KAPITEL 13

Jedoch wurde allen seinen drei Identitäten an diesem Nachmittag eine Bewegungspause gewährt. Ein kleines Gymnastikstudio an Bord wurde für seinen exklusiven Gebrauch reserviert. Eine Stunde lang untersuchte er die gesamte Anlage gründlich, während er verschiedene Geräte ausprobierte, und prüfte die Entfernungen und die Wege zu bewachten Ausgängen. Er sah eine Reihe von Möglichkeiten, wie Ivan auf einen Wächter hätte losgehen und dann ausbrechen können. Nicht aber der zerbrechliche, kurzbeinige Miles, Einen Moment lang wünschte er tatsächlich, er hätte Ivan dabei.

Auf seinem Weg zurück zu Zelle 13 mit seinem Begleiter kam Miles an einem anderen Gefangenen vorbei, der gerade an der Wachstation eingeliefert wurde. Der andere ging schlurfend und blickte wild drein, sein blondes Haar war so schweißnaß, daß es braun wirkte. Der Schock des Wiedererkennens traf Miles um so mehr, als er sah, welche Veränderungen der Mann durchgemacht hatte. Osers Leutnant. Der Killer mit dem kühlen Gesicht war wie verwandelt. Er trug nur graue Hosen, sein Oberkörper war nackt. Seine Haut war gesprenkelt mit bläulichen Malen der Schockstab-Folter. Frische Hypospray-Einspritzstellen zogen sich wie kleine rosafarbene Pfotenabdrücke seinen Arm hinauf. Er murmelte dauernd mit feuchten Lippen, zitterte und kicherte. Er schien gerade von einem Verhör zurückzukommen.

Miles war so überrascht, daß er nach der linken Hand des Mannes griff, um nachzusehen — ja, er erkannte seine verschorften Bißspuren an den Knöcheln, Erinnerung an den Kampf letzte Woche in der Luftschleuse der Triumph, auf der anderen Seite des Systems. Der schweigende Leutnant schwieg nicht mehr.

Miles’ Wächter forderten ihn streng auf weiterzugehen. Er stolperte fast, als er über die Schulter zurückschaute, bis die Tür von Zelle 13 sich seufzend schloß.

Was tun Sie hier? Das mußte die am häufigsten gestellte und am wenigsten beantwortete Frage in der Hegen-Nabe sein, sagte sich Miles. Doch war er sicher, daß Osers Leutnant sie beantwortet hatte — Cavilo mußte eine der besten Gegenspionageabteilungen in der Nabe befehligen. Wie schnell hatte der oserische Söldner Miles und Gregor hier aufgespürt? Wie schnell hatten Cavilos Leute ihn enttarnt und geschnappt? Die Male auf seinem Leib waren nicht älter als einen Tag …

Die wichtigste Frage von allen: war der Oserer auf die Vervain-Station im Rahmen einer allgemeinen, systematischen Suche gekommen, oder war er spezifischen Hinweisen gefolgt — war Tung bloßgestellt? Elena verhaftet? Miles lief es eiskalt über den Rücken, und er rannte verzweifelt und hilflos hin und her. Habe ich gerade meine Freunde umgebracht?

Also, was Oser wußte, das wußte jetzt auch Cavilo, die ganze alberne Mischung aus Wahrheit, Lügen, Gerüchten und Irrtümern. Also war die Identifikation von Miles als ›Admiral Naismith‹ nicht unbedingt von Gregor ausgegangen, wie Miles zuerst angenommen hatte. (Der Veteran von Tau Verde war offensichtlich als unvoreingenommener Zeuge zu einer Überprüfung herbeigeholt worden.) Wenn Gregor Cavilo systematisch Informationen vorenthielt, so würde sie es jetzt erkennen. Wenn er überhaupt etwas vorenthielt. Vielleicht war er schon in sie verliebt. In Miles’ Kopf hämmerte es, und es kam ihm vor, als würde sein Kopf bald explodieren.

Die Wachen kamen in der Mitte des Nachtzyklus, um ihn zu holen und hießen ihn, sich anzuziehen. Endlich das Verhör, oder? Er dachte an den sabbernden Oserer und duckte sich. Er bestand darauf, sich zu waschen, und brachte alle Klettverschlüsse und Ärmel- wie Hosenaufschläge seiner RangerUniform so langsam und bedächtig in Ordnung, bis die Wachen ungeduldig vom einen Fuß auf den anderen zu treten und mit den Fingern vielsagend auf die Schockstäbe zu klopfen begannen.

Auch er würde in Kürze ein sabbernder Narr sein. Andrerseits, was konnte er möglicherweise zu diesem Zeitpunkt noch unter Schnell-Penta sagen, das die Sache noch schlimmer machen würde? Cavilo wußte doch schon alles, soweit er es sagen konnte. Er schüttelte die Griffe der Wachen ab und marschierte zwischen ihnen aus dem Schiffsgefängnis mit all der einsamen Würde, die er aufbieten konnte.

Sie führten ihn durch das nächtlich dämmerige Schiff und verließen ein Liftrohr an einer Stelle, die mit ›G-Deck‹ bezeichnet war. Miles wurde hellwach. Gregor sollte hier irgendwo in der Nähe sein … Sie kamen zu einer Kabinentür, die nur die Aufschrift ›10A‹ trug, die Wachen tippten am Schloß den Code für die Bitte um Erlaubnis zum Eintreten ein. Die Tür glitt zur Seite.

Cavilo saß am Komkonsolenpult, ein Lichtkegel ließ in dem düsteren Raum ihr weißblondes Haar glänzen und leuchten. Sie befanden sich jetzt offensichtlich im persönlichen Büro der Kommandantin, das sich an ihre Unterkunft anschloß. Miles suchte mit Augen und Ohren nach Anzeichen der Anwesenheit des Kaisers.

Cavilo war in voller Montur, in ihrer gepflegten Arbeitsuniform. Wenigstens war Miles nicht der einzige, der zur Zeit wenig Schlaf hatte, er stellte sich optimistisch vor, daß sie ein bißchen müde wäre. Sie legte einen Betäuber auf ihr Pult, bedenklich bereit für ihre rechte Hand, und entließ die Wachen. Miles reckte den Hals und hielt nach dem Hypospray Ausschau. Sie streckte sich und lehnte sich zurück. Der Duft ihres Parfüms, ein frischerer, herberer, weniger nach Moschus riechender Duft als der, den sie als Livia Nu getragen hatte, ging von ihrer weißen Haut aus und kitzelte Miles’ Nase. Er schluckte.

»Setzen Sie sich, Lord Vorkosigan.«

Er setzte sich auf den Stuhl, auf den sie gezeigt hatte, und wartete. Sie beobachtete ihn mit einem abwägenden Blick. Seine Nasenlöcher begannen abscheulich zu jucken. Er hielt die Hände unten und möglichst still. Die erste Frage dieses Gesprächs sollte ihn nicht mit dem Finger in der Nase erwischen.

»Ihr Kaiser ist in schrecklichen Schwierigkeiten, kleiner VorLord. Um ihn zu retten, müssen Sie zu den Oserischen Söldnern zurückkehren und sie wieder übernehmen. Wenn Sie dort wieder das Kommando haben, werden wir weitere Instruktionen übermitteln.«

Miles stutzte. »Gefahr von wem?«, stieß er hervor. »Von Ihnen?«

»Überhaupt nicht! Greg ist mein bester Freund. Die Liebe meines Lebens, zumindest. Ich würde alles für ihn tun. Ich würde sogar meine Karriere aufgeben.« Sie lächelte scheinheilig.

