Autofac

Spannung erfüllte die drei Männer. Sie rauchten, gingen unruhig auf und ab und versetzten den am Straßenrand wuchernden Unkrautbüscheln gelangweilte Tritte. Die heiße Mittagssonne beschien die verdorrten Felder, die gleichförmigen Reihen der Plastikhäuser und die fernen Gipfel der westlichen Berge.

„Es ist bald soweit", sagte Earl Perine und preßte nervös seine hageren Hände zusammen. „Es hängt alles von der Landung ab; jedes zusatzliche Pfund bedeutet eine Verzögerung von einer halben Sekunde."

„Du hast es dir wohl ausgerechnet, wie?" entgegnete Morrison verbittert. „Du bist genauso schlimm wie sie. Ich für meinen Teil ziehe es vor, es so zu sehen, daß sie sich einfach so verspäten."

Der dritte Mann sagte nichts. O'Neill stammte aus einer anderen Siedlung; er kannte Perine und Morrison nicht gut genug, um sich mit ihnen herumstreiten zu wollen. Statt dessen kniete er nieder und durchblätterte die Unterlagen, die er an seine Aluminiumtafel geklammert hatte. Von der glühenden Sonne waren O'Neills Arme braungebrannt, und Schweißperlen glitzerten zwischen den feinen Härchen. Es war ein sehniger Mann mit leicht ergrauten Haaren und einer dicken Hornbrille, die ihn älter erscheinen ließ als seine beiden Begleiter. Er trug eine lange Hose, ein Sporthemd und kreppbesohlte Schuhe. Zwischen seinen Fingern blitzte metallisch ein Füllhalter.

„Was schreiben Sie da?" brummte Perine.

„Ich lege fest, auf welche Art wir vorgehen werden", antwortete O'Neill ruhig. „Es ist besser, die Taktik vorher auszuarbeiten als sich später auf ungezielte Versuche zu ver

lassen. Wir müssen genau wissen, was wir bereits ausprobiert haben und was nicht funktionierte. Andernfalls bewegen wir uns nur im Kreis. Das Problem, dem wir gegenüberstehen, ist eine Frage der Kommunikation; so sehe ich es zumindest."

„Kommunikation", erklang beifällig Morrisons tiefe, gedehnte Stimme. „Ja, wir können mit diesen Dingern keinen Kontakt aufnehmen. Sie kommen, bringen ihre Ladungen und verschwinden wieder - zwischen ihnen und uns besteht keinerlei Kontakt."

„Es sind nur Maschinen", nickte Perine aufgeregt. „Sie sind tot - blind und taub."

„Aber sie stehen mit der Außenwelt in Verbindung", erinnerte O'Neill. „Es muß also einen Weg geben, an sie heranzukommen. Sie reagieren auf bestimmte semantische Signale; unsere Aufgabe besteht darin, diese Signale zu ermitteln. Das heißt, an sich müssen wir sie wiederentdecken. Vielleicht führen unter einer Milliarde verschiedener Möglichkeiten nur ein halbes Dutzend zum Ziel."

Ein dumpfes Rumpeln schreckte die drei Männer auf. Forschend, wachsam blickten sie sich um. Der entscheidende Augenblick war gekommen.

„Da kommt er", sagte Perine. „Okay, Klugscheißer, wir werden sehen, ob Sie mit Ihrer Methode Erfolg haben und das Ding beeinflussen können."

Der Lastwagen war ein großes Fahrzeug, und er ächzte unter seiner schweren Ladung. Größtenteils ähnelte er einem von Menschen gesteuerten Transportfahrzeug, aber es gab einen Unterschied - es gab keine Fahrerkabine. Der hintere Teil bestand aus der Ladefläche und die Vorderfront, wo sich normalerweise die Scheinwerfer und der Kühlergrill befanden, setzte sich aus einer Unzahl von Rezeptoren zusammen, die sensorischen Geräte, die die Sinne des Menschen ersetzten und das Fahrzeug seinen Weg finden lie

ßen.

Der Lastwagen bemerkte die drei Männer, verlangsamte seine Geschwindigkeit und schaltete niedriger und bremste dann hart. Sekundenlang ertönte das Klicken von Relais; anschließend neigte sich ein Teil der Ladefläche, und ein Sturzbach aus schweren Kartons ergoß sich auf die Landstraße, gefolgt von der Lieferliste, die flatternd zu Boden sank.

„Sie wissen, was Sie zu tun haben", stieß O'Neill hastig hervor. „Beeilen Sie sich, damit er nicht schon vorher verschwindet."

Zielbewußt, grimmig griffen die Männer nach den abgeladenen Kartons und rissen die schützenden Verpackungen auf. Zahllose Dinge glitzerten in der Sonne: ein binokulares Mikroskop, ein tragbares Rundfunkgerät, Stapel von Plastiktellern, medizinische Apparate, Rasiermesser, Kleidung, Nahrungsmittel. Wie gewöhnlich bestand der Großteil der Lieferung aus Nahrungsmitteln. Systematisch begannen die drei Männer die Waren zu zerstören. Nach wenigen Minuten bestand alles nur noch aus nutzlosem Müll.

„Das war's", stöhnte O'Neill und trat zurück. Er nahm seine Papiere zur Hand. „Jetzt werden wir gleich sehen, was passiert."

Der Lastwagen war bereits wieder davongerollt; plötzlich hielt er an, wendete und fuhr zu ihnen zurück. Seine Rezeptoren hatten erkannt, daß die drei Männer die abgeladenen Waren zerstört hatten. Sorgfältig inspizierte er mit seinen Sensoren die angerichtete Verwüstung. Eine Antenne schraubte sich in die Höhe; er hatte Kontakt mit seiner Fabrik aufgenommen und erhielt neue Instruktionen.

Erneut kippte der Laster eine zweite, mit der ersten völlig identische Ladung auf die Straße.

„Es war umsonst", krächzte Perine, als ein Duplikat des vorherigen Lieferscheines ausgeworfen wurde. „Wir haben

das ganze Zeug für nichts zerstört."

„Und was jetzt?" fragte Morrison O'Neill. „Was steht als nächste Möglichkeit auf Ihrem Zettel?"

„Helfen Sie mir." O'Neill ergriff einen Karton und trug ihn zum Laster. Nachdem er den Karton zurück auf die Ladeflache geworfen hatte, hastete er zurück, um sich den nächsten zu holen. Geschwind folgten die beiden anderen Männer seinem Beispiel. Gemeinsam schafften sie die Lieferung wieder auf den Transporter. Als sich der Lastwagen wieder in Bewegung setzte, befand sich auch die letzte Kiste wieder an ihrem ursprünglichen Platz.

Der Lastwagen zögerte. Seine Rezeptoren registrierten, daß die Lieferung abgelehnt worden war. Aus seinem Innern ertönte ein leises, langgezogenes Summen.

„Das bringt ihn völlig durcheinander", bemerkte O'Neill und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Er hat seinen Auftrag ausgeführt und doch nichts erreicht."

Der Laster rollte kurz an, rumpelte heftig und wendete dann entschlossen, holperte auf sie zu und kippte dann erneut die Ladung auf die Straße.

„Und noch einmal!" brüllte O'Neill. Die drei Männer packten die Kartons und warfen sie mit fiebrigen Bewegungen auf die Ladefläche zurück. Aber so schnell sie die Kartons auch wieder aufluden, so schnell beförderten die Greifer des Lastwagens sie auch wieder auf den Boden.

„Es ist sinnlos", keuchte Morrison. „Als ob man Wasser mit einem Sieb schöpfen würde."

„Wir schaffen es nicht", ächzte Perine kläglich. „Wie immer. Wir Menschen verlieren jedesmal."

Der Wagen beobachtete sie stumm mit seinen funkelnden, unbewegten Rezeptoren. Er machte nur seine Arbeit. Das erdumspannende Netz der Autofacs, der automatischen Fabriken, erfüllte mit dumpfer Betriebsamkeit seine Aufgabe, und das seit fünf Jahren, seit dem Augenblick, an dem die erste Autofac ihre Arbeit aufgenommen hatte, damals, in den ersten Tagen des Totalen Weltkrieges.

„Da zieht er hin", stellte Morrison bedrückt fest. Der Lastwagen hatte seine Antenne wieder eingezogen; er schaltete einen Gang tiefer und löste die Bremsen.

„Wir machen einen letzten Versuch", ordnete O'Neill an. Er hob einen der Kartons hoch und schlitzte die Verpackung auf. Er holte eine zehn Liter fassende Milchkanne heraus und schraubte den Verschluß ab. „So dumm es auch aussehen mag, wir müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen."

„Das ist doch absurd", protestierte Perine. Widerstrebend wühlte er eine Tasse aus den verstreut herumliegenden Trümmern hervor und goß sie voll Milch. „Ausgesprochen kindisch!"

Der Lastwagen wartete und beoachtete sie.

„Sie auch, Morrison", befahl O'Neill scharf. „Tun Sie genau das gleiche wie wir."

Die drei Männer probierten hastig die Milch und sorgten dafür, daß sie ihnen deutlich sichtbar über das Kinn lief; sie durften sich keinen Fehler erlauben.

Wie abgesprochen reagierte O'Neill als erster. Er verzog sein Gesicht zu einer Grimasse, schleuderte die Tasse fort und spuckte die Milch wieder aus.

„Einfach widerlich!" würgte er.

Die beiden anderen Männer folgten dem Beispiel; angeekelt und laut fluchend warfen sie die Milchkanne um und blickten aufmerksam zu dem Lastwagen hinüber.

„Sie ist schlecht!" brüllte Morrison.

Neugierig geworden kam der Lastwagen langsam zurückgerollt. Elektronische Schaltungen klickten und summten, während er die Situation durchdachte; die Antenne schob sich wie ein Flaggenmast in die Höhe.

