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»Dies ist also das Parfüm, das die vornehmen Frauen Ars zu den Gesängen im En'Kara tragen?« fragte das blonde Mädchen amüsiert.

»Jawohl, meine Dame«, versicherte ich und machte eine tiefe Verbeugung.

»Ein krasser Duft – nur für die Unwürdigen.«

Mein Assistent, ein großer Bursche, der offensichtlich geistig nicht ganz auf der Höhe war und wie ich nach Art der Parfümhändler weißgelbe Seide trug, eilte mit einem Koffer voller Flakons herbei.

»Ich hätte nicht angenommen, hier im Norden einen so feinen Geschmack wie den deinen zu finden.«

Mein Akzent hätte einen Arer nicht getäuscht, aber ich stellte mich auch nicht gerade ungeschickt an.

Die Augen Hildas der Hochmütigen, der Tochter Thorgards von Scagnar, blitzten. »Dafür könnte ich dich in Tarskfett rösten lassen!« versicherte sie.

»Erbarme dich eines Unwürdigen, der keine Ahnung hatte von der Vornehmheit des Nordens!«

»Hast du noch andere Parfüms?«

Ich reichte ihr ein anderes Fläschchen, das sie an die Nase hob.

»Das Zeug stinkt ja widerlich«, sagte sie.

Hastig verschloß ich die Probe wieder und reichte sie meinem Assistenten, der sie wieder auf das Tablett stellte. Ich mimte Nervosität und reichte ihr mit zitternden Händen das nächste Fläschchen. Sie gab es mir sofort zurück.

»Ich wußte ja gar nicht«, sagte sie, »wie minderwertig die Waren aus Ar sind!«

Das reiche Ar, die größte Stadt im bekannten Gor, galt als Symbol für hohe Qualität. Der Stempel Ars, ein einziger Buchstabe, der auch auf dem Heimstein der Stadt zu finden ist, wurde von skrupellosen Kaufleuten oft gefälscht und auf minderwertigen Waren angebracht. Obwohl der Buchstabe nicht schwer nachzumachen ist, war er nicht verändert oder ausgeschmückt worden; das Zeichen Ars ist ein Teil seiner Tradition. Meiner Auffassung nach waren die Handelsgüter aus Ko-ro-ba mindestens ebenso gut, wenn nicht sogar besser, doch diese Stadt hatte eben nicht den Ruf der großen Stadt im Südosten, jenseits des Vosk. All jene, die sich für solche Dinge interessieren, sehen in Ar den Schrittmacher für Mode und Sitte.

»Du beleidigst mich«, sagte Hilda die Hochmütige, »wenn du mir so minderwertige Duftstoffe vorsetzt. Ist das alles, was das große Ar zu bieten hat?«

Als Arer hätte ich mich vielleicht entrüstet; aber so gab ich mich nur etwas gereizt. Die Parfüms, die ich ihr vorführte, hatte Forkbeard vor etwa sechs Monaten an Bord eines Schiffs aus Cos erbeutet. Es handelte sich um echte Parfüms von allerfeinster Qualität.

Ich verneigte mich vor der hochmütigen jungen Dame. »Oh, große Herrin!« jammerte ich. »Die feinsten Parfüms aus Ar sind vielleicht zu dünn und zu schwach für eine Person Eures vorzüglichen Geschmacks!«

»Zeige mir andere Muster«, befahl sie verächtlich. Immer wieder versuchten wir der Tochter Thorgards von Scagnar zu gefallen doch erfolglos. Sie verzog das Gesicht oder zuckte zurück oder deutete mit einer kleinen Handbewegung ihren Widerwillen an.

Wir hatten den kleinen flachen Lederkasten fast durchprobiert.

Ich entkorkte ein kleines Fläschchen, das sie sich anmutig unter das Näschen hielt. »Gerade ausreichend«, sagte sie nach einem prüfenden Schnuppern.

Ich zügelte meine Wut. Den Duft kannte ich – die Destillation hundert verschiedener Blumen, wie ein kostbarer Wein gewonnen, ein besonderes Geheimnis der Parfümhersteller Ars. Es enthielt das Öl des Nadelbaums aus Thentis, einen Extrakt aus den Drüsen der Urt des Cartiusflusses und ein Präparat aus einer Ablagerung, die aus dem Gedärm des seltenen Hunjer-Langwals gekratzt worden war – Ergebnis der mangelhaften Verdauung von Blackfischen. Zum Glück wird die Masse zuweilen auch freischwimmend im Meer gefunden, von den Ausscheidungen der Wale getrennt. Dieses Parfüm beanspruchte in der Herstellung fast ein ganzes Jahr.

»Gerade ausreichend«, sagte sie. Aber ich wußte, daß ihr der Duft gefiel.

»Es kostet nur acht Stein Gold pro Flasche«, sagte ich beiläufig.

»Ich akzeptiere das Fläschchen als Geschenk«, sagte sie.

»Als Geschenk?« rief ich entsetzt.

