Oh, wenn man ein Blobel ist!

Er schob eine Platinmünze im Wert von zwanzig Dollar in den Zahlschlitz, und einen kurzen Moment später war der Analytiker betriebsbereit. Freundlich leuchteten seine Augen, und er drehte sich in seinem Stuhl, griff nach einem Schreibstift und einem großen gelben Notizblock, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen, und sagte: „Guten Morgen, Sir. Bitte beginnen Sie."

„Guten Morgen, Doktor Jones. Ich vermute, Sie sind nicht jener Doktor Jones, der die berühmte Freud-Biographie verfaßt hat; schließlich liegt das schon über ein Jahrhundert zurück." Er lachte nervös; da er ein Mann war, der in bescheidenen Verhältnissen lebte, war er es nicht gewöhnt, mit einem der neuartigen vollhomöosthatischen Psychoanalytikern zusammenzuarbeiten. „Äh", fuhr er fort, „soll ich frei assoziieren oder Ihnen zunächst einiges über mein Leben erzählen, oder wollen Sie etwas anderes wissen?"

„Vielleicht", schlug Dr. Jones vor, „klären Sie mich zu Beginn unseres Gespräches darüber auf, wer Sie sind und weshalb Sie mich aufgesucht haben."

„Ich heiße George Munster und wohne im Flur 4, Gebäude WEF-395 des 1996 erbauten Kondominiums von San Francisco."

„Sehr erfreut, Sie kennenzulernen, Mr. Munster." Dr. Jones reichte ihm die Hand, und George Munster schüttelte sie. Er stellte fest, daß die Hand sich angenehm warm und ausgesprochen weich anfühlte. Allerdings war der Händedruck durchaus männlich fest.

„Sehen Sie", fuhr Munster fort, „ich bin ein ehemaliger GI, ein Kriegsveteran. Deshalb habe ich auch das Kondominium-Apartment in WEF-395 bekommen; Veteranen werden bei der Zuteilung bevorzugt."

„Ah, ja", nickte Dr. Jones und tickte leise, während er die

ablaufende Sprechzeit registrierte. „Der Krieg mit den Blo-bels."

„Ich habe drei Jahre lang in diesem Krieg gekämpft", erklärte Munster und strich nervös sein langes, schwarzes, allmählich schütter werdendes Haar zurück. „Ich haßte die Blobels und meldete mich deshalb freiwillig; damals war ich erst neunzehn und besaß eine gute Stellung - aber der Kreuzzug zur Vertreibung der Blobels aus dem Sonnensystem war mir wichtiger als alles andere."

„Hm", machte Dr. Jones tickend und nickend.

George Munster erzahlte weiter. „Ich habe gut gekämpft. Um ehrlich zu sein, ich erhielt sogar zwei Tapferkeitsmedaillen und wurde im Tagesbefehl ausdrücklich gelobt. Man ernannte mich zum Korporal. Weil ich ganz allein auf mich gestellt einen Beobachtungssatelliten voller Blobels zerstörte; die genaue Anzahl ließ sich später leider nicht mehr feststellen, denn - wie allgemein bekannt ist - können sich die Blobels beliebig vereinen und wieder teilen, was äußerst verwirrend sein kann." Er verstummte unter dem Ansturm der Gefühle. Allein wenn er sich an den Krieg erinnerte oder über ihn sprach, geriet er völlig aus dem Gleichgewicht. Er legte sich auf die Couch zurück, entzündete eine Zigarette und versuchte, wieder ruhig zu werden.

Die Blobels stammten ursprünglich aus einem anderen Sonnensystem; vermutlich war ihre eigentliche Heimat Proxima Centauri. Vor einigen tausend Jahren hatten sie sich auf dem Mars und auf Titan niedergelassen, wo sie ideale Lebensbedingungen vorgefunden hatten. Sie waren die Weiterentwicklung der einzelligen Amöben, ziemlich groß und mit einem hochorganisierten Nervensystem ausgestattet, aber trotz allem im Grunde noch Amöben mit Pseudopodien, die sich durch Zellteilung fortpflanzten und eine Reihe anderer Eigenschaften besaßen, die sie bei den ter-ranischen Kolonisten unbeliebt machten.

Der Krieg selbst hatte ökologische Ursachen gehabt. Es war die Absicht der Auslandshilfeabteilung der UNO gewesen, die Marsatmosphäre zu verändern, um die Lebensbedingungen für die irdischen Siedler günstiger zu gestalten. Allerdings hatte diese Veränderung den Fortbestand der Blobelkolonie gefährdet, und so hatte der Konflikt seinen Anfang genommen.

Und, dachte Munster, es war eben unmöglich, nur die Hälfte der Atmosphäre eines Planeten zu verändern; die Braunsche Bewegung ließ sich da nicht übertölpeln. Binnen zehn Jahren hatte der atmosphärische Umwandlungsprozeß seinen Abschluß gefunden und die Gesundheit der Blo-belsiedler - zumindest behaupteten sie es - in starkem Maße geschädigt. Im Gegenzug hatte dann eine Flotte der Blobels die Erde angeflogen und eine Anzahl technisch äußerst komplizierter Satelliten in den Orbit gebracht, die vermutlich dazu dienen sollten, auch die Atmosphäre der Erde umzuwandeln. Allerdings war es zu dieser Umwandlung nie gekommen, denn das Kriegsbüro der UNO hatte selbstverständlich sofort reagiert und die Satelliten durch Killerraketen zerstört... und schon war der Krieg im Gange.

„Sind Sie verheiratet, Mr. Munster?" erkundigte sich Dr. Jones.

„Nein, Sir", gestand Munster. „Und..." Er zuckte die Achseln. „Nun, Sie werden schon verstehen, wenn ich mit meinem Bericht fertig bin. Sehen Sie, Doktor..." Er drückte seine Zigarette aus. „Ich will offen zu Ihnen sein. Ich habe für die Erde als Spion gearbeitet. Das war meine Aufgabe; man gab mir diesen Job wegen meinem tapferen Verhalten im Kampf gegen die Blobels... Ich habe nicht darum gebeten."

„Ich verstehe", sagte Dr. Jones.

„Tatsächlich?" Munsters Stimme schwankte. „Wissen Sie denn überhaupt, was man in diesen Tagen auf sich nehmen mußte, um aus einem Menschen einen erfolgreichen Spion

bei den Blobels zu machen?"

„Ja“, nickte Dr. Jones bestätigend. „Ja, Mr. Munster. Sie mußten Ihre menschliche Gestalt aufgeben und das widerliche Aussehen eines Blobels annehmen."

Munster sagte nichts; verbittert ballte er die Fäuste. Ihm gegenüber fuhr Dr. Jones fort zu ticken.

Als er am Abend in sein kleines Apartment im Gebäude WEF-395 zurückkehrte, entkorkte Munster eine Flasche Te-acher's Scotch, setzte sich und goß einen tüchtigen Schluck in eine zufällig auf dem Tisch stehende Tasse, und er war nicht einmal mehr in der Lage, aufzustehen und sich ein Glas aus dem Wandschrank über der Spüle zu holen.

Was hatte ihm der Besuch bei Dr. Jones eigentlich genutzt? Nichts, soweit er es jetzt sagen konnte. Die Sitzung hatte ein tiefes Loch in seine mageren finanziellen Reserven gerissen, und er mußte sparsam leben, denn...

