10. In Haft

Auf Barsoom unterscheiden sich, wie ich gefunden habe, die Gasthäuser nicht sehr voneinander. Nur verheiratete Paare können für sich bleiben. Männer ohne ihre Frauen werden in einen großen Raum gebracht, dessen Boden meistens aus weißem Marmor oder Glas besteht, damit er makellos sauber gehalten werden kann. Hier gibt es zahlreiche kleine ein wenig erhöhte Podien für die Seiden und Pelze der Gäste, und wenn sie keine eigenen mitbringen, werden ihnen für einen geringen Preis sauber gewaschene zur Verfügung gestellt.

Hat ein Mann erst einmal seine Habseligkeiten auf einem solchen Podium abgestellt, dann ist er ein Gast des Hauses und diese Plattform gehört ihm, bis er abreist. Niemand stört oder belästigt ihn dort, und Diebe gibt es auf dem Mars nicht.

Mord ist das einzige, das zu befürchten wäre, und deshalb stellen die Besitzer der Gasthäuser und Hotels bewaffnete Wächter auf, die bei Tag und Nacht durch die Schlafräume patrouillieren. Die Zahl der Wächter, ihre Bewaffnung und die Pracht ihrer Waffengürtel ist in der Regel der beste Gradmesser für das Niveau des Hotels. In diesen Häusern werden keine Mahlzeiten serviert, aber meistens haben sie nebenan ein öffentliches Speisehaus. Bäder gibt es neben den Schlafkammern, und jeder Gast ist verpflichtet, täglich ein Bad zu nehmen, und tut er das nicht, muß er ausziehen.

Im zweiten oder dritten Stock befindet sich meistens ein großer Schlafraum für weibliche Gäste, aber er unterscheidet sich kaum von denen der Männer. Die Wächter für die Frauengemächer patrouillieren auf den Gängen vor den Schlafräumen, und innen wachen Sklavinnen über die Schläferinnen, die beim geringsten Zwischenfall die Krieger von den Gängen hereinholen.

Ich war außerordentlich erstaunt zu sehen, daß die Wächter in unserem Hotel ausschließlich Rote Männer waren, und als ich mit einem von ihnen sprach, bekam ich von ihm zu hören, daß der Hotelbesitzer sie als Sklaven von der Regierung gekauft hatte. Der Mann, der seinen Posten in der Nähe meiner Schlafplattform hatte, war früher der Kommandant der Marine einer großen Marsnation gewesen. Das Schicksal hatte sein Schiff über die Eisbarriere getragen und in den Wirkungsbereich des Magneten gebracht, und so war er nun seit vie len Jahren ein Sklave der Gelben Männer.

Von ihm erfuhr ich auch, daß Prinzen, Jeds und selbst Jeddaks der äußeren Welt unter denen waren, die der Rasse der Gelben zu dienen hatten. Als ich ihn jedoch fragte, ob er etwas über das Schicksal von Mors Kajak oder Tardos Mors wisse, schüttelte er den Kopf und erklärte, er habe nie vernommen, daß sie als Gefangene hier seien, obwohl er ihre Namen, ihren guten Ruf und ihre Berühmtheit in der äußeren Welt sehr genau gekannt habe.

Von Gerüchten über die Ankunft des Vaters der Therns und des schwarzen Dator der Erstgeborenen wußte er auch nichts, aber er sagte mir, man erfahre außerordentlich wenig von dem, was im Palast vorgehe. Er wunderte sich jedoch gar nicht darüber, daß ein Gelber so neugierig wegen Roter Gefangener von jenseits der Eisbarriere fragte und daß ich so wenig wußte von den Gebräuchen und Bedingungen innerhalb meiner eigenen Rasse.