„Ich glaube, wir haben es geschafft", sagte O'Neill mit zitternder Stimme. Während sie der Laster beobachtete, zerrte er eine zweite Milchkanne aus dem Karton, schraubte den Deckel ab und kostete den Inhalt. „Genau das gleiche!" rief er dem Laster zu. „Die Milch ist genauso schlecht!"

Der Lastwagen warf einen Metallzylinder aus. Der Zylinder fiel vor Morrisons Füße; rasch hob er ihn auf und öffnete ihn.

ERBITTE ANGABE ÜBER DIE NATUR DES FEHLERS

Der Papierbogen listete eine ganze Reihe möglicher Schäden auf, und hinter jeder Angabe befand sich ein Kästchen; die richtige Bezeichnung sollte mit einem ebenfalls in dem Zylinder befindlichen Stift gelocht werden.

„Was soll ich nehmen?" fragte Morrison. „Strahlenverseucht? Verdorben? Sauer? Ranzig? Falsch ausgezeichnet? Zerbrochen? Zerdrückt? Sonstwie beschädigt? Verbogen? Verschmutzt?"

O'Neill dachte angestrengt nach und sagte schließlich: „Wir sollten nichts davon angeben. Zweifellos ist die Fabrik in der Lage, alle möglichen Tests durchzuführen und die Milch zu analysieren. Sie wird zu ihrem eigenen Ergebnis kommen und uns danach ignorieren." Sein Gesicht leuchtete auf, als ihm eine verrückte Idee kam. „Wir machen einen Vermerk am unteren Ende der Liste. Dort hat man Platz für weitere Angaben gelassen."

„Und was soll ich schreiben?"

„Schreiben Sie", erklärte O'Neill, „schreiben Sie: Dieses Produkt ist völlig pizzeliert."

„Was ist denn das?" fragte Perine verwirrt.

„Schreiben Sie schon! Es ist reiner Blödsinn - die Fabrik wird nicht in der Lage sein, das zu verstehen. Vielleicht können wir dadurch ihre Arbeit blockieren."

Sorgsam schrieb Morrison mit O'Neills Füllhalter, daß die Milch pizzeliert war. Kopfschüttelnd schob er den Papierbo gen zurück in den Zylinder und überreichte ihn dem Lastwagen. Der Laster ergriff die Milchkanne und lud sie auf, verstaute sie sorgfältig an ihren alten Platz. Mit quietschenden Reifen begann er sich in Bewegung zu setzen. Aus seinem Auswurfschlitz fiel ein weiterer Zylinder, und der Lastwagen rollte schneller werdend davon und ließ den Zylinder im Straßenstaub zurück.

O'Neill nahm ihn an sich, öffnete ihn und faltete die Mitteilung auseinander, damit auch die anderen sie lesen konnten.

DIE FABRIK WIRD EINEN VERTRETER MIT DER ÜBERPRÜFUNG DIESES FALLES BEAUFTRAGEN. BEREITEN SIE BITTE EINEN GENAUEN BERICHT ÜBER DAS BEANSTANDETE PRODUKT VOR.

Im ersten Moment waren die drei Männer sprachlos. Dann begann Perine zu kichern. „Wir haben es geschafft. Wir haben eine Verbindung hergestellt. Wir haben es endlich geschafft."

„Das haben wir tatsächlich", nickte O'Neill. „Bestimmt hat nie zuvor jemand der Fabrik mitgeteilt, daß eines ihrer Produkte pizzeliert sein soll."

Der gewaltige metallene Block der Autofac von Kansas City war tief in das Vorgebirge eingegraben, und nur ein kleiner Teil davon ragte über die Erdoberfläche hinaus. Das Metall war korrodiert, von radioaktiver Strahlung aufgerauht, zerschrammt und zernarbt von den fünf Kriegsjahren, die über die Fabrik hinweggezogen waren. Ihre wichtigsten Teile lagen weit unter dem Erdboden und einzig der Eingang war sichtbar. Der Lastwagen war ein ferner Fleck, der mit hoher Geschwindigkeit auf den schwarzen, flachen Metallklotz zuraste. Plötzlich öffnete sich ein Teil der gleichförmigen Wand; der Laster steuerte darauf zu und verschwand im Innern des niedrigen Oberflächengebäudes. Dann schloß sich der Eingang wieder.

„Die Hauptarbeit steht uns noch bevor", sagte O'Neill. „Nun müssen wir die Fabrik dazu bringen, daß sie ihre Arbeit einstellt - und sich selbst abschaltet."

2.

Judith O'Neill servierte den im Wohnzimmer sitzenden Männern heißen schwarzen Kaffee. Ihr Mann sprach, und die anderen hörten aufmerksam zu. O'Neill hatte sich inzwischen zu einer allseits anerkannten Autorität auf dem Gebiet der Autofacs entwickelt.

Im Bezirk von Chicago, wo er wohnte, hatte er die Sicherheitseinrichtungen der lokalen Fabrik lange genug überlisten können, um einige Datenbänder aus dem Steuergehirn zu entwenden. Natürlich hatte die Fabrik unverzüglich die Schutzanlagen überprüft und verbessert. Aber es hatte sich gezeigt, daß die Fabriken nicht unverwundbar waren.

„Das Institut für Angewandte Kybernetik", erklärte O'Neill, „besaß die Kontrolle über das Netz der automatischen Fabriken. Im Krieg ist das Institut dann vernichtet worden. Und mit dem Institut vergingen auch die Informationen, die wir benötigen. Wie dem auch sei, das Institut hat es versäumt, uns die entsprechenden Informationen zu übermitteln, so daß wir den Fabriken keine Befehle mehr erteilen können -wir können ihnen nicht beibringen, daß der Krieg beendet ist und wir wieder in der Lage sind, die Kontrolle über die industrielle Produktion auszuüben."

„Und in der Zwischenzeit", warf Morrison verdrossen ein, „haben sich die Autofacs immer weiter ausgebreitet und verbrauchen ständig mehr von den vorhandenen Rohstoffen."

„Manchmal habe ich das Gefühl", bemerkte Judith, „daß sich unter mir die Erde auftun und ich in einen der Tunnels der Fabrik stürzen könnte, wenn ich nur fest genug mit den Füßen aufstampfen würde. Inzwischen müssen sich überall ihre Stollen befinden."

„Hat man den Autofacs nicht irgendwelche Beschränkungen auferlegt?" fragte Perine nervös. „Oder sind sie etwa so konstruiert, daß sie sich unbegrenzt ausbreiten können?"

„Jede Fabrik hat ein bestimmtes Einflußgebiet zugewiesen bekommen", erwiderte O'Neill, „aber das Verbundnetz selbst ist unbegrenzt ausbaufähig. Sie können auf ewig unsere Rohstoffe ausbeuten. Das Institut hat damals entschieden, daß die Fabriken höchste Priorität besitzen; wir Menschen stehen erst an zweiter Stelle."

„Wird denn überhaupt etwas für uns übrig bleiben?" wollte Morrison wissen.

„Nicht, wenn es uns nicht gelingt, die Arbeit des Verbundnetzes zu stoppen. Bereits ein halbes Dutzend Rohstoffe sind aufgebraucht. Die Prospektorenteams der Fabriken sind unablässig im Einsatz und kratzen die letzten Reste zusammen."

„Was würde geschehen, wenn sich die Stollen von zwei Fabriken kreuzen?"

O'Neill zuckte die Achseln. „Normalerweise dürfte so etwas nicht geschehen. Jede Fabrik ist nur in einem bestimmten Gebiet unseres Planeten tätig, besitzt ein eigenes Stück von dem großen Kuchen, für das sie allein verantwortlich ist."

„Aber es könnte doch geschehen."

„Nun, es gibt bestimmte Stoffe, die sehr selten sind; aber solange es von ihnen auch nur die geringsten Spuren gibt, werden sie sich daran halten." O'Neill schien der Gedanke immer interessanter zu werden. „Doch wir sollten dieses Problem nicht außer acht lassen. Ich vermute, je knapper die Ressourcen werden... "

Er verstummte. Eine Gestalt hatte den Raum betreten; der Fremde stand abwartend an der Tür und beobachtete sie.

In dem Halbdunkel wirkte die Gestalt fast menschlich. Einen kurzen Moment lang hielt ihn O'Neill für einen Bewohner der Siedlung, der zu spät zu der Versammlung kam. Dann, als er sich auf sie zu bewegte, erkannte er, daß er nur äußerlich menschlich wirkte: es war ein Kasten, der sich aus funktionellen Gründen aufrecht auf zwei Beinen bewegte und am oberen Ende über Datenrezeptoren verfügte. Der untere Teil mit den Greifern und Sensoren bestand aus einem nach allen Seiten drehbaren Gewinde, das in Fußklauen endete. Seine Ähnlichkeit mit einem menschlichen Wesen war einzig und allein ein Zugeständnis an die Nützlichkeit der menschlichen Gestalt und hatte mit sentimentalen Erwägungen nichts zu tun.

Der Vertreter der Fabrik war eingetroffen.

Er begann ohne überflüssige Vorrede zu sprechen. „Dies ist ein datenverarbeitender Automat, der in der Lage ist, auf mündlicher Basis zu kommunizieren. Er verfügt über Sprech- und Empfangsanlagen und ist so programmiert, daß er alle Informationen analysieren kann, die in Verbindung mit dem fraglichen Problemkreis stehen."

Die Stimme klang freundlich, vertrauenerweckend und stammte offensichtlich von einem Tonband, das irgendein Techniker des Instituts vor Ausbruch des Krieges besprochen hatte. Wie sie jetzt aus der menschenähnlichen Maschine drang, wirkte sie grotesk; O'Neill konnte sich lebhaft das Bild des toten jungen Mannes vorstellen, dessen fröhliche Stimme nun aus dem mechanischen Mund dieser aufrecht gehenden Kreatur aus Stahl und Schaltkreisen drang.

