26

Ich lag zu den Füßen meines Herrn Clitus Vitellius, der in seinem Thronsessel saß und mit düsterem Blick aus dem Fenster starrte, vor dem sich die Türme Ars erhoben.

Ich legte eine Hand auf seine Knie. Seine Finger spielten mit meinem Haar. Mir kamen die Tränen.

»Du beunruhigst mich«, sagte er.

»Es tut mir leid«, sagte ich, »wenn ich dir mißfalle.«

»Ich verstehe die Gefühle nicht, die ich dir entgegenbringe. Du bist doch nichts weiter als eine Sklavin!«

»Deine Sklavin«, sagte ich betont.

Er schob mich zurück und stand ärgerlich auf. »Ich habe sogar Angst vor dir«, sagte er. »Immer wieder versuche ich, dich als Sklavin besonders schonungslos zu behandeln. Warum habe ich das Gefühl, dies tun zu müssen?«

Verwirrt blickte ich ihn an.

»Ich habe Angst vor mir selbst. Angst vor dir und vor mir.« Mürrisch starrte er mich an. »Du machst mich schwach«, fuhr er zornig fort, »mich, einen Krie ger Ars!«

»Verzeih mir, Herr!«

»Sollte ich dich freilassen?« fragte er.

»Nein, Herr!« rief ich.

»Keine Angst«, sagte er. »Ich bin Clitus Vitellius aus Ar. Ich lasse keine Sklaven frei.« Auf dem Weg ins Curuleum machten wir im ›Glockenkragen‹ Station. Es war früher Nachmittag.

»Als Pagamädchen war ich ziemlich gut«, sagte ich.

»Daran zweifle ich nicht«, sagte er.

Mit Erlaubnis des Tavernenwirts Busebius waren mehrere Mädchen von früher, besonders natürlich Sklavenperle, an unseren Tisch gekommen, um sich mit mir zu unterhalten. Manche mochten mich um meinen Herrn beneiden, doch ich mußte leider allen sagen, daß ich zum Curuleum gebracht wurde, um dort verkauft zu werden.

Helen, das Tanzmädchen von der Erde, warf sich daraufhin meinem Herrn zu Füßen und bat, von ihm gekauft zu werden. Er aber stieß sie von sich.

Ich sah Bran Loort die Taverne betreten, einen Korb mit Gemüse im Arm. Als er mich erblickte, wandte er den Kopf ab und verschwand in der Küche. Er arbeitete noch immer im ›Glockenkragen‹.

»Wo ist Maria, Herr?« fragte ich. Bei Clitus Vitellius hatte ich dieses Mädchen stets für meine schärfste Rivalin gehalten.

»Ich habe sie an einen Sklavenhändler verkauft, der sich auf Tanzmädchen spezialisiert«, antwortete mein Herr. »Und Eta gehört jetzt Mirus, meinem Wächter.«

»Das freut mich, Herr.« Mirus war ein großer blonder Jüngling, der mir im Lager des Clitus Vitellius bereits aufgefallen war; ihn hielt ich für den attraktivsten Gefolgsmann meines Herrn.

»Und Sklavenperle, das weißt du«, fuhr Clitus Vitellius fort, »gehört jetzt Busebius.«

»Ja, Herr«, sagte ich.

»Und Lehna, Donna und Chanda habe ich an zwei meiner Männer verschenkt, für gute Dienste im Kriege.«

Ich nickte. »Gehen wir bald ins Curuleum, Herr?« fragte ich.

»Ja. Doch zuerst warten wir noch auf einen Freund. Du kennst ihn sogar.«

Neugierig sah ich Clitus Vitellius an, doch er hüllte sich in Schweigen.

Nach einiger Zeit ertönte lautes Singen. Mein früherer Sklavenherr war kein besonders guter Sänger.

»Thurnus ist es!« rief ich. »Thurnus aus Tabukfurt! Aber ich bitte dich, verschenk mich nicht wieder an ihn!«

»Keine Sorge«, antwortete Clitus Vitellius. Er sprang auf und ging Thurnus entgegen. Die beiden umarmten sich.

Kurze Zeit später saßen sie an unserem Tisch. Ich fand es seltsam, daß sich Thurnus in Ar aufhielt; wahrscheinlich hatte er Geschäfte hier zu tätigen. »Sei gegrüßt, Dina!« rief er beschwingt.