Miles verzog angewidert den Mund, Cavilo grinste.

»Wenn es Ihnen einfällt, den Aktionen irgendeinen anderen Verlauf zu geben, statt Ihre Instruktionen auf den Buchstaben zu befolgen, nun dann könnte Greg in unvorstellbare Schwierigkeiten kommen. In die Hände seiner schlimmsten Feinde.«

Schlimmer als Sie? Nicht möglich … — oder doch?

»Warum wollen Sie, daß ich die Leitung der Dendarii Söldner übernehme?«

»Das kann ich Ihnen nicht sagen.« Ihre Augen weiteten sich, sie funkelten geradezu ob ihres privaten, ironischen Scherzes. »Es ist eine Überraschung.«

»Was würden Sie mir geben, um dieses Unternehmen zu unterstützen?«

»Transport zur Aslund-Station.«

»Was sonst? Truppen, Geschütze, Schiffe, Geld?«

»Man hat mir gesagt, Sie könnten es mit Ihrem Grips allein schaffen. Das möchte ich gern sehen.«

»Oser wird mich umbringen. Er hat es schon einmal versucht.«

»Das Risiko muß ich eingehen.«

Dieses ›ich‹ habe ich wirklich gern, Lady. »Sie wollen, daß ich umgebracht werde«, war Miles Schlußfolgerung. »Was ist, wenn ich statt dessen Erfolg habe?« Seine Augen begannen zu tränen, er schniefte. Bald würde er seine Nase reiben müssen, sie juckte wie verrückt.

»Der Schlüssel der Strategie, kleiner Vor«, erklärte sie liebenswürdig, »ist nicht, einen Pfad zum Sieg zu wählen, sondern es so einzurichten, daß alle Pfade zu einem Sieg führen. Idealerweise. Ihr Tod hat einen Nutzen für mich, Ihr Erfolg einen anderen. Ich will betonen, daß jeder verfrühte Versuch, mit Barrayar Kontakt aufzunehmen, sich als sehr kontraproduktiv erweisen könnte. Sehr.«

Einen hübschen Aphorismus über Strategie hatte sie da von sich gegeben; den würde er sich merken müssen. »Lassen Sie mich dann meinen Marschbefehl von meinem eigenen Oberbefehlshaber hören. Lassen Sie mich mit Gregor sprechen.«

»Ach, das wird Ihre Belohnung sein, wenn Sie Erfolg haben.«

»Der letzte Kerl, der diesen Satz geglaubt hat, wurde für seine Leichtgläubigkeit in den Hinterkopf geschossen. Was halten Sie davon, wenn wir uns weitere Schritte sparen und Sie mich einfach jetzt auf der Stelle erschießen?« Er blinzelte und schniefte, an der Innenseite seiner Nase liefen jetzt Tränen herab.

»Ich will Sie nicht erschießen.« Sie zwinkerte ihm doch tatsächlich zu.

Dann richtete sie sich auf und runzelte die Stirn. »Wirklich, Lord Vorkosigan, ich hatte kaum erwartet, daß Sie sich in Tränen auflösen.«

Er atmete tief ein, seine Hände machten eine hilflose, flehentliche Geste. Bestürzt warf sie ihm ein Taschentuch aus ihrer Brusttasche zu. Ein Taschentuch mit dem frischen Duft. Da er nichts anderes zur Hand hatte, preßte er das Tuch gegen sein Gesicht.

»Hören Sie auf zu weinen, Sie Feig…« Ihr scharfer Befehl wurde von seinem ersten gewaltigen Niesen unterbrochen, gefolgt von einer Salve schneller Wiederholungen.

»Ich weine nicht, Sie Miststück, ich bin allergisch gegen Ihr gottverdammtes Parfüm!«, konnte Miles zwischen den Anfällen hervorstoßen.

Sie hielt ihre Hand an die Stirn und brach in Gekicher aus, zur Abwechslung war es echtes Gekicher, keine gekünstelte Masche.

Endlich die echte, spontane Cavilo, er hatte recht gehabt, ihr Sinn für Humor war übel. »Oh, mein Lieber«, keuchte sie, »das bringt mich auf die großartigste Idee für eine Gasgranate. Schade, daß ich nie … na ja, gut.«

Seine Nebenhöhlen pochten wie Kesselpauken. Sie schüttelte hilflos den Kopf und tippte etwas an ihrer Komkonsole ein.

»Ich denke, ich sollte Sie möglichst schnell auf die Reise schicken, bevor Sie explodieren«, sagte sie.

Als er sich auf seinem Stuhl niesend nach vorn beugte, fiel sein wässeriger Blick auf seine braunen Filzpantoffeln. »Kann ich wenigstens ein Paar Stiefel für diese Reise haben?«

Sie schürzte die Lippen für einen Augenblick des Nachdenkens.

»Nein«, entschied sie dann. »Es wird interessanter sein zu sehen, wie Sie genau so weiterkommen, wie Sie jetzt sind.«

»In dieser Uniform werde ich auf Aslund auffallen wie ein bunter Hund«, protestierte er. »Ohne Warnung aus Versehen niedergeschossen.«

»Aus Versehen … mit Absicht … du meine Güte, Sie werden eine interessante Zeit haben.« Sie tippte den Code zum Öffnen des Türschlosses ein.

Er nieste und keuchte immer noch, als Wachen kamen, um ihn wegzubringen. Cavilo lachte hinter ihm drein.


Es dauerte eine halbe Stunde, bis die Wirkungen ihres giftigen Parfüms nachließen, zu diesem Zeitpunkt war er eingesperrt in einer winzigen Kabine an Bord eines Schiffs für Innersystemverkehr. Sie waren über eine Schleuse der Kurins Hand an Bord gegangen, er hatte nicht einmal mehr den Fuß auf die VervainStation gesetzt. Keine Chance für einen Fluchtversuch.

Er untersuchte die Kabine. Ihr Bett und ihre Toiletteneinrichtung erinnerten sehr an seine letzte Zelle. Dienst im Weltraum, ha! Die unermeßlichen Perspektiven des riesigen Universums, ha! Der Ruhm der Kaiserlichen Streitkräfte — nicht-ha! Er hatte Gregor verloren … Ich mag klein sein, aber ich vermassele alles in großen Dimensionen, weil ich auf den Schultern von RIESEN stehe.

Er versuchte es mit Schlägen gegen die Tür und Schreien in die Bordsprechanlage. Niemand kam.

Es ist eine Überraschung.

Er könnte sie alle überraschen, indem er sich aufhängte. Für kurze Zeit erschien ihm diese Vorstellung attraktiv. Aber es gab nichts, was hoch genug war, daß er seinen Gürtel daran hätte befestigen können.

In Ordnung. Dieses Schiff vom Typ eines Kuriers war schneller als der schwerfällige Frachter, in dem er und Gregor letztes Mal drei Tage gebraucht hatten, um das System zu durchqueren, aber es würde nicht sofort dort ankommen. Er hatte wenigstens anderthalb Tage Zeit, um ernsthaft nachzudenken — er und Admiral Naismith.

Es ist eine Überraschung. Gott!