»Ja«, sagte sie. »Du hast mich verärgert. Ich bin geduldig gewesen!«

»Habe Mitleid, Herrin!« schluchzte ich. »Ich wäre ruiniert.«

»Hebe dich hinweg, du Jauchenhausierer!«

Ich tat, als wäre ich erschrocken, und machte Anstalten, meinen Lederbehälter zu schließen. Dabei tat ich, als wollte ich eine Parfümflasche besonders vor ihr verstecken.

»Was ist das?« fragte sie schneidend.

»Ach, nichts.«

»Laß mich riechen!«

»Bitte nein, große Herrin!«

»Du wolltest mir das Parfüm vorenthalten, was?« fragte sie lachend. »Nimm dich in acht, sonst lasse ich dich doch noch auspeitschen!«

Mein Assistent und ich knieten vor der jungen Frau. Noch nie hatte ich eine so hochmütige, stolze und kalte Frau erlebt.

»Halte die Flasche hoch!« befahl sie und beugte sich vor. Dann schloß sie die Augen und atmete erwartungsvoll ein.

Sie öffnete die Augen und schüttelte den Kopf. »Was ist das?«

»Oh – nur ein Fangduft!«

Ich packte ihre Unterarme. Ivar Forkbeard zog ihr mit geübten Fingern Ringe und Armreifen ab und riß ihr die schweren Ketten vom Hals. Ich zerrte sie hoch, während Ivar ihr die goldene Kette aus dem Haar wickelte, das ihr bis auf den Rücken herabfiel.

»Wer seid ihr?« flüsterte sie benommen.

Ivar ließ schwere Metallfesseln um ihre Handgelenke zuschnappen.

»Ein Freund deines Vaters«, sagte er und befreite sich hastig von der Tunika des Parfümhändlers. Ich tat es ihm nach.

Sie sah, daß wir die Felle und das Leder der Torvaldsländer trugen.

»Nein!« rief sie entsetzt.

»Während Thorgard das Meer unsicher macht, machen wir Scagnar unsicher!«

»Soll ich sie noch mal daran riechen lassen?« fragte ich. Das Mittel hatte eine betäubende Wirkung, wenn man es lange genug einatmet. Die Flüssigkeit wird von Tarnkämpfern und oft auch von Sklavenhändlern verwendet.

»Nein«, sagte Ivar. »Sie muß munter bleiben.«

Ich spürte, wie sich der Mund Hildas unter meiner Hand bewegte. Die Dolchspitze des Forkbeards richtete sich auf ihren Hals. Sie zuckte zurück.

»Wenn du nicht flüsterst«, sagte er, »stirbst du. Ist das klar?«

Sie nickte folgsam. Auf eine Handbewegung Forkbeards hin gab ich ihren Mund frei, ohne allerdings ihren Arm loszulassen.

»Ihr bekommt mich nie an den Wächtern vorbei«, sagte sie leise.

Forkbeard sah sich im Zimmer um. Aus einer kleinen Truhe nahm er ein orangefarbenes Tuch.

»Der Palast ist voller Wächter«, sagte das Mädchen. »Ihr seid Narren!«

»Ich habe nicht die Absicht, dich an den Wächtern vorbeizuschmuggeln«, sagte Ivar Forkbeard.

Sie sah ihn verwirrt an. Er trat an das hohe Fenster ihres Zimmers, von dem aus man die tief unter der Klippe liegende Bucht überschauen konnte. Wir hörten, wie sich die Wellen an den Felsen brachen.

Ivar trat ans Fenster und blickte in die Tiefe. Dann kehrte er ins Zimmer zurück, ergriff eine Tonlampe, zündete sie an und kehrte an die Fensteröffnung zurück. Er bewegte die Lampe einmal auf und nieder. Ich folgte ihm, das Mädchen mitzerrend. Gemeinsam blickten wir in die brausende Schwärze hinab. Dann sahen wir eine Schiffslaterne, die kurz aufblitzte und dann wieder verdeckt wurde. Gorm und vier Ruderer warteten dort unten in Ivars Beiboot.

»Ihr habt kein Seil, um mich hinabzulassen«, sagte Hilda und hob die Hände. »Laßt mich sofort frei!«

Ivar Forkbeard huschte zur Tür ihres Zimmers und legte lautlos die beiden Riegelbalken vor.

Sie blickte zu Boden. Dort lagen ihre Armbänder, Ringe und goldenen Ketten. Die Schmuckstücke sollten zurückbleiben – als Schmähung Thorgards. Welches deutlichere Zeichen konnten wir hinterlassen, daß wir das Gold dieses Fürsten nicht wollten, sondern daß wir es allein auf seine Tochter abgesehen hatten!

»Ich bringe hohes Lösegeld«, sagte Hilda.

Wortlos hob Forkbeard das orangefarbene Tuch, um es ihr um den Kopf zu werfen.

»Ich habe nur eine Bitte«, sagte sie. »Wenn euer verrückter Plan gelingt, laßt mich bitte nicht in die Hände Ivar Forkbeards fallen!«

»Oh. Ich bin Ivar Forkbeard«, sagte der Torvaldsländer lächelnd.

Sie riß entsetzt die Augen auf.