»Sei gegrüßt, Herr.«

Er sah kräftig aus wie eh und je und schien sehr zufrieden mit sich zu sein. Die lange Dürre war endlich vorbei. Offenbar stand es um die Ernte gut.

Ich bemerkte, daß Bran Loort vorsichtig durch die Küchentür blickte, aber sofort wieder verschwand. Er wagte es nicht, sich hier vor Thurnus zu zeigen, der ihn aus Tabukfurt vertrieben hatte.

Ich blickte zu Sklavenperle hinüber. Sie war damit beschäftigt, Thandar aus Ti von der Salerischen Konföderation zu bedienen, der mit vier Begleitern gekommen war. Er schien den ›Glockenkragen‹ öfter zu besuchen, wenn er sich zu Wirtschaftsverhandlungen zwischen Ar und der Konföderation in der Stadt aufhielt. Möglicherweise lag dies an einem ganz bestimmten Mädchen, Sklavenperle genannt...

»Sul-Paga!« brüllte Thurnus in diesem Augenblick und hieb mit seinem großen Bauernstab auf den kleinen Tisch.

»Ruhe!« rief ein Mann von einem benachbarten Tisch. In seiner Begleitung befanden sich fünf Männer.

»Sul-Paga!« wiederholte Thurnus lautstark.

»Schrei nicht so!« forderte ein Mann an einem anderen Tisch.

Busebius hastete herbei. »Herr«, sagte er. »Wir haben viele Pagas. Pagas aus Ar und Tyros und Ko-ro-ba und Helmutsport, Anango und Tharna!«

»Ich will Sul-Paga haben!« forderte Thurnus. Mehrere andere Gäste drehten sich aufgebracht nach ihm um.

Die von Busebius angebotenen Getränke waren natürlich alle aus Sa-Tarna gemacht, während Thurnus nach dem ungemein kräftigeren Sul-Paga verlangte, der aber nur in ländlichen Gegenden zu finden war.

»Bitte, Herr, wir haben diesen Paga hier nicht.«

Thurnus sprang auf; in seinem Gesicht mischten sich Unglauben und Zorn. »Kein Sul-Paga?« fragte er erregt.

»Werft ihn raus!« brüllte jemand.

»Nein, Herr«, sagte Busebius verzagt.

»Dann werde ich singen!« verkündete Thurnus aus Tabukfurt.

Und er richtete sich auf und begann stürmisch zu singen. Einer der Gäste konnte seine Wut nicht mehr bezwingen, sprang Thurnus an und begann auf ihn einzuschlagen. Mehrere andere taten es ihm nach. Clitus Vitellius hielt sich zu meiner Überraschung abseits. Ich kroch zwischen den Beinen der Kämpfenden hindurch. Thurnus hatte zwei Männer emporgerissen und hieb sie mit den Köpfen zusammen. Im nächsten Augenblick ging der Mann aus Tabukfurt unter einer ganzen Gruppe von Angreifern unter. Ich hob die Hände schützend über den Kopf und brachte mich in Sicherheit. Da sah ich Bran Loort einen Angreifer am Kragen packen und an mir vorbeischleudern. »Keine Angst, Kastenführer!« rief er dabei. Er schleuderte einen anderen Burschen beiseite, der mit dem Kopf zuerst gegen eine Mauer knallte. Die nächsten beiden packte er am Kragen und drosch sie mit den Köpfen zusammen. Thurnus hatte sich inzwischen aus eigener Kraft aus dem Wust von Kämpfern befreit und griff gelassen nach einem Pagakelch.

»Er kämpft gut«, sagte er zu Clitus Vitellius, der nur nickte. Dann stand Bran Loort mit dem Rücken an der Wand, umgeben von etwa zwanzig zornigen Männern. Er sah sich verzweifelt um. Plötzlich fiel sein Blick auf Thurnus.

»Es sind doch nur zwanzig!« rief dieser. »Und du bist ein Bauer!« Er warf Bran Loort seinen Stab zu, der die lange Waffe auffing und sofort damit zuschlug. Ein Mann schrie auf. Unverzüglich schwang das Holz herum; der Gegner versuchte dem Hieb auszuweichen. Der Stock wirbelte und richtete schrecklichen Schaden an. Mehr als ein Mann mußte sich mit gebrochenem Bein aus dem Kampf zurückziehen, der Stab brachte Prellungen bei, verursachte blutende Kopfwunden, knackste Rippen an. Männer versuchten den jungen Bauern zu umgehen, doch Thurnus griff ein und verhinderte das.

