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»Durch das Auge!« brüllte ich und kämpfte gegen die Fesseln an, die meinen nackten Körper eng einschnürten; die Hände über Kreuz hinter dem Rücken an die Fußknöchel gefesselt kniete ich im Bug des kleinen Rencebootes. »Durch das Auge!«

Um mich herum ertönten Schreie voller Angst und Wut.

Der Soldat vor mir war aus dem Boot gerissen worden; der verhältnismäßig kleine, an der breitesten Stelle kaum einen halben Meter große, dreieckige Kopf auf dem langen, biegsamen Hals schoß plötzlich wassertropfend aus dem Sumpf und packte ihn, hob ihn mehrere Meter in die Höhe, wo er sich schreiend wand.

»Durch die Augen!« flehte ich ihn an.

»Das schafft er nicht!« rief ein anderer Soldat.

Ein Ruderer schlug mit dem Ruder auf die Kreatur ein. Sie wich zurück, angetrieben von den schweren, wie ein Diamant geformten Gliedmaßen, und ihr Schwanz peitschte herum und ließ Wasser aufspritzen.

Überall ertönten Schreie. Im Umkreis von hundert Metern befand sich eine Flottille aus kleinen Rencebooten, Lastkähnen, Flachbooten, Fischerbooten und Flößen, die etwa vier- bis fünfhundert Mann beförderte.

Es war deutlich zu hören, wie das Rückgrat des in der Luft baumelnden Soldaten brach.

Wäre es ihm gelungen, der Kreatur die Daumen in die Augen zu drücken, hätte er über diesen Weg ihr Gehirn erreichen können. Aber er hatte es nicht geschafft.

»Er ist tot«, sagte der Ruderer.

Von ein paar Zuckungen und einem starren Blick abgesehen hing der Körper nun ganz schlaff in der Luft.

»Das ist er nicht!«

»Tötet ihn!«

»Ich komme nicht an ihn ran!« rief ein Soldat, der unsicher in einem der leichteren Rencebooten stand und mit dem Schwert herumfuchtelte.

»Nein, er ist tot!«

Der Mann war tot.

Die Kreatur fiel zurück ins Wasser, tauchte unter einen der Lastkähne, hob ihn fast einen Meter aus dem Wasser und ließ ihn von ihrem Rücken rutschen, dann bahnte sie sich wieder unter Wasser ihren Weg in das Renceschilf.

Der Mann neben mir stieß einen Schrei aus. Nur wenige Zentimeter entfernt durchstieß die schmale Schnauze eines fischähnlichen Tharlarions die Wasseroberfläche. Der Ruderer hob sein Ruder und schlug danach. Das Tharlarion verschwand unter den zusammengebundenen Rencebündeln.

»Bindet mich los!« bat ich. Ich war völlig hilflos.

»Sei still, Spion«, fauchte ein Soldat.

Meine Knie waren feucht, zwischen den röhrenähnlichen Rencestengeln, die man bündelweise zusammengezurrt und in Form gebracht hatte, sickerte Wasser empor.

»Zusammenrücken!« rief ein Offizier, der einige Meter von uns entfernt war. »Vorwärts, weiter!« Er stand im Bug eines kleinen Fischerbootes. Männer stießen es mit Stangen vorwärts.

»Dreht um!« rief ich ihm zu. »Begreift ihr nicht, was hier geschieht?«

Der Leutnant nahm keine Notiz von mir. »Vorwärts!« rief er. »Verfolgt die Sleen aus Cos! Sie werden uns nicht entkommen!«

Auf der linken Seite ertönte ein Hilfeschrei. Eines der Flachboote sank.

»Zerschlagt das Holz!« rief jemand aus einem Nachbarboot. »Baut euch ein Floß!« Männer waren im Wasser. Einige schwammen, andere wateten. Das Wasser reichte ihnen bis zur Brust.

»Nehmt uns an Bord.«

Man half ihnen, die Boote zu erklimmen, die nun aber gefährlich tief im Wasser lagen.

»Weiter!« rief der Leutnant. »Schnell! Sie können nicht mehr weit sein.«

»Das Rence weist an zwei Stellen Schneisen auf!«

»Wir werden unsere Streitmacht in zwei Teile aufteilen«, befahl der Leutnant. Hinter uns befand sich ein weiteres Kontingent. Man konnte ihre Rufe hören.

Ich wand mich in meinen Fesseln.

Saphronicus und Seremides hatten nun ihre Rache. Vor langer Zeit hatten beide Cernus aus Ar, meinem erklärten Feind, als Leutnants gedient; seine Machenschaften, seine politischen und ökonomischen Manipulationen hatten Minus Tentius Hinrabius erfolgreich vom Thron gestoßen. Später war Cernus, obwohl er nur ein Kaufmann war, selbst auf den Thron aufgestiegen. Der beim Volk beliebte Marlenus aus Ar hatte ihn bei seiner Rückkehr abgesetzt. Cernus war von einem Kur getötet worden, einer Bestie, die nicht von Gor stammte. Saphronicus und Seremides waren als Verräter in Ketten gelegt und als Galeerensklaven verkauft worden, wo sie, wie ich in Erfahrung gebracht hatte, von jemandem gerettet worden waren, der Verwendung für Männer ihrer Art hatte. Saphronicus war Hauptmann der Taurentianer gewesen, der Palastwache von Ar. Seremides war der Kommandant der Armee gewesen. Natürlich hatte ich gehört, daß ein Seremides in Ar zum General der Armee aufgestiegen war, aber ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, daß es sich dabei um den Seremides aus der Zeit des Cernus’ handelte. Wie überall gibt es auch auf Gor weitverbreitete Namen. So heißen viele Tarl, vor allem in den nördlichen Gegenden Gors. Der Seremides, der damals Cernus’ Helfershelfer gewesen war, stammte sogar ursprünglich aus Tyros.

Es schien unglaublich, daß ein solcher Mann von Verschwörern unterstützt, in Ar erneut Macht erlangen konnte, aber Marlenus war abwesend gewesen. Daß es sich tatsächlich um denselben Seremides handelte, hatte mir ein belustigter Saphronicus klargemacht, bei einem mitternächtlichen Gespräch in seinem Zelt. Ich hatte nackt und gefesselt vor ihm auf den Knien gelegen. Das hatte natürlich auch die Intrige mit der verräterischen Botschaft erklärt, die ich völlig ahnungslos und unter größeren Risiken im Auftrag von Genius Lelius, dem Regenten von Ar, nach Ar-Station gebracht hatte, die Botschaft, laut der ich ein cosischer Spion war. Natürlich war mir Saphronicus in Ar nicht begegnet.

Ich wußte auch nicht, ob Genius Lelius an dem Verrat beteiligt war oder nicht. Aber ich kannte den Namen von zumindest einem der Verschwörer; Dokumente, die mir in Brundisium in die Hände gefallen waren, hatten ihn mir verraten. Es handelte sich um eine Frau. Ihr Name lautete Talena, und bis zu ihrer Verbannung war sie Marlenus’ Tochter gewesen. Wie ich in Erfahrung gebracht hatte, hatte sich auch ihr Glück gewandelt. Sie hatte die Bürgerrechte zurückerhalten, und einige handelten sie unter vorgehaltener Hand bereits als neue Ubara.

»Wirst du mich jetzt töten?« hatte ich Saphronicus gefragt.

Er hatte nur gelacht. »Nein. Ich schicke dich ins Vosk-Delta.«

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