Ein Offizier und ein Wächter kamen ihn holen, und zwar ziemlich nahe dem Zeitpunkt, den Miles für ihre Ankunft an der Verteidigungsperipherie der Aslund-Station geschätzt hatte. Aber wir haben noch nicht angedockt. Das erscheint mir verfrüht.

Sein erschöpftes Nervensystem reagierte immer noch auf einen Adrenalinstoß, er atmete tief ein und versuchte, sein von Wahngedanken vernebeltes Hirn freizumachen, um wieder hellwach zu werden. Noch mehr von diesen Verwicklungen, dann würde allerdings keine Adrenalinmenge mehr ihm etwas Gutes tun. Der Offizier führte ihn durch die kurzen Korridore des kleinen Schiffs zum Navigationsraum.

Der Ranger-Kapitän war anwesend, er beugte sich über die Kommunikationskonsole, die mit seinem zweiten Offizier besetzt war.

Der Pilot und der Flugingenieur waren an ihren Plätzen beschäftigt.

»Wenn sie an Bord gehen, werden sie ihn verhaften, und damit wird er automatisch abgeliefert sein wie befohlen«, sagte der zweite Offizier.

»Wenn sie ihn verhaften, dann könnten sie auch uns verhaften. Sie hatte gesagt, wir sollten ihn einschleusen, und es war ihr egal, ob mit Kopf oder Füßen zuerst. Sie hat nicht befohlen, daß wir uns internieren lassen«, sagte der Kapitän.

Aus der Kommunikationsanlage ertönte eine Stimme: »Hier spricht Patrouillenschiff Ariel von den Vertragshilfstruppen von Aslund. Wir rufen C6-WG, unterwegs von der Naben-Station von Vervain. Stellen Sie Ihre Beschleunigung ein, und bereiten Sie Ihre Backbordschleuse vor, damit das Team für die Inspektion vor dem Andocken an Bord gehen kann.« Du Stimme nahm einen fröhlichen Ton an. »Ich behalte mir das Recht vor, das Feuer zu eröffnen, wenn Sie nicht binnen einer Minute Ihre Triebwerke abschalten und unsere Anweisungen befolgen. Ihr habt uns lange genug hingehalten, Jungs.«

Als die Stimme ironisch wurde, kam sie Miles auf einmal höchst bekannt vor. Bei?

»Stoppt die Beschleunigung«, befahl der Kapitän und gab dem zweiten Offizier ein Zeichen, den Kommunikationskanal abzuschalten. »Hallo Sie, Rotha«, rief er zu Miles. »Kommen Sie hier herüber.«

Also bin ich wieder ›Rotha‹. Miles setzte ein öliges Lächeln auf und rückte näher heran. Er faßte den Projektor ins Auge und bemühte sich, sein gieriges Interesse zu verbergen. Die Ariel? Ja, da war er auf dem Vid-Display, der elegante Kreuzer, auf Illyrica gebaut …

Kommandierte ihn noch Bei Thorne? Wie kann ich auf dieses Schiff gelangen?

»Schmeißen Sie mich nicht hier raus!«, protestierte Miles eindringlich. »Die Oserer wollen mir an den Kragen. Ich schwöre, ich wußte nicht, daß die Plasmabögen defekt waren!«

»Was für Plasmabögen?«, fragte der Kapitän.

»Ich bin Waffenhändler. Ich habe ihnen ein paar Plasmabögen verkauft. Billig. Es stellte sich heraus, daß sie eine Tendenz zum Blockieren bei Überbelastung haben und dann die Hand ihres Benutzers wegpusten. Ich wußte das nicht, ich hatte sie en gros eingekauft.«

Die rechte Hand des Ranger-Kapitäns öffnete und schloß sich in einer Geste des Nachempfindens. Unbewußt rieb er seine Handfläche an den Hosen ab, hinter seinem Plasmabogenhalfter. Er musterte Miles und blickte säuerlich drein.

»Also mit dem Kopf zuerst«, sagte er nach einem Augenblick. »Leutnant, Sie und der Korporal nehmen diesen kleinen Mutanten zur Personalschleuse auf Backbord, packen ihn in ein Bodpod und werfen ihn hinaus. Wir fahren heim.«

»Nein«, sagte Miles schwach, als jeder von den beiden ihn bei einem Arm nahm. Ja! Er ließ seine Füße schleifen und achtete darauf, daß er nicht soviel Widerstand leistete, daß er seine Knochen gefährdete. »Ihre werdet mich nicht in den Raum hinauswerfen …!« Die Ariel, mein Gott …

»Oh, die Aslunder-Söldner werden Sie auffischen«, sagte der Kapitän. »Vielleicht. Falls sie nicht zu dem Schluß kommen, Sie seien eine Bombe, und dann versuchen. Sie im Raum detonieren zu lassen, mit Plasmafeuer von ihrem Schiff aus oder sowas.«

Bei dieser Vorstellung grinste er, dann drehte er sich wieder zur Kommunikationsanlage und begann einen gelangweilten Singsang für die Flugsicherung: »Ariel … ah … hier ist die C6WG. Wir haben entschieden … äh … unseren registrierten Flugplan zu ändern und zur Vervain-Station zurückzukehren. Wir haben deshalb keinen Bedarf für eine Inspektion vor dem Andocken. Wir lassen Ihnen jedoch ein … äh … kleines Abschiedsgeschenk zurück. Sehr klein. Was Sie damit machen wollen, ist Ihr Problem …«

Die Tür des Navigationsraums schloß sich hinter ihnen. Ein paar Meter Korridor und eine scharfe Wendung brachten Miles und seine Betreuer zu einer Personalluke. Der Korporal hielt Miles, der sich wehrte; der Leutnant öffnete einen Spind und holte ein Bodpod heraus.

Das Bodpod war eine billige aufblasbare LebenserhaltungsEinheit, die dafür konstruiert war, daß gefährdete Passagiere sie binnen Sekunden betreten konnten, entweder bei Notfällen mit dem Luftdruck oder zum Verlassen des Schiffes. Das Bodpod wurde auch Idiotenballon genannt. Bedienungskenntnisse waren dafür nicht erforderlich, da es keine Steuereinrichtungen besaß, nur eine Luftaufbereitungsanlage, die ein paar Stunden durchhielt, und einen Ortungspiepser. Passiv, idiotensicher und nicht für Klaustrophobe empfohlen, war das Bodpod sehr kosteneffektiv beim Retten von Menschenleben — wenn geeignete Rettungsschiffe rechtzeitig eintrafen.

Miles ließ einen echt klingenden Schrei los, als er in das dumpfige, nach Plastik riechende Innere des Bodpods gesteckt wurde. Ein Ruck an der Reißleine, und es schloß sich automatisch und wurde ebenso automatisch aufgeblasen. Miles erlebte eine kurze, schreckliche Rückerinnerung an das im Schlamm versunkene Blasenzelt auf der Insel Kyril und würgte einen echten Aufschrei zurück. Er wurde herumgeschleudert, als die Ranger das Bodpod in die Luftschleuse rollten. Ein Zischen, ein dumpfer Schlag, ein Ruck — und er befand sich schon im freien Fall in pechschwarzer Dunkelheit.

Das kugelförmige Bodpod hatte einen Durchmesser von wenig mehr als einem Meter. Miles saß zusammengekrümmt und tastete um sich, wobei sein Magen und sein Innenohr gegen den Drall protestierten, den die Kugel durch den Stoß nach draußen mitbekommen hatte, bis seine zitternden Finger etwas fanden, das, wie er hoffte, ein Kaltlichtrohr war. Er drückte es und wurde mit einem ekelhaft grünlichen Leuchten belohnt.