„Noch etwas ist zu beachten", fuhr die freundliche Stimme fort. „Es wäre ein Fehler, diese Maschine wie einen Menschen zu behandeln und sie in eine Diskussion zu verwik-keln, für die sie nicht konstruiert ist. Außerdem ist es ihr unmöglich, eigenständige Gedanken zu entwickeln; sie kann nur Informationen verarbeiten, die ihr bereits eingegeben wurden."

Die optimistische Stimme verstummte und machte einer anderen Platz. Sie ähnelte zwar der ersten, enthielt aber keinerlei Betonungen oder persönliche Eigentümlichkeiten. Die Maschine bediente sich nur noch der phonetischen Sprechmuster des toten Mannes.

„Eine Analyse des zurückgegebenen Produktes", erklärte sie, „erbrachte keine Hinweise auf fremde Stoffe oder auf Abweichungen von den normalen Werten. Das Produkt erfüllt die allgemeingültigen Qualitätsanforderungen des Verbundnetzes. Die Rückgabe erfolgte daher aus einem Grund, der mit der Produktqualitat nichts zu tun hatte; es wurden Ansprüche geltend gemacht, die von den üblichen Standardwerten abwichen."

„Das ist richtig", stimmte O'Neill zu. Sorgfältig wagte er seine Worte ab und fuhr fort: „Wir stellten fest, daß die Milch minderwertig war. Wir können sie nicht gebrauchen. Wir verlangen eine sorgfältigere Produktion."

Die Maschine antwortete sofort. „Die semantische Bedeutung des Begriffes >pizzeliert< ist dem Verbundnetz unbekannt. Der Begriff ist in dem gespeicherten Vokabular nicht aufgeführt. Ist es Ihnen möglich, die Beschwerde über die Milch so zu präzisieren, daß Sie uns eine Liste der spezifischen Elemente übergeben können, die fehlen oder vorhanden sind?"

„Nein", wehrte O'Neill ab; das Spiel, das er spielte, war kompliziert und gefährlich. „>Pizzelieren< ist ein allgemeiner Begriff. Er kann nicht auf chemische Bestandteile reduziert werden."

„Was bedeutet >pizzelieren

O'Neill zögerte. Der Vertreter mußte von seiner begrenzten Untersuchung abgebracht und vorsichtig in Richtung des Hauptproblems gelenkt werden - des Problems, wie das Verbundnetz der Autofacs abgeschaltet werden konnte. Wenn es ihm gelang, an irgendeinem Punkt einzuhaken und eine theoretische Diskussion in Gang zu bringen...

„Pizzeliert", erklärte er, „beschreibt den Zustand eines Produktes, das ohne tatsächlichen Bedarf produziert wird. Der Begriff wird immer dann benutzt, wenn Objekte aus dem einfachen Grunde zurückgegeben werden, weil sie nicht mehr benötigt werden."

„Die Analyse des Verbundnetzes", erwiderte der Vertreter, „beweist, daß in diesem Gebiet ein Bedarf an hochwertigen, pasteurisierten Milchprodukten besteht. Es existiert keine alternative Bezugsquelle; das Verbundnetz kontrolliert alle Produktionsstätten, die das erwähnte Säugetierprodukt auf synthetischem Wege herstellen -" Er fügte hinzu: „Die auf den Datenbändern gespeicherten Originalinstruktionen bezeichnen Milch als ein menschliches Grundnahrungsmittel."

O'Neill war überlistet worden; die Maschine lenkte die Diskussion wieder auf das ursprüngliche Problem. „Wir haben entschieden", sagte er verzweifelt, „daß wir keine Milch mehr haben wollen. Wir ziehen es vor, ohne sie auszukommen, zumindest so lange, bis wir Kühe gefunden haben."

„Das widerspricht den Daten des Verbundnetzes", wandte der Vertreter der Autofac ein. „Es gibt keine Kühe mehr. Alle Milch wird synthetisch hergestellt."

„Dann werden wir sie eben selbst synthetisch herstellen", mischte sich Morrison ungeduldig ein. „Warum sollten wir die Produktion nicht selbst übernehmen? Mein Gott, wir sind doch keine Kinder! Wir können allein über unser Leben bestimmen!"

Der Autofac-Vertreter näherte sich der Tür. „Solange Ihre Gemeinde keine anderen Quellen entdeckt, aus denen sie sich mit Milch versorgen kann, wird das Verbundnetz fortfahren, sie mit Milch zu beliefern. Sämtliche analytischen und statistischen Einrichtungen werden in diesem Gebiet verbleiben und weiterhin die üblichen Stichproben vornehmen."

„Wie sollen wir denn andere Bezugsquellen entwicklen?" rief Perine aufgebracht. „Ihr verfügt doch über alle Einrichtungen! Ihr habt doch alles an euch gerissen!" Er eilte der Maschine hinterher. „Du hast behauptet, daß wir nicht in der Lage sind, alles in die eigenen Hände zu nehmen - du hast behauptet, wir sind dazu nicht fähig. Woher willst du das wissen? Man gibt uns ja nicht einmal eine Chance! Man hat uns nie eine Chance gegeben!"

O'Neill war wie versteinert. Die Maschine verließ sie wieder; ihr dumpfer, geradlinig arbeitender Verstand hatte über sie triumphiert.

„Hör doch zu", stieß er heiser hervor und stellte sich ihr in den Weg. „Wir wollen, daß ihr euch abschaltet, verstehst du? Wir wollen die Anlage übernehmen und selbst leiten. Der Krieg ist vorbei. Verdammt noch mal, ihr werdet nicht mehr gebraucht!"

Der Autofac-Vertreter verharrte kurz an der Tür. „Die Abschaltung", erklärte die Maschine, „erfolgt erst, wenn die Produktion des Verbundnetzes von der Produktion der Oberfläche zumindest eingeholt wird. Im Augenblick existiert an der Oberfläche keine Produktion, wie uns die regelmäßigen Stichproben beweisen. Deshalb muß die Produktion des Verbundnetzes weiterlaufen."

Unvermittelt ergriff Morrison ein Stahlrohr und hieb damit auf die Maschine ein, traf sie an der Schulter und zerschmetterte das empfindliche System der Sensoren, das die Brust bedeckte. Der nächste Schlag riß den ganzen Rumpf auf; Glassplitter, Schaltungen und kleinere Teile flogen durch die Luft.

„Das ist doch verrückt!" kreischte Morrison. „Ein Wortspiel - ein semantischer Trick, mit dem sie uns übertölpeln wollen. Die Kybernetiker haben uns das eingebrockt." Er erhob erneut das Rohr und ließ es auf die Maschine niedersausen. „Wir sind ihnen ausgeliefert. Wir sind völlig hilflos."

In dem Zimmer herrschte ein einziges Durcheinander. „Es ist die einzige Möglichkeit", keuchte Perine, als er sich an O'Neill vorbei drängte. „Wir müssen sie zerstören - entweder das Verbundnetz oder wir." Er umklammerte eine Tischlampe und schmetterte sie in das Gesicht des Autofac-Vertreters. Die Lampe und die kompliziert verdrahtete Plastikfläche zerbarsten; blindlings hämmerte Perine mit den Fäusten auf die Maschine ein. Auch die anderen hielten sich nun nicht mehr zurück und drangen auf den aufrecht dastehenden Zylinder ein, erfüllt von ohnmächtiger Wut, die jetzt zum Ausbruch kam. Die Maschine brach zusammen und prallte auf den Boden auf, verschwand hinter den aufgeregt gestikulierenden Gestalten.

Mit zitternden Händen wandte sich O'Neill ab. Seine Frau ergriff ihn am Arm und zerrte ihn ins Nebenzimmer.

„Diese Idioten", sagte er niedergeschlagen. „So können sie die Fabrik doch nicht zerstören; sie bringen sie nur dazu, daß neue Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Und das macht unsere Lage nur noch schlimmer."

Unvermittelt rollte eine Reparaturkolonne des Autofac-Ver-bundnetzes in das Wohnzimmer. Geschickt lösten sich die mechanischen Einheiten von dem mit Raupenketten ausgestatteten Mutterfahrzeug und stürzten sich in das Gewühl der empörten Menschen und trieben sie auseinander. Kurz danach schleppten sie den beschädigten Rumpf des Auto-fac-Vertreters hinaus in das Mutterfahrzeug. Die Einzelteile, die überall auf dem Boden herumlagen, wurden flink eingesammelt, und selbst die winzigsten Schrauben wurden nicht vergessen und nach draußen geschafft. Als letztes griffen sie nach den Plastikverstrebungen und dem Getriebe. Dann koppelten sich die Einheiten wieder an das Mutterfahrzeug an, und die Kolonne verschwand.

Durch die offene Tür kam ein zweiter Autofac-Vertreter herein, und er glich exakt dem ersten. Und draußen im Korridor standen noch zwei weitere der aufrecht gehenden Maschinen. Die ganze Siedlung wimmelte von den Vertretern. Wie eine Horde Ameisen waren die datenverarbeitenden Maschinen in ihren ferngesteuerten Fahrzeugen in die Stadt eingedrungen und hatten nach O'Neill gesucht, bis ihn schließlich einer von ihnen - jener, der zerstört worden war -gefunden hatte.

„Die Zerstörung von mobilen datenverarbeitenden Maschinen des Verbundnetzes entspricht in keiner Weise den Interessen der Menschen", erklärte der Autofac-Vertreter den wie erstarrt dastehenden Männern und Frauen. „Die Versorgung mit seltenen Rohstoffen steht vor gefährlichen Engpassen; die Ressourcen, die noch verfügbar sind, müssen ausschließlich der Produktion von Konsumgütern zugute kommen."

O'Neill und die Maschine sahen sich an.

„Oh?" sagte O'Neill leise. „Das ist interessant. Ich frage mich, welcher Rohstoff euch am meisten fehlt - und ob ihr vielleicht bereit wärt, um ihn zu kämpfen."