Als ich entdeckte, daß ein Roter vor meiner Schlafplattform patrouillierte, hatte ich nämlich ganz vergessen, daß ich ja maskiert war; ich hatte aber nicht die Absicht, meine Identität zu enthüllen, solange ich keinen Vorteil davon hatte. Dieser arme Teufel konnte mir sicher nichts nützen, obwohl ich selbstverständlich vorhatte, ihn und die anderen Tausende von Gefangenen zu befreien, die jetzt auf die Befehle ihrer gestrengen Herren von Kadabra hören mußten. Ich saß in der folgenden Nacht lange mit Thuvan Dihn auf unseren Schlafseiden und Pelzen zusammen, und inmitten von vielen hundert Gelben, die mit uns den großen Schlafraum teilten, diskutierten wir unsere Pläne. Wir unterhielten uns sehr leise, doch da die Höflichkeit Rücksichtnahme auf die anderen gebietet, erweckten wir damit keinen Verdacht.

Wir kamen zu dem Schluß, daß wir nichts Entscheidendes tun konnten, ehe wir nicht die Stadt erforscht hatten, und dann mußten wir auch noch versuchen, jenen Plan durchzuführen, den Talu vorgeschlagen hatte. Damit wünschten wir einander eine gute Nacht und drehten uns zum Schlafen um.

Am folgenden Morgen machten wir uns nach dem Frühstück auf, um die Stadt Kadabra kennenzulernen. Der Prinz von Marentina hatte uns großzügig mit Okargeld ausgestattet, und wir konnten uns daher einen recht hübschen Grundflieger kaufen. Wir hatten es schon in Marentina gelernt, ihn zu fliegen, und hatten viel Spaß daran, als wir damit die Stadt entdeckten und erforschten. Am Spätnachmittag konnten wir, wie uns Talu erklärte, Regierungsbeamte in ihren Büros antreffen, und so hielten wir um die angegebene Zeit vor einem großartigen Gebäude an der Plaza an, das dem königlichen Palast gegenüberlag.

Ganz selbstverständlich gingen wir an dem bewaffneten Posten vorbei hinein, wo uns ein Roter Sklave nach unseren Wünschen fragte.

»Sag Sorav, deinem Meister, daß zwei Krieger aus Illall Dienst bei den Palastwachen zu nehmen wünschen«, erklärte ich ihm. Sorav war, wie Talu uns gesagt hatte, der Kommandant der Palastwache; bei uns, den Männern aus Illall, jener Stadt, die am weitesten von Kadabra entfernt war, erschien es unwahrscheinlich, daß wir schon in die Palastintrigen verwickelt waren. Der Prinz hatte angenommen, man würde uns nur wenige Fragen stellen.

Er hatte uns richtiggehend auf die Fragen gedrillt, die Sorav mit einiger Sicherheit stellen würde; dann wurden wir vielleicht noch einmal überprüft, ehe Salensus Oll entschied, ob wir körperlich tauglich und als Krieger erfahren genug seien.

Sehr wahrscheinlich erschien es uns nicht, daß wir diesen Schlußtest bestehen würden, da wir ja nur eine einzige Erfahrung im Kampf mit dem Hakenschwert hatten, doch wir hatten immerhin die Chance, einige Tage lang im Palast von Salensus Oll einquartiert zu werden, bevor der Jeddak der Jeddaks Zeit hatte, uns seinem persönlichen Test zu unterziehen.

Wir mußten ein paar Minuten in einem Vorzimmer warten; dann wurden wir zu Sorav hineingeführt, wo uns ein wild dreinschauender schwarzbärtiger Offizier sehr höflich begrüßte. Er fragte nach unseren Namen und Einzelheiten aus unserer eigenen Stadt, und unsere Antworten stellten ihn anscheinend zufrieden. Talu hatte uns wirklich sehr geschickt vorbereitet.

Die Sache dauerte kaum zehn Minuten; dann befahl Sorav, daß wir registriert und zu unseren Quartieren im Palast geführt werden sollten, die für die Anwärter der Palastgarde ein wenig abgesondert von den anderen Quartieren liegen.