Tiefes Schweigen herrschte, abgesehen von dem leisen Zischen des Luftrecyclers und Miles’ stoßweisem Atem. Nun ja … es ist besser als beim letzten Mal, als jemand versuchte, mich zu einer Luftschleuse hinauszustoßen. Er hatte einige Minuten Zeit, um sich all die möglichen Aktionen auszumalen, die die Ariel unternehmen könnte, anstatt ihn aufzulesen. Er hatte sich gerade mit Gänsehaut vorgestellt, wie das Schiff das Feuer auf ihn eröffnete, und ging über zum Erstickungstod in kalter Dunkelheit, als er und sein Bodpod von einem Traktorstrahl angezogen wurden.

Der Bediener des Traktor-Strahls war offensichtlich ein Tolpatsch und litt an Schüttellähmung, aber nach ein paar Minuten des Herumjonglierens zeigte die Rückkehr von Schwerkraft und Außengeräuschen Miles an, daß er sicher in eine funktionierende Luftschleuse verfrachtet worden war. Das Zischen der Innentür; verzerrte menschliche Stimmen. Ein weiterer Augenblick, und der Idiotenballon begann zu rollen. Er schrie laut auf und kauerte sich kugelförmig zusammen, um mit seiner Hülle zu rollen, bis die Bewegung aufhörte. Er setzte sich auf, holte tief Atem und versuchte seine Uniform zu ordnen.

Gedämpfte Schläge gegen die Außenwand des Bodpods.

»Ist da drin jemand?«

»Ja!«, rief Miles zurück.

»Eine Minute noch …«

Quietschen, Klirren, dann ein reißendes Knirschen, als der Verschluß aufgebrochen wurde. Das Bodpod begann zusammenzusinken, als die Luft daraus entwich. Miles bahnte sich seinen Weg aus den Falten des Bodpods und stand wackelig da, mit all der Unbeholfenheit und Würdelosigkeit eines frisch ausgebrüteten Kükens.

Er befand sich in einem kleinen Frachtraum. Drei grauweiß uniformierte Soldaten standen in einem Kreis um ihn herum und zielten mit Betäubern und Nervendisruptoren auf seinen Kopf. Ein schlanker Offizier mit Kapitänsabzeichen, einen Fuß auf einen Kanister gestützt, beobachtete, wie Miles aus dem Bodpod hervorkam.

Die schmucke Uniform und das weiche braune Haar des Offiziers gaben keinen Hinweis, ob man auf einen grazilen Mann oder eine ungewöhnlich entschlossene Frau blickte. Diese Zweideutigkeit war bewußt kultiviert: Bei Thorne war ein betanischer Hermaphrodit, Angehöriger einer Minderheit und Nachkomme eines sozio-genetischen Experiments, das vor einem Jahrhundert stattgefunden, sich aber nicht durchgesetzt hatte. Thornes Gesichtsausdruck wandelte sich von Skepsis zu Erstaunen, als Miles zum Vorschein kam.

Miles grinste zurück. »Hallo, Pandora. Die Götter haben euch ein Geschenk geschickt. Aber da ist ein Haken dabei.«

»Ist nicht immer einer dabei?« Thornes Gesicht leuchtete freudig auf, er trat vor und faßte Miles mit übersprudelnder Begeisterung um die Taille. »Miles!«

Thorne ließ Miles wieder los und blickte wißbegierig auf sein Gesicht herab. »Was tust du hier?«

»Irgendwie habe ich mir gedacht, daß dies deine erste Frage sein würde«, seufzte Miles.

»… und was tust du in der Ranger-Kleidung?«

»Meine Güte, bin ich froh, daß du nicht zu den Typen gehörst, die zuerst schießen und dann fragen.« Miles befreite seine pantoffelgekleideten Füße aus dem zusammengesunkenen Bodpod. Die Soldaten zielten, etwas unsicher, immer noch auf ihn.

»Ach …«, Miles zeigte auf sie.

»Zieht euch zurück, Leute«, befahl Thorne. »Es ist alles in Ordnung.«

»Ich wünsche, das wäre wahr«, sagte Miles. »Bei, wir müssen miteinander reden.«

In Thornes Kabine an Bord der Ariel erlebte Miles die gleiche schmerzliche Mischung von Vertrautheit und Wandel, die ihm in allen Söldnerdingen begegnet war. Das Aussehen, die Geräusche, die Gerüche des Innern der Ariel lösten Sturzfluten von Erinnerungen aus.

Die Kapitänskabine war jetzt mit Beis persönlichen Habseligkeiten angefüllt: Vid-Bibliothek, Waffen, Erinnerungsstücke an Kampfeinsätze (darunter der halbgeschmolzene Helm einer Raumrüstung, der zu Schlacke geworden war, als er Thornes Leben gerettet hatte, und jetzt als Lampe diente), ein kleiner Käfig, der ein exotisches Haustier von der Erde beherbergte, das Thorne einen Hamster nannte.

Thorne bereitete Miles eine Tasse aus seinem privaten Vorrat an nichtsynthetischem Tee. Zwischen den einzelnen Schlucken erzählte Miles Thorne die Admiral-Naismith-Version der Realität, sehr ähnlich derjenigen, die er Oser und Tung erzählt hatte: der Auftrag der Einschätzung der Hegen-Nabe, der mysteriöse Auftraggeber usw.

Gregor wurde darin natürlich verschwiegen, ebenso jeder Hinweis auf Barrayar. Miles Naismith sprach mit einem rein betanischen Akzent.

Andrerseits hielt sich Miles so nahe, wie er konnte, an die Fakten seines Aufenthalts bei Randall’s Rangers.

»Also ist Leutnant Lake von unseren eigenen Konkurrenten geschnappt worden«, sagte Thorne nachdenklich nach Miles’ Beschreibung des blonden Leutnants, dem er im Schiffsgefängnis auf der Kurins Hand begegnet war. »Könnte keinem netteren Burschen passieren, aber — wir sollten besser wieder unsere Codes ändern.«

»Ganz recht.« Miles setzte seine Tasse ab und beugte sich vor. »Ich war von meinem Auftraggeber nicht nur autorisiert zu beobachten, sondern auch, Krieg in der Hegen-Nabe zu verhindern, wenn möglich.« Nun ja, gewissermaßen. »Ich fürchte, das wird nicht länger möglich sein. Wie sieht das von deiner Seite aus?«

Thorne runzelte die Stirn. »Wir waren vor fünf Tagen das letzte Mal im Dock. Das war, als die Aslund sich diese Inspektion vor dem Andocken ausgedacht haben. Alle kleineren Schiffe wurden diesbezüglich zum Dienst rund um die Uhr vergattert. Da sich jetzt ihre militärische Station der Fertigstellung nähert, werden unsere Auftraggeber immer nervöser im Hinblick auf Sabotage — Bomben, biologische Waffen …«

»Darüber möchte ich mich nicht streiten. Wie steht es mit … hm … internen Angelegenheiten der Flotte.«

»Du meinst die Gerüchte von deinem Tod, deinem Leben und/oder deiner Auferstehung? Sie sind alle erledigt, vierzehn verzerrte Versionen. Ich hätte nichts darauf gegeben — du bist schon früher mal gesichtet worden, weißt du —, aber dann hat Oser plötzlich Tung verhaftet.«

