15

Ilene, in eine zerrissene gelbe Sklaventunika gekleidet, hastete barfuß durch den Wald. Entsetzt floh sie vor ihren Gegnerinnen. Sie blickte verzweifelt über die Schulter und brach schweratmend durch das Unterholz. Ihre Haut war an vielen Stellen zerkratzt, die Hände hatte sie vorgestreckt und schlug damit die Äste zur Seite, die sie behinderten, die ihr ins Gesicht schlagen wollten. Sie stolperte, fiel zu Boden und richtete sich wieder auf. Dann schrie sie keuchend auf, taumelte durch ein dichtes Gebüsch und setzte ihre panische Flucht fort.

Zwei Panthermädchen waren ihr auf der Spur. Leichtfüßig liefen sie durch den Wald; sie waren in hervorragender Form und dem ungeschickten Erdenmädchen weit überlegen.

Doch Ilene gab nicht so schnell auf. Trotzdem war abzusehen, daß sie den Panthermädchen bald in die Hände fallen würde. Panthermädchen genießen die Jagd auf hilflose Sklavinnen.

Wieder stürzte Ilene und blieb schweratmend liegen. Die Schritte ihrer Verfolgerinnen klangen sehr nahe. Mit schreckgeweiteten Augen versuchte sie sich aufzurappeln.

Ihr stand kein angenehmes Schicksal bevor, wenn die Panthermädchen sie erreichten.

Und Ilene, ein Mädchen von der Erde, war kein ebenbürtiger Gegner für die Frauen Gors.

Hilflos versuchte sie sich zu orientieren. Leichtfüßig sprangen die Panthermädchen auf die winzige Lichtung, kaum fünf Meter von ihr entfernt. Sie hielten Fesseln wurfbereit in der Hand.

Ilene hatte sich auf Hände und Knie aufgerichtet und hockte im Gras. Sie rang nach Atem und sah die Panthermädchen entsetzt an.

Eine der beiden ging zu ihr und legte ihr eine Fessel um den Hals. Dann wich sie einige Schritte zurück.

Die beiden Panthermädchen lachten.

In diesem Augenblick sprang ich hinter ihnen zu Boden. Mit zwei schnellen Schlägen betäubte ich sie. Aus ihren Büstenhaltern machte ich Knebel, die ich ihnen in den Mund schob. Mit Schnüren, die ich in ihren Gürtelbeuteln fand, fesselte ich ihnen die Hände auf dem Rücken. Ihre Waffen warf ich fort.

»Rührt euch nicht«, sagte ich drohend, ging zu Ilene, die erschrocken in der Mitte der Lichtung stand, und befreite sie von der Schnur.

»Du warst ein ausgezeichneter Köder«, sagte ich anerkennend.

Dann wandte ich mich wieder den Gefangenen zu und verschnürte sie noch mehr.

»Ihr seid meine Gefangenen, Sklavinnen«, stellte ich fest.

Sie sahen mich wütend an.

»Bring sie in unser Lager«, befahl ich Ilene.

»Ja, Herr.« Ilene führte die beiden Panthermädchen von der Lichtung. Ich blickte ihnen nach. Sie waren unsere ersten Gefangenen.

Ich wußte, daß sich die Männer aus Tyros auf den Inseln und in der Weite des schimmernden Thassa gut auskannten. Vom Wald und seinen Gefahren hatten sie dagegen keine Vorstellung. Die Panthermädchen waren ihre Führer, Jäger und Kundschafter. Und im Falle der Gefahr mußte Huras Bande auch den Schutz der Truppe gewährleisten.

