?“
„Wir nennen es Ultraraumantrieb“, antwortete Dr. Schein. „Wir haben diese Möglichkeit, ja.“
„Gut. Nicht weit von hier entfernt befindet sich ein Planet, auf dem die Mirt Korp Ahm eine große Kolonie errichteten. Vielleicht können Sie mich dorthin bringen. Ich muß eine Menge verstehen lernen, und das ist der nächste Ort, an dem ich damit beginnen kann.“
„Wie weit von hier?“ fragte Pilazinool. „In bezug auf die Strecke, die das Licht in einem Jahr zurücklegt.“
Dihn Ruuu hielt kurz für eine dieser erstaunlich raschen Berechnungen inne. „Siebenunddreißigmal die Reise des Lichts in einem Jahr.“
„Siebenunddreißig Lichtjahre“, wiederholte Dr. Schein. „Das dürfte nicht allzu teuer sein. Es müßte zu schaffen sein. Sobald der Kreuzer hierher zurückkommt, um uns abzuholen…“
„Vielleicht brauchen wir nicht einmal dort hinzufliegen“, sagte der Roboter. „Haben Sie die Möglichkeit, Mitteilungen schneller als das Licht zu übertragen?“
„Ja“, sagte Dr. Schein.
„Nein“, sagte Dr. Horkkk im gleichen Augenblick.
Verblüfft wandte Dihn Ruuu seinen starren Blick vom einen zum anderen. „Ja und nein? Das begreife ich nicht.“
Dr. Schein lachte. „Es gibt die Möglichkeit einer Kommunikation mit Überlichtgeschwindigkeit“, sagte er. „Aber es erfordert die Hilfe eines Menschen mit besonderen Fähigkeiten. Was Dr. Horkkk meint, ist, daß wir keinen dieser speziell begabten Menschen bei uns haben.“
„Ich verstehe“, sagte Dihn Ruuu bekümmert.
„Und selbst wenn, so wären wir damit kaum einen Schritt weiter“, fuhr Dr. Schein fort. „Sie machen nur die Kommunikation von Mensch zu Mensch möglich. Sie wären nicht in der Lage, mit jemandem auf einem Planeten der Mirt Korp Ahm Kontakt aufzunehmen.“
„Demnach verständigen sie sich per Gedankenübertragung?“ vermutete der Roboter.
„Das stimmt. Hatten auch die Mirt Korp Ahm die Möglichkeit, auf diese Weise Nachrichten auszutauschen?“
„Unter ihnen selbst ja“, sagte Dihn Ruuu. „Doch nur Protoplasma-Leben ist zur Gedankenübertragung fähig. Selbst wenn auf der nahen Kolonie noch andere Maschinen von meiner Art existierten, durch Gedankenübertragung könnte ich sie nicht erreichen. Nur mit Funkwellen. Und die wären siebenunddreißig Jahre unterwegs, bis sie sie erreichten. Ich möchte nicht so lange auf die Antworten warten.“
„Wir könnten dich zu diesem anderen Planeten bringen“, sagte Pilazinool, „vorausgesetzt, du hast irgendeine Möglichkeit, uns zu zeigen, wo er sich befindet.“
„Verfugen Sie über…“ Der Roboter zögerte, „… Sternenkarten?“
„Selbstverständlich“, antwortete Nick Ludwig. „Die gesamte Galaxis ist kartographisch erfaßt.“
Dihn Ruuu warf einen raschen Blick auf die Sterne, als prägte er sich ihre Konstellationen ein, und folgte Ludwig dann in die Fähre hinein. Er bewegte sich äußerst vorsichtig, vielleicht weil er fürchtete, seine Masse und sein Gewicht könnten zu Beschädigungen führen. Doch wir hatten die Robustheit der Fähre bereits mit Mirrik auf die Probe gestellt, der sogar noch schwerer war als der Roboter, und deshalb machten wir uns keine Sorgen. Ich fragte mich aber, was Dihn Ruuu von der altmodischen und primitiven Technik unserer Fähre hielt.