Denn für zwölf Stunden an jedem Tag verwandelte er sich wieder, trotz all seinen Bemühungen und den Anstrengungen der UNO-Militärärzte, wie damals während des Krieges in einen Blobel. Er wurde zu einer formlosen einzelligen Masse - mitten auf dem Fußboden seines Apartments im Gebäude WEF.

Seine einzige Einnahmequelle bestand aus einer kleinen Pension, die ihm das Kriegsbüro zahlte; es war unmöglich für ihn, eine Stellung anzunehmen, denn sobald man seine Bewerbung akzeptiert hatte, zwang ihn die damit verbundene Aufregung dazu, sich auf der Stelle, vor den Augen seines neues Arbeitgebers und seiner Kollegen, in einen Blobel zu verwandeln.

Und ein derartiges Ereignis trug nicht gerade zu einem guten kollegialen Verhältnis bei.

Auch jetzt, wie jeden Abend gegen acht Uhr, spürte er deutlich die sich ankündigende Verwandlung; die Empfin dungen waren ihm vertraut, peinigten ihn seit Jahren, und er verabscheute sie. Eilig kippte er den letzten Schluck Scotch hinunter, stellte die Tasse auf den Tisch... und spürte, wie er zu einem formlosen Klumpen zusammensackte.

Das Telefon klingelte.

„Es geht jetzt nicht", brachte er mühsam hervor. Die Sensoren des Telefons registrierten den undeutlich gemurmelten Satz und übermittelten ihn dem Anrufer. Indessen war Munster zu einer einzigen durchsichtigen, gallertartigen Masse geworden, die mitten auf dem Teppich lag; er wälzte sich auf das Telefon zu, das trotz seiner abwehrenden Bemerkung noch immer klingelte, und er empfand glühenden Zorn über die Störung; hatte er nicht schon Ärger genug, auch ohne sich mit einem klingelnden Telefon herumschlagen zu müssen?

Er streckte eine Pseudopodie aus und hob den Hörer von der Gabel. Unter erheblichen Anstrengungen formte er mit seiner plastischen Körpermasse ein Stimmorgan und preßte dumpf hervor „Ich bin beschäftigt. Rufen Sie später noch einmal an." Am besten morgen früh, setzte er in Gedanken hinzu, als er auflegte. Wenn ich wieder meine menschliche Gestalt besitze.

Stille erfüllte das Apartment.

Munster seufzte und floß über den Teppich, hinüber zum Fenster, wo er sich zu einer Säule aufrichtete und nach draußen blickte; ein Teil seiner Körperoberfläche bestand aus einem großen lichtempfindlichen Fleck, der ihm die Augen ersetzte, und wehmütig genoß er die Aussicht auf die Bucht von San Francisco, die Golden Gate Bridge und die Insel Alcatraz, die man als Spielplatz für kleine Kinder hergerichtet hatte.

Zur Hölle damit, dachte er verbittert. Ich kann nicht heiraten; ich kann kein normales Leben führen, solange ich mich immer wieder in dieses Ungeheuer verwandeln muß, und alles nur deshalb, weil mich damals während des Krieges die hohen Tiere vom Kriegsbüro zu diesem Irrsinn überredet haben.

Als er den Auftrag übernahm, hatte er nicht gewußt, daß die Veränderung von Dauer sein würde. Man hatte ihm versichert, daß die Wirkung „nur eine gewisse Zeit, bis zum Ende des Krieges" anhalten sollte. Diese schleimigen Schwätzer! Steckt euch das Kriegsende in den Arsch, dachte Munster voll wildem, hilflosem Zorn. Jetzt sind es schon elf Jahre.

Die psychologischen Probleme, die dieser Zustand mit sich brachte, belasteten ihn immer mehr. Aus diesem Grunde hatte er auch Dr. Jones aufgesucht.

Erneut klingelte das Telefon.

„In Ordnung", sagte Munster laut und wälzte sich mühsam zu dem Apparat hinüber. „Sie wollen also mit mir reden?" giftete er, während er sich mehr und mehr dem Telefon näherte. „Abwarten, ich werde mit Ihnen reden, und außerdem werden Sie mich auch sehen können. Na, ist das nichts?" Am Telefon angekommen, legte er den Schalter um, der neben der akustischen auch die optische Übertragung aktivierte. „Machen Sie die Augen gut auf“, empfahl er und sammelte seine amorphe Körpermasse vor der Aufnahmekamera des Video-Zusatzgerätes.

„Es tut mir leid, daß ich Sie zu Hause stören muß, Mr. Munster", ertönte Dr. Jones' Stimme, „vor allem jetzt, wo Sie sich in dieser, hm, schrecklichen Verfassung befinden... " Der homöosthatische Analytiker schwieg für einen Moment. „Aber ich habe mich die ganze Zeit über mit Ihrem nun deutlich sichtbaren Problem beschäftigt. Vielleicht ist es mir gelungen, zumindest eine Teillösung zu finden."

„Was?" stieß Munster überrascht hervor. „Wollen Sie damit andeuten, daß die medizinische Forschung mittlerweile... "

„Nein, nein", wehrte Dr. Jones hastig ab. „Die körperlichen Aspekte fallen nicht in mein Gebiet; das dürfen Sie keinesfalls vergessen, Mr. Munster. Sie haben mich doch auch wegen der psychologischen Dimension Ihrer Probleme aufgesucht... "

„Ich komme sofort zu Ihnen in die Praxis; dort können wir dann weitersprechen", schlug Munster vor. Und dann erkannte er, daß das unmöglich war; in seiner Blobelgestalt würde er Tage benötigen, um den ganzen Weg durch die Stadt bis in Dr. Jones' Praxis zurückzulegen. „Jones", sagte er verzweifelt, „Sie sehen doch die Schwierigkeiten, mit denen ich zu kämpfen habe. Jede Nacht von acht Uhr abends bis sieben Uhr morgens bin ich an dieses Apartment gefesselt... Ich kann Sie nicht einmal besuchen, um von Ihnen behandelt zu werden..."

„Bleiben Sie ganz ruhig, Mr. Munster", unterbrach Dr. Jones. „Ich versuche Ihnen gerade etwas zu erklären. Sie sind nicht der einzige, der diesen Zustand ertragen muß. Wußten Sie das eigentlich?"

„Natürlich", erwiderte Munster langsam. „Insgesamt wurden dreiundachtzig Menschen im Verlauf des Krieges in Blobels verwandelt. Von diesen dreiundachtzig" - und nie würde er diese Zahl vergessen können - „haben einundsechzig überlebt, und jetzt gibt es eine Vereinigung, die sich Veteranen unnatürlicher Kriege nennt, in der sich fünfzig dieser Leute zusammengeschlossen haben. Ich bin ebenfalls Mitglied. Zweimal im Monat treffen wir uns, um uns gemeinsam zu verwandeln..." Er wollte auflegen. Das also hatte er für sein Geld bekommen - diese enttäuschende Nachricht. „Auf Wiedersehen, Doktor", murmelte er.

Dr. Jones summte aufgeregt. „Mr. Munster, ich spreche nicht von anderen Menschen. Ich habe Ihretwegen Nachforschungen angestellt und herausgefunden, daß nach den erbeuteten Unterlagen, die in der Kongreßbibliothek gespei chert wurden, fünfzehn Blobels in Pseudo-Menschen verwandelt wurden, um für die andere Seite auf der Erde als Spione zu arbeiten. Verstehen Sie jetzt?"

Nach einem Moment des Nachdenkens gestand Munster: „Nicht direkt."