Busebius hatte zu jammern begonnen. »Halt, halt, ihr Herren!« rief er verzweifelt. Jetzt kämpften Thurnus und Bran Loort Rücken an Rücken. Bran Loort hielt den Stab, Thurnus hatte sich mit einem Tisch bewaffnet.

Plötzlich hörte ich ein Schwert aus der Scheide fahren. Andere taten es dem Manne nach.

»Nein«, sagte Thandar von Ti, der auf einen Tisch gesprungen war. Er und seine vier Begleiter hatten ebenfalls blank gezogen. Sie standen zwischen den beiden Kämpfern und ihren Gegnern.

»Es ist nicht recht, mit Stahl zu kämpfen gegen Männer, die sich nur mit Holz verteidigen.«

Die anderen wichen zurück.

»Freier Paga für alle!« setzte Thandar aus Ti hinzu.

»Und ich«, rief Clitus Vitellius, »zahle die zweite Runde!«

»Ein Hoch auf die Bauern!« rief ein Mann, obwohl ihm das Blut übers Gesicht lief.

»Ein Hoch auf die Bauern!« riefen alle und umringten Thurnus und Bran Loort und klopften den beiden auf die Schultern.

»Und was hast du hier zu suchen, elender Bran Loort?« fragte Thurnus.

Bran Loort ließ den Kopf hängen. »Ich arbeite in die ser Taverne. Es beschämt mich, daß du mich hier so vor dir siehst.«

»Und aus gutem Grund!« brüllte Thurnus.

»Was machst du hier?« fragte Bran Loort.« Ist jetzt nicht die Zeit, das Sa-Tarna zu ernten?«

»Ich dachte schon, das hättest du vergessen. Es ist je denfalls eine große Überraschung für mich, dich hier anzutreffen. Aber wie es sich gezeigt hat, war es ein glücklicher Zufall.« Grinsend blinzelte er Clitus Vitellius zu.

»Es freut mich, wenn ich dir helfen konnte«, sagte Bran Loort. »Aber was tust du nun wirklich in Ar?«

»Ich suche Männer für die Ernte.«

»Ich bin stark«, sagte Bran Loort.

»Gut«, antwortete Thurnus. Bran Loort umarmte ihn weinend. »Trink einen Schluck Paga«, fuhr Thurnus fort. »Dann müssen wir gehen. Das Sa-Tarna wird langsam ungeduldig.«

Bran Loort stieß einen Freudenschrei aus und drehte sich mit erhobenen Armen wie ein Kind, das in der Sonne herumtanzt. Einer vorbeigehenden Sklavin entriß er einen Becher Paga und leerte ihn in einem Zug.

»Er hat noch viel zu lernen«, sagte Thurnus, »aber es wird der Tag kommen, da er Kastenführer ist. Und er wird seinen eigenen Heimstein besitzen.«

»Es freut mich, daß ich dir helfen konnte«, sagte Clitus Vitellius.

Thurnus ergriff seine Hand. »Vielen Dank, Krieger«, sagte er. Clitus Vitellius saß mit Thandar aus Ti und seinen vier Männern am Tisch. Sie wurden von Sklavenperle bedient.

»Die Salerische Konföderation«, sagte Clitus Vitellius gerade, »stellt eine Bedrohung für die Sicherheit Ars dar.«

»Richtig«, sagte Thandar aus Ti.

»Du scheinst nicht ganz bei der Sache zu sein«, bemerkte Clitus Vitellius, der offenbar über Politik diskutieren wollte.

Thandar aus Ti beobachtete Sklavenperle, die ihm mit gesenktem Kopf ein Getränk reichte.

»Eine hübsche Sklavin«, sagte Clitus Vitellius. »Ja«, erwiderte Thandar aus Ti, hob die Hand und berührte Sklavenperle am Hals. »Meinst du, ich sollte sie kaufen?« Sklavenperle wagte nicht, den Kopf zu heben.

»Sie ist eine Schönheit. Wenn es dir gefällt, kannst du Busebius ja ein Angebot machen.«

»Busebius!« rief Thandar. »Ich habe diese kleine Sklavendirne in mein Herz geschlossen«, sagte er zu dem herbeieile nden Wirt. »Ich gebe dir einen Silbertarsk für sie.«

»Der Herr ist sehr großzügig«, sagte Busebius.

»Dann bist du also einverstanden?«

»Fünf Tarsks«, forderte der Wirt.