Der Captain und der Roboter betraten den Kartenraum. Ludwig schaltete den Kartentisch ein. Seine dunkle Oberfläche begann zu glühen, und auf einen eingetasteten Befehl des Captains hin projizierte der Fährencomputer ein Bild des vom Asteroiden aus sichtbaren Sternenhimmels auf die Tischoberfläche. „Zeig uns, wohin du fliegen möchtest“, sagte Ludwig, und Dihn Ruuu deutete auf den rechten oberen Quadranten der Projektion. Ludwig nickte Webber Registrator zu, der daraufhin den entsprechenden Ausschnitt des Bildes vergrößerte. Dihn Ruuu zeigte weiterhin auf bestimmte Abschnitte, bis sich nach drei Vergrößerungsschritten eine kleine Sonne vom G-Typ mit sechs Planeten im Zentrum der Projektion befand.
Registratur überprüfte die Koordinaten, schlug sie im Katalog nach und stellte fest, daß es sich um GGC 2782891 handelte, auch bekannt als McBurneys Stern. Diese Sonne ist im Jahre 2280 kartographisch erfaßt und untersucht worden, aber eine Landung auf irgendeinem ihrer Planeten wurde nie durchgeführt.
Das ist natürlich nicht weiter verwunderlich. Es gibt Millionen von Sternen und Milliarden von Planeten — und die Erforschung der Galaxis ist noch lange nicht abgeschlossen. Wir teilen Dihn Ruuus ergreifende Zuversicht nicht, daß sich im System von McBurneys Stern noch immer ein von Erhabenen besetzter Außenposten befindet, aber ganz bestimmt werden wir dort auf eine bedeutende archäologische Fundstelle stoßen. Und das ist Grund genug, die Reise zu unternehmen.
Somit wird unsere Expedition also zu einer galaktischen Odyssee, anstatt sich auf zwei kalte und verregnete Jahre auf Higby V zu beschränken. Zuerst zu diesem Asteroiden im System von GGC 1145591, dann zu McBurneys Stern und wer weiß, wohin uns Dihn Ruuu dann führen wird. Wir werden ihm folgen. Die Gewinne aus der Quecksilbermine werden uns aller finanziellen Sorgen entledigen, und über die Details archäologischer Ausgrabungen können wir uns später Gedanken machen. Die Fundstellen lösen sich nicht einfach in Luft auf. Mit jedem Tag entschleiern sich Rätsel für uns, von denen wir angenommen hatten, sie seien für immer unlösbar. Ich meine, hier sind wir und sprechen mit einem Roboter der Erhabenen, stellen ihm alle Arten von Fragen über die Zivilisation seiner Herren und bekommen Antworten. Und wir können die Projektionen unserer Kugel betrachten und die Bilder, die uns Dihn Ruuu schon einige Male gezeigt hat, und all diese Maschinen in der Gruft…
Es ist nur traurig, daß 408b nicht mehr bei uns ist, um an all der Pracht und den Wundern teilzuhaben. Alles, was wir hier erfahren, wäre genau sein Fall gewesen.
Nächste Woche verlassen wir den Asteroiden… hoffentlich.
Als Dr. Schein letztes Jahr im Oktober die Passage an Bord des Ultraraum-Kreuzers buchte, der uns von Higby V hierherbrachte, hat er sich klugerweise rückversichert. Er hatte gewußt, es war durchaus möglich, daß wir die Gruft in diesem System nicht fanden. Dann hätten wir praktisch festgesessen — ohne einen Telepathen, der ein Schiff herbeirufen konnte, das uns abholte — und nur Däumchen drehen können. (Nick Ludwigs Fähre ist nicht für einen Ultraraumflug ausgerüstet; sie ist nur für Reisen innerhalb eines Sonnensystem geeignet.) Deshalb hat Dr. Schein dafür gesorgt, daß der Kreuzer einen Umweg macht und somit in Funkreichweite zu uns kommt, wenn er Mitte Januar auf seinem Rückflug diesen Teil des Universums erneut streift. Auf diese Weise könnten wir um eine Abholung bitten, sollte es sich als notwendig erweisen. Der Kauf dieses Umwegs war teuer, aber das ist nichts im Vergleich zur möglichen Zeit, die wir hier nutzlos verschwenden würden, hätten wir im Asteroidengürtel eine Niete gezogen.