„Sie haben eine geistige Sperre gegen jede Hilfe entwik-kelt", stellte Dr. Jones fest. „Nun, wie dem auch sei, ich möchte, daß Sie morgen früh gegen elf in meine Praxis kommen. Dann werden wir Ihr Problem lösen. Gute Nacht."

„Wenn ich meine Blobelgestalt angenommen habe", erklärte Munster müde, „arbeitet mein Verstand ein wenig langsam, Doktor. Sie müssen das schon entschuldigen." Noch immer verwirrt legte er auf. Also gab es in diesem Moment auf Titan fünfzehn Blobels, die dazu verdammt waren, sich regelmäßig in Menschen zu verwandeln - na und? Wie sollte ihm das schon nutzen?

Vielleicht würde er es morgen früh um elf erfahren.

Als er Dr. Jones' Wartezimmer betrat, sah er eine außerordentlich attraktive junge Frau neben der Stehlampe in einem tiefen Sessel sitzen und eine Ausgabe von Fortune lesen.

Automatisch suchte sich Munster einen Platz, von dem aus er sie betrachten konnte. Modisch gefärbtes Haar fiel ihr bis auf die Schultern... Genüßlich nahm er ihren Anblick in sich auf und begann ebenfalls eine Zeitschrift zu lesen, von der er allerdings immer wieder aufblickte. Schlanke Beine, wohlgeformte Ellbogen und ein ausdrucksvolles, offenes Gesicht. Dazu intelligente Augen, eine kleine Stupsnase... alles in allem ein ausgesprochen entzückendes Mädchen, dachte er. Er verzehrte sie fast mit seinen Blicken - bis sie plötzlich ihren Kopf hob und ihn kühl ansah.

„Reichlich öde, diese Warterei", gelang es Munster hervorzubringen.

„Kommen Sie oft zu Dr. Jones?" fragte das Mädchen.

„Nein", gab er zu. „Heute erst zum zweitenmal."

„Ich bin noch nie bei ihm gewesen", erklärte das Mädchen. „Normalerweise konsultiere ich einen anderen vollelektronischen homöosthatischen Psychoanalytiker in Los Angeles, aber gestern abend rief mich Dr. Bing, mein Analytiker, an und trug mir auf, hierher zu fliegen und mich heute morgen bei Dr. Jones einzumelden. Ist er tüchtig?"

„Äh", machte Munster. „Ich glaube schon." Wir werden sehen, dachte er. Das ist nämlich genau das, was wir im Moment noch nicht beurteilen können.

Die Tür, die in den Praxisraum führte, öffnete sich, und Dr. Jones erschien. „Miss Arrasmith", sagte er und nickte dem Mädchen zu. „Mr. Munster." Ein zweites Nicken galt George. „Würden Sie beide bitte hereinkommen?"

Miss Arrasmith erhob sich und fragte nachdenklich: „Wer bezahlt denn diesmal die zwanzig Dollar?"

Der Analytiker blieb stumm; er hatte sich abgeschaltet.

„Nun, dann werde ich eben zahlen", erklärte Miss Arrasmith und griff nach ihrer Geldbörse.

„Nein, nein", wehrte Munster ab. „Überlassen Sie das mir." Er holte ein Zwanzigdollarstück aus der Tasche und steckte es in den Zahlschlitz des Analytikers.

Unvermittelt begann Dr. Jones wieder zu sprechen. „Sie sind ein Gentleman, Mr. Munster." Lächelnd führte er sie beide in seine Praxis. „Nehmen Sie bitte Platz. Miss Arrasmith, dürfte ich Ihre... Lage Mr. Munster erläutern?" Auf ihr Nicken hin wandte er sich an Munster und erklärte: „Miss Arrasmith ist ein Blobel."

Munster konnte das Mädchen nur anstarren.

„Offensichtlich", fuhr Dr. Jones fort, „besitzt sie derzeit ihre menschliche Gestalt. Für sie ist das ein äußerst unfreiwilliger Zustand. Während des Krieges operierte sie hinter den irdischen Stellungen und arbeitete für die Kriegsliga der

Blobels. Man entlarvte sie und nahm sie gefangen, aber dann endete der Krieg und sie wurde weder verurteilt noch abgeschoben."

„Man hat mich aus der Haft entlassen", bemerkte Miss Ar-rasmith mit leiser, sorgsam beherrschter Stimme. „Ich besaß noch immer menschliche Gestalt. Aus Scham blieb ich hier. Ich konnte einfach nicht zum Titan zurückkehren und..." Ihre Stimme brach ab.

„Für jeden hochrangigen Blobel", erläuterte Dr. Jones, „bedeutet dieser Zustand eine ungeheure Schande."

Miss Arrasmith nickte, setzte sich, griff nach einem Taschentuch aus zartem irischem Leinen und versuchte ihre Beherrschung wiederzuerlangen. „So ist es, Doktor. Ich habe Titan besucht, um mein Problem mit den dortigen medizinischen Fachleuten zu besprechen. Nach einer teuren und langwierigen Therapie war meine Behandlung soweit fortgeschritten, daß ich meine natürliche Gestalt zurückgewinnen konnte; allerdings nur für eine Zeitspanne von... " sie zögerte. „Von sechs Stunden täglich. Aber während der restlichen achtzehn Stunden... sehe ich so aus, wie ich jetzt vor Ihnen sitze." Sie senkte den Kopf und tupfte mit dem Taschentuch eine Träne aus ihrem rechten Auge.

„Jesus!" rief Munster. „Sie sollten sich glücklich schätzen; die menschliche Gestalt ist wesentlich vorteilhafter als die eines Blobels - ich muß es schließlich wissen. Wenn man ein Blobel ist, kann man sich nur kriechend fortbewegen... man gleicht einer großen Qualle, und wegen des fehlenden Knochengerüstes kann man sich nicht einmal für längere Zeit aufrichten. Und was die Zellteilung betrifft - eine lausige Einrichtung. Wirklich lausig im Vergleich zu der irdischen Art, mit der man - nun, Sie wissen schon. Fortpflanzung und so weiter." Er wurde rot.

Dr. Jones tickte und erklärte: „Für eine Zeitspanne von ungefähr sechs Stunden besitzen Sie beide menschliche

Gestalt. Und etwa eine Stunde lang sind Sie gleichzeitig Blobels. Alles in allem ergibt das sieben Stunden am Tag, in denen Ihre Körperformen identisch sind. Meiner Meinung nach..." Er hantierte an seinem Schreibstift. „Nun, sieben Stunden sind eine gar nicht so üble Ausgangsbasis. Wenn Sie verstehen, was ich damit sagen will."

„Aber", sagte Miss Arrasmith nach einem Augenblick, „Mr. Munster und ich sind natürliche Feinde."

„Das ist doch schon Jahre her", widersprach Munster.

„In der Tat", stimmte Dr. Jones zu. „Zwar stimmt es, daß Miss Arrasmith von ihrem Ursprung her ein Blobel ist und Sie, Mr. Munster, ein Mensch sind, aber..." Er breitete die Arme aus. „Jeder von Ihnen ist in seiner Welt ein Ausgestoßener; beide sind Sie Staatenlose, und dies wird im Lauf der Zeit zu einem Verlust der Persönlichkeit führen. Ich prophezeie Ihnen beiden für die nächsten Jahre zunehmende psychische Störungen, die ihren Abschluß in unheilbarem Wahnsinn finden werden. Wenn Sie beide nicht zu einer Einigung gelangen." Der Analytiker verstummte.