Pfeifend drehten sich über O'Neills Kopf die Rotorblatter des Helikopters; er ignorierte den Lärm und äugte durch das Kabinenfenster hinunter auf den nahen Erdboden. Nach allen Seiten erstreckten sich Schlackefelder und Ruinen.

Unkraut wuchs auf dem verwüsteten Boden, dürre Sträu-cher, zwischen denen Insekten herumkrochen. Hier und da waren einige Rattenkolonien zu erkennen: aufgeschüttete Hügel aus Knochen und Abfall. Radioaktive Strahlung hatten die Ratten wie auch die meisten Insektenarten und Tiere mutieren lassen. In der Ferne entdeckte O'Neill einen Vogelschwarm, der ein Erdhörnchen jagte. Das Erdhörnchen verschwand in einem sorgfältig geschützten Spalt zwischen den Schlackehaufen, und die Vögel drehten enttäuscht ab.

„Glauben Sie, daß wir das jemals wieder aufbauen können?" fragte Morrison. „Allein der Anblick macht mich krank."

„Irgendwann schon", erwiderte O'Neill. „Vorausgesetzt, daß wir wieder die Kontrolle über die industrielle Produktion zurückgewinnen. Und vorausgesetzt, daß uns dann noch die nötigen Rohstoffe zur Verfügung stehen. Zumindest wird es lange Zeit dauern. Wir müssen uns von den einzelnen Siedlungen immer weiter vorarbeiten."

Zu ihrer Rechten befand sich eine Ansiedlung, und die Bewohner wirkten wie zerlumpte Vogelscheuchen, waren hager und abgemagert und fristeten zwischen den Ruinen einer Stadt ihr kümmerliches Leben. Einige Hektar kargen Bodens wurden landwirtschaftlich genutzt; welke Pflanzen verdorrten in der Sonne, hier und da scharrten einige Hühner lustlos im Sand, und im Schatten einer schiefen Hütte lag ausgestreckt ein von Fliegen umschwärmtes Pferd.

„Ruinenbewohner", sagte O'Neill düster. „Sie sind zu weit vom Verbundnetz entfernt - keine der Autofacs kümmert sich um sie."

„Es ist ihre eigene Schuld", versetzte Morrison verärgert. „Sie können ja in eine der größeren Siedlungen ziehen."

„Das war einst ihre Stadt. Sie versuchen genau das, was auch wir versuchen wollen - sich aus eigener Kraft etwas aufbauen. Aber sie probieren es ohne Werkzeuge und Maschinen, sind allein auf ihre Hände angewiesen, mit denen sie im Schutt wühlen. Und es wird nicht funktionieren. Wir brauchen Maschinen. Es hat keinen Zweck, in den Ruinen zu stöbern; wir müssen die industrielle Produktion wieder aufnehmen."

Vor ihnen erstreckte sich ein kümmerlicher Höhenzug, die zernarbten Überreste eines Gebirges. Dahinter lag die gewaltige häßliche Wunde eines Atombombenkraters, halb mit stinkendem Wasser und Schleim gefüllt, ein verseuchtes Binnenmeer.

Und hinter dem Krater - glitzerte etwas in der Sonne, etwas, das sich schnell bewegte.

„Dort", sagte O'Neill erregt. Rasch ließ er den Helikopter tiefer sinken. „Wissen Sie, von welcher Fabrik die Dinger stammen?"

„In meinen Augen sehen alle gleich aus", brummte Morrison und beugte sich nach vorn, um besser sehen zu können. „Wir werden warten und ihnen folgen müssen, wenn sie etwas finden und zurückkehren."

Falls sie etwas finden", korrigierte O'Neill.

Die Autofac-Prospektorgruppe kümmerte sich nicht um den Helikopter, der über ihnen in der Luft knatterte, und konzentrierte sich auf ihre Arbeit. An der Spitze der Lastwagenkolonne rollten zwei Spezialfahrzeuge; sie rumpelten einen Schutthügel hinauf, senkten lange Bohrer in das Erdreich, polterten dann auf der anderen Seite wieder hinunter und verschwanden in einer Aschewolke; Staub schien meterhoch die Schlacke zu bedecken. Die beiden Spezialfahrzeuge bohrten sich nun selbst in das Erdreich, bis nur noch ihre Antennen sichtbar waren. Dann kehrten sie an die Oberfläche zurück und rollten mit quietschenden, rasselnden Raupenketten weiter.

„Wonach sie wohl suchen?" murmelte Morrison.

„Keine Ahnung." O'Neill blätterte sorgfältig in seinem Notizblock. „Wir müßten schon eine Liste aller abgelehnten Bestellungen anlegen, um herauszufinden, welche Rohstoffe für sie am wichtigsten sind."

Die Autofac-Prospektorengruppe blieb hinter ihnen zurück. Der Helikopter überflog eine öde Sand - und Schlackewü ste, in der sich kein Leben regte und die in eine verkrüppelte Buschlandschaft überging. Schließlich erschienen zu ihrer Rechten eine Reihe winziger beweglicher Punkte.

Eine Kolonne automatischer Erztransporter rollte durch die öde Wildnis, ein langes Band schnellfahrender metallener Lastwagen, zwischen denen nur wenig Abstand herrschte. O'Neill steuerte den Helikopter auf sie zu, und einige Minuten später hatten sie die Mine erreicht.

Unmengen von Schürfgeräten hatte man in die Wüste geschafft, tiefe Schächte gegraben, und geduldig wartete eine endlose Reihe von leeren Transportern darauf, daß sie beladen wurden. Sobald sie voll waren, fädelten sie sich in den Strom der zurückkehrenden Fahrzeuge ein und rollten dem Horizont entgegen, schafften tonnenweise das Erz zu den unterirdischen Fabriken. Geschäftige Betriebsamkeit und der Lärm der Maschinen erfüllte die Ebene und schuf unvermittelt ein Zentrum industrieller Hektik in der leeren Öd-nis der Wüste.

„Da ist diese andere Prospektorengruppe", bemerkte Morrison und blickte in die Richtung, aus der sie gekommen waren. „Glauben Sie, daß es zu einer Auseinandersetzung kommt?" Er lächelte verzerrt. „Ich befürchte allerdings, daß wir uns da zuviel Hoffnungen machen."

„Es wäre tatsächlich das erstemal", nickte O'Neill. „Wahrscheinlich suchen sie auch nach anderen Rohstoffen. Und normalerweise sind sie so programmiert, daß sie einander ignorieren."

Das erste Suchfahrzeug erreichte die lange Kolonne der Erztransporter. Dann wendete es langsam und rollte davon; die Lastwagen setzten ihren Weg fort, als sei nichts geschehen.

Enttäuscht wandte sich Morrison vom Fenster ab und fluchte. „Zwecklos. Es ist so, als ob sie füreinander nicht existieren würden."

Langsam entfernte sich die Prospektorengruppe von der Kolonne der Erztransporter, an dem Minenkomplex vorbei und verschwand dann hinter einer Hügelkette. An ihr war keine besondere Hast festzustellen; sie rollte davon, ohne auch nur den Versuch gemacht zu haben, an den Erzgruben zu partizipieren.

„Vielleicht stammen die Suchfahrzeuge aus derselben Fabrik", vermutete Morrison.

O'Neill deutete auf die Antennen der Schürfautomaten. „Sie stehen in einem anderen Winkel, also muß es sich um Maschinen von zwei unterschiedlichen Autofacs handeln. Es wird schwer für uns werden; entweder wir treffen die sorgfältigsten Vorbereitungen, oder auch beim nächstenmal wird es keine Reaktion geben." Er schaltete das Radio ein und wählte die Frequenz der Siedlung.

Gibt es irgend etwas Neues bei den abgelehnten Anforderungen?"

Er wurde mit dem Verwaltungsbüro der Siedlung verbunden.

„Keine leichte Arbeit", brummte Perine, der diese Aufgabe übernommen hatte. „Sobald wir die Meldungen der anderen Siedlungen bekommen, versuchen wir herauszufinden, welcher Fabrik es an welchen Rohstoffen mangelt. Es wird nicht einfach sein, denn jedes Produkt besteht aus den verschiedensten Grundstoffen. Reichlich problematisch, daraus das knappste Element zu ermitteln."

„Was geschieht, wenn wir das fehlende Element kennen?" fragte Morrison O'Neill. „Was geschieht, wenn wir zwei aneinander angrenzende Fabriken identifiziert haben, die knapp an dem gleichen Material sind?"

„Dann", erklärte O'Neill grimmig, „werden wir beginnen, selbst diesen Stoff zu sammeln - und wenn wir dafür jeden Gegenstand in der Siedlung einschmelzen müßten."

Motten flatterten durch die Finsternis der Nacht, und ein matter Wind war aufgekommen, ein kaltes, müdes Säuseln, das das verdorrte Unterholz metallisch rascheln ließ. Hier und da kroch ein Nachtnager aus seinem Schlupfwinkel, witterte vorsichtig nach allen Richtungen, suchte nach Nahrung.

Dieser Landstrich war leer. Im Umkreis von vielen Meilen gab es keine menschliche Siedlung; diese ganze Region war verbrannt, von mehreren Atombombenexplosionen kahlgesengt worden. Irgendwo in der trüben Dunkelheit plätscherte ein fauliger Bach über Schlacke und Unkraut, tropfte zäh hinunter in ein Labyrinth einstiger Abwasserkanäle. Das Röhrensystem war verschmort und auseinandergebrochen, und an vielen Stellen ragten die durcheinandergeworfenen Röhren hinaus in die nächtliche Finsternis, so daß sie bereits von Unkraut überwuchert waren. Der Wind blies schwarze Ascheschwaden in die Höhe und ließ sie über den Schutt kreisen und tanzen. Einmal zuckte ein riesiger mutierter Zaunkönig im Schlaf, zog sein zerknittertes schützendes Nachtgefieder enger um seinen Leib und döste weiter.