»Schurke!« sagte Thandar aus Ti. »Ich gebe dir zwei!«

»Einverstanden!« lachte Busebius. Er freute sich über seinen Gewinn mit Sklavenperle, die er vermutlich für weniger als einen Silbertarsk erstanden hatte. Außerdem war es ihm gelungen, einen geschätzten Gast bei Laune zu halten.

Sklavenperle sank bewußtlos zu Boden. Sie war noch nicht wieder zu sich gekommen, als Busebius ihr Glocken und Kragen abnahm und Thandar aus Ti seine Sklavenfessel zuschnappen ließ. Als sie dann doch wieder bei Bewußtsein war, richtete sie sich zögernd auf. »Gehöre ich jetzt dir, Herr?« fragte sie.

»Ja, Sklavin«, antwortete er.

Weinend vor Glück kniete sie vor ihm, nicht ohne mir einen Blick zuzuwerfen, der mich aufforderte, ihre wahre Identität nicht zu verraten. Vor langer Zeit war sie als Lady Sabina aus der Festung von Saphronicus Thandar aus Ti in die Gefährtenschaft versprochen worden. Derselbe Mann hatte sie jetzt als Sklavin gekauft.

»Kehren wir ins Gasthaus zurück«, sagte einer der Begleiter Thandars. »Ich glaube, wir haben hier eine Sklavin, die begierig ist, ihrem Herrn zu dienen.«

»Steh auf, Sklavin«, sagte Thandar aus Ti.

»Ein guter Kauf«, kommentierte einer seiner Begleiter.

»Ich glaube, ich nenne dich ›Sabina‹«, sagte der Unterhändler der Salerischen Konföderation.

Sie zuckte zusammen. »Herr?« fragte sie und sah mich an. Doch ich konnte nur die Achseln zucken. Ich hatte ihr Geheimnis nicht verraten.

»Ja, Sabina, mein kleiner Sleen!« sagte Thandar la chend. »Oder glaubst du etwa, ich wüßte nicht, wer du einmal gewesen bist? Sabina, Tochter des Kleomenes, mir als Gefährtin zugedacht!«

»Herr!« rief sie und starrte ihn entsetzt an.

»Jetzt bist du natürlich nur eine einfache Sklavin.«

»Ja, Herr. Aber wie ...?«

»Als die Gefährtenschaft im Rat der Konföderation besprochen wurde, bin ich nach Festung von Saphronicus gereist, um zu sehen, ob du mir auch gefielst. Ich hatte das Glück, dich im Bade beobachten zu können.«

»Herr?«

»Du erinnerst dich an deine Gemächer?« fragte er. »An das hohe Fenster? Man konnte sich mit einem Seil vom Dach herablassen.« Sie errötete. »Und ich gefiel dem Herrn schon damals?«

»Ja, sehr! Dasselbe galt auch für Maria und die anderen.«

»Ja«, sagte sie, »meine Dienstsklavinnen waren sehr schön. Wie hat mich mein Herr jetzt nur gefunden?«

»Unter Kriegern hilft man sich weiter«, antwortete Thandar, und Clitus Vitellius lächelte.

»Vielen Dank, Herr«, sagte Sklavenperle zu dem Mann aus Ar.

Dieser rückte nur.

Sabina wandte sich daraufhin strahlend an mich. »Ich bin seine Sklavin!« sagte sie.

Ich gab ihr einen Kuß. Ich konnte verstehen, wie ihr zumute war.

Einer von Thandars Männern begab sich zu Busebius, um die Rechnung zu begleichen.

»Ich wünsche dir alles Gute!« rief Sabina. »Euch allen wünsche ich alles Gute!«

»Ich dir auch!« gab ich zurück.

Die anderen Pagamädchen aus der Taverne schlossen sich den Wünschen an.

Thandars Männer gingen zum Ausgang. Sabina folgte ihnen. Wir sahen zu, wie die Gruppe die Taverne verließ.

»Es ist Zeit«, sagte Clitus Vitellius zu mir, »daß wir das Curuleum aufsuchen.«

Schüchtern berührte ich seinen Arm. »Bitte, Herr!« flehte ich ihn an.

Der Blick, mit dem er mich musterte, war beinahe zärtlich. Er schien bekümmert zu sein.

»Ja«, sagte er und bedeutete mir, ihm zu einer Nische zu folgen.

Ich kroch in die Nische und legte meine Straßentunika ab. Er schloß den Vorhang hinter uns.