Wenn ich dafür sorgen konnte, daß die Panthermädchen Angst bekamen, das Lager zu verlassen, und wenn sie beim Marschieren darauf bestanden, bei der Sklaventruppe zu bleiben, mußten die Tyrer auf die wertvollsten Dienste ihrer sonst gefährlich tüchtigen Verbündeten verzichten. Am wichtigsten war dabei der Verlust der Panthermädchen als Jägerinnen und Wächter. Wenn sich die Mädchen im Lager oder unterwegs in der Nähe der Sklavinnen aufhielten, war es viel leichter für mich, die Truppe anzuschleichen. Und wußten die Männer aus Tyros erst, daß ich nach Belieben kommen und gehen konnte, hatte dies auch eine demoralisierende Wirkung auf sie. Außerdem konnte ich Zwietracht zwischen den Tyrern und den Panthermädchen säen.

An diesem Tag fing ich neun weitere Panthermädchen. Fünf davon besiegte ich mit Ilenes Hilfe.

Dabei hatten wir Glück, denn das Lager unserer Gegner war nicht verlegt worden. Die Tyrer und die Panthermädchen wollten erst den Attentäter finden, der am Abend zuvor den Tyrer getötet hatte. Ihre Suchtrupps erkundeten ein großes Gebiet. Fünf der Suchtrupps kehrten nicht zurück – sie befanden sich jetzt als Sklaven in meinem Lager.

In dieser Nacht ging ich auf die Jagd und erlegte einen Tabuk, den ich in mein Lager schaffte. Hier waren die Pagasklavinnen inzwischen zu Wächtern über meine Gefangenen avanciert. Natürlich durften wir kein Feuer entzünden. Ich schnitt Fleischstreifen zurecht und reichte sie an die Pagasklavinnen weiter, die damit unsere Gefangenen fütterten. Wenn ein Mädchen fertig war, bekam sie wieder ihren Knebel in den Mund.

Wir hatten insgesamt elf Gefangene, die mit einem komplizierten Arrangement von Fesseln gesichert waren.

Meine Pagasklavinnen durften sich frei bewegen. Sie hatten genug Angst vor mir, den Panthermädchen – und natürlich vor den Gefahren des Waldes.

Bei Sonnenuntergang des nächsten Tages hatte ich nur vier weitere Gefangene gemacht.

Das Lager der Tyrer befand sich noch auf der großen Lichtung, doch inzwischen war klar, daß die Panthermädchen besorgt waren und daß sie ihre Ausflüge nun vorsichtiger unternahmen. Ich hatte die ärgerlichen Rufe der Tyrer gehört, die den Mädchen Befehl gaben, auf die Jagd zu gehen. Die Mädchen hatten nicht minder aufgebracht geantwortet. Nicht viele Mädchen drangen heute in den Wald ein, und wer es wagte, ging meistens nicht weit. Eine vierköpfige Gruppe, von einer Blondine angeführt, bildete die Ausnahme; sie stieß tief in den Wald vor. Die vier Mädchen waren sehr mutig – und befanden sich jetzt als Gefangene in meinem Lager.

Auf der Lichtung fühlten sich die Tyrer zweifellos noch sicher. Ich wollte sie aber überzeugen, daß das nicht mehr zutraf. Ich hätte mühelos in das Lager eindringen können, entschied mich jedoch dagegen. Ich wollte meine Gegner lediglich ihrer Wächter berauben. Am nächsten Morgen sollten sie erwachen und erkennen, daß sie völlig ungeschützt geschlafen hatten. Daraufhin würden sie bestimmt ihr Lager auflösen. Auf dem Marsch jedoch würden sie zu ihrem Entsetzen feststellen, daß sie meinen Angriffen nun noch viel schutzloser ausgesetzt waren. Denn auf dem Marsch auseinandergezogen, womöglich sogar ohne Schutzwachen und Kundschafter, waren sie eine leichte Beute für mich.

Sechs Panthermädchen bewachten das Lager. Ich wollte sie nacheinander ausfindig machen und erledigen. Dazu hatte ich zwei meiner Pagasklavinnen mitgebracht, die die Felle von Panthermädchen trugen.