„Ich glaube", sagte Miss Arrasmith leise, „daß wir uns sehr glücklich schätzen können, Mr. Munster. Wie Dr. Jones schon sagte, besitzen wir für sieben Stunden täglich die gleiche Gestalt... wir können diese Zeit gemeinsam verbringen und müssen nicht länger in Isolation leben." Hoffnungsvoll lächelte sie ihn an und strich ihren Mantel glatt. Nun, sie besaß tatsächlich eine hübsche Figur, und das kurze Kleid, das sie unter dem Mantel trug, verbarg nicht viel.

Munster sah sie an und überlegte.

„Lassen Sie ihm Zeit", riet Dr. Jones Miss Arrasmith. „Meine Einschätzung verrät mir, daß er einverstanden sein wird."

Miss Arrasmith strich noch immer ihren Mantel glatt, sah Munster mit ihren großen, dunklen Augen an und wartete.

Einige Jahre später klingelte in Dr. Jones' Praxis das Te lefon. Er antwortete wie gewohnt. „Sir oder Madam, werfen Sie bitte zwanzig Dollar ein, wenn Sie mit mir sprechen möchten."

Aus dem Hörer drang eine rauhe männliche Stimme. „Hören Sie, hier spricht die Rechtsabteilung der UNO, und ich denke nicht daran, zwanzig Dollar einzuwerfen, nur um mit jemand zu sprechen. Also legen Sie gefälligst den Schalter um, Jones."

„Jawohl, Sir", sagte Dr. Jones, und mit seiner rechten Hand betätigte er den kleinen Hebel hinter seinem rechten Ohr, der den Zählmechanismus ausschaltete.

„Haben Sie im Jahre 2037 einem Paar den Rat gegeben, zu heiraten?" fragte der Rechtsexperte der UNO. „Einem George Munster und einer Vivian Arrasmith, der jetzigen Mrs. Munster?"

„Oh, ja", bestätigte Dr. Jones, nachdem er seinen eingebauten Gedächtnisspeicher abgefragt hatte.

„Haben Sie denn nicht die gesetzlichen Folgerungen Ihres Rates bedacht?"

„Äh, nun", erwiderte Dr. Jones, „das fällt nicht unter meine Zuständigkeit."

„Sie können bestraft werden, wenn Sie Ratschläge erteilen, die gegen das UNO-Recht verstoßen."

„Es gibt kein Gesetz, das einem Blobel und einem Menschen verbietet, zu heiraten."

„In Ordnung, Doktor", erklärte der Rechtsexperte der UNO, „ich werde mich mit einem Blick in ihre Krankenblätter zufriedengeben."

„Das erlaube ich auf keinen Fall", entgegnete Dr. Jones. „Das würde einen unverantwortlichen Bruch meiner ärztlichen Schweigepflicht bedeuten."

„Dann werden wir eben eine einstweilige Verfügung erwirken und die Unterlagen beschlagnahmen."

„Versuchen Sie es ruhig." Dr. Jones griff hinter sein Ohr,

um sich abzuschalten.

„Warten Sie. Vielleicht wird es Sie interessieren, daß die Munsters in der Zwischenzeit vier Kinder in die Welt gesetzt haben. Und nach dem Mendelschen Gesetz ist das Verhältnis der Nachkommenschaft genau eins zu zwei zu eins. Ein Blobelmädchen, ein hybrider Junge, ein hybrides Mädchen und ein menschliches Mädchen. Das Rechtsproblem wird dadurch kompliziert, daß der Oberste Rat der Blobels das reinblütige Blobelmädchen als Bürgerin Titans ansieht und weiterhin verlangt, daß einer der beiden Hybriden die titanische Staatsbürgerschaft annehmen muß. Sehen Sie", fuhr der Rechtsexperte der UNO fort, „die Ehe der Munsters bricht auseinander; sie wollen sich scheiden lassen, und es ist verdammt schwierig, jene Gesetze zu finden, die für sie und ihre Kinder zutreffen."

„Ja", stimmte Dr. Jones zu, „das glaube ich auch. Was hat zum Zerbrechen der Ehe geführt?"

„Ich weiß es nicht und es interessiert mich auch nicht. Wahrscheinlich die Tatsache, daß beide Erwachsene und zwei von den Kindern täglich zwischen ihrem Blobel- und ihrem Menschenzustand hin und her schwanken; vielleicht war der Streß zu groß. Falls Sie sich ihnen als psychologischer Ratgeber zur Verfügung stellen wollen, lassen Sie sich nicht davon abhalten. Auf Wiedersehen." Der UNO-Rechtsexperte brach das Gespräch ab.

War es ein Fehler, ihnen zur Heirat zu raten? fragte sich Dr. Jones. Vielleicht sollte ich sie einmal aufsuchen; zumindest das bin ich ihnen schuldig.

Er schlug das Telefonbuch von Los Angeles auf und begann unter dem Buchstaben M zu suchen.

Für die Munsters waren es sechs schwierige Jahre gewesen. Zunächst war George von San Francisco nach Los Angeles umgezogen; zusammen mit Vivian hatte er sich in ei nem Kondominium-Apartment mit drei statt den bisherigen zwei Zimmern eingerichtet. Vivian, die drei Viertel des Tages in menschlicher Gestalt zubrachte, war in der Lage gewesen, eine Stellung anzunehmen; in aller Öffentlichkeit erteilte sie am Fünften Flughafen von Los Angeles fragenden Passagieren Auskunft über die nächsten Flüge. George jedoch...

Die Höhe seiner Pension belief sich auf nur ein Viertel des Gehaltes seiner Frau, und er war sich dieser Tatsache nur zu deutlich bewußt. Um dies zu ändern, hatte er sich auf die Suche nach einer Möglichkeit gemacht, zu Hause etwas dazu zu verdienen. Schließlich war er in einer Illustrierten auf die folgende Anzeige gestoßen:

VERDIENEN SIE IN KÜRZESTER ZEIT DAHEIM IN IHREM KONDO VIEL GELD! ZÜCHTEN SIE RIESENOCHSENFRÖSCHE VOM JUPITER, DIE BIS ZU ZWANZIG METER WEIT SPRINGEN KÖNNEN. ES BESTEHT DIE MÖGLICHKEIT, IHRE ZÜCHTUNGEN BEI FROSCHRENNEN EINZUSETZEN (WO DIESE ERLAUBT SIND) UND...

Also hatte er im Jahre 2038 sein erstes Paar vom Jupiter importierter Riesenochsenfrösche erworben und damit begonnen, sie zwecks schnellen Profits in seinem Kondominium-Apartment zu züchten.

Leopold, der teilhomöosthatische Hausmeister, hatte ihm freundlicherweise dafür gratis eine Kellerecke überlassen.

Aber unter der relativ schwachen Schwerkraft der Erde waren die Frösche zu gewaltigen Sprüngen fähig, und der Keller schien zu klein für sie zu sein; wie grüne Ping-Pong-Bälle wurden sie bei ihren Sätzen von den Wänden zurückgeworfen und waren bald tot. Offensichtlich brauchte man mehr als einen Kellerraum im QEK-604-Apartmentgebäude,

um einen Haufen von diesen verdammten Fröschen zu beherbergen, erkannte George.

Und dann wurde auch ihr erstes Kind geboren. Allerdings war es ein reinrassiges Blobelkind; vierundzwanzig Stunden am Tag bestand es aus einer gallertartigen Masse, und George wartete vergeblich darauf, daß es menschliche Gestalt annehmen würde - und sei es auch nur für einen Augenblick.

Als er und Vivian wieder einmal gleichzeitig menschliche Gestalt besaßen, sprach er sie herausfordernd darauf an.