Erst wurden wir jedoch noch in ein anderes Büro geführt, wo wir gewogen, gemessen und fotografiert wurden. Dafür hatten sie ein vollautomatisches Gerät, das fünf Kopien gleichzeitig in fünf verschiedenen Regierungsbüros produzierte. Zwei davon liegen in anderen Städten, die viele Meilen weit entfernt sind. Im Hauptwachraum des Palastes wurden wir dann dem diensthabenden Offizier übergeben.

Auch der fragte uns noch einmal kurz aus, und endlich schickte er uns mit einem Soldaten zu unserem Quartier. Es lag im zweiten Stock des Palastes in einem Flügelturm an der Rückseite des Gebäudes. Wir fragten unseren Führer, weshalb wir so weit weg vom Wachraum wohnen sollten, und er gab uns zur Antwort, die älteren Wachsoldaten hätten es sich zu schlechter Gewohnheit gemacht, mit Anwärtern Streit anzufangen, um deren Metall zu gewinnen. Dabei habe es sehr viele Todesfälle gegeben, so daß es immer schwieriger wurde, ausreichend viele Anwärter für die Palastwache zu bekommen. Deshalb hatte Salensus Oll verfügt, daß die Anwärterunterkünfte von den übrigen Wohnungen der Garde getrennt werden müßten. Sie seien verschlossen und vor Angriffen der Garden gesichert.

Das war keine erfreuliche Information, und wir mußten wohl unsere Pläne noch einmal überprüfen, da wir ja praktisch Gefangene im Palast des Salensus Oll waren, bis er Zeit hatte, uns persönlich seiner Tauglichkeitsprüfung zu unterziehen.

Und wir hatten gehofft, in dieser Zwischenzeit unsere Suche nach Dejah Thoris und Thuvia von Ptarth vorantreiben zu können! Sehr bekümmert und niedergeschlagen hörten wir das Schloß einschnappen, als unser Führer uns verlassen hatte, nachdem wir in die Stube geschoben worden waren, die wir bewohnen sollten.

Ich schaute Thuvan Dihn an, und mein Gefährte schüttelte untröstlich den Kopf. Traurig ging er zu einem der Fenster.

Er hatte noch kaum einen Blick nach draußen geworfen, als er mich zu sich rief.

»Schau mal!« sagte er aufgeregt und deutete in den Hof hinunter. Und da sah ich, als ich der Richtung seines Fingers folgte, zwei Frauen im geschlossenen Garten auf und ab gehen.

Selbstverständlich erkannte ich sie sofort – es waren Dejah Thoris und Thuvia von Ptarth!

Da waren die beiden Frauen, denen ich von einem Pol zum anderen gefolgt war, und nur fünf Meter Raum und ein paar Gitterstäbe trennten mich von ihnen.

Mit einem Schrei zog ich ihre Aufmerksamkeit auf mich, und als Dejah Thoris aufschaute, sah sie mir direkt in die Augen. Ich machte ihr jenes Zeichen der Liebe, das bei den Männern von Barsoom für die geliebte Frau üblich ist.

Zu meinem Erstaunen und Entsetzen warf sie den Kopf zurück, und um ihren feingezeichneten Mund lag ein Zug schlimmster Verachtung. Und dann wandte sie mir sogar den Rücken zu. Mein Leib ist mit den Narben aus tausend Kämpfen bedeckt, aber nie in meinem ganzen Leben hat mich etwas so unendlich geschmerzt wie der verächtliche Blick jener Frau, die ich zutiefst liebte.

Stöhnend wandte ich mich ab und begrub mein Gesicht in meinen Armen. Ich hörte, wie Thuvan Dihn laut nach Thuvia rief, aber einen Augenblick später wurde mir klar, daß er ebenso verblüfft und verwirrt war wie ich. Auch er war von seiner Tochter zurückgestoßen worden.