In drei Tagen wird der Kreuzer in Funkreichweite sein. Wir haben bereits damit begonnen, auf allen Frequenzen das Rufsignal zu senden — nur für den Fall, daß die Besatzung vergessen sollte, sich bei uns zu melden. Wir gehen davon aus, daß das Schiff in Kürze hier ankommt und uns aufnimmt; dann können die großen Bosse über einen neuen Ultraraumsprung verhandeln, und ab geht’s nach MyBurneys Stern, mit Dihn Ruuu als unserem Fremdenführer.
Hoffentlich.
Inzwischen vertreiben wir uns die Zeit mit fleißiger Arbeit und Routine. Wir löchern Dihn Ruuu mit unseren Fragen (es ist erstaunlich, wie schnell der Wortschatz des Roboters anwächst) und untersuchen die Geräte in der Gruft. Jetzt, da sich Dihn Ruuu durch das Verschwinden der Sonne der Erhabenen von seinen Pflichten entbunden fühlt und die Gruft zu verlassen gedenkt, haben wir freien Zugang zu all den Instrumenten. Die meisten davon dienen Kommunikationszwecken, wie wir nun wissen — vermutlich unterscheiden sie sich im Prinzip nicht sonderlich von unseren Funkgeräten —, aber die Höhle enthält auch eine Menge Waffentechnik. Der Roboter behauptet, eine kleine, stupsnasige Röhre, die aus einer Seitenwand ragt, könne auf eine Entfernung von drei Lichtjahren eine Sonne zerschmettern. Wir haben ihn nicht um eine Demonstration gebeten. Bei den anderen Geräten handelt es sich um Erhabenen-Äquivalente von Computerbänken — in einem einzigen Elektron sind mehr Datenbits gespeichert, als wir in einer ganzen Proteinkette unterbringen — und eine Art von Energie-Akkumulator, der mit Sternenlicht arbeitet und die ganze Anordnung in Betrieb hält.
Doch wir sind ein wenig besorgt über die plötzliche Konfrontation all dieser wunderbaren Dinge mit der irdischen Technologie des vierundzwanzigsten Jahrhunderts, der von Thhh, Calamor, Dinamon und Shilamak. Sind wir auf ein solches Bündel an Wundern der Erhabenen vorbereitet? Angenommen, wir können lernen, auch nur mit einem Tausendstel der Dinge umzugehen, die wir in dieser Gruft gefunden haben — es wäre der Beginn der Dritten Industriellen Revolution. Und die könnte die Gesellschaft gründlicher verändern als die Dampfmaschine im achtzehnten und der Computer im zwanzigsten Jahrhundert.
Wie gesagt, wir sind besorgt. Aber uns steht es nicht zu, die Entscheidung zu treffen. Als Wissenschaftler haben wir nicht das Recht, diese Entdeckungen zu verheimlichen. Wir sind keine Verwalter, wir sind Archäologen. Wir haben diese Gruft gefunden, aber wir sind nicht dafür verantwortlich, wie ihr Inhalt später gebraucht oder mißbraucht wird.
Wenn das nach einer Wischi-Waschi-Moral klingt, meinetwegen. Lieber soll man mich für oberflächlich halten als für einen Feind neuer Erkenntnisse. Es liegt immer ein gewisses Risiko darin, Entdeckungen zu machen. Aber wir würden noch immer in Höhlen leben und unser Fleisch roh essen, wenn nicht irgendwann während unserer Ahnengeschichte jemand das Risiko eingegangen wäre, sein Gehirn zu benutzen. Der große Unterschied hier besteht darin, daß diese Geräte nicht die Produkte einer langsamen und geduldigen Schufterei von Menschen sind und nicht im Zusammenhang mit der Evolution unserer Kultur entwickelt wurden. Sie regnen ganz plötzlich auf uns herab, als Konfektionsware einer weitaus reiferen und komplexeren Zivilisation. Ob wir in der Lage sind, in diesem Stadium unserer Entwicklung richtig mit ihnen umzugehen, wird sich herausstellen.
