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Ich klopfte zweimal auf den Tisch des Verwalters.

Dahinter, an der Wand, hing eine Preisliste. Die Preise waren recht hoch. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß es sich um reguläre Preise handelte. Falls doch, war die Herberge kaum konkurrenzfähig.

Ich klopfte noch zweimal auf den Tisch.

Von der Decke hing eine Tharlarionöl-Lampe an drei Ketten.

Die Liste sah folgendermaßen aus:

Brot und Paga — 2 K.T.

Andere Speisen — 3-5 K.T.

Unterkunft — 10 K.T.

Decken (2) — 2 K.T.

Bad — 1 K.T.

Bademädchen — 2 K.T.

Schwamm, Öl und Schaber — 1 K.T.

Mädchen für die Nacht — 5 K.T.

T., Grünfutter und Stall — 2 K.T.

T., Fleisch und Sitzstange — 5 K.T.

Zu dieser Preisliste sind ein paar Anmerkungen nötig. Erstens sind diese Preise in keiner Weise typisch. In vielen Herbergen kann man – je nach Jahreszeit und wenn der Verwalter mit sich handeln laßt – für zwei oder drei Kupfertarsk einen ganzen Tag verbringen, wobei alles eingeschlossen ist. Natürlich unter der Voraussetzung, daß man beim Pagakonsum und dergleichen nicht übertreibt. In den meisten Herbergen sind Bademädchen, Schwamm, Öl und Schaber im Preis für das Bad enthalten. Die Preise auf dieser Liste erschienen weit überhöht, etwa um den Faktor fünf und mehr. Das K. T. stand natürlich für Kupfertarsk.

Um die Sache zu verdeutlichen: In einer normalen Paga-Taverne bekommt man für einen einzigen Kupfertarsk Paga, Essen und ein Mädchen für den Alkoven, wenn man will. Tänzerinnen kosten natürlich manchmal zwei Münzen. Ich wußte nicht, was es hier mit der Rubrik andere Speisen auf sich hatte. Danach muß man immer fragen. Das war der Jahreszeit unterworfen, kam auf die örtlichen Lebensmittelhändler an und manchmal auch auf das Glück der Jäger und Fischer. In den meisten Herbergen ist das Essen einfach und herzhaft. Stellt man besondere Ansprüche, bringt man sich seine Speisen mit und sagt dem Verwalter, wie sie zubereitet werden sollen. Reiche Männer bringen manchmal sogar ihre eigenen Köche mit. Schließlich kann man sich nicht immer darauf verlassen, daß die Herbergsköche wissen, wie man turianischen Vulo oder Parsit aus Kassau zubereitet. ›Grünfutter‹ und ›Fleisch‹ bezogen sich auf Zug-Tharlarion beziehungsweise Tarns; das gleiche galt für Stall und Stange.

Als ich vor einigen Jahren nach Gor kam, rissen die gezähmten Tarns wie ihre wilden Artgenossen in freier Wildbahn das Futter noch selbst. Das könnten sie natürlich noch immer tun, aber mittlerweile hat man ihnen anerzogen, sich mit vorbereitetem, sogar haltbar gemachten Fleisch zufriedenzugeben. Im Idealfall fangt man unmittelbar nach dem Ausschlüpfen damit an, sie daran zu gewöhnen; man stößt ihnen das Fleisch in die Schnäbel, so wie es die Muttervögel in der Wildnis tun. Das erledigt man mit Zangen. Bei älteren Vögeln, gefangenen wilden Tarns, geht man gewöhnlich so vor, daß man frisch geschlachtetes Fleisch an lebende Tiere bindet und später, wenn sich der Tarn daran gewöhnt hat, beides zu fressen, allein zu dem Schlachtfleisch übergeht. Ein jagender Tarn ist außerordentlich gefährlich, wie man sicherlich nicht eigens zu erwähnen braucht, und auch wenn seine bevorzugte Beute der Tabuk oder das wilde Tarsk ist, greifen sie durchaus auch Menschen an. Bemerkenswerter- und vielleicht auch vorhersehbarerweise lag dieser Neuerung in der Abrichtung weniger die Bestrebung zugrunde, die Sicherheit der Menschen zu erhöhen – vor allem der Bewohner ländlicher Gebiete –, sondern hauptsächlich der Versuch, militärische Vorgehensweisen zu verbessern, vor allem in der Logistik und im Nachschub der Tarnkavallerie. Es ist allein dieser Maßnahme zu verdanken, daß das Vorhaben, große, aus Hunderten von Tarnkämpfern bestehende Luftkavallerieabteilungen aufzustellen, überhaupt erst durchführbar wurde.