»Nicht einmal hören wollen sie!« rief er. »Sie haben die Hände über ihre Ohren gelegt und sind zum anderen Ende des Gartens gelaufen. Hast du von so einem Wahnsinn schon gehört? Sie müssen verhext worden sein!«

Nach einer Weile brachte ich doch wieder soviel Mut auf, daß ich zum Fenster zurückkehren konnte, denn ich liebte sie, auch wenn sie von mir nichts wissen wollte, und ich konnte meine Augen einfach nicht von ihrem lieblichen Gesicht und ihrer göttlichen Gestalt abwenden; doch als sie mich wieder sah, drehte sie sich erneut um. Ich wußte nicht mehr, was ich von ihr halten sollte. Daß auch Thuvia sich gegen ihren Vater gewandt hatte, erschien mir ebenso unglaublich. Konnte es denn sein, daß meine unvergleichlich gute und kluge Prinzessin noch immer dem alten Aberglauben anhing, von dem ich ihre Welt zu befreien versucht hatte? War es möglich, daß sie mich verachtete, weil ich vom Tal Dor zurückgekehrt war oder weil ich die Tempel und die Personen der Heiligen Therns entweiht hatte? Ich konnte mir einfach ihr seltsames Benehmen nicht erklären; die Tatsache als solche mußte ich freilich hinnehmen. Und doch war die Liebe der Dejah Thoris für John Carter das größte Wunder seines Lebens, und sie stand noch immer über allen Rassenunterschieden und hatte nichts mit Religion oder materiellen Dingen zu tun. Ziemlich traurig folgte ich ihr mit meinen Blicken. Da öffnete sich am anderen Ende des Gartens eine Tür, und ein Mann trat ein. Er drückte dem Gelben Wächter am Tor etwas in die Hand, aber die Entfernung war so groß, daß ich nicht sehen konnte, ob es Geld und wieviel es war. Dem zufriedenen Gesicht des Wächters war allerdings zu entnehmen, daß das, was er bekommen hatte, nicht wenig war. Der Wächter war also bestochen worden, und als er sich zu den beiden Frauen umwandte, wußte ich auch, wer es war – kein anderer als Thurid, der schwarze Dator der Erstgeborenen.

Er trat sehr nahe zu ihnen, bevor er sprach, und ich sah auch, daß Dejah Thoris zurückschrak, als sie seine Stimme hörte. Auf seinem Gesicht lag ein hämisches Grinsen, als er erneut zu ihr sprach. Ich konnte seine Worte nicht verstehen, wohl aber einwandfrei deutlich ihre Antwort.

»Die Großtochter von Tardos Mors kann immer sterben«, erwiderte sie, »aber um den Preis leben, den du nennst, das könnte sie nie.«

Dann fiel der schwarze Schurke vor ihr auf die Knie und kroch im Staub vor ihr herum, als er sie anflehte. Nur wenig von dem, was er so von sich gab, konnte ich verstehen, denn er schien vor Leidenschaft und Erregung zu stottern oder sonst undeutlich zu reden. Und dann wagte er vermutlich auch nicht, mit normaler Stimme zu sprechen, da man ihn ja dann hören könnte.

»Ich will dich ja vor Matai Shang retten«, sagte er. »Du kennst das Schicksal, das dich von seinen Händen erwartet. Willst du nicht lieber mich wählen als dieses Schicksal?«

»Ich wähle keines von beiden«, erwiderte Dejah Thoris. »Selbst wenn ich frei wäre zu wählen, würde ich es nicht tun, und du weißt recht gut, daß ich nicht frei bin.«

»Du bist frei!« schrie er. »John Carter, Prinz von Helium, ist tot!«

»Ich weiß es besser. Doch selbst wenn er tot wäre und ich einen anderen Mann zum Gefährten wählen müßte, dann wäre mir ein Baummann oder selbst ein großer weißer Affe noch lieber als Matai Shang oder du, du schwarzer Schurke«, antwortete sie voll Verachtung.