Eine Zeitlang rührte sich nichts. Oben am Himmel wurden einige Sterne sichtbar und glänzten still und unbewegt. Earl Perine fröstelte, blickte hinauf und kroch näher an das Heizelement, das zwischen den drei Männern auf der Erde stand.

„Nun?" fragte Morrison und klapperte mit den Zähnen.

O'Neill antwortete nicht. Er zerdrückte die aufgerauchte Zigarettenkippe an einem schwarzgebrannten Mauerrest, griff nach seinem Feuerzeug und entzündete eine weitere Zigarette. Der Wolframblock - der Köder - befand sich kaum hundert Meter von ihnen entfernt.

Während der letzten Tage hatte es sich herausgestellt, daß es den Autofacs von Detroit und Pittsburgh an Wolfram mangelte. Und zumindest an einer Stelle überschnitten sich ihre Einflußgebiete. Sie hatten den Wolframblock aus Präzisionswerkzeugen, Lichtschaltern, hochwertigen chirurgischen Instrumenten, Elektromagneten und Glühbirnen gewonnen - aus allen möglichen Quellen, die sie in fieberhafter Eile ermittelt hatten, unterstützt von allen Siedlungen, die sie kannten.

Nebel lag über dem Wolframblock. Hin und wieder flatterte eine Nachtmotte heran, angelockt von dem Aufblitzen, wenn sich der Nebel lichtete und der Glanz der Sterne von dem Metall reflektiert wurde. Eine der Motten schwebte kurze Zeit über dem Block, schlug heftig ihre großen Flügel und glitt dann weiter, hinein in die Schatten der wuchernden wilden Weinstöcke, die sich neben den Abwasserröhren in den Himmel erhoben.

„Ein ungemütlicher Flecken Erde", bemerkte Perine heiser.

„Da irren Sie sich aber gewaltig", gab O'Neill zurück. „Das ist der schönste Ort, den man sich nur denken kann, denn er markiert das Ende des Autofac-Verbundnetzes. Eines Tages werden die Menschen hierher pilgern, und man wird hier ein Denkmal von einem Kilometer Höhe errichten."

„Sie versuchen sich doch nur Mut zu machen", knurrte Morrison. „Sie glauben doch selbst nicht, daß sich hier die Maschinen gegenseitig wegen einem Haufen chirurgischer Instrumente und Glühlampenfaden abschlachten werden. Vermutlich hat sich irgendwo schon längst irgendein Roboter in die Erde gebohrt und saugt das Wolfram aus dem Gestein."

„Vielleicht", sagte O'Neill und schlug nach einem Moskito. Das Insekt wich dem Schlag geschickt aus und summte dann zu Perine hinüber, um ihn zu belästigen. Wütend we delte Perine mit den Armen und hockte sich mürrisch auf den feuchten Boden.

Und dann geschah das, worauf sie die ganze Zeit gewartet hatten.

Verblüfft erkannte O'Neill, daß er minutenlang schon in diese Richtung geblickt hatte, ohne zu erkennen, was dort vor sich ging. Der Suchroboter bewegte sich nicht. Er hatte sich an einen verschmorten Mauerrest gedrückt, sein Vorderteil leicht erhoben und die Rezeptoren ausgefahren. Er hätte ebensogut ein einfacher Felsblock sein können; keine Regung verriet ihn, kein Anzeichen von Leben oder Bewußtsein. Der Suchroboter hatte sich perfekt der verwüsteten, verbrannten Landschaft angepaßt. Eine nur verschwommen erkennbare Röhre aus Metallplatten und Motoren und kleinen Rädern, die bewegungslos wartete. Und beobachtete.

Der Roboter musterte den Wolframblock. Der Köder hatte sein erstes Opfer angelockt.

„Der Fisch hat angebissen", bemerkte Perine mit unterdrückter Stimme. „Die Schnur bewegt sich. Ich schätze, der Schwimmer wird gleich sinken."

„Zum Teufel, wovon redest du überhaupt?" knurrte Morrison. Und dann entdeckte auch er den Suchroboter. „Jesus!" flüsterte er. Vorsichtig richtete er sich ein wenig auf und bewegte seinen schweren Körper weiter nach vorn. „Nun, das ist einer von ihnen. Alles, was uns jetzt noch fehlt, ist eine Einheit von der anderen Fabrik. Was glauben Sie, woher dieser Roboter stammt?"

O'Neill betrachtete angespannt die Funkantenne der Maschine und versuchte anhand ihres Winkels ihre Herkunft zu bestimmen. „Pittsburgh, also beten Sie, daß Detroit bald auftaucht... beten Sie, wie Sie noch niemals in Ihrem Leben gebetet haben."

Zufrieden mit dem Ergebnis seiner Überprüfung setzte sich der Suchroboter in Bewegung und rollte vorwärts. Dann erreichte er den Metallblock und nahm dann eine Reihe weiterer, komplizierter Untersuchungen vor. Die drei Männer sahen ihm fasziniert zu - bis sie die ersten Rezeptorantennen von mehreren anderen Suchrobotern entdeckten.

„Sie verständigen sich untereinander", bemerkte O'Neill leise. „Wie Bienen."

Inzwischen hatten fünf Suchmaschinen der Autofac von Pittsburgh den Wolframblock erreicht. Aufgeregt bewegten sie ihre Rezeptoren hin und her, betasteten das Metall, schienen intensiv miteinander zu kommunizieren.

Zehn Minuten später erschien ein Erztransporter und begann mit dem Abtransport.

„Verdammt!" stieß O'Neill hervor, war wie gelähmt. „Sie werden fort sein, ehe die Maschinen aus Detroit eintreffen."

„Können wir denn nichts tun, um sie aufzuhalten?" fragte Perine hilflos. Er sprang auf, griff nach einem Felsbrocken und schleuderte ihn dem Lastwagen entgegen. Der Stein prallte von der Karosserie ab und der Transporter fuhr ungerührt mit seiner Arbeit fort.

O'Neill erhob sich, blickte sich in hilfloser Wut nach allen Seiten um. Wo bleiben sie nur? Die Autofacs waren alle mit den gleichen technischen Hilfsmitteln ausgerüstet, und diese Stelle war gleichweit von den Detroitern und Pittsburgher Zentren entfernt. Theoretisch hatten die beiden Parteien im selben Augenblick erscheinen müssen. Trotzdem gab es immer noch keinen Hinweis auf die Maschinen von Detroit -und eben in diesem Moment wurden die letzten Stückchen Wolfram vor seinen Augen verladen.

Doch dann sauste etwas an ihm vorbei.

Er konnte es nicht erkennen, denn das Objekt bewegte sich zu schnell. Es schoß wie eine Kugel auf die wuchernden Weinstöcke zu, raste den Hang des zernarbten Hügels hinauf, zögerte eine Sekunde lang, um sich zu orientieren, und näherte sich dann in rasender Hast der Stelle, wo sie das Wolfram deponiert hatten. Dann kollidierte es mit dem vordersten Begleitfahrzeug des Erztransporters. Das Projektil und das Fahrzeug lösten sich in einer gewaltigen Explosion auf.

Morrison sprang auf die Beine. „Was, zum Teufel...?"

„Wir haben es geschafft!" brüllte Perine und tanzte und wedelte wie ein Verrückter mit seinen dürren Armen. „Die Autofac von Detroit hat reagiert!"

Ein zweiter Suchroboter aus Detroit tauchte auf, verharrte, um das Geschehen zu überblicken, und warf sich dann mit maschineller Entschlossenheit den Einheiten aus Pittsburgh entgegen, kollidierte mit einem käferartigen Gefährt - Einzelteile, Schaltungen, zerfetzte Abdeckungen, Getriebefragmente und Federn und Schrauben der beiden Antagonisten flogen in alle Richtungen davon. Die anderen Roboter drehten mit quietschenden Reifen ab; der Transporter verlor sogar einen Teil der Ladung und rumpelte mit hoher Geschwindigkeit davon. Ein Suchroboter aus Detroit erreichte ihn, stellte sich ihm direkt in den Weg und warf ihn fast um. Die Maschinen und der Transporter polterten einen schrägen Hang hinunter und stürzten in ein fauliges Wasserloch. Glitzernd und tropfenbedeckt setzten die beiden Maschinen ihren Kampf fort.

„Nun", sagte O'Neill bedächtig, „wir haben es tatsächlich geschafft. Wir können uns unbesorgt auf den Heimweg machen." Er fühlte sich erschöpft. „Gehen wir zu unserem Wagen."

Als er den Motor startete, blitzte weit vor ihnen etwas auf, etwas Großes und Metallisches, das sich über Schlacke und Asche bewegte. Eine lange Fahrzeugkolonne, eine endlose Reihe schwerer Transporter, die sich rasch dem Schlachtfeld näherten. Aus welcher Fabrik mochten sie stammen?

Es spielte keine Rolle, und in diesem Moment löste sich aus dem wuchernden Gewirr der dunklen Weinstöcke eine zweite Fahrzeugkolonne und rollte ihnen entgegen. Beide Autofacs zogen ihre mobilen Einheiten an dieser Stelle zusammen. Aus allen Richtungen rasten die Roboter heran, und ihre Linien schlossen sich um die verbliebenen Wolframreste. Keine der Fabriken war bereit, den begehrten Rohstoff der konkurrierenden Autofac zu überlassen; keine war bereit, sich von der Fundstelle zurückzuziehen. Mit dumpfer, maschineller Beharrlichkeit, getrieben von den Befehlen ihrer starren Programme, riefen die beiden Gegner ihre Reserven herbei, um den anderen zu vertreiben.

„Fahren wir los", sagte Morrison drängend. „Verschwinden wir von hier. Gleich bricht die Hölle los."