Er warf ihr das Tuch über den Kopf, wickelte ihr die Zipfel zweimal um den Hals und verknotete die Enden. Sie war bei Bewußtsein, ihre Füße waren nicht gefesselt, damit sie schwimmen konnte, und sie sollte auch schreien können, wenn sie wollte, allerdings gedämpft, damit die Wächter nichts hörten.

Forkbeard ergriff das Mädchen und schleuderte sie aus dem Fenster. Sie stürzte Hals über Kopf etwa fünfzig Fuß tief in das schwarze Wasser.

Wir gaben Gorm Zeit, sie zu finden und aus dem Wasser zu fischen. Dann stellte sich Forkbeard auf das Fenstersims und tauchte in die Dunkelheit hinab; etwa eine Ehn später folgte ich seinem Beispiel.

Kurz darauf hatte ich mich naß und prustend über die Bordwand des Bootes gewälzt. Forkbeard hatte sich bereits mit einem Fell trockengerieben, und ich tat es ihm nach. Rasch zogen wir trockene Kleidung an und versorgten unsere zitternde Gefangene.

»Psst!« sagte Forkbeard plötzlich.

Die Männer hörten auf zu rudern. Wir fuhren ohne Licht.

Überrascht beobachteten wir, wie sich ein großes Schiff dem Pier Thorgards von Scagnar näherte – es war der Schwarze Sleen, der am Bug zwei Laternen führte. Wir hatten angenommen, daß Thorgards Beutezug auf See noch länger dauern würde. Nun kamen Männer mit Laternen zur Anlegestelle gelaufen. Rufe erschallten, weitere Lichter wurden entzündet. Ich hob den Kopf und erblickte das erleuchtete Fenster Hildas der Hochmütigen, der Tochter Thorgards von Scagnar. Es sah aus, als wollte sie heute nacht erst spät zu Bett gehen. Vor ihrem Zimmer hielten außer fünf Sklavinnen vier gelangweilte Krieger Wache.

»Näher heran«, befahl Forkbeard flüsternd. Fast lautlos tauchten die Ruder ins Wasser und drückten uns näher an die Schiffswand des Schwarzen Sleen. Die Männer Thorgards befestigten gerade ihre Schilde an der Reling, nachdem sie die Ruder eingezogen hatten. Ein Brett wurde über die Reling gelegt. Im nächsten Augenblick ging Thorgard von Scagnar mit wehendem Gewand an Land. Er trug seinen gehörnten Helm. Eine Gruppe von Männern begrüßte ihn, doch er eilte sofort weiter.

Die Männer folgten ihm nicht, auch verließ kein weiterer Mann das Schiff.

Ich hielt den Atem an.

Forkbeard und die Männer an den Rudern reagierten ähnlich.

Eine weitere Gestalt tauchte aus der Dunkelheit des Schiffes auf. Sie bewegte sich sehr schnell und mit einer Wendigkeit, die bei einem so großen Körper überraschend war. Ich hörte Klauen über das Laufbrett kratzen.

Das Wesen folgte Thorgard von Scagnar. Jetzt erst verließen die verschüchterten Männer das Schiff.

Forkbeard sah mich ratlos an. »Ein Kur«, sagte er.

Er hatte recht. Aber dieses Wesen gehörte nicht zu den isolierten, heruntergekommenen, kranken Tieren von der Art, die wir in Forkbeards Heimstatt zu sehen bekommen hatten. Dieses Wesen schien bei bester Gesundheit zu sein.

»Was hat ein solches Ungeheuer mit Thorgard von Scagnar zu schaffen?« fragte ich.

»Was hat Thorgard von Scagnar mit einem solchen Ungeheuer zu schaffen?« gab Forkbeard zurück.

»Ich verstehe das nicht«, bemerkte ich.

»Es geht uns nichts an«, sagte Forkbeard. »Wahrscheinlich steckt gar nichts dahinter.«

»Das will ich hoffen«, meinte ich.

»Ich habe eine Verabredung mit Svein Blue Tooth«, fuhr der Torvaldsländer fort. »Bald findet das Thing statt.«

»Als Geächteter wirst du doch nicht am Thing teilnehmen?«

»Wer weiß?« fragte Forkbeard. »Und wenn ich überlebe, dann jagen wir Kurii.«

»Nur einen«, sagte ich.

»Vielleicht befindet sich der eine jetzt gerade in der Halle Thorgards von Scagnar.«

»Möglich«, sagte ich. »Ich weiß es nicht.«

Ich wußte, daß mich der Kur finden würde, wenn er ein Interesse daran hatte. Ich wollte meine Jagd ganz offen angehen. Sicher lag es in der Absicht des Kur, mich nach Norden zu locken. Ich lächelte. Dieser Plan war bereits gelungen.

Ich blickte auf das Anwesen Thorgards von Scagnar. Wenn der Kur, den wir eben gesehen hatten, der gesuchte war, bezweifelte ich nicht, daß wir früher oder später wieder aufeinanderstoßen würden. Aber ich wunderte mich doch, was ein solches Wesen bei Thorgard von Scagnar zu suchen hatte. Soweit ich wußte, begegneten sich die Kurii und die Menschen nur im Kampf.

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