Dieser elende Kerl verlor nun alle Selbstbeherrschung. Mit einem gemeinen Fluch warf er sich auf die zierliche Frau und griff mit seinen brutalen Händen nach der zarten Kehle meiner Dejah Thoris. Thuvia schrie und kam ihrer Mitgefangenen zu Hilfe, und in diesem Moment wurde auch ich vor Zorn ganz irr, so daß ich in meiner unbändigen Wut so heftig an den Gitterstäben meines Fensters rüttelte, daß ich sie aus ihren Verankerungen riß, als wären es dünne Kupferdrähte. Ich sprang durch die Fensteröffnung und rannte in den Garten, und dann war ich mit einem von meiner irdischen Muskelkraft diktierten Sprung über dem schwarzen Schurken, der meiner Dejah Thoris die Kehle zudrückte. Ich sagte kein Wort, sondern riß ihm nur seine gemeinen Pranken vom schönen Hals meiner Prinzessin, und dann holte ich aus und warf ihn durch die Luft, daß er etwa zehn Meter weiter auf den Boden schlug.

Thurid schäumte vor Wut, als er auf die Beine kam und mich wie ein wahnsinnig gewordener Bulle angriff. »Gelber Mann«, schrie er, »du scheinst nicht zu wissen, an wen du deine häßlichen Hände legst, aber ehe ich mit dir fertig bin, wirst du wissen, was es heißt, einen Erstgeborenen zu beleidigen!«

Damit griff er nach meiner Kehle, aber ich machte es jetzt genauso, wie ich es damals im Hof des Tempels der Issus gemacht hatte; ich duckte mich unter seinem ausgestreckten Arm durch, und als er deshalb an mir vorbeisprang, verpaßte ich ihm einen entsetzlichen rechten Haken an den Unterkiefer.

Auch er tat genau das, was er damals getan hatte. Er drehte sich wie ein Kreisel herum, und dann gaben seine Knie unter ihm nach. Zu meinen Füßen lag er dann da wie ein unbedeutendes schwarzes Häufchen. Und dann hörte ich hinter mir eine Stimme.

Es war eine tiefe Stimme voll Autorität, die zu befehlen gewohnt war. Als ich mich umdrehte, um den Sprecher anzusehen, stand vor mir ein Riese von einem Gelben, und ohne zu fragen wußte ich, daß dies nur Salensus Oll sein konnte. Rechts von ihm stand Matai Shang, hinter ihm eine Gruppe Wachmänner.

»Wer bist du?« rief er. »Und was hat dein Eindringen in den Frauengarten zu bedeuten? An dein Gesicht kann ich mich nicht erinnern. Wie kommst du hierher?«

Ich hatte völlig meine Maskierung vergessen, und fast hätte ich ihm in schönster Offenheit gesagt, daß ich John Carter, Prinz von Helium sei. Aber seine Frage brachte mich wieder zu mir selbst. Ich deutete auf die herausgerissenen Gitterstäbe meines Fensters.

»Ich bin Anwärter der Palastwachen«, antwortete ich. »Von diesem Fenster aus, hinter dem ich den Schlußtest der Tauglichkeit erwarten sollte, beobachtete ich, wie dieses brutale Scheusal diese Frau hier angriff und würgte. Ich konnte nicht einfach zuschauen, o Jeddak, denn wenn ich deine königliche Person beschützen und meine Tauglichkeit dazu beweisen soll, dann kann ich nicht zulassen, daß in deinem erhabenen Garten eine wehrlose Frau gewürgt wird.«

Ich schien mit meinen fairen Worten auf den Herrscher von Okar Eindruck gemacht zu haben. Da Dejah Thoris und Thuvia von Ptarth meinen Bericht bestätigten, sah es für Thurid recht schwarz aus. Matais böse Augen funkelten vor Gemeinheit, als Dejah Thoris alles genau erzählte, was zwischen ihr und dem schwarzen Dator vorgefallen war. Als sie zu jenem Teil kam, in dem es um mein Dazwischentreten und meinen kurzen Kampf mit dem Dator der Erstgeborenen ging, da kannte ihre Dankbarkeit keine Grenzen mehr, obwohl ich in ihren Augen las, daß etwas sie schrecklich verstörte.