Die verkleideten Pagasklavinnen würden sich einer der Wächterinnen nähern und natürlich angehalten werden.

»Wir waren auf Patrouille!« sollten sie sagen.

Im nächsten Augenblick wollte ich die Wächterin lautlos von hinten erledigen. Sie sollte zu Boden geworfen, geknebelt und gefesselt werden – dann kam die nächste Wächterin an die Reihe.

Wie sich herausstellte, waren nur zwei Panthermädchen sofort mißtrauisch. Die anderen vier reagierten mit Erleichterung auf die Feststellung, daß da Panthermädchen aus dem Wald auf sie zukamen; sie fielen meinen Helferinnen fast um den Hals und kamen gar nicht auf den Gedanken, daß sie vielleicht getäuscht wurden. Doch den beiden mißtrauischen Mädchen erging es nicht besser. Auch sie hatten ja keine Ahnung, daß ich mich hinter sie geschlichen hatte, und ehe sie etwas merkten, legte sich meine Hand auf ihren Mund, und sie wurden hilflos ins Unterholz gezerrt.

Als wir fertig waren, sammelten wir die Wächterinnen ein, lösten ihre Fußfesseln und banden sie am Hals zusammen. Dann trieben wir sie in unser Lager.

Wir hatten inzwischen einundzwanzig Gefangene.


Am nächsten Morgen lag das Lager der Tyrer verlassen da.

Sie waren fort. Aber bei der großen Anzahl von Sklaven kamen sie nur langsam voran.

Ich kehrte in mein Lager zurück, das nun auch ausgedient hatte.

Die Tyrer hatten auf ihrer Flucht viele Dinge zurückgelassen, die sie in Marlenus’ Lager erbeutet hatten, denn sie wollten so schnell wie möglich vorankommen. Doch ich wußte, daß sie mir nicht entwischen konnten.

Einige der zurückgelassenen Gegenstände ließen sich vielleicht zu meinem Nutzen verwenden.

In meinem Lager ließ ich die Panthermädchen von meinem Pagasklavinnen aufscheuchen. Die große Rothaarige hatte inzwischen das Kommando über die anderen drei Pagasklavinnen übernommen.

Ich wollte meine Gefangenen zuerst zu dem verlassenen Lagerplatz bringen und dann parallel dem Weg unserer Gegner folgen.

Wir führten unsere Gefangenen zu einem nahe gelegenen Strom und ließen sie trinken. Anschließend durften sie sich von tiefhängenden Ästen Früchte pflücken. Schließlich marschierten wir zu der Lichtung mit dem verlassenen Lager. Dort sollten mir die Gefangenen als Trägerinnen dienen.

Das letzte Panthermädchen in der Reihe trug sieben Köcher mit Pfeilen um den Hals, die ich verschiedenen Gefangenen abgenommen hatte.

Als wir das verlassene Lager erreichten, mußten sich die Gefangenen setzen. Mit Hilfe der Pagasklavinnen durchsuchte ich dann das zurückgelassene Gut. Manches konnte uns nützlich sein. Ich fand Trockennahrung für Sklaven, die mit Wasser verdünnt wird, Seidenstoffe und Schalen und in Streifen geschnittenes Dörrfleisch, Seilrollen und Ketten. Ich entdeckte auch eine Kiste mit Sklavenfesseln und eine große zusammengerollte Zeltplane. Die Mädchen konnten nachts darunter schlafen und waren so vor kalten Schauern und auch ein wenig vor Sleen und Panthern geschützt, wenn wir die Plane an den Rändern am Boden festmachten.

Ich fand auch Gegenstände, die aus Vernas Lager stammten; sie waren ursprünglich von Marlenus erbeutet und mit in sein Lager gebracht worden. Hierzu gehörten der restliche Wein mit dem Schlafmittel, mit dem uns Verna hereingelegt hatte. Wie lange schien das schon her zu sein! Ich lächelte. Ein exotisches Getränk dieser Art ließ sich vielleicht noch gut verwenden.

