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»Barbarinnen! Barbarinnen zu verkaufen!« rief der Mann, der auf der runden Holzplattform vor dem offenen Tor der von einem Palisadenzaun umschlossenen Anlage stand. Er war massig und korpulent und trug ein langes, offenes, fleckiges Hemd aus blaugelber Seide. Seine Lederhosen wurden von einem dreifach zugeschnallten breiten Gürtel gehalten. An diesem Gürtel war eine mächtige perlenbesetzte Scheide festgemacht, in der offenbar ein grober dreieckig geformter Dolch steckte. Dazu trug er Kaiilastiefel mit glockenbesetzten silbernen Hackenspitzen, die beim Kaiilareiten als Sporen dienten. In der Hand hielt er eine geschmeidige lange Kaiilapeitsche aus schwarzem Leder, etwa einen Meter lang. Das Haar hatte er sich mit blaugelben Tuchfetzen im Nacken zusammengebunden. Er gehörte zur Kaste der Sklavenhändler.

Zwei Helfer zerrten eine nackte Sklavin neben ihn auf die Plattform.

»Außer unserer gewohnten guten Ware«, rief der rundliche Mann, »haben wir soeben frische Barbarinnen hereinbekommen.«

Es mußte sich um die Mädchen handeln, von denen ich heute nachmittag schon mehrere gesehen hatte. Nun, am Abend, nach dem Abendessen, war ich zum Gelände Ram Seibars zurückgekehrt, mit der Absicht, mir einige Verkäufe anzuschauen. Hinterher wollte ich eine Taverne aufsuchen, einen Becher Paga trinken und mir vielleicht für die Nacht ein Mädchen nehmen.

»Sie sind noch nicht selektiert!« rief der Mann. »Dieses kleine Täubchen, saftig, begierig auf einen Herrn, ist die traurigste des Haufens.« Er deutete auf das Mädchen neben sich. Seine Aussage war bestimmt nicht richtig; meinem Gefühl nach gehörte sie zu den besseren Mädchen.

»Barbarinnen zum Verkauf!« brüllte der Mann auf der Holzplattform. »Sie werden in einer Ahn angeboten. Tretet ein, ehrenwerte Herren, schaut euch unsere Angebote an. Werdet zufriedene Kunden des Hauses Ram Seibar. Die Getränke sind frei! Kein Kaufzwang!«

Ich spürte eine Bewegung neben mir und eine sanfte Berührung am Ärmel. Eine weiche Wange drückte sich gegen meinen Arm. »Herr«, flüsterte eine Stimme. Ich schaute hinab und blickte in das Gesicht eines Mädchens mit freischwingendem kastanienbraunen Haar. Sie lächelte zu mir auf. »Begleite mich in Randolphs Taverne«, sagte sie. »Ich werde dir viel Freude schenken.« Um ihren Hals lag ein schmaler widerstandsfähiger Stahlkragen. Ich trat einen Schritt zurück, um sie mir besser anzuschauen. Sie trug ein kurzes, glasperlenbesticktes, fransenbesetztes Gewand, das allerdings nicht sehr lang war. Es hatte einen Ausschnitt bis zum Bauchnabel und ließ die Süße ihrer Brüste mehr als erahnen. Eine doppelt geschlungene, fest verknotete Lederschnur bildete den Gürtel. Das Mädchen war barfuß. Um das linke Fußgelenk lag ein etwa zwei Zoll breites perlenbesetztes Band. Ihre Aufmachung sollte bestimmt an die auffällige, beschämende und unzüchtig kurze Kleidung erinnern, die weiße Sklavinnen von den roten Wilden erhalten. Allerdings benutzen die roten Krieger keine Stahlkragen, sondern Lederbänder.

»Ich hoffe, der Herr mag Ginger«, sagte sie.

»Ginger?«

»Herr?«

»Bist du eine Barbarin?«

»Früher war ich eine«, flüsterte sie. »Aber inzwischen hat man mich ausgebildet. Ich bin keine Fremde mehr in meinem Kragen.«

»Aufpassen!« brüllte ein Mann.

»Oh!« rief das Mädchen. Ich packte sie und zerrte sie zur Seite. Zwei Kaiila galoppierten vorüber.

»Platz!« ertönte eine Stimme. »Platz!« Nun ertönte der dröhnende Hufschlag einer großen Zahl von Kaiila, ganz in der Nähe. »Ho! Ho!« brüllten die dazugehörigen Treiber, die hinter der Herde ritten und ihre zusammengerollten Lederlassos schwangen. Die Menge in der Gasse drückte sich an die Palisadenmauer Ram Seibars. Die Kaiila, hundert bis hundertundfünfzig Tiere, donnerten an uns vorüber. Ich fand es unangebracht, daß solche Tiere durch die Straßen getrieben wurden, doch zuweilen geraten die Treiber außer Rand und Band. Seit meinem Eintreffen in Kailiauk hatte ich solche Szenen schon mehr als einmal beobachtet. Die Kaiila stammten vermutlich von Höfen im Norden und sollten in Kailiauk verkauft werden.

