Und so fand unsere kurze Bekanntschaft mit dem Yeti Buddha ein Ende, nachdem wir ihn erfolgreich aus der Gewalt von Menschen befreit hatten, die durch ihn in der Tretmühle des akademischen Betriebs zweifellos erfolgreich Fuß gefaßt hätten.
Ich muß sagen, daß Buddha einer der nettesten Burschen war, die zu kennen ich jemals das Vergnügen gehabt hatte, und ganz bestimmt einer der gelassensten. Er ließ sich wirklich durch nichts aus der Ruhe bringen.
Doch um zum Ende zu kommen: wir sammelten unser Gepäck ein und marschierten den gesamten Nachmittag zum Kopf des Tals weiter und dann durch ein bewaldetes Hochtal westlich davon. Wir zelteten diese Nacht auf einem breiten Sims über einem kleinen Wasserfall zwischen zwei riesigen Felsen. Nathan und Sarah teilten sich das eine Zelt, Buddha und ich das andere. Ich wurde zweimal wach und sah, wie Buddha an der Zelttür saß und auf das gewaltige Tal unter uns hinausschaute.
Am nächsten Tag marschierten wir schnell und fast ohne Pausen, ständig bergauf, und erreichten schließlich das Frühjahrslager der Expedition. Wir ließen unser Gepäck fallen und überquerten den Fluß auf einer neuen Bambusbrücke, und Nathan und Buddha führten uns querfeldein weiter, durch den Wald zu der hochgelegenen Schlucht, in der sie sich das erste Mal begegnet waren. Als wir dort oben ankamen, war es Spätnachmittag, und die Sonne stand hinter den Bergen im Westen.
Buddha schien — wie immer — zu wissen, was wir vorhatten. Er nahm meine Dodgers-Mütze ab und gab sie mir zurück; den Rest seiner Kleidung hatte er schon im Lager abgelegt. Mir war diese Mütze immer lieb und wert gewesen, doch nun schien es nur angemessen, daß Buddha sie behalten sollte; er nickte, als ich sie ihm zurückgab, und setzte sie auf. Nathan legte die Halskette mit den Fossilien um Buddhas Hals; doch der Yeti nahm sie ab, zerbiß die Schnur und gab jedem von uns eine Muschel. Es war ein toller Augenblick. Wer weiß schon, welcher Yeti diese Muscheln in grauer Vorzeit gefressen hatte? Ich weiß, ich bringe da den Zeitmaßstab durcheinander, aber glauben Sie mir, als er uns diese Muscheln gab, lag ein uralter Ausdruck in seinen Augen. Und ich meine wirklich alt. Sarah umarmte ihn, Nathan umarmte ihn, ich stehe nicht auf so etwas und schüttelte seine starke rechte Hand. »Schöne Grüße auch von Freds«, sagte ich.
»Na-mas-te«, flüsterte er.
»Oh, Buddha«, sagte Sarah unter Tränen, und Nathans Unterkiefer schien wie von einem Schraubstock zusammengepreßt zu werden. Ein ziemlich ergreifender Augenblick. Ich wandte mich ab und zog die beiden gewissermaßen mit; schließlich würde es nicht mehr lange hell sein. Buddha ging flußaufwärts, und ich sah ihn zum letzten Mal, als er auf einem Flußstein saß und uns neugierig nachsah. Sein wildes, rostbraunes Fell wirkte plötzlich völlig natürlich und nur angemessen für diese Umgebung; meine Dodgers-Mütze schien nicht hierher zu passen. Dieser Yeti war manchmal nur schwer zu deuten, doch ich hatte in diesem Moment den Eindruck, daß er traurig dreinschaute. Sein großes Abenteuer war vorbei.
Auf dem Rückweg kam mir in den Sinn, ob er nicht wirklich etwas verrückt gewesen war, wie ich es schon einmal vermutet hatte. Ich fragte mich, ob er nicht geradewegs zum nächsten Lager marschieren, sich setzen und »Nama-ste« krächzen und damit unsere ganzen Anstrengungen, ihn vor der Zivilisation zu retten, zunichte machen würde. Vielleicht hatte die Zivilisation ihn bereits korrumpiert, und der Naturmensch war endgültig verschwunden. Ich wollte es nicht hoffen. Falls doch, werden Sie wahrscheinlich schon davon gehört haben.
Na ja, im alten Expeditionslager herrschte an diesem Abend eine ziemlich bedrückte Stimmung. Wir bauten die Zelte bei Lampenlicht auf, aßen unsere Suppe und saßen da und betrachteten die blauen Flammen des Kochers. Ich hätte fast ein echtes Feuer gemacht, um mich aufzuheitern, fühlte mich aber nicht danach.
Dann sagte Sarah voller Gefühl: »Ich bin stolz auf dich, Nathan«, und er strahlte wieder wie eine Coleman-Lampe, so glücklich war er. Ich wäre es auch gewesen. Und als sie sagte: »Ich bin auch stolz auf dich, George«, und mir ein Küßchen auf die Wange gab, da grinste ich wie ein Schuljunge und verspürte einen Anflug von … na ja, von vielern. Ziemlich bald waren sie in ihrem Zelt verschwunden. Ich freute mich wirklich für sie, kam mir aber auch ein wenig vor wie das Schneiderlein Wipphopp aus diesem Märchen: Am Ende stand ich draußen in der Kälte, während der andere das Mädchen bekam.
Ich zog die Lampe näher und betrachtete eine Weile die steinerne Muschel. Seltsames Ding. Was hatte der Yeti gedacht, der das kleine Loch hineingebohrt hatte? Wozu diente sie?
Ich erinnerte mich an die Mahlzeit auf meinem Bett, bei der Buddha und ich todernst Waffeln gekaut und uns über die Gummibärchen hergemacht hatten. Und dann war ich wieder in Ordnung: das reichte mir, war sogar mehr als genug.