Nachdem ich entschieden hatte, was wir mitnehmen wollten, ließ ich die Lasten durch die Pagasklavinnen aufteilen. Allein vier Mädchen waren für die große Plane erforderlich.

Ich freute mich über die große Menge Nahrungsmittel, die wir noch verwenden konnten. Ich glaubte nicht, daß die Vorräte vergiftet waren – und selbst wenn, waren ich und die Pagasklavinnen nicht in Gefahr, denn natürlich mußten zuerst die Gefangenen davon essen.

Die Panthermädchen ballten wutschnaubend die Fäuste, als sie erkannten, was von ihnen verlangt wurde.

»Wir sind Panthermädchen!« rief eine. »Wir sind keine Trägerinnen.«

Daraufhin machte sich meine rothaarige Pagasklavin mit ihrer Peitsche ans Werk. Schon nach dem zweiten Hieb griff das Panthermädchen nach ihrer Last und richtete sich auf. Nach Art der goreanischen Frauen trug sie die Kiste auf dem Kopf und stützte sie mit der rechten Hand. Sie stand aufrecht da.

Ich musterte den Zug. Jedes Mädchen hatte ihre Last auf dem Kopf und war mit einer Halsfessel mit den anderen verbunden. Wenigstens zu Anfang wollten wir unseren Feinden auf einem parallelen Weg folgen. Später, wenn sie noch eiliger vor uns flohen, wollten wir direkt ihrer Spur nachgehen. So konnte es keine Irrtümer geben, und wenn bei der überstürzten Flucht etwas Wertvolles zurückgelassen wurde, stießen wir auf jeden Fall darauf.

Ich machte kehrt und ging auf den Wald zu.

Hinter mir ertönte das Klatschen der Peitsche, gefolgt von den Schmerzensschreien der Panthermädchen.

»Beeilt euch, Sklavinnen!« rief das rothaarige Mädchen fröhlich. Sie genoß es, einmal Herrin spielen zu dürfen.

Ilene ging mit gesenktem Kopf neben mir. Ich warf ihr einen strengen Blick zu, und sie blieb einige Schritte zurück.

Sie war noch nicht bereit, ihr Los als Sklavin zu tragen, und versuchte sich Vorteile zu verschaffen. Doch ich traute ihr nicht. Sie hatte mir nicht die volle Wahrheit gesagt.


Ich stand auf dem Ast, durch das Laub geschützt. Die Sklavenkolonne wanderte unter mir dahin. Sie war lang und umfaßte sechsundneunzig Männer. Jeder war doppelt gefesselt – am Fußgelenk und an den Handgelenken.

Marlenus nahm die erste Position ein, gefolgt von seinen Leuten. Dann war Rim zu sehen, ihm folgten Arn und meine acht Männer, die sich in Marlenus’ Lager aufgehalten hatten. Hinter den Männern schritt eine Gruppe von vierundzwanzig Sklavinnen. Die Tyrer und zahlreiche Panthermädchen flankierten die Reihe der Gefangenen.

Die männlichen Sklaven schleppten Säcke mit Nahrungsmitteln und sonstigen Versorgungsgütern. Die Lasten waren festgebunden. Offenbar wollten die Tyrer ihren Gefangenen nicht die Hände freigeben. Das war kein Wunder, denn die Männer aus Ar waren gefährliche Krieger. Einige gefangene Panthermädchen trugen leichtere Lasten.

Acht Tyrer bewachten mit Peitschen die männlichen Sklaven, während sich vier Panthermädchen um die Sklavinnen kümmerten.

Es folgte die Kette der Sklavinnen. Ich sah Sheera, Cara und Tina und zu meiner Überraschung auch Grenna, die zuvor Huras Bande angehört hatte. Jetzt wurde sie als gefesselte Sklavin mitgezerrt. Panthermädchen haben wenig Geduld mit Artgenossinnen, die versklavt werden. Hinter Grenna kamen die Mädchen aus Vernas Bande – und in ihrer Mitte die ehemalige Anführerin.