»Was?« Miles biß sich auf die Lippe. »Nur Tung? Nicht Elena, Mayhew, Chodak?«

»Nur Tung.«

»Das gibt keinen Sinn. Wenn er Tung verhaftet hat, dann würde er ihn unter Schnell-Penta verhört haben, und der müßte dann Elena verpfiffen haben. Es sei denn, sie ist als Köder frei geblieben.«

»Die Lage wurde wirklich gespannt, als Tung verhaftet wurde. Explosiv. Ich glaube, wenn Oser gegen Elena und Baz vorgegangen wäre, dann hätte das schon den Krieg ausgelöst. Aber er hat keinen Rückzieher gemacht und Tung nicht wieder eingesetzt. Alles ist sehr instabil. Oser bemüht sich, den alten inneren Kreis getrennt zu halten, das ist der Grund, weshalb ich schon fast eine ganze verdammte Woche hier draußen bin. Aber das letztenmal, als ich Baz sah, da war er so gereizt, daß er fast nahe dran war zu kämpfen. Und das war eigentlich das letzte, was er tun wollte.«

Miles atmete langsam und bedächtig aus. »Ein Kampf … ist genau das, was Kommandantin Cavilo wünscht. Das ist der Grund, weshalb sie mich zurückgeschickt hat, als Geschenk eingepackt in diese … würdelose Verpackung. Das Bodpod der Zwietracht. Es ist ihr gleich, ob ich gewinne oder verliere, solange die Kräfte ihres Feindes sich in chaotischem Zustand befinden, sobald sie ihre Überraschung losläßt.«

»Hast du schon herausbekommen, worin ihre Überraschung besteht?«

»Nein. Die Rangers waren an einem bestimmten Punkt dabei, sich für eine Art Bodenangriff vorzubereiten, daß sie mich hierher geschickt haben, läßt vermuten, daß Aslund ihr Ziel ist, entgegen aller strategischen Logik. Oder etwas anderes? Die Gedanken dieser Frau sind unglaublich verdreht. Ha!« Er klopfte mit der Faust in einem nervösen Rhythmus in seine Hand. »Ich muß mit Oser reden. Und diesmal muß er mir zuhören. Ich habe darüber nachgedacht. Eine Kooperation zwischen uns ist möglicherweise die einzige Vorgehensweise, die Cavilo nicht erwartet und die nicht einen halb durchgesägten Ast ihres Strategiebaums für mich bereithält … Bist du bereit, dies alles für mich einzufädeln, Bei?«

Thorne verzog abwägend die Lippen. »Von hier aus, ja. Die Ariel ist das schnellste Schiff der Flotte. Ich kann der Vergeltung entkommen, wenn es sein muß.« Thorne grinste.

Sollten wir nach Barrayar abhauen? Nein — Cavilo hatte noch Gregor in ihrer Gewalt. Lieber den Eindruck erwecken, als folgte er ihren Anweisungen. Noch eine kleine Weile.

Miles holte lang Atem und ließ sich auf dem Sitz im Navigationsraum der Ariel nieder. Er hatte sich gründlich gereinigt und eine grau-weiße Söldneruniform von der kleinsten Frau auf dem Schiff ausgeborgt. Die hochgerollten Hosenaufschläge waren nicht zu sehen: hübsch in Stiefel gestopft, die fast paßten. Ein Gürtel überdeckte die Schließe, die am zu engen Hosenbund offenstand. Die lockere Jacke sah gut aus, wenn er sich hinsetzte. Die endgültigen Änderungen hatten Zeit für später. Er nickte Thorne zu. »In Ordnung. Mach deinen Kanal auf.«

Ein Summen, ein Glitzern, und Admiral Osers Falkengesicht erschien auf der Vidscheibe. »Ja, was ist los — Sie!« Sein Mund klappte zu wie ein Schnabel, seine Hand, an der Seite verschwommen sichtbar, tippte auf Tasten der Bordsprechanlage und auf die Vidschaltung.

Diesmal kann er mich nicht zur Luftschleuse hinauswerfen, aber er kann mich abstellen. Jetzt mußte schnell gesprochen werden.

Miles lehnte sich vor und lächelte. »Hallo, Admiral Oser. Ich habe meine Einschätzung der Streitkräfte der Vervani in der Hegen-Nabe abgeschlossen. Und meine Schlußfolgerung ist, daß Sie sich in großen Schwierigkeiten befinden.«

»Wie kommen Sie auf diesen gesicherten Kanal?«, knurrte Oser. »Dichtstrahl, doppelte Verschlüsselung … Kommunikationsoffizier, finden Sie das heraus!«

»Wie, das werden Sie erst in ein paar Minuten bestimmen können. Sie werden mich auf Sendung halten müssen, bis Sie es herausfinden«, sagte Miles. »Aber Ihr Feind befindet sich auf der Vervain-Station, nicht hier. Nicht auf Pol, nicht auf Jackson’s Whole. Und ganz sicher bin ich es nicht. Ist Ihnen aufgefallen, daß ich Vervain-Station gesagt habe, nicht Vervain. Kennen Sie Cavilo? Ihr Gegenstück auf der anderen Seite des Systems?«

»Ich bin ihr ein paarmal begegnet.«

Osers Gesicht war jetzt zurückhaltend, er wartete darauf, daß sein hektisch suchendes Technikerteam ihm Bericht erstattete.

»Gesicht wie ein Engel, Gemüt wie eine tollwütige Schleichkatze?«

Osers Lippen zuckten ganz leicht. »Sie sind ihr begegnet.«

»O ja. Cavilo und ich, wir hatten einige offene Aussprachen, die … äh … lehrreich waren. Informationen sind zur Zeit in der Nabe das wertvollste Handelsgut. Jedenfalls sind sie meins. Ich will einen Handel machen.«

Oser hielt die Hand hoch, zum Zeichen für eine Pause, und ging kurz offline. Als sein Gesicht wieder erschien, war sein Gesichtsausdruck düster.

»Kapitän Thorne, das ist Meuterei!«

Thorne lehnte sich in den Aufnahmebereich der Vidkamera und sagte munter: »Nein, Sir, ist es nicht. Wir versuchen Ihren undankbaren Hals zu retten, wenn Sie es erlauben. Hören Sie auf den Mann. Er hat Informationen, die wir nicht haben.«

»Er hat Informationen, nun gut«, und leise: »Verdammte Betaner, die halten zusammen …«

»Ob Sie nun mich bekämpfen oder ich Sie bekämpfe, Admiral Oser, wir verlieren beide«, sagte Miles schnell.

»Sie können nicht gewinnen«, sagte Oser. »Sie können nicht meine Flotte übernehmen. Nicht mit der Ariel.«

»Die Ariel wäre nur ein Anfang, wenn es dazu käme. Aber nein, ich kann vermutlich nicht gewinnen. Was ich tun kann, ist ein fürchterliches Durcheinander anrichten. Ihre Streitkräfte aufspalten — Ihre Beziehungen zu Ihrem Auftraggeber stören —, jede Waffenladung, die Sie verbrauchen, jedes Stück Ausrüstung, das beschädigt wird, jeder Soldat, der verletzt oder getötet wird, ist reiner Verlust bei einem inneren Kampf wie diesem. Niemand gewinnt, außer Cavilo, die nichts dafür aufwendet. Das ist genau der Grund, aus dem sie mich hierhergeschickt hat. Wieviel Profit erwarten Sie davon, daß Sie genau das tun, was Ihr Feind von Ihnen erwartet, na?«

Miles wartete atemlos. Osers Kiefer mahlten; er kaute an dieser leidenschaftlichen Argumentation. »Was ist Ihr Profit?«, fragte er schließlich.

