»Sie müssen euch hierher gefolgt sein«, sagte ich zu unserer kleinen Gruppe. »Ich glaube, sie nehmen wohl wirklich an, wir hätten gestern eine Entführung geplant.«
Nathan stöhnte auf. »Adrakian hat sie wahrscheinlich überzeugt, daß wir zu der Gruppe gehören, die diesen Sommer im Hotel Annapurna eine Bombe gelegt hat.«
»Das müßte sie eigentlich beruhigen«, sagte ich. »Als die Bombe hochging, hat die Opposition augenblicklich dem König geschrieben und ihm mitgeteilt, sie würde alle Aktionen gegen die Regierung einstellen, bis die Behörden die kriminellen Elemente unter ihnen festgenommean habe.«
»Hindu-Guerrillas sind schon tolle Hechte, was?« sagte Freds.
»Auf jeden Fall«, fuhr ich fort, »bedeutet das, daß wir einen verdammt guten Grund haben, unseren Plan in die Wirklichkeit umzusetzen. Freds, bist du sicher, daß du mitmachen willst?«
»Klar bin ich sicher! Den Spaß will ich mir nicht entgehen lassen.«
»Na schön. Wir bleiben diese Nacht lieber hier, nur für alle Fälle. Ich koche uns eine Hühnersuppe.«
Also nahmen wir eine spartanische Mahlzeit aus Curryhühnersuppe, Nebico-Waffeln, weißer Toblerone-Schokolade, Gummibärchen und jodiertem Seetang ein. Als Nathan sah, wie Buddha sich über die Gummibärchen hermachte, schüttelte er den Kopf. »Wir müssen ihn schnell hier rausbringen.«
Nachdem wir gegessen hatten, legte sich Sarah aufs Bett, und Buddha gesellte sich augenblicklich zu ihr, mit einem völlig unschuldigen Blick in den Augen, als wolle er sagen: Was, ich? Ich schlafe doch hier, oder? Ich sah, daß Nathan die Sache etwas argwöhnisch betrachtete; schließlich machte er sich am Fußende des Bettes bequem. Ich ging davon aus, daß es keine Probleme geben würde. Freds und ich warfen die schimmligen Schaumstoffunterlagen zusammen, die ich besaß, und legten uns auf den Boden.
»Glaubt ihr nicht, daß Buddha bei dem Flug morgen ausflippen wird?« fragte Sarah, als wir das Licht ausgemacht hatten.
»Bislang scheint ihn nichts aus der Fassung zu bringen«, sagte ich. Aber ich hatte mich das auch schon gefragt; ich selbst flog auch nicht allzu gern.
»Ja, aber er hat noch nie auch nur etwas annähernd Vergleichbares getan.«
»Es ist so ähnlich, als ob man auf einer hohen Klippe steht. Verglichen mit unserer Fahrradfahrt ist Fliegen ein Kinderspiel.«
»Da bin ich mir nicht so sicher«, sagte Nathan, schon wieder besorgt. »Sarah könnte recht haben — Fliegen kann selbst für Leute aufregend sein, die schon oft geflogen sind.«
»Das ist normalerweise der Kern des Problems«, sagte ich mitfühlend.
Freds mischte sich in die Debatte ein: »Machen wir ihn vor dem Flug doch einfach high. Besorgen wir ihm eine gute Haschpfeife und schicken wir ihn auf die Reise.«
»Du bist verrückt!« sagte Nathan. »Das würde ihn nur noch mehr ausflippen lassen!«
»Nee.«
»Er würde nicht wissen, was er davon halten soll«, sagte Sarah.
»Ach ja?« Freds richtete sich auf einen Arm auf. »Glaubt ihr wirklich, die Yetis hätten da oben die ganze Zeit inmitten dieser Haschpflanzen gelebt und nicht herausgefunden, was es mit ihnen auf sich hat? Nichts da! Deshalb hat sie wahrscheinlich auch noch nie jemand gesehen! Mann, die Haschpflanzen sind da oben so groß wie Kiefern! Wahrscheinlich essen sie sogar die Knospen.«
Nathan und Sarah bezweifelten dies, und sie bezweifelten auch, daß es klug sei, sich in solch einem kritischen Augenblick auf irgendwelche Experimente einzulassen.
»Hast du Hasch?« fragte ich Freds interessiert.
»Nee. Bevor dieser Ama Dablam-Trek durchkam, wollte ich zu einer Bergdschungelexpedition, die Doug Scott zusammengestellt hat, nach Malaysia fliegen. Also hab’ ich mir das ganze Zeug vom Hals geschafft. Ich meine, ob man mit Drogen nach Malaysia fliegen sollte, ist nicht gerade eine der schwierigeren Fragen beim IQ-Test, du verstehst? Als ich aufbrechen mußte, hatte ich noch zu viel zu rauchen, und als ich von Namche nach Lukla trampte, stopfte ich meine Pfeife und warf diesen Brocken einfach weg, einen wahren Monsterbrocken von vielleicht zehn Gramm. Und ich ließ ihn einfach da liegen! Ließ ihn einfach auf dem Boden liegen! Das hatte ich immer schon mal tun wollen.
Auf jeden Fall habe ich nichts mehr. Wenn du willst, könnte ich das unten auf der Straße in einer Viertelstunde ändern, wenngleich …«
»Nein, nein, schon in Ordnung.« Ich konnte bereits das gleichmäßige Atmen Buddhas hören, der über mir schnell eingeschlafen war. »Er wird morgen ausgeruhter sein als irgendeiner von uns.« Und das stimmte.