An der Spitze des Zuges hatte ich Sarus gesehen, den Anführer der Tyrer. Dicht bei ihm hielten sich Hura und ihre Stellvertreterin Mira auf, die zuerst Verna und dann Marlenus verraten hatte. Ich lächelte zuversichtlich. Mira sollte auch Hura verraten – dafür wollte ich sorgen.

Die Tyrer hatten Panthermädchen als Kundschafter losgeschickt, die den vorgesehenen Weg absichern sollten.

Zwei dieser Kundschafterinnen befanden sich in der Nähe. Ich hatte sie gefesselt und geknebelt und an einen kleinen Turbaum gebunden.

Unter mir wanderte nun das Ende der Kolonne vorbei. Ich mußte noch abwarten. Zweifellos gab es eine Nachhut – allerdings nicht so weit hinter der Hauptgruppe, wie es eigentlich nötig war. Die Panthermädchen waren offenbar verängstigt und nervös. Sie hielten einen Abstand von nur etwa fünfzig Metern voneinander, so daß ich sie einzeln angreifen konnte, was im dichten Unterholz keine Schwierigkeit war. Ich ließ sie gefesselt und geknebelt in der Nähe des Weges liegen, um sie später abzuholen. Die Kolonne war nun nach hinten ungeschützt. Um die Flanken wollte ich mich später kümmern.

Ich hatte vier von den sieben Pfeilköchern bei mir, die ich von den Panthermädchen erbeutet hatte. Da die Mädchen kürzere Bögen benutzen, sind auch ihre Pfeile kleiner und passen eigentlich nicht auf den Langbogen. Doch ich konnte sie verschießen, wenn ich die Sehne nicht ganz spannte; die Durchschlagskraft der Geschosse reichte jedenfalls noch aus.

Ich begab mich in Position, um die Kolonne von hinten anzugreifen. Den Abschluß bildeten sechzehn Tyrer, die hintereinander gingen.

Bei einem solchen Angriff beginnt man mit dem letzten Mann, nimmt dann den vorletzten – und so weiter.

Als sich ein Panthermädchen zufällig umblickte und zu schreien begann, waren bereits vierzehn Männer gefallen.

Ich rechnete damit, daß die Tyrer nur schwer zu bewegen sein würden, den Schluß der Kolonne zu bilden.

Ich zog mich in den Wald zurück und sammelte die Mädchen ein, die ich gefangengenommen hatte. Ich löste ihre Fußfesseln, band sie mit einer Halsfessel zusammen und trieb sie durch den Wald zu meinem Lager. Dort wurden sie von meinen Pagasklavinnen in Empfang genommen und bei den anderen Gefangenen angekettet.

Wir hatten nun insgesamt fünfundzwanzig Mädchen in unserer Gewalt.

Die Gefangenen aßen Sklavennahrung aus kleinen Schalen, einen mit Wasser vermischten Brei. Ich schnitt jeder zusätzlich einen Streifen trockenes Salzfleisch zurecht, das wir aus dem verlassenen Lager der Tyrer mitgenommen hatten.

»Wenn das Essen aber vergiftet ist?« fragte das blonde Panthermädchen und sah mich zweifelnd an.

»Iß, Sklavin!« befahl ich.

»Ja, Herr«, erwiderte sie und begann angstvoll zu kauen.

Als sie die Schale geleert hatte, beobachtete ich sie intensiv, doch sie zeigte keine Spuren einer Vergiftung. Die Lebensmittel waren in Ordnung. Als später die Monde am Himmel standen, aßen die Pagasklavinnen und ich ebenfalls. Ich war froh, daß wir so viele Vorräte gefunden hatten, denn ich wollte nicht noch dadurch abgelenkt werden, daß ich für meine Mädchen auf die Jagd gehen mußte.