»Aha. Ich fürchte, ich bin die gefährliche Variable in dieser Rechnung, Admiral. Ich bin nicht um des Profits willen dabei.« Miles grinste. »Deshalb ist es mir egal, was ich ruiniere.«

»Informationen, die Sie von Cavilo bekommen haben, sind alle nur Scheiße wert«, sagte Oser.

Er beginnt zu verhandeln — er zappelt am Haken, er zappelt am Haken! Miles schluckte einen Jubelschrei runter und bemühte sich um ein ernstes Gesicht.

»Alles, was Cavilo sagt, muß sicherlich mit großer Sorgfalt gesiebt werden. Aber, ah … Schönheit ist, was Schönheit tut. Und ich habe ihre verwundbare Seite herausgefunden.«

»Cavilo hat keine verwundbare Seite.«

»Doch, sie hat eine. Ihre Leidenschaft für Ertrag. Ihr Erwerbssinn.«

»Ich kann nicht sehen, wie sie das verwundbar macht.«

»Das ist ja genau der Grund, weshalb Sie mich sofort in Ihren Stab aufnehmen müssen. Sie brauchen meinen Weitblick.«

»Sie engagieren!« Oser zuckte erstaunt zurück.

Nun, Miles hatte auf jeden Fall eine Überraschung erreicht. So etwas wie ein militärisches Ziel. »Ich habe gehört, der Posten des Stabschefs für Taktik sei jetzt frei.«

Osers Gesichtsausdruck wechselte von Erstaunen über Verblüffung zu einer Art amüsierter Wut.

»Sie sind verrückt.«

»Nein, nur in schrecklicher Eile. Admiral, zwischen uns ist nichts unwiderruflich schiefgegangen. Noch nicht. Sie haben mich angegriffen — nicht umgekehrt —, und jetzt erwarten Sie, daß ich Sie meinerseits angreife. Aber ich bin nicht im Urlaub, und ich habe keine Zeit zu verschwenden für so persönliche Vergnügen wie Rache.«

Osers Augen verengten sich.

»Was ist mit Tung?«

Miles hob die Schultern. »Lassen Sie ihn vorerst eingesperrt, wenn Sie darauf bestehen. Unversehrt natürlich.« Nur sagen Sie ihm nicht, daß ich das gesagt habe.

»Nehmen wir mal an, ich lasse ihn aufhängen.«

»Ach … das wäre unwiderruflich.« Miles hielt inne. »Ich möchte darauf hinweisen, Tung einzusperren ist, wie wenn Sie sich Ihre rechte Hand abhacken, bevor Sie in den Kampf gehen.«

»Welcher Kampf? Gegen wen?«

»Das ist eine Überraschung. Cavilos Überraschung. Allerdings habe ich ein paar Ideen zu diesem Problem entwickelt, die ich mitzuteilen bereit wäre.«

»Wären Sie?« Oser hatte den gleichen Gesichtsausdruck eines Mannes, der eine Zitrone aussaugt, den Miles dann und wann auf Illyans Gesicht hervorgerufen hatte. Dieser Ausdruck kam Miles fast heimatlich vertraut vor.

Miles fuhr fort: »Als Alternative dazu, daß ich von Ihnen engagiert werde, bin ich bereit, Ihr Auftraggeber zu werden. Ich bin autorisiert, Ihnen einen soliden Vertrag anzubieten, mit allem, was üblich ist: Vergütungen, Ersatz für Ausrüstung, Versicherung, von meinem … Sponsor.« Illyan, hören Sie meine Bitte. »Das kollidiert nicht mit Aslunds Interessen. Sie können zweimal für den gleichen Kampf kassieren, und Sie müssen nicht einmal die Seiten wechseln. Der Traum eines Söldners.«

»Welche Garantien können Sie im voraus geben?«

»Es scheint mir, daß ich derjenige bin, der Anspruch auf eine Garantie hat, Sir. Lassen Sie uns mit kleinen Schritten beginnen. Ich werde keine Meuterei beginnen, Sie hören auf, mich aus Luftschleusen hinauszustoßen. Ich werde mich Ihnen offen anschließen — alle sollen wissen, daß ich angekommen bin —, und ich werde meine Informationen Ihnen zugänglich machen.«

Wie dünn seine Informationen erschienen in der Brise dieser windigen Versprechungen! Zahlen, keine Truppenbewegungen, alles Absichten, sich verschiebende mentale Topographien von Loyalität, Ehrgeiz und Verrat. »Wir werden miteinander konferieren. Sie mögen vielleicht sogar einen Aspekt kennen, der mir fehlt. Dann machen wir von dort aus weiter.«

Oser preßte die Lippen zusammen, verwirrt, halb überredet, zutiefst mißtrauisch.

»Das Risiko, darauf möchte ich hinweisen«, sagte Miles, »das persönliche Risiko ist mehr auf meiner als auf Ihrer Seite.«

»Ich glaube …«

Miles wartete gespannt auf die Worte des Söldners.

»Ich glaube, das werde ich bereuen«, seufzte Oser.


Es brauchte noch einen halben Tag ausführlicher Verhandlungen, nur um die Ariel ins Dock zu bringen. Als die anfängliche Erregung sich legte, wurde Thorne nachdenklicher. Als die Ariel tatsächlich in ihre Halterung manövriert wurde, wurde Thorne ausgesprochen grüblerisch.

»Ich weiß immer noch nicht genau, was Oser davon abhalten soll, uns hereinzuholen, zu betäuben und in aller Ruhe aufzuhängen«, sagte Thorne, während er eine Seitenwaffe anschnallte, mit gedämpfter Stimme aus Rücksicht auf die Ohren des Begleitkommandos, das sich in der Nähe im Fährenlukenkorridor der Ariel bereitmachte.

»Neugier«, sagte Miles zuversichtlich.

»Also gut, dann halt betäuben, mit Schnell-Penta behandeln und aufhängen.«

»Wenn er mich unter Schnell-Penta verhört, dann werde ich ihm genau die Fakten sagen, die ich ihm sowieso sagen wollte.« Und leider noch ein paar mehr. »Und er wird weniger Zweifel haben. Also um so besser.«

Das Klirren und Zischen des Einrastens der Anschlußrohre bewahrte Miles davor, noch mehr leeres Gerede von sich zu geben. Thornes Sergeant löste ohne Zögern die Klammern der Luke, allerdings achtete er auch sorgfältig darauf, nicht als Silhouette in der Öffnung zu stehen, wie Miles bemerkte.

»Kommando antreten!«, befahl der Sergeant. Seine sechs Leute überprüften ihre Betäuber. Thorne und der Sergeant trugen zusätzlich noch Nervendisruptoren, eine fein berechnete Mischung von Waffen: Betäuber, um menschliche Irrtümer einzukalkulieren, die Nervendisruptoren, um die andere Seite dazu zu bringen, keine Fehler zu riskieren. Miles ging unbewaffnet. Er hatte in Gedanken vor Cavilo salutiert — nun ja, mit einer derben Geste allerdings — und seine Filzpantoffeln wieder angezogen. Mit Thorne an seiner Seite übernahm er die Führung der kleinen Prozession und marschierte durch die Anschlußröhre in eine der fast fertiggestellten Andockbuchten der militärischen Station von Aslund.