Hastig wendete O'Neill den Wagen und steuerte ihn in Richtung ihrer Siedlung, und das Fahrzeug rollte hüpfend durch die nächtliche Wüste. Hin und wieder schoß ein dunkler, metallischer Schatten an ihnen vorbei und raste in die entgegengesetzte Richtung.

„Habt ihr auf die Ladung des letzten Transporters geachtet?" fragte Perine besorgt. „Er hat irgend etwas zum Kampfplatz geschleppt."

Weitere Fahrzeuge erschienen, eine ganze Kolonne schwerer Lastwagen, die von einem seltsamen Spezialfahrzeug angeführt wurden, und auch diese Transporter waren beladen.

„Gewehre", stieß Morrison mit Verblüffung hervor. „Sie schaffen Waffen heran. Aber wer soll sie bedienen?"

„Diese dort", erklärte O'Neill. Er hatte rechts von ihnen eine Bewegung entdeckt. „Sehen Sie dorthin. Ich schätze, das hat keiner von uns erwartet."

Die ersten Autofac-Vertreter, die menschenähnlichen, zweibeinigen Zylinder, begannen in den Kampf einzugreifen.

Als der Wagen die in der Nähe von Kansas City gelegene Siedlung erreichte, eilte Judith atemlos auf sie zu. In ihrer Hand hielt sie eine dünne Metallfolie.

„Was ist das?" fragte O'Neill und nahm das Blatt an sich.

„Das ist gerade eingetroffen." Keuchend schnappte sie nach Luft. „Ein Wagen... kam in die Siedlung gerast, warf die Mitteilung heraus und verschwand dann wieder. Es herrschte ein riesiges Durcheinander in der Fabrik... Man kann die Maschinen noch aus Kilometern Entfernung herumwimmeln sehen."

O'Neill überflog die in der Folie eingestanzten Schriftzeichen. Es war eine der üblichen Antworten der Fabrik auf die Bestellung der Siedlung, doch statt der gewohnten Auflistung der zugesagten Produkte waren nur sieben Worte in dicken schwarzen Lettern quer über das Formular gestanzt.

ALLE LIEFERUNGEN WERDEN BIS AUF WEITERES EINGESTELLT

Pfeifend stieß O'Neill die Luft aus der Lunge und reichte die Metallfolie an Perine weiter. „Also werden wir keine weiteren Konsumgüter erhalten", sagte er ironisch, und ein nervöses Lächeln blitzte auf seinem Gesicht auf. „Die Au-tofacs des Verbundnetzes stellen sich jetzt ganz auf die Kriegsproduktion ein."

„Dann haben wir also tatsächlich Erfolg gehabt?" fragte Morrison unsicher.

„So ist es", bestätigte O'Neill. Jetzt, wo der Konflikt in Gang gekommen war, erfüllte ihn wachsende, kalte Furcht. „Pittsburgh und Detroit werden sich bis zum Ende bekämpfen. Für uns ist es nun zu spät, etwas daran zu ändern - ich vermute, sie sind schon dabei, Verbündete zu gewinnen."

Die Morgensonne warf ihr kaltes Licht über die wüste Ebene aus schwarzer, metallischer Asche. Die Asche gloste in einem trüben, ungesunden Rot; sie strahlte noch immer Wärme aus.

„Sei vorsichtig", warnte O'Neill. Er hielt den Arm seiner Frau fest umklammert und führte sie fort von dem rostigen, verbeulten Lastwagen, stieg mit ihr hinauf auf den Hügel aus aufeinandergeschichteten Betonblöcken, die zerstörten Überreste eines Oberflächenbunkers. Earl Perine folgte ihnen vorsichtig, fast zögernd, sichernd nach allen Seiten.

Hinter ihnen lag die verfallene Siedlung, eine durcheinandergewürfelte Ansammlung verkommener Hütten und zerstörter Straßen. Seit das Verbundnetz der Autofacs alle Lieferungen eingestellt hatte, waren die menschlichen Siedlungen mehr und mehr der Zerstörung anheimgefallen. Die Gebrauchsgegenstände, die ihnen geblieben waren, gingen immer schneller zur Neige. Es lag schon über ein Jahr zurück, seit sich der letzte Lieferwagen der Fabrik gezeigt und seine Ladung aus Nahrungsmitteln, Werkzeugen, Kleidung und Ersatzteilen herantransportiert hatte. Seitdem hatte sich ihnen nichts aus der Richtung des niedrigen Gebäudes aus dunklem Beton und Metall am Fuß der Berge genähert.

Ihr Wunsch hatte sich erfüllt - sie waren von dem Verbundnetz abgeschnitten, vergessen worden.

Und waren nun auf sich allein gestellt.

Auf den Feldern in der Umgebung der Siedlung wuchsen kümmerliche, sonnenverdorrte Gemüsesorten, und einige wenige Hektar waren mit unergiebigem Getreide bepflanzt. Ungefüge, handgefertigte Werkzeuge waren unter großer Mühe von den einzelnen Siedlungen hergestellt und verteilt worden. Die einzige Verbindung zwischen den Dörfern wur

de über fast nicht als solche zu erkennende Straßen von pferdegezogenen Wagen und einigen wenigen Telegrafenleitungen aufrechterhalten.

Sie hatten es geschafft, die Verwaltung in Gang zu halten und Güter und Dienstleistungen nach einem bestimmten Schlüssel zu verteilen. Die produzierten Grundnahrungsmittel kamen jedem zugute. Die Kleidung, die O'Neill und seine Frau und Earl Perine trugen, war grob und farblos, aber robust. Und es war ihnen gelungen, einige der Lastwagen von Benzin- auf Holzfeuerung umzustellen.

„Wir sind da", sagte O'Neill. „Wir können sie von hier aus sehen."

„Lohnt es sich denn überhaupt?" fragte Judith erschöpft. Sie bückte sich, fummelte geistesabwesend an ihrem Schuh und versuchte einen Kieselstein aus der weichen Sohle zu entfernen. „Es ist ein langer Weg bis zu diesem Ort, und wir sehen nur das, was wir seit dreizehn Monaten fast jeden Tag gesehen haben."

„Das ist richtig", stimmte O'Neill zu und berührte flüchtig die magere Schulter seiner Frau. „Aber vielleicht sind wir heute zum letztenmal hier. Und diesen Triumph will ich mir nicht entgehen lassen."

Über ihnen am grauen Himmel erschien ein sich rasch bewegender schwarzer Strich. Hoch oben kreiste das Objekt, folgte einem komplizierten Kurs, schoß geschwind hin und her, bis seine Flugbahn immer enger wurde und es sich dem Gebirge näherte, an dessen Fuß sich der bombenzer-narbte Beton- und Stahlwürfel, der Eingang in die unterirdische Autofac befand.

„San Francisco", erklärte O'Neill. „Es ist eine von diesen Langstreckenraketen von der Westküste."

„Und Sie meinen, daß es die letzte ist?" fragte Perine.

„Es ist die einzige, die wir in diesem Monat beobachtet haben." O'Neill setzte sich auf den Boden und begann ver trocknete Tabakkrümel in ein Stück braunes Zeitungspapier zu streuen. „Normalerweise tauchen sie zu Hunderten auf."

„Vielleicht haben sie etwas Besseres entwickelt", vermutete Judith. Müde ließ sie sich auf einem glatten Steinblock nieder. „Wäre das nicht möglich?"

Ihr Mann lächelte ironisch. „Nein. Sie besitzen keine besseren Waffen."

Angespanntes Schweigen trat ein. Über ihnen wurden die Kreise der Rakete immer enger. Von dem niedrigen Klotz aus Metall und Beton ging keinerlei Aktivität aus; die Autofac von Kansas City reagierte nicht. Warme Aschewolken trieben über das Gebäude hinweg, das an einer Seite umfangreiche Zerstörungen aufwies. Die Fabrik hatte zahllose direkte Treffer hinnehmen müssen. Über die Ebene am Fuß der Berge verstreut gähnten die Öffnungen von bloßgelegten Schächten, und sie waren bereits fast lückenlos mit Unkraut und den dunklen, feuchtigkeitssuchenden Wurzeln der zähen wilden Weinstöcke überwuchert.

„Dieser verdammte Wein", knurrte Perine und kratzte sich das unrasierte Kinn. „Bald werden die Ranken die ganze Welt bedecken."

An vielen Stellen in der Umgebung der Fabrik verrosteten die zerstörten Überreste zahlloser Fahrzeuge, und der Morgentau glänzte auf dem verbogenen Metall. Erztransporter, Lastwagen, Suchroboter, Autofac-Vertreter, Raketenwerfer, Gewehre, Versorgungsfahrzeuge, Granaten und zahllose andere, undefinierbare Maschinen, die sich ineinandergebohrt hatten und in tausend Teile zersplittert waren, die die Erde bedeckten. Einige waren auf dem Rückweg zur Fabrik zerstört worden; andere hatte das Schicksal ereilt, als sie an die Oberfläche rollten, schwer mit Ausrüstungsgegenständen und Waffen beladen. Die Fabrik selbst - oder das, was von ihr übriggeblieben war - schien sich tiefer in die Erde zurückgezogen haben. Bis auf den Eingang war nichts mehr von ihr zu sehen, und auch er war fast von den Aschewolken zugeschüttet worden.

Seit vier Tagen hatte die Autofac keine wahrnehmbare Aktivität entfaltet.

„Sie ist zerstört", bemerkte Perine. „Zweifellos ist sie zerstört."

O'Neill antwortete nicht. Er nahm eine bequemere Stellung ein und bereitete sich auf eine lange Wartezeit vor. Im stillen war er überzeugt, daß ein Teil der automatischen Fabrik noch immer funktionierte. Die Zeit würde es erweisen. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr; es war halb neun. Früher hatte die Fabrik zu dieser Zeit ihre tagliche Arbeit aufgenommen. Ganze Kolonnen von Lastwagen und anderen mobilen Einheiten hatten sich hinauf zur Oberfläche gewälzt und ihre Ladungen zu den menschlichen Siedlungen transportiert.