Ich hatte es auf andere Jagdbeute abgesehen.


Ich konnte nicht einschlafen und starrte zu den Monden empor.

Als ich den Kopf zur Seite drehte, sah ich in einiger Entfernung Ilene stehen, die Hände auf den Rücken gelegt. Sie sah in meine Richtung.

Ich ging zu ihr.

»Ich muß mit dir sprechen«, sagte sie.

»Also sprich.«

»Aber nicht hier.«

Sie machte kehrt, und wir entfernten uns etwas vom Lager. Auf einer kleinen Lichtung sah sie mich an.

»Bring mich zur Erde zurück«, forderte sie. »Das kannst du doch, nicht wahr?«

»Für eine goreanische Sklavin gibt es keine Rückkehr!«

»Aber ich lasse mir das nicht länger gefallen.«

Ich lachte.

»Du bist sicher noch neu auf Gor. Wie bist du zu uns gekommen?«

Sie senkte den Blick. »Ich erwachte eines Nachts und war gefesselt und geknebelt. Vor meinem Fenster schwebte ein kleines Schiff – eine Art Scheibe, anderthalb Meter dick und zweieinhalb Meter im Durchmesser. Ein Mann trat heraus und zerrte mich in das Fahrzeug. Irgend etwas stach mich in den Rücken, und danach erinnere ich mich an nichts mehr. Ich erwachte viel später in einem goreanischen Sklavengehege.«

Ich musterte sie. »Ich beglückwünsche die Sklavenhändler Gors zu dieser Wahl.«

»Danke!«

»Ich bin froh, daß du nach Gor gebracht wurdest.«

»Warum?«

»Weil es eine Freude ist, dich zu besitzen.«

»Niemand kann mich besitzen. Ich bin keine Sklavin.«

»Ist dir noch nicht aufgegangen, daß die Goreaner alle Erdenfrauen als natürliche Sklavinnen betrachten?«

»Doch«, flüsterte sie.

»Du kannst also nichts von mir erwarten!«

»Du wirst mich nicht zur Erde zurückschicken?«

»Nein.«

»Wirst du mich befreien?«

»Nein!«

»Was wirst du dann mit mir machen?« fragte sie verzweifelt.

»Ich verkaufe dich in Port Kar.«


Ich erwachte kurz vor Morgengrauen. Es war noch ziemlich dunkel. Die Luft war frisch und das Gras taufeucht. Vögel sangen im Blattwerk.

Ich stützte mich auf einen Ellbogen. Neben mir lag Ilene und beobachtete mich. Ich kannte diesen flehenden Blick.

Ich sah mich um. Obwohl die Morgendämmerung noch nicht eingesetzt hatte, machte sich bereits ein erster diffuser Lichtschimmer im Wald bemerkbar, das unbestimmte, gebrochene Licht der ersten Dämmerung, ehe Tor-du-Gor, der gemeinsame Stern zweier Welten, seine wärmenden Speere zwischen die Äste des Waldes schleuderte.

Ich legte mich auf den Rücken.

Der Himmel war dunkelgrau. Ich konnte zuvor die Umrisse der Bäume ziemlich deutlich ausmachen. Helle Wolken schwebten darüber.

Es war ein kühler Morgen. Feuchtigkeit bedeckte Grashalme und Blätter. Überall schimmerten Tautropfen.

Ich musterte Ilene und sah die Sehnsucht in ihren Augen. Das kurze gelbe Gewand klebte ihr am Körper. Ihr langes dunkles Haar war feucht und fiel glatt zurück und lag an der Stirn und an den Schläfen eng an. Sie hatte die Beine angezogen.

Langsam kam sie zu mir gekrochen und legte den Kopf in meinen Schoß. Dann sah sie mich an.