Seinem Wort getreu hatte Oser eine Gruppe von Zeugen aufgestellt und wartete mit ihnen. Das Kommando von etwa zwanzig Leuten trug eine Mischung von Waffen, die fast der der Gruppe von der Ariel glich.

»Wir sind in der Minderheit«, murmelte Thorne.

»Es hängt alles vom Geist ab«, antwortete Miles murmelnd. »Marschiere, als hättest du ein ganzes Imperium hinter dir.« Und schau nicht über die Schulter zurück, es könnte uns vielleicht einholen. Es sollte uns lieber einholen. »Je mehr Leute mich sehen, um so besser.«

Oser stand wartend in Rührt-euch-Haltung und sah ausgesprochen mürrisch drein. Elena — Elena! — stand an seiner Seite, unbewaffnet, mit erstarrtem Gesicht. Sie preßte die Lippen aufeinander und blickte ihn angespannt voller Mißtrauen an, vielleicht Mißtrauen nicht gegenüber seinen Motiven, aber gewiß gegenüber seinen Methoden. Was für eine Torheit ist das jetzt? fragten ihre Augen. Miles nickte ihr ganz kurz ironisch zu, bevor er vor Oser salutierte.

Widerstrebend erwiderte Oser den militärischen Gruß. »Nun ›Admiral‹ — kehren wir zur Triumph zurück, und kommen wir zum Geschäft«, sagte er heiser.

»In der Tat, ja. Aber machen wir doch zuerst unterwegs einen kleinen Rundgang durch die Station? Natürlich durch die Bereiche, die nicht der obersten Geheimhaltungsstufe unterliegen. Meine letzte Besichtigung wurde nämlich so … ah … unsanft unterbrochen. Nach Ihnen, Admiral?«

Oser knirschte mit den Zähnen. »Oh, nach Ihnen, Admiral.«

Es wurde eine Parade daraus. Miles führte sie gut fünfundvierzig Minuten herum, darin eingeschlossen war ein Gang durch die Cafeteria während der mittäglichen Stoßzeit mit verschiedenen geräuschvollen Unterbrechungen, um die wenigen alten Dendarii, die er erkannte, mit Namen zu grüßen und den anderen ein strahlendes Lächeln zu schenken.

In seinem Kielwasser gab es Gerede: die Unwissenden suchten Erklärungen bei den Wissenden. Eine Aslunder Arbeitsmannschaft war damit beschäftigt, Faserstoffplatten aus der Wand zu reißen, und er hielt an, um ihnen Komplimente wegen ihrer Arbeit zu machen.

Als Oser einen Augenblick abgelenkt war, ergriff Elena die Gelegenheit, sich niederzubeugen und grimmig in Miles’ Ohr zu flüstern: »Wo ist Gregor?«

»Daran hängt — hänge ich, wenn ich es nicht schaffe, ihn zurückzubringen«, flüsterte Miles zurück. »Zu kompliziert, erzähl ich dir später.«

»O Gott.« Sie rollte mit den Augen.

Als er, nach Osers zunehmend finsterer werdendem Gesicht zu urteilen, fast die Grenze von dessen arg beanspruchter Duldsamkeit erreicht hatte, duldete Miles es seinerseits, wieder zur Triumph geführt zu werden. Cavilos Befehlen gehorchend, hatte Miles keinen Versuch unternommen, Kontakt mit Barrayar aufzunehmen. Aber wenn Ungari ihn nach diesem Spektakel nicht finden konnte, dann war es Zeit, diesen Mann zu feuern. Ein Prärievogel, der einen verrückten Paarungstanz auf den Boden trommelt, hätte kaum ein auffälligeres Schauspiel darbieten können.

Die letzten Handgriffe des Aufbaus waren in der Andockbucht der Triumph noch im Gange, als Miles mit seiner Parade dort durchkam. Ein paar Aslunder Arbeiter in Gelbbraun, Hellblau und Grün lehnten sich herüber, um von den Laufplanken herunterzuglotzen. Militärtechniker in ihren dunkelblauen Uniformen hielten mitten in der Installation inne, um ihn anzustarren, danach mußten sie ihre Verbindungen neu sortieren und ihre Schrauben neu festziehen. Miles unterließ es zu lächeln und zu winken, damit nicht Osers zusammengebissene Zähne abbrachen. Kein Ködern mehr, jetzt war es Zeit, ernsthaft zu werden. Die ungefähr dreißig Söldner konnten beim nächsten Rollen des Würfels sich von einer Ehrenwache in eine Gefängniswache verwandeln.

Thornes großer Sergeant, der neben Miles ging, schaute sich in der Bucht um und bemerkte, daß einiges neu eingebaut war. »Die Laderoboter sollten morgen um diese Zeit vollautomatisch funktionieren«, merkte er an. »Das wird eine Verbesserung sein — Scheiße!«

Seine Hand fiel plötzlich auf Miles’ Kopf und schob ihn nach unten. Der Sergeant drehte sich halb herum und griff nach seinem Halfter, als ihn der knisternde blaue Blitz einer Nervendisruptorladung voll in die Brust traf, und zwar in der Höhe, wo Miles’ Kopf gewesen war. Er zuckte krampfhaft zusammen, sein Atem stand still. Der Geruch von Ozon, heißem Plastik und verbranntem Fleisch drang an Miles’ Nase.

Miles versuchte sich in Deckung zu werfen, schlug auf dem Boden auf, rollte davon. Ein zweiter Blitz klatschte auf das Deck, das von ihm ausgehende Feld stach wie zwanzig Wespen entlang Miles’ ausgestrecktem Arm. Miles zog ruckartig die Hand zurück. Als der Körper des Sergeanten zusammensackte, packte Miles die Jacke des Mannes und verbarg sich unter ihm, er vergrub seinen Kopf und sein Rückgrat dort, wo das Fleisch am kräftigsten war, unter dem Rumpf des Sergeanten.

Er zog seine Arme und Beine so eng an sich, wie er nur konnte. Ein weiterer Blitz knisterte in der Nähe in den Boden, dann trafen zwei kurz hintereinander den Körper des Sergeanten. Selbst mit der absorbierenden Masse dazwischen war es schlimmer als der Schlag eines Schockstabes mit Starkstrom.

Miles hörte Schreien, Plumpsen, Kreischen, Rennen, Chaos. Das zirpende Summen von Betäuberfeuer. Eine Stimme: »Er ist dort oben! Los, schnappt ihn!«, und eine andere Stimme, hoch und heiser. »Du hast ihn entdeckt, er gehört dir. Schnapp du ihn!« Noch ein Blitz traf das Deck.

Das Gewicht des großen Mannes und der Gestank seiner tödlichen Wunden drückten auf Miles’ Gesicht. Miles wünschte sich, der Kerl hätte noch weitere fünfzig Kilo Masse an sich gehabt. Kein Wunder, daß Cavilo bereit gewesen war, zwanzigtausend betanische Dollar für einen Schutzanzug zu zahlen.