Ich wiederhole: Wir haben die Entscheidung nicht zu treffen. Wie Pontius Pilatus in dieser vierundzwanzig Jahrhunderte zurückliegenden Episode, die sich im Nahen Osten abspielte, waschen wir unsere Hände in Unschuld und lehnen jede Verantwortung für das Folgende ab. Es ist unser Beruf, Dinge zu finden, und es ist nicht unsere Sache, wenn sie gefährlich sein können.
Doch obwohl die Menschheit ziemlich verrückt ist, bin ich eigentlich nicht wirklich besorgt. Wenn wir es bis zum Jahre 2376 A. D. nicht fertiggebracht haben, uns selbst zu vernichten, dann geht es wahrscheinlich auch weiterhin bergauf mit uns.
Hoffentlich.
Heute ist der 14. Januar, wir haben Kontakt mit dem Kreuzer aufgenommen. Er wird in Kürze landen und uns aufnehmen. Doch wir können nicht sofort nach McBurneys Stern fliegen; der Kreuzer muß seine festgelegte Route einhalten. Aber er wird uns (und Ludwigs Fähre, die im Huckepackverfahren durch den Ultraraum mitgenommen wird) zum Aldebaransystem bringen, wo wir eine Passage auf einem weiter nach draußen fliegenden Ultraraum-Sternenschiff buchen können, um an unser Ziel zu gelangen.
Das Geld aus der Quecksilbermine wird nicht ausreichen, um all diese Kosten abzudecken. Wir täten besser daran, das nächste Mal einen Berg aus Uran zu entdecken.
Seit ich diesen Nachrichtenwürfel zum letztenmal aus der Hand gelegt habe, sind drei weitere Wochen vergangen. Wir haben jetzt den 8. Februar und gerade einen zweitägigen Zwischenaufenthalt auf Aldebaran IX hinter uns gebracht. Aldebaran ist eine große, rote, ziemlich stattliche Sonne, und sie verfügt über einen ganzen Haufen Planeten, von denen einige besiedelt sind. Wir sind nicht auf eine Rundreise gegangen, um Sehenswürdigkeiten zu besuchen. Tatsächlich sind wir nicht einmal gelandet. Dr. Schein hat die ganze Sache per Funk erledigt und uns einen Platz an Bord eines in Kürze startenden Ultraraum-Kreuzers beschafft, der uns nach McBurneys Stern bringen wird. Zur Zeit befinden wir uns in Nick Ludwigs Fähre, die in einem Orbit um Aldebaran IX hängt, und warten darauf, daß der Kreuzer zu uns heraufkommt und uns aufnimmt. Nick wird seine kleine Fähre erneut im Huckepackverfahren an den Kreuzer anflanschen, und dann geht’s ab.
Dies ist das erstemal seit unserem Aufbruch von Higby V, daß wir in Reichweite des TP-Kommunikationsnetzes sind. Deshalb hat Dr. Schein einen vollständigen Bericht über unsere Entdeckungen an Zentralgalaxis geschickt. Ich hoffe, alle sind gebührend beeindruckt von den erstaunlichen Neuigkeiten.
Ich wünschte, ich hätte irgendeinen Vorwand finden können, um eine Kopf-zu-Kopf-Verbindung mit dir herzustellen, Lorie. Ich möchte dir so gern ein Hallo durchgeben und dir sagen, was für eine großartige Zeit ich hier verbringe und wie gut es uns allen geht. Aber du weißt ja, daß privates Geplauder via TP unerschwinglich teuer ist, ganz besonders, wenn man die Erde von Aldebaran aus anruft. Meine größte Hoffnung ist, daß du bei deiner Weiterleitungsarbeit einige unserer Nachrichten mitgehört und so ein bißchen davon mitbekommen hast, was wir so machen.
Heute abend brechen wir nach McBurneys Stern auf. Nach den Berechnungen müßten wir unser Ziel gegen Ende des Monats erreichen.