»Herr«, flüsterte sie. Ich sagte nichts. Sie legte mir schüchtern die Arme um den Hals und begann mich zart zu küssen. »Bitte, Herr«, sagte sie, »bitte!«

»Ich habe jetzt keine Zeit für dich.«

»Aber ich bin bereit.«

Ich nahm sie in die Arme, schob ihre Tunika hoch und drang in sie ein. Ich wunderte mich. In der Nacht noch hatte es eine volle Stunde gedauert, sie zur vollen Bereitschaft zu bringen. Heute früh war sie zu mir gekommen und reagierte nun auf die leiseste Berührung. Gestern abend noch war sie eine Erdenfrau gewesen, die erobert werden mußte. Heute früh war sie eine liebliche goreanische Sklavin, die sich völlig hingibt und freut, von ihrem Herrn genommen zu werden.

Wir hatten nicht viel Zeit, doch wir nutzten sie.

»Bitte verkaufe mich nicht, Herr«, flehte sie keuchend. »Bitte!«

»Du bist eine Sklavin«, erwiderte ich, als ich mich von ihr gelöst hatte. »Du wirst verkauft!«

Ich musterte sie. Ihr Wert war seit gestern abend gestiegen. Sie hatte mich nichts gekostet und würde nun einen guten Preis bringen.

»Bitte verkauf mich nicht in Port Kar«, flüsterte sie. »Verkauf ein anderes Mädchen!«

»Noch ein Wort mehr, und du wirst ausgepeitscht«, sagte ich. »Jetzt geh zu den anderen Mädchen und hilf bei der Arbeit.«

Sie stand auf, strich ihre Tunika glatt und ging mit gesenktem Kopf davon.


Die rothaarige Pagasklavin, die im Lager das Kommando führte, brachte unsere Gefangenen zu einem nahe gelegenen Bach, damit sie dort trinken, sich waschen und ihre Sklavennahrung anrühren konnten. Ich schnitt Fleischportionen für sie zurecht.

Ohne mich zu fragen, nahm die Rothaarige dann einen Ballen Seide, den wir mitgenommen hatten, schnitt Streifen ab und wickelte den Stoff in und um die Fußringe der Gefangenen, damit sich die Mädchen beim Marschieren nicht die Haut wundrieben. Sie war eine gute Anführerin. Mit ihrer Peitsche führte sie ein strenges Regiment, doch sie war nicht grausamer zu den Sklavinnen, als es auf Gor üblich war. Für sie waren die Mädchen Sklavinnen ohne Rechte, und sie war für sie verantwortlich. Ein Mädchen mit wundem Fußgelenk bringt einen niedrigeren Preis.

»Wie heißt du?« fragte ich sie.

»Nach Belieben meines Herrn«, sagte sie.

»Wie bist du vorher genannt worden oder wie möchtest du genannt werden?«

»Wenn es dem Herrn gefällt, möchte ich Vinca gerufen werden.«

»Gut, du sollst Vinca heißen.«

»Vielen Dank, Herr.«

Ich sah Ilene an, die entsetzt zurückwich.

»Nein!« rief sie. »Bitte nimm mir meinen Namen nicht!«

Sie sah mich an. Für sie hatte ihr Name eine große Bedeutung. Ihre Identität, ihr Ichgefühl waren seit ihrer Geburt mit diesem Namen verbunden, waren für sie untrennbar. Was sollte aus ihr werden wenn ich ihr den Namen nahm?

»Ich lasse dir deinen Namen«, sagte ich beruhigend. »Es ist auch für mich bequemer so.«

Tränen traten ihr in die Augen.

»Du bleibst Ilene.«

»Ja, Herr.«

Ich wandte mich an Vinca. »Die Sklavinnen sollen sich zum Abmarsch bereit machen.«

Es gab viel Arbeit für uns.

»Los!« rief Vinca, und ich hörte das Knallen ihrer Peitsche. Die Panthermädchen nahmen die Lasten vom Boden auf und setzten sich in Bewegung.

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