»Das muß wirklich nicht sein!« rief ein Mann in meiner Nähe. »Es gibt kürzere Wege zu den Gehegen und umzäunten Weiden.«

»Manchmal gibt es Verletzte«, fiel ein anderer ein.

»Die Tavernenmädchen haben eine Todesangst vor den Kerlen«, meinte ein dritter.

Mein Blick fiel auf das Mädchen in meinen Armen und sah, daß er die Wahrheit gesprochen hatte. Das gefiel mir. Es war richtig, daß Sklavinnen vor freien Männern Angst haben.

»Allzuoft kommen sie ja nicht nach Kailiauk«, sagte ein Mann fröhlich.

»Aber wenn sie kommen, haben sie große Lust auf Paga und Tavernenmädchen.«

»Wer will ihnen das verdenken?« fragte eine Stimme.

Die Kaiila-Höfe lagen vermutlich sehr einsam und boten wenig Abwechslung. Land, das sich zum Ackerbau eignet und in der Nähe von Städten liegt, wird in der Grenzzone selten als Weideland benutzt.

»Alles in allem sind sie in Ordnung«, sagte ein Mann.

»Sie geben ihr Geld großzügig aus«, sagte ein zweiter.

»Das spricht für sie«, fand ein dritter.

»Einige sind aber gefährlich und grausam«, meinte jemand.

»Wollen wir hoffen, daß es keine Toten gibt.«

Solche Zwischenfälle ereigneten sich unter heißblütigen und vom Paga beschwingten Männern vermutlich häufiger. Zu oft mochte der Verdacht, beim Stein- oder Scheibenwurf betrogen zu haben, oder der Streit um eine Sklavin zum Blankziehen von Klingen führen, zur plötzlichen Bewegung eines Messers.

»Du hast mich gerettet, Herr«, sagte das Mädchen und klammerte sich an mir fest.

»Ich habe höchstens die Investition deines Herrn beschützt«, sagte ich. Es war angebracht, eine Sklavin nicht vergessen zu lassen, daß sie nur ein Besitzstück ist.

»Der hat mich billig erworben«, antwortete sie lächelnd.

»Vielleicht hätte ich mir die Mühe dann sparen sollen.«

»Aber ich bin inzwischen mehr wert.«

»Oh?«

»Begleite mich in Randolphs Taverne«, sagte sie. »Dann zeige ich es dir.« Und nach Art einer Sklavin, einer Frau, die sich dem Willen der Männer total unterworfen weiß, preßte sie sich lasziv an mich. Dann legte sie mir die Arme um den Hals, stellte sich auf die Zehenspitzen und küßte mich.

Ich packte sie an den Armen und drückte sie von mir fort. »Du küßt gut, Sklavin«, sagte ich.

»Danke, Herr.«

»Stimmt es, daß du eine Barbarin bist?« wollte ich wissen.

»Ja, Herr«, gab sie zurück. »Ich wurde sogar hier verkauft, im Hause Ram Seibars.«

»Wann?«

»Vor achtzehn Monaten.«

»Dann ist dir dein Kragen nicht mehr fremd.«

»Nein.«

»Auf der Hauptstraße herrscht heute viel Betrieb«, sagte ich. »Kaum vorstellbar, daß du hierhergeschickt worden bist, um für Randolphs Taverne Gäste anzulocken.«

Sie blickte mich erschrocken an.

»Barbarinnen, Barbarinnen zu verkaufen!« rief der Mann von der Plattform. »Tretet ein! Verkäufe beginnen in wenigen Ehn. Kauft vom Hause Ram Seibars!«

»Such dir woanders Kundschaft«, sagte ich zu dem Mädchen.

»Bitte, Herr!«

»Wenn du sie nicht willst«, sagte ein Mann neben mir, »hättest du dann etwas dagegen, wenn ich sie nehme?«

»Natürlich nicht«, sagte ich.

»Führ mich in Randolphs Taverne!« sagte der Mann zu dem Mädchen.

»Herr?« wandte sich das Mädchen an mich.

»Willst du nicht gehorchen, Sklavin?« mahnte der Mann.

»Doch, Herr!« rief sie und erbleichte.

Ich wandte mich ab und ging durch das Palisadentor, um mir Ram Seibars Verkäufe anzuschauen.

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