Von all den abscheulichen Waffen, mit denen Miles je konfrontiert worden war, war diese wohl die persönlich schrecklichste. Eine Kopfverletzung, die ihn nicht ganz tötete, aber ihm sein Menschsein stahl und ihn als ein Tier oder eine Pflanze zurückließ, war der schlimmste Alptraum. Sein Intellekt war sicherlich die einzige Rechtfertigung für seine Existenz. Ohne ihn …

Das Knistern eines Nervendisruptors, der nicht auf ihn zielte, drang an sein Ohr. Miles drehte den Kopf, um zu schreien, gedämpft durch Stoff und Fleisch.

»Betäuber! Betäuber! Wir wollen ihn lebendig für ein Verhör!« Er gehört dir, schnapp du ihn … Er sollte sich unter diesem Körper hervorschieben und an dem Kampf teilnehmen. Aber wenn er das besondere Ziel des Attentäters war, und warum sollte man Ladungen in eine Leiche pumpen … Vielleicht sollte er doch bleiben, wo er war. Er wand sich und versuchte, seine Hände und Beine noch enger an sich zu ziehen.

Das Geschrei ebbte ab, das Schießen hörte auf. Jemand kniete neben ihm nieder und versuchte, den Körper des Sergeanten von Miles herunterzurollen. Miles brauchte einen Augenblick, bis er erkannte, daß er die Uniformjacke des Mannes loslassen mußte, damit er befreit werden konnte. Er hatte Schwierigkeiten, seine Finger auszustrecken.

Thornes Gesicht schwebte über ihm, bleich und heftig atmend.

»Bist du unverletzt, Admiral?«

»Ich glaube«, keuchte Miles.

»Er hat auf dich gezielt«, berichtete Thorne, »nur auf dich.«

»Das habe ich bemerkt«, stotterte Miles. »Ich bin nur leicht geröstet.«

Thorne half ihm, sich aufzusetzen. Miles zitterte so schlimm wie nach der Prügel mit dem Schockstab. Er betrachtete seine zuckenden Hände, berührte mit einer den Leichnam neben sich in morbidem Erstaunen.

Jeder Tag meines restlichen Lebens wird dein Geschenk sein. Und ich weiß nicht einmal deinen Namen. »Dein Sergeant — wie war sein Name?«

»Collins.«

»Collins. Danke.«

»Ein guter Mann.«

»Das habe ich bemerkt.«

Oser kam heran, er sah angespannt aus. »Admiral Naismith, damit habe ich nichts zu tun.«

»Oh?« Miles blinzelte. »Hilf mir hoch, Bei …«

Das mochte ein Fehler gewesen sein, denn Thorne mußte ihm dann helfen stehenzubleiben, während seine Muskeln zuckten. Er fühlte sich schwach, erschöpft wie ein Kranker. Elena — wo? Sie hatte keine Waffe …

Da war sie, mit einer weiteren Söldnerin. Sie schleppten einen Mann in der dunklen Uniform eines einfachen Aslunder Soldaten auf Miles und Oser zu. Jede der beiden Frauen hielt einen gestiefelten Fuß, die Arme des Mannes schleiften empfindungslos über das Deck. Betäubt? Tot?

Sie ließen die Füße mit einem Plumps neben Miles fallen, mit dem selbstverständlichen Gehabe von Löwinnen, die ihren Jungen Beute brachten. Miles blickte auf ein tatsächlich sehr bekanntes Gesicht hinab. General Metzov. Was tun Sie hier?

»Erkennen Sie diesen Mann?«, fragte Oser den Aslunder Offizier, der sich ihnen eilends angeschlossen hatte. »Ist er einer von euren Leuten?«

»Ich kenne ihn nicht …« Der Aslunder kniete sich nieder, um nach Ausweisen zu suchen. »Er hat einen gültigen Paß …«

»Er hätte mich umlegen können und wäre davongekommen«, sagte Elena zu Miles, »aber er feuerte dauernd auf dich. Du warst klug genug, dich nicht von der Stelle zu rühren.«

Ein Triumph seiner Intelligenz oder ein Versagen seiner Nerven? »Ja, ganz recht.«

Miles machte einen weiteren Versuch, selbst zu stehen, gab es auf und stützte sich auf Thorne. »Ich hoffe, du hast ihn nicht getötet.«

»Nur betäubt«, sagte Elena und hielt die Waffe zum Beweis hoch.

Irgend jemand Intelligenter mußte sie ihr zugeworfen haben, als das Durcheinander begann.

»Sein Handgelenk ist wahrscheinlich gebrochen.«

»Wer ist er?«, fragte Oser. Ganz ehrlich, sagte sich Miles.

»Nun ja, Admiral«, Miles fletschte die Zähne, »ich habe Ihnen gesagt, daß ich Ihnen mehr geheime Informationen geben würde, als Ihr Nachrichtendienst in einem Monat zusammenbringen kann. Darf ich Ihnen überreichen«, fast wie eine Vorspeise — Miles machte eine Geste, die an einen Kellner erinnern sollte, der eine Wärmeglocke von einem Silbertablett hob, aber vermutlich sah es nur wie eine weitere Muskelzuckung aus, »General Stanis Metzov, Stellvertretender Kommandant von Randall’s Rangers.«

»Seit wann verüben höhere Stabsoffiziere Attentate an der Front?«

»Entschuldigung, vor drei Tagen war er noch Stellvertretender Kommandant. Das kann sich geändert haben. Er steckte bis zu seinem sehnigen Hals in Cavilos Plänen. Sie, ich und er — wir werden eine Verabredung mit Hypospray haben.«

Oser starrte Miles an. »Haben Sie das geplant?«

»Was meinen Sie, warum ich die letzte Stunde damit verbracht habe, hier auf der Station herumzuflitzen, wenn nicht, um ihn herauszulocken?«, sagte Miles munter.

Er muß diese ganze Zeit hinter mir hergepirscht sein. Ich glaube, ich werde gleich kotzen. Habe ich gerade behauptet, brillant zu sein, oder unglaublich dumm?

Oser blickte drein, als versuchte er, die Antwort auf die gleiche Frage zu finden.

Miles blickte auf Metzovs bewußtlose Gestalt hinab und versuchte zu denken. War Metzov von Cavilo geschickt worden, oder war dieser Mordversuch ganz allein seine Idee? Falls von Cavilo geschickt — hatte sie geplant, daß er lebend in die Hände der Feinde fiel? Wenn nicht, war da noch ein zweiter Attentäter irgendwo in der Nähe, und falls dem so wäre, war sein Ziel Metzov, wenn Metzov erfolgreich war, oder Miles, wenn Metzov keinen Erfolg hatte? Oder beide? Ich muß mich hinsetzen und ein Flußdiagramm zeichnen.

Sanitätskommandos waren eingetroffen.

»Ja, zur Krankenstation«, sagte Miles matt. »Bis mein alter Freund hier aufwacht.«

»Ich bin damit einverstanden«, sagte Oser und schüttelte bestürzt den Kopf.

»Es ist besser, wenn Sie unserem Gefangenen außer einer Gefängniswache noch eine Schutzwache zuteilen. Ich weiß nicht, ob man beabsichtigt hatte, daß er die Gefangennahme überlebt.«

»Richtig«, stimmte Oser nachdenklich zu.

Mit einem Arm auf Thorne, mit dem anderen auf Elena gestützt, taumelte Miles heim in die Luke der Triumph.

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