»Tal«, sagte der grauhaarige Bursche, der müde durch die Tür kam.

»Tal«, erwiderte ich.

»Es ist ruhiger draußen.«

»Es regnet noch immer.«

»Zehn Tarsk die Nacht«, verkündete er. Das stimmte mit der Liste überein.

»Das ist sehr teuer.«

»Stimmt«, sagte er. »Ich würde nicht so viel bezahlen.«

»Vielleicht sollte ich sofort wieder gehen.«

»Der Regen hat nachgelassen.«

»Kann man über diese Preise reden?« fragte ich.

»Nein.«

»Bist du sicher?«

»Ja«, sagte er. »Der Verwalter ist ein resoluter und gieriger Kerl, das kannst du mir glauben. Ich weiß es.«

»Vielleicht ist er gar nicht so übel, wie du glaubst.«

»Er ist es, vertrau mir.«

»Ich hätte gern ein Bad mit Schwamm und allem, was dazugehört, und ein Bademädchen«, sagte ich.

»Dann kommen noch zwei Münzen dazu.«

»Müßten das nicht vier sein?« fragte ich.

»Kein Bademädchen«, erklärte er. »Wegen der Überbelegung und des Bedarfs müssen sie als Schankmädchen arbeiten.«

»Ich verstehe.«

»Du wirst dich selbst waschen, einölen und schaben müssen.«

»Das ist irgendwie eine barbarische Vorstellung.« Außerdem war es schwer, gewisse Stellen am Rücken zu erreichen.

»Die Zeiten sind schwer.«

»Wo ist euer Bad?«

»Dahinten«, sagte er und zeigte auf einen weiteren Durchgang.

»Ich möchte später ein Mädchen aufs Zimmer geschickt bekommen«, sagte ich.

»Du bekommst kein Zimmer.«

»Wofür bezahle ich dann zehn Tarsk?«

»Für die Übernachtung.«

»Ihr habt keine Zimmer?«

»Keine Einzelzimmer für unsere Gäste. Wir haben Schlafsäle.«

»Aber dort stehen doch Betten?« vergewisserte ich mich besorgt.

»Betten?« Er runzelte die Stirn.

»Ja, Betten.«

»Natürlich nicht.«

»Ich verstehe.«

»Du weißt doch sicher, wo du hier bist«, sagte er.

»Auf der Vosk-Straße«, erwiderte ich vorsichtig.

»Und hundert Pasang vom Fluß entfernt. Keine Herberge in der Gegend hat Betten. Das müßtest du wissen. Du scheinst nicht besonders gut im Bilde zu sein.«

»Das mag schon sein.«

»Vielleicht versuchst du es einmal in einer der Prachtherbergen zwischen Ar und Venna.«

»Das ist über zweitausend Pasang weit entfernt«, protestierte ich.

»Sicherlich wirst du mich dafür doch nicht verantwortlich machen wollen.«

»Das käme mir niemals in den Sinn.«

»Keine Sorge«, sagte er. »Selbst in diesen schweren Zeiten hat sich der Verwalter, der auch eine sympathische, edle Seite hat, nicht dazu durchringen können, die Platzlinien zu entfernen.«

»Das ist eine gute Nachricht«, sagte ich. »Und was sind Platzlinien?«

»Die meisten Herbergen weisen dir einfach einen großen Gemeinschaftssaal zu, den man sich mit anderen teilen muß. Ziemlich primitiv. Hier im Zum Krummen Tarn vermieten wir Schlafplätze.«

»Ich verstehe.«

»Die sind sogar deutlich markiert.«

»Das höre ich gern.«

»Zwar kann man so weniger Leute aufnehmen«, erklärte er, »aber dafür gibt es auch weniger Auseinandersetzungen. Freie Frauen ziehen es sowieso vor, einen Platz für sich zu haben. Außerdem kann man für markierte Schlafplätze mehr verlangen.«

»Wenn ich es also richtig verstanden habe, ist diese Herberge für diese Gegend auf ihre Weise eine Prachtherberge.«

»Genau.«

»Vielleicht kannst du das Mädchen für die Nacht dann zu meinem Schlafplatz schicken?« bat ich.