Zu ihrer Rechten bewegte sich etwas. Er fuhr auf, beobachtete aufmerksam.

Ein einzelner, stark mitgenommen wirkender Erzsammler kroch träge auf die Fabrik zu. Die letzte, halbzerstörte mobile Einheit, die versuchte, ihren Auftrag auszuführen. Das Fahrzeug war fast leer; einige wenige Metallbrocken lagen auf der Ladefläche. Ein Schrottsammler... das Metall stammte von den Wracks, denen er auf seinem Weg begegnet war. Langsam, wie ein blindes metallenes Insekt, erreichte der Sammler schließlich die Fabrik. Seine Bewegungen waren von einer unbeschreiblichen Ruckhaftigkeit. Immer wieder stoppte er, zitterte und quietschte, und setzte dann unsicher seinen Weg fort.

„Die Steuerung funktioniert nicht mehr richtig", sagte Judith mit einem leisen Unterton von Angst in ihrer Stimme. „Die Fabrik hat Schwierigkeiten, ihn zurückzusteuern."

„Ja", stimmte O'Neill lautlos zu, er hatte etwas ähnliches schon erlebt. Die New Yorker Autofac hatte vor einiger Zeit sämtliche Hochfrequenzsender verloren. All ihre mobilen Einheiten rasten seither wild und ziellos in der Gegend herum, einige immer im Kreis, andere zerschellten an Felsen und Bäumen oder stürzten in Gräben und Wasserlöcher, und irgendwann würde sich keines der Fahrzeuge mehr bewegen.

Der Erzsammler erreichte die Grenze des zerstörten Gebietes und hielt kurz an. Über ihm am Himmel kreiste noch immer die Rakete, die aus der Entfernung wie ein schwarzer Strich wirkte. Eine Zeitlang stand der Erzsammler wie erstarrt da.

„Die Autofac sucht nach einer Lösung", kommentierte Perine. „Sie braucht das Material, aber sie fürchtet sich vor der Rakete."

Die Fabrik überlegte und nichts rührte sich. Dann setzte der Erzsammler ruckartig seinen Weg fort. Er ließ die Weinranken hinter sich und rollte über das verwüstete offene Land. Zögernd, vorsichtig schob er sich über die düstere Betonschlacke und das zerschmolzene Metall am Fuß der Berge.

Die Rakete hing jetzt fast unbeweglich in der Luft.

„In Deckung!" befahl O'Neill scharf. „Sie ist mit diesen neuartigen Bomben bestückt."

Seine Frau und Perine krochen zu ihm heran, und die drei äugten aufmerksam hinunter in die Ebene, wo das Metallinsekt mühsam weiterkroch. Am Himmel veränderte die Rakete ihren Kurs und hing dann direkt über dem Erzsammler. Dann, plötzlich, geräuschlos, begann sie zu stürzen.

Judith schlug die Hände vor die Augen. „Ich kann es nicht mitansehen", stieß sie hervor. „Es ist schrecklich! Sie sind wie wilde Tiere!"

„Sie hat es nicht auf den Sammler abgesehen", sagte O'Neill mit heiserer Stimme.

Während die Lenkrakete herabstürzte, schoß der Erz sammler mit verzweifelter Anstrengung nach vorn. Lärmend raste er auf die Fabrik zu, klirrte und rumpelte über den Boden, versuchte mit letzter Kraft den sicheren Eingang zu erreichen. Die Fabrik schien die Drohung am Himmel vergessen zu haben und öffnete die Tore, steuerte ihre mobile Einheit ins Innere. Und die Rakete hatte ihr Ziel erreicht.

Bevor die Autofac das Tor wieder schließen konnte, fing die Rakete ihren Sturz über dem Boden ab und huschte dicht über die Asche hinweg auf den Eingag zu. Als der Erzsammler in den Tiefen der Fabrik verschwand, raste die Rakete durch die Öffnung, und der flinke Metallblitz zuckte über das Fahrzeug hinweg. Die Autofac bemerkte, was geschehen war, und ließ das Tor zugleiten. Der Erzsammler wurde von den massiven Stahltüren erfaßt und blockierte die stählernen Türen, versuchte sich mit grotesken Bewegungen zu befreien.

Aber all seine Anstrengungen waren vergebens. Dumpfes Rumpeln brüllte auf. Die Erde bebte, wölbte sich empor und sank dann wieder zurück. Die beiden Männer und die Frau wurden durcheinandergeschüttelt. Dort, wo sich die Autofac befand, erhob sich eine schwarze Rauchwolke. Das Betongebäude zerplatzte wie ein trockener Kokon; Risse klafften, wurden breiter, und Trümmerstücke wirbelten durch die Luft, senkten sich auf das verwüstete Land. Die Rauchwolke schwebte eine Zeitlang in der Luft.

Die Fabrik war nur noch eine versengte, völlig zerstörte Ruine. Die Rakete war in sie eingedrungen und hatte sie vernichtet.

Ungeschickt erhob sich O'Neill. „Das war's wohl. Wir haben unser Ziel erreicht. Wir haben das Verbundnetz der Autofacs zerstört." Er blickte Perine an. „Meinen Sie nicht auch?"

Sie blickten zur Siedlung zurück. Nur wenig war von den ordentlichen Häuserreihen und den gepflegten Straßen vom letzten Jahr noch verblieben. Ohne die Lieferungen des Verbundnetzes war die Siedlung rasch verfallen; sie wirkte schäbig, ungepflegt.

„Natürlich", nickte Perine. „Irgendwann werden wir in die Fabriken eindringen und sie übernehmen... "

„Ist denn überhaupt etwas davon übriggeblieben?" erkundigte sich Judith.

„Es kann nicht alles zerstört worden sein. Großer Gott, die Anlagen erstrecken sich kilometertief in den Boden!"

„Einige von diesen Bomben, die sie am Schluß einsetzten, waren schrecklich groß", erinnerte Judith. „Sie waren wirksamer als alles, was uns während des Krieges zur Verfügung stand."

„Dieses Lager, das wir vor etwa einem Jahr entdeckt haben... Wissen Sie noch?" fragte O'Neill. „Diese Ruinenbewohner..."

„Ich war nicht dabei", erklärte Perine.

„Sie waren wie wilde Tiere. Ernährten sich von Wurzeln und Insekten. Benutzten Steinäxte und trugen Tierfelle. Barbaren, Primitive... "

„Aber derartigen Leuten gefällt das", bemerkte Perine abfällig.

„Tatsächlich? Und was ist mit uns?" Perine deutete auf die verfallene Siedlung. „Wollten wir das, als wir damals das Wolfram sammelten? Oder als wir dem Lieferwagen der Fabrik mitteilten, die Milch sei..." Er konnte sich an die Bezeichnung nicht mehr erinnern.

„Pizzeliert", sagte Judith.

„Kommt", forderte O'Neill sie auf. „Brechen wir auf. Sehen wir nach, was von dieser Fabrik noch übrig ist - für uns."

Sie erreichten am späten Nachmittag die zerstörte Fabrik. Vier Lastwagen rumpelten über die holprige Straße bis kurz vor den aufgerissenen Eingang der Autofac, und als sie an hielten, da kochten die Motoren, glühten die Auspuffrohre. Vorsichtig und wachsam kletterten die Männer heraus und schritten bedächtig durch die heiße Asche.

„Vielleicht ist es noch zu früh", wandte einer von ihnen ein.

Direkt vor ihnen lag das verschmorte, bunkerähnliche Oberflächengebäude der Autofac von Kansas City. Noch immer hingen die Überreste des Erzsammlers zwischen den beiden halbzerstörten Torhälften, aber er bewegte sich jetzt nicht mehr. Hinter dem Sammler gloste unheilverkündend ein roter Fleck.

„Kommen Sie", sagte O'Neill. Er sah keinen Grund, noch länger zu warten, hob seine Taschenlampe und stieg hinunter in den düsteren Krater. Mit der Lampe beleuchtete er den Eingang; die zerschmolzenen, verbogenen Überreste von irgendwelchen Maschinen wurden sichtbar.

„Wir müssen tief hinunter", sagte er zu Morrison, der vorsichtig neben ihm hinabkletterte. „Wenn überhaupt etwas erhalten ist, dann unten am Grund."

„Diese Bohrmaschinen von Atlanta haben bereits den Großteil der untersten Etagen durchwühlt", knurrte er.

„Bis die anderen ihre Fabrik zerstört haben." O'Neill zwängte sich vorsichtig durch den verfallenen Eingang, kletterte über einen Schutthaufen, der hinter der Öffnung lag, und befand sich mit einem Mal im Innern der Fabrik -ein Gewirr verkeilter Trümmer, die kreuz und quer überall herumlagen.

„Alles zerstört", keuchte Morrison bedrückt. „Hier werden wir nichts Brauchbares finden."

„Steigen wir weiter hinunter", sagte O'Neill unbeirrt. „Dann werden wir auch einige erhaltene Gebiete finden. Ich weiß, daß diese Fabriken in autonome Abteilungen gegliedert waren, um im Falle eines Angriffs die Möglichkeit zu haben, aus den Trümmern die Fabrik neu entstehen zu lassen."

„Aber die Bohrmaschinen werden das meiste schon fort geschleppt haben", beharrte Morrison, doch er folgte O'Neill weiter in die Tiefe.

Die anderen Männer kletterten langsam hinter ihnen her. Ein Teil der Trümmer geriet unvermittelt ins Rutschen, und eine Wolke heißer Teilchen regnete auf sie herab.