„Wie kann ich das überhaupt als mein Kind betrachten?" fragte er sie. „Für mich ist das eine... eine fremde Lebensform." Er war enttäuscht und zugleich entsetzt. „Dr. Jones hätte das vorhersehen müssen; vielleicht ist es nur dein Kind - zumindest sieht es so aus wie du."

Tränen traten in Vivians Augen. „Du willst mich verletzen."

„Und ob ich das will! Wir haben gegen euch Kreaturen gekämpft - für uns wart ihr nichts anderes als Portugiesische Stechrochen." Düster zog er seinen Mantel an. „Ich werde jetzt in das Versammlungslokal der Veteranen unnatürlicher Kriege gehen", verkündete er. „Werde mit den Jungens ein paar Glas Bier trinken." Kurze Zeit später befand er sich auf dem Weg zu seinen alten Kriegskameraden, froh, für einige Stunden das Apartmentgebäude verlassen zu können.

Das Vereinsquartier des VuK befand sich in einem heruntergekommenen Betongebäude in einem der ältesten Bezirke von Los Angeles, stammte noch aus dem zwanzigsten Jahrhundert und benötigte dringend einen neuen Außenanstrich. Die Mittel des VuK waren allerdings sehr beschränkt, denn der Großteil der Mitglieder fristete, wie George Munster, von den UNO-Pensionen ihr Leben. Zumindest gab es dort einen Billardtisch und einen alten 3-D-Fernseher und ein paar Dutzend Cassetten mit Unterhaltungsmusik sowie ein Schachbrett. Gewöhnlich trank George dort einige Glä

ser Bier und spielte mit seinen Freunden Schach, ob diese nun in menschlicher Gestalt oder in der eines Blobels anwesend waren; dies war der einzige Ort, wo beide Erscheinungsformen akzeptiert wurden.

An diesem Abend saß er mit Pete Ruggles zusammen, einem alten Kameraden, der wie er einen weiblichen Blobel geheiratet hatte, die sich gleich Vivian zeitweise in einen Menschen verwandelte.

„Pete, ich kann so nicht mehr weitermachen. Statt einem Kind habe ich zu Hause einen Klumpen Gallert auf dem Teppich liegen. Mein ganzes Leben habe ich mich nach einem Kind gesehnt, und was habe ich bekommen? Etwas, das aussieht, als sei es an den Strand gespült worden."

Pete nippte an seinem Bier - im Augenblick besaß er ebenfalls menschliche Gestalt - und erwiderte: „Teufel, Teufel, George, du hast es wirklich nicht leicht. Aber du hast doch gewußt, auf was du dich einläßt, wenn du sie heiratest. Und, mein Gott, nach dem Mendelschen Gesetz wird das nächste Kind... "

„Ich meine", unterbrach George, „ich respektiere meine Frau nicht mehr; das ist die Ursache alldessen. Ich sehe sie als Ding an. Und mich auch. Wir sind beide Dinge." Mit einem Zug leerte er sein Glas.

„Aber vom Standpunkt der Blobels..." begann Pete nachdenklich.

„Hör einmal, auf welcher Seite stehst du eigentlich?" erkundigte sich George.

„Schrei mich nicht an", verlangte Pete, „oder du fängst dir ein paar!"

Einen Moment später droschen sie bereits aufeinander ein. Glücklicherweise verwandelte sich Pete in diesem Augenblick in einen Blobel, so daß niemand zu Schaden kam. George, der noch seine menschliche Gestalt besaß, hockte nun allein da, während Pete davonfloß und sich vermutlich auf die Suche nach einigen anderen Kameraden machte, die ebenfalls die Blobelform angenommen hatten.

Vielleicht können wir irgendwo auf einem gottverlassenen Mond eine neue Zivilisation gründen, dachte George verdrossen. Eine, die weder etwas mit der Erde noch mit den Blobels zu tun hat.

Ich muß zu Vivian zurück, entschloß sich George. Was sollte ich auch sonst tun? Ich kann von Glück sagen, daß ich sie überhaupt getroffen habe; sonst wäre ich nichts anderes als ein Kriegsveteran, der sich hier im VuK-Vereinshaus jede verdammte Nacht und jeden verfluchten Tag das Bier hineinzieht, ohne Zukunft, ohne Hoffnung, ohne Aussicht auf ein einigermaßen normales Leben...

Er hatte einen neuen Plan ins Auge gefaßt, mit dem er viel Geld zu verdienen hoffte. Ein Versandgeschäft, für das er bereits eine Anzeige in der Saturday Evening Post aufgegeben hatte.

MAGISCHE MAGNETEISENSTEINE - IMPORTIERT AUS EINEM FERNEN SONNENSYSTEM - WERDEN AUCH IHNEN GLÜCK BRINGEN!

Die Steine stammten von Proxima Centauri und wurden auf Titan weiterverkauft; Vivian hatte für ihn die ersten Geschäftskontakte mit ihrem Volk geknüpft. Aber bisher hatten nur sehr wenige Interessenten die erforderlichen anderthalb Dollar überwiesen. Ich bin ein Versager, sagte sich George im stillen.

Glücklicherweise erwies sich das nächste Kind, das im Winter des Jahres 2039 zur Welt kam, als hybride; zwölf Stunden am Tag nahm es menschliche Gestalt an, so daß George endlich ein Kind hatte, das - zumindest gelegentlich

- seiner eigenen Rasse angehörte.

Er feierte noch immer Maurices Geburt, als eine Delegation ihrer Nachbarn vom Gebäude QEK-604 heftig an der Tür klopfte.

„Wir haben eine Unterschriftensammlung veranstaltet", erklärte der Anführer der Abordnung und trat verlegen von einem Fuß auf den anderen, „und wir verlangen, daß Sie und Mrs. Munster QEK-604 verlassen."

„Aber warum?" fragte George verwirrt. „Bis jetzt hat sich doch noch niemand über uns beschwert."

„Aus dem einfachen Grund, weil Ihr Neugeborenes ein Hybride ist und später vermutlich mit unseren Kindern spielen will, und das erscheint uns dann doch ein wenig ungesund zu... "

George schlug ihnen die Tür vor der Nase zu.

Aber trotzdem spürte er die Abneigung, die Feindseligkeit, die ihnen von allen Seiten entgegenschlug. Und wenn ich daran denke, durchfuhr es ihn voller Verbitterung, daß ich im Kriege für diese Leute gekämpft habe! Ich muß verrückt gewesen sein.

Eine Stunder später saß er wieder im Vereinslokal des VuK, trank sein Bier und unterhielt sich mit seinem Freund Sherman Downs, der ebenfalls eine Blobel geheiratet hatte.

„Sherman, es hat keinen Sinn. Wir sind unerwünscht; wir müssen auswandern. Vielleicht sollten wir es auf Titan versuchen, in Vivis Heimat."

„Herr im Himmel!" protestierte Sherman. „Es gefällt mir ganz und gar nicht, mitansehen zu müssen, wie du einfach aufgibst. Was ist denn aus deinem elektromagnetischen Schlankheitsgürtel geworden; verkauft er sich inzwischen?"

In den letzten Monaten hatte sich George mit der Herstellung und dem Vertrieb eines komplexen elektronischen Schlankheitsapparates beschäftigt, bei dessen Entwicklung er von Vivian unterstützt worden war; im Prinzip handelte es sich dabei um ein von den Blobels benutztes Gerät, das auf

Titan sehr verbreitet, auf der Erde hingegen völlig unbekannt war. Und dieses Geschäft lief ausgezeichnet. Aber...