»Nicht für die Nacht, nein«, sagte er. »Aber für eine Viertel-Ahn.«

»Und was bitte steht auf der Preisliste?«

»Ich weiß«, sagte er. »Aber dafür sind wir einfach zu überfüllt. Andererseits würden wir dir für diese Zeit auch nur drei Kupfertarsk in Rechnung stellen.«

»Für eine Viertel-Ahn?«

»Der Verwalter ist ein Schurke.«

»Ich denke, er hat aber auch eine sympathische, edle Seite.«

»Die hält er bedeckt«, sagte der Mann.

»Vielleicht ist er ja doch nicht der Schurke, für den du ihn hältst.«

»Doch, doch, er ist ein Schurke.«

»Drei Tarsk für eine Viertel-Ahn hört sich gerecht an«, sagte ich, wobei ich mich fragte, ob ich mehr Erfolg hätte, wenn ich mit dem Verwalter selbst spräche. Aber vermutlich war er zu dieser Stunde nicht mehr auf den Beinen.

»Im Pagaraum lassen wir eine Zechprellerin bedienen«, sagte er. »Die könntest du für eine Ahn haben, kostet ein Tarskstück.«

»Weiß sie, was zu ihren Pflichten gehört?«

»Nein.«

»Ich werde sie mir ansehen und dir später Bescheid geben.«

»Das wären dann vierzehn Kupfertarsk.« »Ich komme nur auf zwölf«, sagte ich. »Zehn für die Übernachtung, zwei fürs Bad.« »Ich bin davon ausgegangen, daß du Decken willst.« »Natürlich.«

»Also vierzehn.« Die Summe wurde auf eine Rechnung geschrieben. Aus einem Schrank an der Seite holte er die Badesachen und legte sie auf die Theke.

»Die Decken hole ich mir, wenn ich gegessen habe«, sagte ich.

»Ich werde dir zwei reservieren, zusammen mit deinem Ostrakon.«

»Ich hätte gern einen Schlafplatz in der Nähe der Wand, wenn möglich in der Saalecke.«

»Das hätte jeder gern«, sagte er. »Du hast Platz S-Drei-Siebenundneunzig. Das ist Nummer Siebenundneunzig, im Südflügel, dritter Stock.«

»Gut.«

»Versuch, nicht über die Viehtreiber zu stolpern. Die können sehr häßlich werden, wenn man mitten in der Nacht auf sie tritt.«

»Ich werde mich bemühen.«

»Wenn du schon auf sie treten mußt, dann solltest du es so machen, daß sie zumindest eine Zeitlang nicht mehr aufstehen können.«

»Ich verstehe.«

»Darf ich deinen Namen erfahren?«

»Nein.«

Das schien ihn nicht zu überraschen. Vermutlich zogen es viele Leute auf der Durchreise vor, sich nicht zu identifizieren oder einen falschen Namen anzugeben.

»Wir schreiben alles auf die Rechnung«, sagte er.

»Ausgezeichnet.«

»Die Rechnung muß vor oder bei der Abreise bezahlt werden«, sagte er. »Sollte es einen Anlaß zum Mißtrauen geben, behalten wir uns das Recht vor, auf der sofortigen Bezahlung zu bestehen.«

»Das ist vernünftig.«

»Das finden wir auch.«

»Eure Preise sind, wie du ja selbst zugegeben oder zumindest angedeutet hast, ziemlich hoch«, sagte ich.

»Das sind sie«, bestätigte er. »Ich würde sie nicht bezahlen wollen.«

Ich sah ihn an.

»Man kann darüber verhandeln.«

»Bist du dir da wirklich sicher?«

»Ja.«

»Ich kann nicht glauben, daß der Verwalter tatsächlich so stur ist, wie du ihn mir beschrieben hast.«

»Ich versichere dir, er ist es«, sagte der Bursche.

»Bestimmt ist er nicht der Schurke, als den du ihn darstellst.«

»Doch. Glaub mir, ich weiß es.«

»Ich schätze, daß er zu dieser Stunde nicht mehr auf den Beinen ist«, vermutete ich.

»Aber ja.«

»Glaubst du, ich könnte ihn sprechen?« »Das hast du doch die ganze Zeit getan«, sagte er »Ich bin der Verwalter.«

»Oh«, sagte ich.

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