„Sie kehren am besten wieder zu den Wagen zurück", befahl O'Neill den Männern. „Es hat keinen Sinn, daß Sie sich ebenfalls in Gefahr bringen. Falls Morrison und ich nicht zurückkehren, dann vergessen Sie uns - gehen Sie nicht das Risiko ein, eine Rettungsmannschaft hinterher zu schicken." Als sie fort waren, zeigte er Morrison eine nach unten führende Straße, die größtenteils unzerstört war. „Gehen wir weiter."

Stumm wanderten die beiden Männer von einer vernichteten Etage in die andere. Vor ihnen erstreckten sich endlose Kilometer dunkler Trümmer, und alles war still, nichts rührte sich. Die undeutlichen Formen stillstehender Maschinen, erstarrter Förderbänder und zerrissener Treibriemen tauchten aus der Finsternis auf und verschwanden wieder, und hier und da stießen sie auf die nur teilweise fertiggestellten Gerippe von Raketenprojektilen, die von der Explosion verschmort und in Stücke gerissen worden waren.

„Es lohnt sich wohl, einiges davon zu bergen", sagte O'Neill, ohne allerdings wirklich daran zu glauben. Die Maschinen waren größtenteils ausgeglüht, hatten sich unter der Hitze verformt. Die halbe Fabrik war eingestürzt, und alles, was übriggeblieben war, bestand aus erstarrter Schlacke. „Wenn wir das erst einmal an die Oberfläche geschafft haben..."

„Das ist unmöglich", schnitt ihm Morrison verbittert das Wort ab. „Wir besitzen weder Flaschenzüge noch Winden." Er stieß mit dem Fuß gegen eine von einem Förderband gefallene Kiste, die auseinandergebrochen war und ihren verschmorten Inhalt über die abwärts führende Rampe er

gossen hatte.

„Damals erschien es uns allen eine gute Idee gewesen zu sein", sagte O'Neill, während die beiden Männer an den stillen Maschinenreihen entlangschritten. „Aber jetzt, wenn ich so zurückdenke, bin ich mir nicht mehr so sicher."

Inzwischen waren sie tief in das Labyrinth der Autofac eingedrungen. Vor ihnen erstreckte sich die letzte Etage. O'Neill leuchtete mit seiner Taschenlampe, suchte nach unversehrten Sektionen, nach Maschinen, die noch immer funktionierten.

Es war Morrison, der es zuerst bemerkte. Plötzlich ließ er sich auf Hände und Knie nieder und preßte seinen schweren Körper gegen den Boden, lag horchend, mit angespanntem Gesicht und aufgerissenen Augen da. „Um Himmels willen...!"

„Was ist los?" rief O'Neill. Er bückte sich, und da hörte auch er das schwache, gleichmäßige Vibrieren unter ihren Füßen, das Summen, das von dem Boden übertragen wurde und verriet, daß irgendwo noch Maschinen arbeiten mußten. Sie hatten sich geirrt; die Rakete hatte nicht die ganze Fabrik zerstört, nur teilweise Erfolg gehabt. Unter ihnen, in einer noch tiefer gelegenen Etage, setzte die Fabrik ihre Produktion fort. Versteckt, abgekapselt pochte das Herz der Autofac noch immer.

„Ganz auf sich allein gestellt", murmelte O'Neill und suchte nach einem Anstieg zur nächsten Etage. „Eine selbstständige Abteilung, die selbst dann noch weiterarbeitet, wenn der Rest zerstört ist. Wir müssen irgendwie nach unten kommen."

Sie stießen auf eine Treppe, die allerdings von einer massiven Metallplatte versperrt war. Die noch immer funktionierende Abteilung unter ihren Füßen war vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten; es gab keinen zweiten Eingang.

O'Neill hastete den Weg zurück, den sie gekommen wa ren, erreichte die Erdoberfläche und eilte auf den ersten Lastwagen zu „Wo, zum Teufel, ist der Schneidbrenner? Her damit!"

Er ergriff den Präzisionsbrenner und kletterte wieder hinunter in die Tiefen der zerstörten Fabrik, wo Morrison auf ihn wartete. Gemeinsam schnitten sie ein Loch in den verzogenen Metallboden verbrannten die mehrfach übereinandergeschichteten Lagen aus dem feuerhemmenden Material, das die unter ihnen liegende Decke überzog.

„Gleich haben wir es geschafft", keuchte Morrison, blickte mit verkniffenen Augen in den Lichtbogen des Brenners. Mit einem Klirren löste sich die Bodenplatte und verschwand in der Tiefe. Gleißendes Licht fiel durch die Öffnung, und unwillkürlich schraken die beiden Männer zurück.

Unter ihnen, in dem abgekapselten Bereich, herrschte lärmende, wilde Aktivität, liefen Förderbänder, hämmerten Maschinen, huschten flinke mechanische Aufseher hin und her. An dem einen Ende der Maschinenhalle wurde ein stetiger Strom Rohmaterialien in den Produktionsprozeß eingeführt und am anderen Ende wurde das Endprodukt ausgeworfen, kontrolliert und in eine Transportröhre weitergeleitet.

Für einen kurzen Augenblick konnten sie das Geschehen beobachten; dann wurden die Eindringlinge bemerkt. Automatische Relais aktivierten sich. Das Gleißen der Lampen wurde dunkler und erlosch ganz. Die gesamte Produktionsstraße wurde angehalten, erstarrte mitten in ihrer hektischen Betriebsamkeit.

Die Maschinen schalteten sich ab; Stille trat ein.

An einer Stelle des Maschinenparks koppelte sich eine mobile Einheit ab und raste an der Wand entlang auf das Loch zu, das O'Neill und Morrison in die Decke geschnitten hatten. Der Roboter ergriff eine Metallplatte und preßte sie gegen die Öffnung und schweißte sie kunstfertig fest. Sie konnten nicht mehr erkennen, was unter ihnen vor sich ging. Einen Augenblick später begann der Boden wieder zu vibrieren, als die Maschinen ihre Arbeit aufnahmen.

Mit bleichem Gesicht und an allen Gliedern zitternd wandte sich Morrison an O'Neill. „Was geht dort unten vor sich? Was wird dort unten produziert?"

„Keine Waffen", antwortete O'Neill kurz angebunden. „Sie schicken dieses Zeug nach oben" - Morrison gestikulierte heftig - „hinauf an die Oberfläche."

Unsicher stand O'Neill auf. „Was meinen Sie; ob wir die Stelle lokalisieren können?"

„Ich... ich glaube schon."

„Es muß uns gelingen." O'Neill hob die Taschenlampe auf und näherte sich der aufwärts führenden Rampe. „Wir werden nachsehen, was das für Dinger sind, die sie nach oben schießen."

Die Ausgangsöffnung der Transportröhre befand sich versteckt in einem Gewirr Weinstöcke und Ruinen, ungefähr einen halben Kilometer von der Fabrik entfernt. Wie eine riesige Spritze ragte die Röhre aus einem Felsspalt am Fuß der Berge empor. Man mußte ihr schon sehr nahe sein, um sie zu bemerken; die beiden Männer liefen fast dagegen, als sie sie entdeckten.

Alle paar Sekunden schoß ein Behälter aus der Öffnung hinauf in den Himmel. Die imaginäre Spritze bewegte sich nach jedem Abschuß und veränderte ihre Stellung. Jeder Behälter wurde in einem anderen Winkel davongeschossen.

„Wie weit sie wohl fliegen?" fragte sich Morrison.

„Vermutlich unterschiedlich weit. Sie werden wahllos in alle Richtungen geschossen." O'Neill bewegte sich vorsichtig näher heran, aber der Mechanismus nahm keine Notiz von ihm. Ganz in der Nähe war einer dieser Behälter gegen eine Felswand geprallt und halb aufgerissen; ein Unfall - die

Röhre hatte ihn direkt in Richtung der Berge geschleudert. O'Neill kletterte den Abhang hinauf, ergriff ihn und kehrte zurück.

Das Geschoß war tatsächlich ein aufgeplatzter Behälter mit einem komplizierten mechanischen Innenleben; die einzelnen metallischen Teilchen waren zu klein, um ohne Mikroskop identifiziert zu werden.

„Es ist keine Waffe", bemerkte O'Neill.

Er untersuchte den zersplitterten Behälter näher. Zuerst wußte er nicht, ob sein mechanischer Inhalt zufällig - durch den Aufprall - oder absichtlich seine Arbeit aufgenommen hatte. Aus dem Riß fielen zahllose Metallteile. O'Neill bückte sich und untersuchte sie Die Teile bewegten sich. Mikroskopische Maschinen, kleiner als Ameisen, kleiner als Stecknadelköpfe, und sie arbeiteten mit voller Kraft, zielbewußt - produzierten etwas, das wie winzige Stahlplättchen wirkte.

„Sie bauen an irgend etwas", erklärte O'Neill verblüfft. Er stand auf und suchte weiter. An der gegenüberliegenden Seite des Felsspaltes stieß er auf einen zweiten Behälter, der mit seiner Arbeit schon weiter war. Offenbar war er schon vor längerer Zeit ausgestoßen worden.

Er hatte seine Aufgabe fast vollendet. So winzig sie auch war, schien die Konstruktion vertraut. Der Apparat hatte eine genaue, miniaturene Nachbildung der zerstörten Fabrik erschaffen.

„Nun", sagte O'Neill nachdenklich, „jetzt stehen wir wieder da, wo wir angefangen haben. Ich weiß nicht, ob dies nun gut oder schlecht ist."

„Ich schätze, daß sich etwas Ähnliches derzeit auf der ganzen Erde abspielt", bemerkte Morrison. „Überall haben sie bereits mit ihrer Arbeit begonnen."

O'Neill kam ein Gedanke. „Vielleicht gelingt es einigen von ihnen, die irdische Anziehungskraft zu überwinden. Stellen

Sie sich vor - bald wird es im ganzen Universum diese Autofacs geben."

Hinter ihnen fuhr die Röhre fort, ihre metallenen Sporen in den Himmel zu schießen.

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