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Ich verbrachte den größten Teil des nächsten Tages hinter Spiegelglas, in der großen Hauptgeschäftsstelle der Royal Nepal Airline Corporation, und besorgte vier Tickets für den Flug am darauffolgenden Tag nach J–. Harte Arbeit, obwohl das Flugzeug nicht einmal annähernd ausgebucht war. J– lag an keinen Trekking-Routen und war kein besonders beliebtes Ziel. Doch das hat bei der RNAC gar nichts zu bedeuten. Ihre Aufgabe als Firma ist es nicht so sehr, Leute irgendwo hinzufliegen, sondern Listen zu erstellen. Wartelisten. Ich würde das ihren Geheimauftrag nennen, nur ist er nicht geheim.

Geduld, Hartnäckigkeit und eine Menge Bakschisch sind die Schlüssel, mit denen man von den Listen tatsächlich in den Besitz eines Tickets gelangt. Mir gelang es, und auch noch an einem einzigen Tag. Also war ich sehr zufrieden, rief jedoch meinen Freund Bill an, der in einem der Reisebüros der Stadt arbeitet, um einen kleinen Ersatzplan auszuarbeiten. Er hat eine Menge Erfahrung mit der RNAC und ist also verdammt gut bei Ersatzplänen. Dann vervollständigte ich meine Einkaufsliste bei meinem bevorzugten Bergsteigerausrüster in Thamel. Die Besitzerin, eine Tibetanerin, legte ihre Ausgabe von The Far Pavilions beiseite, unterbrach ihr Armaerobic und besorgte mir alle Kleidungsstücke, die ich verlangte, sogar in den richtigen Farben. Lediglich eine zweite Dodgers-Mütze hatte sie nicht auf Lager, doch ich bekam statt dessen eine dunkelblaue ›ATOM‹-Baseballmütze.

Ich zeigte darauf. »Was hat dieses ›ATOM‹ überhaupt zu bedeuten?« Denn in ganz Nepal gab es Kappen und Jacken mit diesem Wort darauf. War es eine Firma, und wenn ja, was für eine?

Sie zuckte die Achseln. »Das weiß niemand.«

Umfassende Werbung für ein unbekanntes Produkt: noch eins der Großen Geheimnisse von Nepal. Ich stopfte meine neuen Besitztümer in meine Tasche und ging. Ich war auf dem Weg nach Hause, als mir jemand in der Menge hinter mir auffiel. Nur einen Blick, und ich hatte ihn entdeckt, wie er gerade in einen Kiosk schlüpfte: Phil Adrakian.

Jetzt konnte ich nicht nach Hause gehen, jedenfalls nicht direkt. Also ging ich ins Katmandu Guest House direkt nebenan und sagte einem der arroganten Portiers dort, daß Jimmy Carter dem Haus in zehn Minuten einen Besuch abstatten und jeden Augenblick sein Sekretär eintreffen würde. Ich ging in den schönen Garten weiter, der das Guest House so bekannt gemacht hatte, und kletterte an einer niedrigen Stelle über die hintere Mauer. Eine leere Gasse weiter, in der sich Müll stapelte, um die Ecke, über eine weitere Mauer und vorbei am Lodge Pleasant oder Pheasant in den Innenhof des Star. Ich kam mir ziemlich sicher und so weiter vor, als ich einen von Carters Geheimdienstmännern sah, der vor der Tantric-Second-Hand-Buchhandlung stand. Da ich jedoch schon auf dem Hof war, ging ich weiter und eilte zu meinem Zimmer hinauf.

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