»Oft«, sagte ich leichthin, »habe ich den Gästen des Busebius in dieser Nische gedient.« Er nahm mich in die Arme. Seine Zärtlichkeit erstaunte mich. »Du wirst mir fehlen, Dina«, sagte er.

»Es gibt viele Mädchen. Du wirst mich bald vergessen.«

Er fuhr mir übers Haar. »Dein Haar wird bis zum Frühling noch kurz sein.«

»Zweifellos wird das meinen Preis beeinträchtigen.«

Er küßte mich.

»Behalte mich!« sagte ich plötzlich.

»Nein!« sagte er entschlossen. »Es ist seltsam. Ich habe gegen wilde Sleen und gegen gefährliche Gegner gekämpft. Ich bin ein Krieger, ein führender Mann meines Standes. Trotzdem vermagst du, eine Sklavin, mich mit einem Lächeln und einer Träne zu erobern.«

»Nein, Herr«, sagte ich.

»Du verstehst, was ich meine!« sagte er.

»Eine Sklavin bedarf keiner Erklärungen. Ihre Aufgabe ist es, zu gehorchen.«

»Siehst du!« sagte er ärgerlich. »Du machst mich schwach! Du bist so anders als alle anderen!«

»Dabei bin ich nur eine Sklavin. Behandle mich auch so!«

»Ein Krieger muß hart durchgreifen können.«

»Dann tu’s!«

»Du möchtest erobert und unterdrückt werden, nicht wahr?«

»Ja«, antwortete ich.

Er richtete sich neben mir auf. »Wie sehr du meine Schwäche verachten mußt!«

»Ja, ich verachte deine Schwäche.«

Er blickte mich zornig an.

»Ich liebe dich!« sagte ich.

»Lügnerin!« rief er und warf sich auf mich. Er machte es ohne jeden Funken Zärtlichkeit, ließ seinen Zorn an mir aus.

Als er fertig war, sagte er: »Zieh dich an. Wir müssen zum Curuleum.« Ich zog mir die Tunika über den Kopf und machte den Gürtel fest. Dann verließen wir die Taverne und begaben uns zum Hintereingang des Curuleum. Ich betrachtete die dicke Eisentür, hinter der ich verkauft werden sollte.

»Wir müssen eintreten«, sagte er.

»Tu mit mir, was du willst.«

»Ja. Ich bin ein Krieger. Ich darf nicht schwach sein.«

»Trotzdem bist du schwach!«

»Inwiefern?«

»Du willst mich ja gar nicht verkaufen«, sagte ich. »Trotzdem tust du es.«

»Ich will dich verkaufen!«

»Sieh mich an! Was willst du wirklich mit mir tun?«

»Dich verkaufen!«

»Nein!« widersprach ich. »Du willst mich bei dir haben. Ich soll zu deinen Füßen sitzen. Du willst mich nicht verkaufen. Warum hättest du sonst in Ar nach mir gesucht oder mich sogar bis nach Cos verfolgt? Nur um mich zu verkaufen?«

Er sah mich stirnrunzelnd an.

»Nein, du wolltest mich als Sklavin besitzen!« rief ich.

»Ja!« sagte er zornig.

»Dann nimm mich an deine Kette!«

»Nein.«

»Dann verkauf mich«, sagte ich resigniert. »Die Entscheidung liegt bei dir.«

Er hämmerte an die Eisentür.

»Ich hatte Clitus Vitellius für stark gehalten!« klagte ich. »Ich hatte gedacht, er wäre ein wahrer Krieger. Ich hatte angenommen, er besitze die Kraft, einer Frau zu widerstehen – aber er schafft es nicht, mit einer Sklavin wirklich das zu machen, was er will.«

Von der anderen Seite näherten sich Schritte, und gleich darauf wurde eine kleine Gittertür geöffnet.

»Ich möchte ein Mädchen verkaufen«, sagte Clitus Vitellius.

Das Gitter wurde geschlossen. Gleich darauf ging die große Tür auf.

Wir traten ein und befanden uns in einem großen Raum mit Zementboden. Ein gelber Kreis war auf die Fläche gemalt. Hinter einem kleinen Tisch saß ein Mann.

»Gebt mir für sie, was sie wert ist«, sagte mein Herr, »und schickt das Geld in die Wohnung von Clitus Vitellius im Turm der Krieger.«

»Ja, Herr«, sagte der Mann am Tisch.

Clitus Vitellius machte kehrt und verließ das Curuleum. Ich kniete allein im gelben Kreis.

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