„Ich hatte ein schreckliches Erlebnis, Sherm", vertraute er seinem Freund an. „Neulich war ich in einem Drugstore und erhielt dort einen umfangreichen Auftrag über meine Schlankheitsgürtel, und darüber war ich so aufgeregt... " Er brach ab. „Du kannst dir vorstellen, was dann geschah. Ich verwandelte mich. Direkt vor den Augen von hundert Kunden. Und als der Drogist das bemerkte, strich er den Auftrag für die Gürtel. Es war genau das, wovor wir uns alle fürchten... du hättest sehen sollen, wie sich ihr Verhalten mir gegenüber änderte."

„Dann stell doch jemand ein, der für dich verkauft", riet Sherin „Einen reinblütigen Menschen."

Heiser erwiderte George: „Ich bin ein reinblütiger Mensch, und das solltest du nicht vergessen. Niemals."

„Ich meinte doch nur..."

„Ich weiß, was du meintest", versicherte George. Und versetzte Sherman einen Schlag. Glücklicherweise verfehlte er ihn, und durch die Aufregung verwandelten sich beide in Blobels. Eine Zeitlang walzten sie sich wütend übereinander, bis einige ihrer Veteranenkameraden sie trennten.

„Ich bin ein ebenso guter Mensch wie jeder andere", tele-pathierte George auf Blobelart Sherman zu. „Und ich werde jeden verprügeln, der etwas anderes behauptet."

In seiner Blobelgestalt war er nicht in der Lage, allein heimzukehren; er mußte Vivian anrufen und sie bitten, daß sie ihn abholte. Es war beschämend.

Selbstmord, entschied er. Das ist die einzige Möglichkeit.

Wie ließ sich sein Vorhaben am besten verwirklichen? In der Gestalt eines Blobels konnte er keinen Schmerz empfinden; also mußte er es in dieser Inkarnation in die Tat umsetzen. Bestimmte chemische Mittel lösten jeden Blobelkör-per auf... zum Beispiel brauchte er sich nur in das mit Chlor versetzte Wasser des Swimming-pools stürzen, der sich im Erholungstrakt von QEK-604 befand.

Vivian - in ihrer menschlichen Gestalt - entdeckte ihn, als er zögernd am Rand des Swimming-pools spät des Nachts entlangkroch.

„George, ich flehe dich an - sprich noch einmal mit Dr. Jones."

„Nein", brummte er dumpf, nachdem er aus einem Teil seiner Körpermasse einen Stimmapparat geformt hatte. „Es ist sinnlos, Vivian. Ich will einfach nicht mehr weiterleben." Sogar seine Gürtel waren eher Vivians Idee als die seine gewesen. Auch in diesem Bereich war er ihr unterlegen... und jeder Tag machte alles nur noch schlimmer.

„Aber du kannst den Kindern doch noch soviel bieten", erinnerte ihn Vivian.

Das stimmte. „Vielleicht sollte ich mich noch einmal an das Kriegsbüro der UNO wenden", erwiderte er. „Ein paar Worte mit ihnen wechseln und mich erkundigen, ob die medizinische Forschung in der Zwischenzeit nicht ein Mittel entdeckt hat, mit dessen Hilfe ich mich stabilisieren kann."

„Aber was wird aus mir, wenn du dich als Mensch stabilisieren läßt?" fragte Vivian.

„Dann könnten wir achtzehn Stunden am Tag zusammen sein, die ganzen Stunden, die du in deiner menschlichen Gestalt verbringst.“

„Aber du würdest dann nicht länger mit mir verheiratet sein wollen, George. Denn dann könntest du mit einer Menschenfrau zusammenleben."

Es wäre nicht fair ihr gegenüber, erkannte George. Und er ließ den Gedanken fallen.

Im Frühjahr 2041 wurde ihr drittes Kind geboren - ebenfalls ein Mädchen und eine Hybride wie Maurice. Es war nachts eine Blobel und tagsüber ein Mensch.

In der Zwischenzeit hatte George für einige seiner Pro

bleme eine Lösung befunden.

Er nahm sich eine Geliebte.

Er und Nina richteten es so ein, daß sie einander im Hotel Elysium trafen, ein heruntergekommenes Holzgebäude im Herzen von Los Angeles.

„Nina", begann George, während er an seinem Teacher's Scotch nippte und neben ihr auf dem schäbigen Sofa saß, das ihnen das Hotel zur Verfügung gestellt hatte, „du hast mein Leben wieder lebenswert gemacht." Er fummelte an den Knöpfen ihrer Bluse.

„Ich respektiere dich", erklärte Nina Glaubmann und half ihm, die Knöpfe zu öffnen. „Trotz der Tatsache - nun, daß du ein ehemaliger Feind meines Volkes bist."

„Mein Gott!" protestierte George. „Denken wir doch nicht mehr an die alten Zeiten - wir müssen endlich die Vergangenheit vergessen." Und nur noch an unsere Zukunft denken, fügte er in Gedanken hinzu.

Das Geschäft mit den Schlankheitsgürteln hatte sich so gut entwickelt, daß er inzwischen über fünfzehn menschliche Angestellte verfügte und eine kleine, moderne Fabrik in den Außenbezirken von San Fernando besaß. Wären die UNO-Steuern nicht so unverschämt hoch, hätte er es schon zu einem wohlhabenden Mann gebracht... während er darüber nachsann, fragte er sich, wie hoch wohl die Steuern auf den von den Blobels bewohnten Planeten sein mochten, auf Io zum Beispiel. Vielleicht sollte er sich einmal danach erkundigen.

Eines Abends im VuK-Vereinslokal diskutierte er dieses Problem mit Reinholt, Ninas Ehemann, der natürlich von dem modus vivendi zwischen George und Nina nichts ahnte.

„Reinholt", sagte George zwischen zwei Schlucken Bier, „ich habe große Pläne. Dieser Von-der-Wiege-bis-zur-

Bahre-Sozialismus, den die UNO eingeführt hat... der ist nichts für mich. Er schnürt mir die Luft ab. Der MunsterZaubermagnetgürtel ist" - er gestikulierte - „nun, er ist mehr wert als ich hier auf der Erde dafür bekommen kann. Kannst du mir folgen?"

Kühl entgegnete Reinholt: „Aber du bist ein Mensch, George; wenn du mit deiner Fabrik zu den Blobels überläufst, dann bist du ein Verräter an deinem eigenen..."

„Hör zu", unterbrach George, „ich habe ein hundertprozentiges Blobelkind, zwei Mischlinge, und ein viertes ist unterwegs. Mich verbinden starke gefühlsmäßige Bande mit diesen Leuten dort draußen auf Titan und Io."

„Du bist ein Verräter", erklärte Reinholt und schlug ihm ins Gesicht. „Und nicht nur das", fuhr er fort und versetzte George einen Hieb in den Magen, „du treibst dich auch noch mit meiner Frau herum. Ich werde dich umbringen."

Um der Auseinandersetzung zu entgehen, verwandelte sich George in einen Blobel; harmlos verpufften Reinholts Schläge in der feuchten, gallertartigen Masse. Dann verwandelte sich Reinholt ebenfalls und floß mordgierig auf ihn zu, versuchte Georges Zellkern aufzubrechen und zu absorbieren.

Zum Glück trennten einige Veteranen die beiden Kämpfenden, bevor jemand eine ernste Verletzung erlitten hatte.