29. Februar
Menschenskind, haargenau pünktlich! Dies ist der letzte Tag des Monats, und hier sind wir, in der Umlaufbahn um den vierten Planeten des McBurney-Systems. Die Besatzung des Ultraraum-Kreuzers läßt sich wie üblich nicht sehen und kommt nicht einmal hervor, um einen kurzen Blick hinauszuwerfen. Das sind wirklich Idioten.
Die Aussicht ist phantastisch. Es wird einem ganz schwindelig dabei, von hier aus auf den Planeten hinunterzublicken, aus einer Höhe von rund zehntausend Kilometern. Man sollte das Untersuchungsteam, das im Jahre 2280 durch dieses System gezischt ist und dabei übersehen hat, was sich dort unten auf McBurney IV befindet, wiedererwecken und allen das Fell über die Ohren ziehen.
Es ist eine vollständige, planetenweite Stadt der Erhabenen. Keine zerfallenen, uralten Überbleibsel, sondern eine prächtige, vollkommen erhaltene und lebendige Stadt. Wir können sich bewegende Fahrzeuge ausmachen, den Bau neuer Gebäude beobachten, Lichter, die an- und wieder ausgehen.
Doch irgendeinen Erhabenen können wir nicht entdecken. Seit wir hier sind, haben wir den Planeten gründlich abgetastet, und Dihn Ruuu hat dabei seine eigenen Abtastgeräte eingesetzt, die unseren überlegen sind. Zusammen mit dem Roboter sind wir zu dem Schluß gekommen, daß McBurney IV von einer Menge Roboter bewohnt ist. Aber wenn sich dort unten irgendwelche Mirt Korp Ahm aufhalten, dann sind sie von hier aus nicht zu sehen.
Dihn Ruuu, ganz der treue Diener, beharrt hartnäckig auf der Behauptung, daß wir hier Erhabene finden werden. Zum erstenmal sind wir alle davon überzeugt, daß sich der Roboter irrt. Bei McBurney IV, das scheint völlig klar zu sein, handelt es sich um die riesige Ausgabe eines Perpetuums mobiles: ein von Robotern mit unbegrenzter Lebensspanne bewohnter Planet, von Maschinen, die wie Dihn Ruuu auf die Rückkehr ihrer Herren warten. Zwar sind diese Herren seit mehr als einer halben Milliarde Jahre ausgestorben, aber da die Roboter nicht darauf programmiert sind, eine solche Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, gehen sie einfach weiter ihren Pflichten nach, weiter und immer weiter. Sie halten alles in gutem Zustand und warten und warten und warten, seit Äonen.
Natürlich können wir uns alle irren. Menschenskind: Vielleicht finden wir auf McBurney IV tatsächlich Erhabene, die nach all dieser Zeit noch putzmunter sind. Auf dieser Reise haben wir bereits so viele Überraschungen erlebt, daß wir keine Möglichkeit mit Sicherheit ausschließen können. Trotzdem: Ich glaube eigentlich nicht, daß die Mirt Korp Ahm bis in unser eigenes Zeitalter überlebt haben. Und — wie ich bereits vor vielen Monaten sagte — ich bin nicht sicher, ob ich ihnen gern in die Arme laufen würde, sollte dies dennoch der Fall sein. Ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn ich jemals von Angesicht zu Angesicht einem der Superwesen gegenüberstünde, die diese Zivilisation errichteten. Vermutlich würde ich flach auf die Nase fallen und ihm huldigen. Meine Manieren prädestinieren mich nicht gerade für eine Begegnung mit Göttern.
Bald wissen wir mehr, denn Dihn Ruuu versucht jetzt, mit seinen Robotkameraden unter uns Funkkontakt aufzunehmen, so daß sie uns nicht vom Himmel pusten, wenn wir zur Landung ansetzen. Wenn nichts schiefgeht, werden wir innerhalb der nächsten Stunde in die Landebahn einschwenken.
Dihn Ruuu hat die Landegenehmigung für uns erhalten. Wir sind auf dem Weg hinunter.