Solange andere Leute anwesend waren, brauchte ich mich nicht mehr über ihr Benehmen mir gegenüber zu wundern; was mich verwirrte, war nur ihr Verhalten, solange sie mit Thuvia allein im Garten gewesen war.

Dann schaute ich einmal kurz Thurid an, als ich meinen Bericht weiterführte, und da sah ich, wie er mich aus aufgerissenen Augen anstarrte. Und dann lachte er plötzlich schallend.

Nun wandte sich Salensus Oll zu dem Schwarzen um.

»Was hast du zu all diesen Vorwürfen und Anklagen zu sagen?« fragte er mit tiefer, schrecklicher Stimme. »Wie kannst du es wagen, dich einer Frau zu nähern, die der Vater der Therns für sich gewählt hat? Einer Frau, die selbst für den Jeddak der Jeddaks nicht zu niedrig wäre?«

Nun wandte sich der schwarzbärtige Tyrann um und warf Dejah Thoris einen gierigen Blick zu, als wäre durch seine eigenen Worte ein ganz neues Begehren in ihm entzündet worden.

Thurid setzte schon zu einer Antwort an, grinste boshaft und deutete mit dem Finger auf mich, als es ihm vor der Miene Salensus Olls die Stimme verschlug.

Plötzlich war ein kriecherischer Ausdruck in seinen Augen, und dann las ich ihm deutlich vom Gesicht ab, daß seine Worte nicht die waren, die er ursprünglich hatte sagen wollen.

»O mächtigster der Jeddaks, der Mann und diese Frau sprechen nicht die Wahrheit! Der Bursche war in den Garten gekommen, weil er den beiden Frauen zur Flucht verhelfen wollte. Ich war hinter der Mauer und hörte alles mit an. Als ich durch diese Tür hier eintrat, schrie die Frau, und der Mann sprang mich an und hätte mich fast getötet. Was weißt du von diesem Mann? Er ist ein Fremder für dich, und ich will dir sagen, daß er ein Feind und ein Spion ist. Stelle ihn doch vor Gericht, Salensus Oll. Das wäre besser, als deinem Freund und Gast Thurid, Dator der Erstgeborenen, Unrecht zu tun!«

Salensus sah ziemlich verwirrt drein. Dann schaute er Dejah Thoris an. und nun trat Thurid nahe an ihn heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Was es war, konnte ich nicht verstehen.

Der Gelbe Herrscher wandte sich an einen seiner Offiziere.

»Sieh zu, daß dieser Mann in sicheren Gewahrsam genommen wird, bis wir uns näher mit dieser Angelegenheit befassen können. Und da Fenstergitter allein nicht zu genügen scheinen, legt ihr ihn zusätzlich noch in Ketten.

Dann verließ er den Garten, nahm Dejah Thoris mit und legte ihr die Hand auf die Schulter. Thurid und Matai Shang gingen ebenfalls, und am Tor drehte sich der Schwarze noch einmal um und lachte mir wieder laut ins Gesicht.

Was konnte er damit meinen? Hatte er meine Identität erraten? Das mußte es wohl gewesen sein, denn ich hatte mich mit dem Trick verraten, der ihm schon einmal zum Verhängnis geworden war. Als die Wächter mich davonzerrten, war mir das Herz schwer wie ein Felsbrocken. Ich war unendlich traurig und verbittert, denn zu den zwei Feinden, die ich von Pol zu Pol gejagt hatte, war noch ein dritter, viel mächtigerer gekommen, und ich wäre ein Narr gewesen, hätte ich nicht bemerkt, daß in der schrecklichen Brust von Salensus Oll, Jeddak der Jeddaks, Herrscher von Okar, ganz plötzlich die Liebe zu Dejah Thoris, meiner geliebten Prinzessin und Gattin, aufgeflammt war.

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