Später in der Nacht saß George mit noch immer zitternden Gliedern zusammen mit Vivian im Wohnzimmer ihrer acht Räume umfassenden Suite, die hoch oben in dem großen neuen Kondominium-Apartmentgebäude ZGF-900 lag. Es war ein ernstes Gespräch, denn natürlich würde Reinholt in kürze Vivian von Nina erzählen; es war nur eine Frage der Zeit. Soweit George es beurteilen konnte, war ihre Ehe am Ende. Vielleicht war dies ihr letztes Zusammensein.

„Viv", begann er drängend, „du mußt mir glauben, daß ich dich liebe. Du und die Kinder - und natürlich auch das Gür tel-Geschäft - ihr seid mein ganzes Leben." Ihm kam ein verzweifelter Gedanke. „Komm, wir wandern noch heute nacht aus. Wir nehmen die Kinder und gehen nach Titan, jetzt in dieser Minute."

„Ich kann nicht", sagte Vivian. „Ich weiß, wie mich meine Leute behandeln würden, und auch dich und die Kinder. George, du wirst gehen. Verlege die Fabrik nach Io. Ich werde hierbleiben." Tränen standen in ihren dunklen Augen.

„Zum Teufel", entfuhr es George, „was wäre das denn für ein Leben? Du auf der Erde und ich auf Io - das ist doch keine Ehe. Und wer soll die Kinder bekommen?" Vermutlich würde Viv sie zugesprochen bekommen... aber seine Firma beschäftigte einen ausgezeichneten Rechtsanwalt - vielleicht konnte er ihm bei der Lösung seines häuslichen Problems behilflich sein.

Am nächsten Morgen erfuhr Vivian von seiner Verbindung zu Nina. Und nahm sich selbst einen Anwalt.

„Hören Sie", begann George sein Telefongespräch mit Henry Ramarau, seinem Rechtsberater, „Sie müssen mir die Vormundschaft über das vierte Kind besorgen; es wird sicherlich ein Mensch werden. Und wegen der beiden Hybriden müssen wir dann einen Kompromiß schließen; ich nehme Maurice und sie kann Kathy behalten. Und natürlich auch diesen Blobel, das sogenannte erste Kind. Soweit es mich betrifft, kann sie es haben." Er warf den Hörer auf die Gabel und wandte sich wieder an die Versammlung der Direktoren. „Nun, wo waren wir stehengeblieben?" fragte er. „Ah ja, die Analyse der auf Io gültigen Steuergesetze."

Während der nächsten Wochen wurde immer deutlicher, daß die geplante Verlegung der Firma nach Io vom geschäftlichen Standpunkt aus äußerst empfehlenswert war.

„Sehen Sie zu, daß Sie ein geeignetes Grundstück auf Io erwischen", befahl George Tom Hendricks, dem geschäftli chen Unterhändler für diesen Bereich. „Und kaufen Sie es billig; wir müssen von Anfang an richtig zuschlagen." Seiner Sekretärin, Miss Nolan, trug er auf: „Bis auf weiteres möchte ich von niemand belästigt werden. Ich fühle deutlich, daß ein Anfall naht. Wegen der Aufregung über die FirmenVerlegung von der Erde nach Io." Und er fügte hinzu: „Von meinen persönlichen Schwierigkeiten ganz zu schweigen."

„Sofort, Mr. Munster", sagte Miss Nolan und scheuchte Tom Hendricks aus Georges Privatzimmer. „Niemand wird Sie stören." George konnte sich darauf verlassen, daß sie jeden zurückweisen würde, während er sich in seine Blobel-gestalt verwandelte, wie schon so oft in diesen Tagen; der Druck, der auf ihm lastete, war zu stark.

Als er später am Tag wieder seine menschliche Gestalt angenommen hatte, erfuhr er von Miss Nolan, daß vor einigen Stunden ein Dr. Jones angerufen hatte.

„Ich will verdammt sein!" entfuhr es George, als er an die jetzt sechs Jahre zurückliegenden Ereignisse dachte. „Ich hatte gedacht, er wäre schon langst auf dem Schrottplatz gelandet." Zu Miss Nolan sagte er: „Rufen Sie Dr. Jones an und benachrichtigen Sie mich, sobald die Verbindung hergestellt ist. Ich werde mir ein paar Minuten frei nehmen und mit ihm sprechen." Es war wie in den alten Zeiten, damals, in San Francisco.

Kurz danach verband ihn Miss Nolan mit Dr. Jones.

„Hallo, Doktor", begrüßte George ihn, lehnte sich in seinem Sessel zurück, schaukelte hin und her und befingerte geistesabwesend eine auf dem Schreibtisch stehende Orchidee. „Schön, wieder etwas von Ihnen zu hören."

„Mr. Munster", ertönte die Stimme des homöosthatischen Analytikers in seinem Ohr, „ich höre, daß Sie jetzt über eine Sekretärin verfügen."

„Ja", bestätigte George, „ich bin jetzt Unternehmer, mache Geschäfte mit Schlankheitsgürteln; sie haben eine gewisse

Ähnlichkeit mit diesen Flohkragen, die man Katzen umlegt. Nun, was kann ich für Sie tun?"

„Ich hörte, daß Sie inzwischen vier Kinder haben..."

„Eigentlich erst drei; ein viertes ist noch unterwegs. Hören Sie, Doktor, dieses vierte ist für mich sehr wichtig; nach dem Mendelschen Gesetz wird es ein reinblütiger Mensch werden und, bei Gott, ich werde alles in meiner Macht Stehende unternehmen, um dafür die Vormundschaft zugesprochen zu bekommen." Nach einer Pause fuhr er fort: „Vivian -Sie erinnern sich gewiß an sie - ist inzwischen wieder auf Titan. Bei ihrem eigenen Volk, wo sie auch hingehört. Und ich habe die besten Ärzte angestellt, die ich für mein Geld bekommen kann, um mich zu stabilisieren; ich bin dieser dauernden Veränderungen überdrüssig. Tag und Nacht habe ich keine Ruhe, und bei der vielen Arbeit, die auf mir lastet, kann ich mir diesen Unsinn nicht mehr erlauben."

„Aus Ihrem Tonfall", bemerkte Dr. Jones, „geht hervor, daß Sie ein wichtiger, beschäftigter Mann sind, Mr. Munster. Seit ich Sie das letztemal sah, haben Sie es weit gebracht."

„Kommen Sie zum Thema, Doktor", verlangte George ungeduldig. „Warum haben Sie angerufen?"

„Ich dachte, äh, vielleicht könnte ich Sie und Ihre Frau wieder zusammenbringen."

„Pah!" meinte George verächtlich. „Mit dieser Frau? Niemals. Hören Sie, Doktor, ich muß auflegen; im Moment bin ich sehr mit dem Abschluß einer wichtigen geschäftlichen Transaktion beschäftigt."

„Mr. Munster", fragte Dr. Jones, „gibt es eine andere Frau in Ihrem Leben?"

„Eine andere Blobel", erwiderte George, „wenn es das ist, was Sie meinen." Und legte den Hörer auf. Zwei Blobels sind besser als nichts, sagte er zu sich. Und nun wieder zum Geschält... Er drückte auf einen Knopf, und Miss Nolan streckte ihren Kopf durch die Tür. „Miss Nolan", bat George,

„verbinden Sie mich mit Hank Ramarau; ich möchte herausfinden... "

„Mr. Ramarau wartet auf dem zweiten Anschluß", unterbrach Miss Nolan. „Er sagt, es sei dringend."

George schaltete auf den zweiten Anschluß um und fragte: „Hallo, Hank. Um was geht es?"

„Ich habe soeben entdeckt", erklärte sein Rechtsberater, „daß Sie ein Staatsbürger von Titan werden müssen, wenn Sie Ihre Firma nach Io verlegen wollen."

„Das dürfte sich doch arrangieren lassen", meinte George.

„Aber um ein Staatsbürger von Titan zu werden... " Ra-marau zögerte. „Ich will es Ihnen so schonend wie möglich beibringen, George. Nun, äh, Sie müssen ein Blobel sein."

„Zum Teufel, ich bin ein Blobel", entfuhr es George. „Zumindest zeitweise. Genügt das denn nicht?"

„Nein", erwiderte Ramarau. „Ich habe das überprüft, da ich über Ihren Zustand informiert bin, und Sie müssen ein hundertprozentiger Blobel sein. Tag und Nacht."

„Hmm", machte George. „Das ist schlecht. Aber wir werden schon irgendeinen Ausweg finden. Hören Sie, Hank, ich habe eine Verabredung mit Eddy Fullbright, meinem medizinischen Berater; ich werde später noch einmal darüber mit Ihnen reden, okay?" Er legte auf und rieb sich nachdenklich das Kinn. Nun, entschied er, wenn es sein muß, dann muß es eben sein. Tatsachen sind nun einmal Tatsachen, und man muß sich dem fügen.

Er griff nach dem Hörer und wählte die Nummer von Eddy Fullbright, seinem Arzt.

Die Platinmünze im Wert von zwanzig Dollar fiel durch den Einwurfschlitz und schloß den Stromkreis. Dr. Jones schaltete sich ein, blickte auf und sah eine hochgewachsene junge Frau mit wohlgeformten Brüsten vor sich, die er - nach einem kurzen Rückgriff auf seine Erinnerungsspeicher - als

Mrs. George Munster wiedererkannte, die ehemalige Vivian Arrasmith.

„Guten Tag, Vivian", sagte Dr. Jones herzlich. „Aber ich dachte, Sie wären wieder auf Titan." Er erhob sich und bot ihr einen Stuhl an.

Vivian tupfte über ihre großen dunklen Augen und schneuzte sich. „Doktor, alles um mich herum bricht zusammen. Mein Mann hat ein Verhältnis mit einer anderen Frau... alles, was ich von ihr weiß, ist, daß ihr Name Nina lautet und daß sich die Miglieder des VuK bereits das Maul darüber zerreißen. Angeblich soll sie ein Mensch sein. Wir haben beide die Scheidung eingereicht. Und wir führen eine schreckliche rechtliche Auseinandersetzung wegen der Kinder." Sie zog sittsam ihren Mantel zurecht. „Und ich bin in Umständen. Es ist unser viertes Kind."

„Ich bin darüber informiert", bestätigte Dr. Jones. „Diesmal muß es ein reinblütiger Mensch werden, wenn man nach dem Mendelschen Gesetzt geht... obwohl es an sich nur für Mehrfachgeburten zutrifft."

„Ich war auf Titan", fuhr Mrs. Munster bedrückt fort, „und habe dort mit juristischen und medizinischen Experten gesprochen, mit Gynäkologen und vor allem mit Erziehungsberatern; während der letzten Monate hat man mir alle möglichen Ratschläge erteilt. Jetzt bin ich wieder auf der Erde, und ich kann George nicht finden - er ist verschwunden."

„Ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen, Vivian", erklärte Dr. Jones. „Ich habe kurz mit Ihrem Mann gesprochen, doch er drückte sich nur sehr allgemein aus... anscheinend ist er jetzt ein solch erfolgreicher Unternehmer, daß es sehr schwer ist, ihn zu erreichen."

„Und wenn ich daran denke", schluchzte Vivian, „daß sein ganzer Erfolg auf einer Idee beruht, die er von mir hat... Eine richtige Blobel-Idee... "

„Eine Ironie des Schicksals", nickte Dr. Jones. „Nun, wenn

Sie Ihren Mann behalten wollen, Vivian..."

„Das will ich unbedingt, Dr. Jones. Um offen zu sein, habe ich mich auf Titan einer Behandlung unterzogen, einer äußerst langwierigen und teuren... weil ich George doch so sehr liebe, sogar mehr liebe als mein eigenes Volk oder meinen Heimatplaneten."

„Sie meinen?" fragte Dr. Jones.

„Durch die modernsten Techniken der medizinischen Wissenschaft des Sonnensystems", erklärte Vivian, „bin ich stabilisiert worden, Dr. Jones. Jetzt behalte ich vierundzwanzig Stunden am Tag statt der früheren achtzehn Stunden meine menschliche Gestalt bei. Ich habe meine natürliche Körperform abgelegt, um meine Ehe mit George zu erhalten."

„Was für ein großes Opfer!" bemerkte Dr. Jones gerührt.

„Aber wenn ich ihn doch nur finden könnte, Doktor..."

Bei der Grundsteinlegung auf Io floß George Munster auf die Schaufel zu, streckte eine Pseudopodie aus, ergriff die Schaufel und warf damit einige symbolische Erdkrümel in die offene Grube. „Heute ist ein großer Tag", erklärte er hohl mit Hilfe seines Stimmapparates, den er aus der schleimigen, plastischen Masse geformt hatte, aus dem sein einzelliger Körper bestand.

„Richtig, George", stimmte Ramarau zu, der mit den Dokumenten neben ihm stand.

Der ionische Staatsbeamte, der wie George ein großer durchsichtiger Klumpen war, floß auf Ramarau zu, nahm die Dokumente an sich und dröhnte: „Ich werde sie an die Regierung weiterleiten. Ich bin sicher, daß sie in bester Ordnung sind, Mr. Ramarau."

„Dafür garantiere ich", erklärte Ramarau dem Beamten. „Mr. Munster wird nie mehr seine menschliche Gestalt annehmen; er hat Gebrauch von den fortschrittlichsten Techniken der medizinischen Wissenschaft gemacht, um seine einzellige Körperform beizubehalten. Mr. Munster wird sich nicht mehr verändern."

„Dieser historische Augenblick", telepatnierte der große Klumpen, der George Munster war, den zahllosen Blobels zu, die an der Zeremonie teilnahmen, „wird allen lonern, die daran teilhaben, einen höheren Lebensstandard verschaffen; Wohlstand wird dadurch diesem Lande geschenkt, und die Herstellung jenes Produktes, des Munster-Zauber-Magnetgürtels, der ja im Grunde eine Entwicklung dieser Welt ist, erhält dadurch die stolze Weihe, auf heimatlichem Grund und Boden zu erfolgen."

Die Blobels brachen in laute telepathische Jubelrufe aus.

„Dies ist ein stolzer Tag in meinem Leben", teilte George Munster ihnen mit, und dann begann er langsam zurück zu seinem Wagen zu fließen, wo bereits sein Chauffeur darauf wartete, ihn in sein auf Dauer angemietetes Hotelzimmer in Io City zu fahren.

Eines Tages würde das Hotel ihm gehören. Die Gewinne aus seinem Geschäft legte er auf Io in Grundbesitz an; es war die patriotischste - und profitabelste - Möglichkeit, wie ihm andere loner, andere Blobels, mitgeteilt hatten.

„Endlich bin ich ein erfolgreicher Mann", telepathierte George Munster allen Blobels zu, die nah genug waren, um seine Ausstrahlung zu empfangen.

Unter dem lärmenden Beifall der Menge floß er die Rampe hinauf und hinein in seinen auf Titan hergestellten Wagen.

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